Rheingauer Gebück

Rheingauer Gebück

Das Rheingauer Gebück war eine aus "gebückten" Buchen bestehende Grenzbefestigung, die den Rheingau 600 Jahre lang bis zum Ende des 18. Jahrhunderts umschloss.

Karte vom Verlauf des Rheingauer Gebücks nach Cohausen
Reste des Rheingauer Gebücks um 1895 nach Karl August von Cohausen
Drei alte Gebückbäume im Wolfsrück nördlich des Erbacher Kopfs
Die 1494 erbaute Mapper Schanze
Blick durch die im Jahr 1984 in der Nähe der Mapper Schanze angelegte Rekonstruktion des Gebücks

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Mit dem zunehmenden Aufbau der erzmainzischen Landesherrschaft über den Rheingau, die im 12. Jahrhundert, unter Erzbischof Adalbert I. von Saarbrücken (1111-1137), als weitgehend abgeschlossen und gesichert gelten kann, verband sich im Rheingau die intensive und systematische Verbesserung alter, auf die Römerzeit zurückgehender Grenzbefestigungen.

Beschaffenheit

So entstand das Gebück, bestehend "aus einem 50 - 60 m breiten Waldstreifen von Buchen, Eichen und vor allem Hainbuchen. Die Bäume wurden in wechselnder Höhe über dem Boden abgeschlagen und die neu ausgeschlagenen Zweige kreuz und quer zur Erde ‚gebückt‘ und untereinander verflochten. Brombeer- und Schwarzdornsträucher pflanzten sich von selbst dazwischen.“ [1]

Das bis zu 100 Meter breite Gestrüpp wurde zunehmend undurchlässiger. Nur vereinzelte bewehrte Tore ermöglichten den Durchgang. Die Flanken waren durch ein gut ausgebautes Wegesystem verbunden, das die schnelle Truppenverlegung sicherstellte. Bau, Instandhaltung und Verteidigung oblag den auch militärisch geschulten und stets gerüsteten Männern des nächstgelegenen Ortes.

Verlauf

Das Gebück folgte dem Westufer der Walluf von Niederwalluf aus nordwärts über Oberwalluf, Neudorf (späteres Martinsthal) und Tiefenthal, bis es im heutigen Schlangenbad am Warmen Bach in westlicher Richtung abbog und knapp nördlich des Taunushauptkamms oberhalb des Ortsrandes von Hausen vor der Höhe und von Hof Mappen zu der als Sieben Wegweiser bekannten Kreuzung führte. Hier erfolgte eine Richtungsänderung in nordwestliche Richtung zum Weißen Turm bei Presberg und zur Kammerburg an der Wisper. Bei Burg Rheinberg ging das Gebück wieder in westlicher Richtung weiter südlich an Hof Oders und an Sauerthal vorbei, erreichte im Niedertal die Grenze zum kurpfälzischen Kaub und endete schließlich nach etwa 40 Kilometern am Rhein nördlich von Lorchhausen. Es gibt auch Meinungen, dass das Gebück zwischen Lorch und der erst im 13. Jahrhundert entstandenen Erweiterungssiedlung Lorchhausen hindurchführte.

Niedergang

Mit dem Aufkommen mauerbrechender Waffen nahm die Bedeutung dieser Form der Grenzbefestigung ab. Trotzdem ist es erstaunlich, wie effektiv das Rheingauer Gebück die in ihm gelegene Landschaft von seiner weitgehenden Fertigstellung im 12. Jahrhundert an rund 600 Jahre lang geschützt hat. Erst 1771 wurde es nach einem entsprechenden schriftlichen Befehl des Mainzer Erzbischofs Emmerich Joseph von Breidbach zu Bürresheim (1763-1774) aufgegeben und weitgehend gerodet. So sind heute nur noch vereinzelte, entsprechend alte Buchen und von den steinernen Bollwerken allein Reste der sogenannten "Mapper Schanze" im Wald über Hallgarten (Oestrich-Winkel) erhalten. Dabei handelt es sich um ein in seiner heutigen Form 1494 erbautes Rundtor. Es diente zur Verteidigung des von Stephanshausen zur Nordgrenze heraufführenden Weges. Es war von einem mit Schießscharten und einem Kuppeldach versehenen Rundturm flankiert, auf dem ein viereckiger Spitzturm saß, welcher der Beobachtung des Weges diente.

Die übrigen steinernen Wehranlagen wurden nach der Aufgabe des Gebücks zwar teilweise noch einige Zeit zivil genutzt, aber schließlich als Quelle billigen Baumaterials benutzt und nahezu restlos abgetragen.

Literatur

  • Gustav Lüster: Das Rheingauer Gebück, Naturdenkmäler in Nassau 2,Wiesbaden, Bechtold 1913
  • Joachim Karl Laub: Das Rheingauer Gebück, in: Rheingauische Heimatblätter. Mitteilungen der Gesellschaft für die Rheingauer Heimatforschung Nr.4/1968-Nr.1/1971; Rüdesheim/Rhein
  • Christian Grubert: Der Rheingauer Gebück-Wanderweg: ein kulturhistorischer Wanderführer, Idstein, Zweckverband Naturpark Rhein-Taunus 2001
  • Udo Recker: Das Rheingauer Gebück. (Archäologische Denkmäler in Hessen, Heft 164) Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Wiesbaden, ISBN 3-89822-164-4
  • Ingo Bildesheim: Der erzmainzische Rheingau im deutschen Bauernkrieg, unveröffentlichtes Typoskript

Einzelnachweise

  1. Enderich, Richard: Hessische Heimat, Nassau. Heft 2. Taunus. Hirschgraben-Verlag, Frankfurt am Main 1966, S. 35f.

Weblinks

50.07758.015

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