Richard Küchen

Richard Küchen

Richard Küchen (* 15. März 1898 in Bielefeld; † 5. Oktober 1974 in Ingolstadt) war ein deutscher Ingenieur, dessen Verdienste besonders auf dem Gebiet der Krafträder und Kraftradmotoren liegen.

Inhaltsverzeichnis

Ausbildung und Studium

Küchen machte zunächst eine Mechanikerlehre und machte parallel an der Abendschule seine Mittlere Reife. 1912 begann er bei den Westfalia Automobilwerken in Rheda-Wiedenbrück, wenig später wechselte er zu Hansa-Lloyd und 1915 ging er dann als Technischer Zeichner zu Brown & Boveri nach Mannheim. Bereits 1916 wechselte er dann als Konstrukteur zur Badischen Maschinenfabrik in Mannheim. 1917 wechselte er dann zu Schütte-Lanz wo Luftschiffe für die kaiserliche Luftschiffe entstanden. Um einer Einberufung zu entgehen immatrikulierte Küchen sich an der TH Darmstadt und studierte Maschinenbau. Gleichzeitig bildete er als Fluglehrer Piloten aus.

Motorenkonstruktion

Zeit zwischen den Kriegen

1918 machte er sich mit einer Motorenkonstruktion und -produktion selbstständig. Der erste eigene „K-Motor“ war ein flüssigkeitsgekühlter Zweitakter. Zwischendurch machte Küchen 1920 noch den Elektroinstallateurmeister. 1922 kam als erster „K-Viertakter“ ein 350er ohv-Einzylinder, der als Besonderheit eine Ölversorgung des Ventiltriebs über Stoßstangen mit Leichtholzfüllung realisierte. Dieser wurde zuerst als Zweiventiler und später als Dreiventiler gebaut, ob der als Rennmotor angepriesene Vierventiler je existierte lässt sich heute nicht mehr feststellen. Aber eine Variante des 350er Dreiventilers hielt Jahre lang einen 1925 aufgestellten Dauerweltrekord in seiner Klasse. Ab 1924 entstanden die K-Motoren beim Schule und Bruchsaler Industriekonzern in Baden-Baden, die ab 1927 von der Maschinenbau-Gesellschaft Heilbronn. 1928 entstand dann der bekannteste K-Motor: ein Dreiventiler mit einem einzigen Nocken an der Königswelle.

Die Fertigung in Heilbronn lief weiter, als er 1931 zu Triumph nach Nürnberg ging. Bei Triumph wurde er dann noch im gleichen Jahr von Zündapp-Chef Neumeyer abgeworben. Dort erfand er unter anderem ein Gegenstrom-Zweitaktspülsystem, die „Dreistromspülung“. Dagegen klagte DKW erfolgreich auf Patentverletzung und erzielte einen Vergleich, d. h. Zündapp musste für jeden gebauten Motor sechs Reichsmark zahlen. Für Zündapp entwickelte Küchen eine ganze Baureihe von 200 bis 800 Kubikzentimeter im Kastenrahmen, die Motoren sollten durch glatte Flächen und weiche Formen dem ästhetischen Empfinden verhinderter Autofahrer entgegenkommen und so mehr Kunden für Zündapp gewinnen. Zum Jahresende 1934 hatte sich der Streit zwischen Produktionsleiter Erich Zipperich und Richard Küchen so aufgeschaukelt, dass Küchen aufgab und zum größten Konkurrenten DKW wechselte. Bei DKW gestaltete Küchen u. a. die NZ-Baureihe und die RT 125, aber auch die SS 250. 1936 ging er zu Victoria nach Nürnberg zurück.

Im Zweiten Weltkrieg

Da Küchen, wie auch schon im Ersten Weltkrieg, nichts für den Wehrdienst übrig hatte, wurde er ab 1937 bei Zündapp dienstverpflichtet. Er wurde dort insbesondere durch die Konstruktion des Wehrmachtsgespanns Zündapp KS 750 bekannt, besonders durch den Seitenwagenantrieb, der auch im Gespann von BMW zum Einsatz kam. Zusätzlich hat er noch an der Konstruktion eines sogenannten Sprengpanzers (ein ferngelenkter Kleinpanzer) namens Goliath mitgewirkt.

Nachkriegsjahre

Nach dem Krieg fand sich die ganze Familie Küchen in Ingolstadt ein, wo Küchen 1946 ein teilzerstörtes Kasernengebäude mitsamt Fahrzeughallen und riesigem Freigelände übernahm. Küchen richtete hier neben der mechanischen Fertigung auch Wohnungen für die Mitarbeiter ein, so fanden 1947 bereits 70 Beschäftigte hier Arbeit und Wohnraum. Die Firma Motomak Motoren- und Maschinenbau Küchen überholte und produzierte Kurbelwellen für DKW-Personenwagen. Daneben wurden aber auch Kartoffelpressen und Präzisionsdrehteile hergestellt. Zusätzlich eröffnete Küchen eine Volkswagen-Vertretung. Ab 1950 konstruierte Küchen auch wieder Motoren, unter anderen einen Königswellen-Einzylinder für Tornax. Dazu einen V2 für die Victoria Bergmeister und das stilistisch schöne Motorrad „Hoffmann Gouverneur“ mit 2-Zylinder-Viertakt-Boxermotor und Kardanantrieb. 1964 wurde die Firma Motomak vom Automobilzulieferer Schaeffler gekauft. Immer noch voller Tatendrang führte der 67-jährige Küchen seine Firma Hammerstein Blitzschutzbau bis zum Tod weiter.

Bewertung

Insgesamt wurde Küchen durch die Konstruktion äußerlich bestechender Motoren bekannt, die jedoch oft aufgrund von Konstruktionsdefiziten problematisch waren oder das Material überforderten. Zu seinen Spezialitäten zählten der sogenannte Küchen-Motor, ein V8-Rennmotor aus Leichtmetall, mit dem die Motorsport-Legende Hans Stuck in seinem AFM-50-4-„Küchen“ zwischen 1950 und 1953 diverse Erfolge erzielen konnte, aber auch Kettengetriebe, denen man gegenüber Zahnradgetrieben eine höhere Elastizität nachsagt.

Küchen stellte die Form über die Funktion. So nahm er bei der „Victoria V 35 Bergmeister“ zugunsten der glatten Gehäuseformen des Motors unnötig lange und enge Ansaugwege in Kauf, welche die Motorleistung verringerten und zu thermischen Problemen führten.

Ein zeitgenössischer Spruch lautete: „Küchens Konstruktionen kennen keine komplette Kühlung!“

Quellen

Oldtimer Markt, 4/2009, S. 208–215

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