- Richard Guhr
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Richard Guhr (* 30. September 1873 in Schwerin; † 27. September 1956 in Höckendorf; vollständiger Name: Albert Eduard Richard Guhr) war ein deutscher Maler und Bildhauer
Guhr wurde bekannt als Bildhauer dekorativer Bauplastik an Fassaden und Innenräumen mit Großaufträgen für figürliche Bronzegüsse zwischen 1900 und 1920 für Repräsentationsprojekte, u. a. am Rathaus in Dresden („Goldener Rathausmann“), am Rathaus in Bremen, an der Stadtparkbrücke U-Bahnhof Berlin und für das Hotel Adlon in Berlin.
Als Maler blieb Richard Guhr weitgehend unbekannt, obwohl er sich etwa ab 1920 verstärkt der Malerei zuwandte.
Guhr gilt als „Denk-Maler“, der neudeutschen Malerei der Nazarener sowie Moritz von Schwind und Arnold Böcklin verpflichtet. Mit seinen Werken wollte er zum Ausdruck bringen, dass sich deutsche Malerei und das Deutschtum als kulturelle und staatliche Einheit nur aus der altdeutschen Malerei regenerieren und als Volkserziehungsmittel wirken können, wobei die künstlerische Phantasie als autonomes mythenschaffendes Prinzip bewertet werden soll.
Die Werke von Richard Guhr sind beispielhaft für das Weiterwirken der malerischen und literarischen Romantik, so der „Triumph der Religion in den Künsten“ (Städelsche Institut in Frankfurt) oder sein „Deutscher Parnaß“ für das Bochumer Rathaus. In seinem malerischen Werk, insbesondere in seinem Spätwerk, das zwischen 1946 und 1949 entstand (seit 1980 im Regionalmuseum Fritzlar) einschließlich des zwischen 1945 und 1956 wiedergemalten Torsos „Wagner-Ehrung“, gestaltet er Richard Wagner als eine Kultfigur durch seine Insbildsetzung Wagnerschen Gedankenguts.
In seinen symbolischen Bildern mit der Vorliebe für Utopien und vermeintliche Werte der Vergangenheit sowie der griechisch-germanischen Mythenwelt sieht sich Guhr im Bereich der Malerei als Erfüller des Wagnerschen Auftrags der „arischen Regeneration“. Deshalb begannen Anfang der 1920er Jahre völkische Gruppierungen in Dresden in Guhr einen Propheten nationaler Erneuerung zu sehen. Nationalsozialistisch Orientierte nahmen Guhrs Bilder, ohne dessen Einwände, weltanschaulich und politisch für sich in Anspruch.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Guhrs Vater Johann Friedrich Oswald Guhr (* 18. Dezember 1840 in Dresden; † unbekannt) war großherzoglicher Hofkapellist-Hofmusicus (Fagott) in Schwerin, seine Mutter war Juliane Helene Auguste Gallus (* 23. August 1847 in Dresden; † 9. August 1867 in Dresden).
Richard Guhr ist geprägt durch die ehemaligen Residenzstädte Schwerin, Berlin und Dresden. Das Elternhaus gehörte zum gebildeten Bürgertum, das seine Herkunft und Schulbildung durch Militärdienst aufwertete. Guhr diente als Einjährig-Freiwilliger vom 1. Oktober 1895 bis 7. Juli 1896 beim Großherzoglich Mecklenburgischen Grenadier-Regiment 89.
In den Jahren 1890 bis 1891 absolvierte Guhr ein zweijähriges Studium an der Kunstgewerbeschule in Dresden und in den Jahren 1892 bis 1893 an der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums Berlin, unter anderem bei den Professoren Max Koch und Alfred Grenander.
- ab 1893 als Dekorationsmaler und -zeichner bei M. J. Bodenstein in Berlin (Historienmalerei, u. a. Hohenzollern-Gewölbe und Kaiserkeller)
- ab 1896 an Ausstellungen beteiligt (Berliner Gewerbeausstellung)
- 1901 Ausstellung von Bildern im „Kunstsalon Gurlitt“
- 1902 als künstlerischer Mitarbeiter des Architekten Bruno Möhring an der Louisiana Purchase Exposition (Weltausstellung) in St.Louis
- 1904–1914 Wohnung und Atelier in Berlin-Charlottenburg
- 1. Januar 1905 Professur für Bronzen an der Dresdner Kunstgewerbeschule (1920 umbenannt in Staatliche Akademie für Kunstgewerbe)
- 3. April 1907 Verleihung des Professorentitels (Jahresberichte der Akademie bezeichnen Guhr ab 1907/1908 als Professor für Figurenmalen und Figurenzeichnen)
- 1906 Beitritt zur Dresdner Gruppe Zunft und Teilnahme an der III. Deutschen Kunstgewerbeausstellung in Dresden mit eigenen Beiträgen
Prominentester Schüler Richard Guhrs während seiner 32jährigen Tätigkeit als Professor an der Dresdener Kunstgewerbeschule war von 1910 bis 1914 Otto Dix, der an dem von Guhr geleiteten Unterricht im Figurenmalen und Figurenzeichnen teilnahm. In der Klasse für Dekorative Malerei von Richard Guhr wurde vor allem dekoratives Entwerfen und Modellieren sowie figurales Zeichnen nach Abgüssen und Modellen gelehrt. So entstanden 1909/1910 Landschaften im damals üblichen spätimpressionistischen Stil (z. B. Blick auf Radebeul, um 1910, Blick auf Dresden-Neustadt, 1910). In den Jahren 1911/1912 machte Dix auch erste plastische Versuche unter Richard Guhr.
Werk
- 1906–1907: Arbeiten für die Innenausstattung des Hotels Adlon in Berlin (Bronzeguss-Pfeilerkapitelle und Bronzereliefs im Treppenaufgang) in Zusammenarbeit mit Wilhelm Kimbel
- 1907: Wandgemälde (Fresken) „Arti Westfalicae“ im Lichthof des Westfälischen Provinzialmuseums in Münster (Westfalen) (nach Kriegsschäden übertüncht)
- 1907–1912: Ausarbeitung der Modelle für das Neue Rathaus in Dresden: Turmfigur „Herkules / Serapis“ („Goldener Rathaus-Mann“) und als weitere Figuren die Allegorien auf Finanzwesen, Verwaltung, Rechtspflege, Tiefbau, Hochbau, Tabakindustrie, Handel, Obstzucht, Gartenbau, Schiffahrt und Nahrungsmittelgewerbe
- 1909: Wand- und Deckenmalereien im Künstlerhaus der Dresdner Kunstgenossenschaft
- 1910–1912: zwei Gesimsfiguren und zwei Nischenfiguren für das „Curiohaus“ in Hamburg (Allegorien Kunst und Wissenschaft, erhalten), vier Figurengruppen „Kentaur und Nymphe“, acht Schmuckvasen für die Stadtparkbrücke am U-Bahnhof Berlin-Schöneberg (heute Zuckmayer-Brücke, erhalten)
- 1910/1911: Schlusssteine über den Fenstern des Kaufhauses Wertheim
- 1909–1911: Geheimes und Hauptarchiv Schwerin: Wappen im Mittelfeld des Giebels und Relief über der Tür
- 1911/1912: Richard-Wagner-Denkmal, das 1933 im Liebethaler Grund aufgestellt wurde (erhalten)
- 1912–1913: erste Bilder der späteren Wagner-Ehrung
- 1912–1914: Berlin-Neukölln, Stadtbad Neukölln: Bronzen „Dionysos / Proteus“ auf Walroß an den Treppenstufen des Bassins (erhalten)
- 1914–1916: Justizgebäude Schwerin: Fassade mit den Allegorien Justitia, Anklage und Verteidigung, Atlasfiguren an der Tür zum Schwurgerichtssaal (erhalten)
- 1923: Rathaus Barmen (heute Wuppertal): Figuren am Treppenaufgang, Kragsteine, Wappen an der Hauptfront
- 1921–1925: Beteiligung an Kunstausstellungen in Dresden und Berlin
- 1930: Rathaus Bochum, Ratssaal: Großgemälde „der Deutsche Parnass“ (auch: „Muse des Parnass“ oder „der deutsche Herkules“) mit Darstellung von 51 Künstlern und Wissenschaftlern (heute im Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte)[1]
- 1933: Wagnerkopf in Graupa
- 1940: Ölbild Heimdall[2]
Zu seinen bekannteren Werken gehören verschiedene Glasgemälde (Farbverglasungen) für große Ausstellungen.Literatur
- Ruth Stummann-Bowert: Ein Leben für Richard Wagner. Richard Guhr. Maler und Bildhauer 1873 bis 1956. (= Veröffentlichungen der Stiftung Museum Fritzlar, Nr. 2.) Fritzlar 1988.
- Rolf Günther: Der Symbolismus in Sachsen 1870-1920. Dresden, Sandstein, 2005, ISBN 3-937602-36-4
Weblinks
- Fotoporträt von Richard Guhr um 1912 bei otto-dix.de
- Andreas Röpcke: Richard Guhr. In: Sächsische Biografie. Herausgegeben vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde, bearb. von Martina Schattkowsky.
Commons: Richard Guhr – Album mit Bildern und/oder Videos und AudiodateienEinzelnachweise
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