Richard Oetker

Richard Oetker

Richard Oetker (* 4. Januar 1951 in Bielefeld) ist ein deutscher Unternehmer und Sohn des Fabrikanten Rudolf-August Oetker. Richard Oetker ist Beisitzer im Vorstand des Vereins Weißer Ring, der sich für Opfer von Verbrechen einsetzt.

Inhaltsverzeichnis

Ausbildung und Beruf

Richard Oetker studierte Brau- und Agrarwissenschaften an der Technischen Universität München. Seit 1996 ist er Geschäftsführer der Nahrungsmittelsparte der Dr. August Oetker KG. Seine Aufgabenbereiche umfassen Organisation und Personal, zudem kümmert er sich um die Geschäfte in Österreich, Italien und der Schweiz und treibt die Expansion in Osteuropa voran. Seit 1. Januar 2010 ist Richard Oetker persönlich haftender Gesellschafter der Dr. August Oetker KG. Diesen Posten hatte seit dem 1. Januar 1981 sein Bruder August Oetker inne, der sich mit 65 Jahren zurückzog und den Vorsitz im Beirat des Unternehmens übernahm.[1] [2]

Entführung

Überregionale Schlagzeilen machte Ende 1976 die Entführung von Richard Oetker und die Zahlung von 21 Millionen DM an Lösegeld. Der Fall Richard Oetker wird heute noch bei Entführungen von Industriellen und Unternehmern zum Vergleich herangezogen.

Am 14. Dezember 1976 gegen 18:45 Uhr wurde der damalige Student Richard Oetker vom Parkplatz der Universität Weihenstephan in Freising von Dieter Zlof entführt. Der damals 1,94 m große Oetker wurde in einer nur 1,45 m langen und 70 cm breiten Holzkiste gefangen gehalten, die sich im Inneren eines Lieferwagens befand. Oetker konnte darin nur in Embryonalhaltung liegen. Die Kiste war mit einer Sprechanlage, einem Babyphon, ausgerüstet, und ein akustisch gesteuertes Gerät sollte Oetker bei Hilferufen oder Ausbruchsversuchen über die an Händen und Füßen angebrachten Handschellen Stromschläge versetzen. Als der Entführer morgens beim Öffnen der Garagentür das Blechdach des Kastenwagens touchierte, wurde diese Einrichtung ausgelöst. Oetkers Schreie und Stöße gegen die Kiste verlängerten die Verabreichung der Stromstöße auf ca. 10 Sekunden. Richard Oetker wurde dadurch fast getötet und erlitt durch die stattfindenden Muskelspasmen Brüche des siebten und des achten Brustwirbels sowie beider Oberschenkelhälse. Lebensgefahr bestand jedoch vor allem wegen der Schädigung von Oetkers Lunge durch das ununterbrochene extrem beengte Liegen. Oetkers Überlebenswahrscheinlichkeit wurde daher von Ärzten unmittelbar nach der Entführung mit 50 Prozent beziffert. Nach Oetkers eigener Aussage rettete ihm somit der Stromschlag das Leben, da er sich anschließend in der geöffneten Kiste aufrichten durfte und so eine noch stärkere Schädigung der Lunge vermieden wurde. Der Zustand und die vordringliche Behandlung von Oetkers Lunge behinderte die Behandlung seiner anderen Verletzungen, was deren Folgen noch verschärfte.[3]

Richard Oetkers Vater zahlte ein Rekord-Lösegeld von 21 Millionen DM in 1000-Mark-Scheinen. Die Summe war nach dem Volumen eines handelsüblichen Koffers berechnet, der in eine versteckte Aussparung im zu verwendenden Transportfahrzeug passte. Die Lösegeldübergabe am 16. Dezember 1976 um 13:45 Uhr im Untergeschoss des Münchner Stachus gelang durch einen Trick des Entführers oder der Entführer, der oder die den Lösegeldkoffer über eine nur von innen zu öffnende Notausgangstür zu einem Versorgungsschacht an sich nahmen. Den Angehörigen wurde daraufhin der Aufenthalt des in einem Waldstück in einem Auto liegend zurückgelassenen Oetker mitgeteilt. Die Entführung hatte 47 Stunden gedauert.[4] Unmittelbar nach der Freilassung des Opfers begann eine umfangreiche Fahndungskampagne der Kriminalpolizei. Erst nach zwei Jahren wurde Dieter Zlof als Täter festgenommen. Er leugnete die Tat, wurde aber in einem aufsehenerregenden Indizienprozess am 9. Juni 1980 zur Höchststrafe von 15 Jahren Haft verurteilt.

Richard Oetker konnte vier Jahre lang ausschließlich mit Gehstützen gehen, er musste bis 1994 immer wieder operiert werden und ist bis heute schwer gehbehindert. Nach dem Prozess gegen den Entführer 1980 zog er sich aus der Öffentlichkeit zurück. Erst als Dieter Zlof aus seinem späten Geständnis mit einer Verfilmung Kapital schlagen wollte, unterstützte Oetker eine Verfilmung der Entführung, die 2001 als Fernseh-Zweiteiler unter dem Titel Der Tanz mit dem Teufel – Die Entführung des Richard Oetker ausgestrahlt wurde. Erst seit 2006 äußert er sich selbst öffentlich im Rahmen seiner Tätigkeit für den Weißen Ring zu seiner Entführung.

Auszeichnungen

Literatur

  • Nicole Amelung: Die Oetker-Entführung, Geständnis des Dieter Zlof: die Geschichte der 21-Millionen-Erpressung, Neuss 1997, 2. Auflage, ISBN 3-9805045-5-7
  • Gudrun Sachse: Es ist ein Todesschmerz. In: NZZ Folio 01/2007 (Themenheft zum Schmerz; ausführliches Interview mit Richard Oetker)

Dokumentation

  • Deutsche Dynastien – Die Oetkers. Dokumentarfilm, Deutschland, 2010, 44 Min., ein Film von Manfred Oldenburg, Produktion: WDR, Reihe: Deutsche Dynastien, Erstausstrahlung: ARD, 15. November 2010, Online-Video und Inhaltsangabe der ARD.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Firmengeschichte
  2. Familienangelegenheit: Von Oetker zu Oetker in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 8. März 2008, Nr. 58 / Seite 18
  3. Interview mit Richard Oetker in der Radiosendung „SWR 1 Leute“ am 15. April 2008
  4. Interview mit Richard Oetker in der Radiosendung „SWR 1 Leute“ am 15. April 2008

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