Rockenbrunn

Rockenbrunn

Rockenbrunn ist ein Ortsteil von Haimendorf und gehört seit der Gebietsreform 1972 mit dem Moritzberg zur Stadt Röthenbach an der Pegnitz. Rockenbrunn hat 8 Häuser, das Schlösschen trägt seit Napoleon die Hausnummer Rockenbrunn 1, ca. 20 Einwohner, ein eigenes Ortsschild und die Telefonvorwahl 09120 wie Leinburg.

Schloß Haimendorf

Inhaltsverzeichnis

Architektur

Den Kern des wenige Häuser zählenden Dörfchens Rockenbrunn in einem tief eingeschnittenen Sandsteintal am Fuß des Moritzbergs mit altem Eichenbestand, stellt das zum Fürer'schen Schloss in Haimendorf gehörige, so genannte Jagdschlösschen mit seinem einmaligen Brunnenhof dar. Es ist - wie das Schloss Haimendorf und die St Mauritius Kapelle auf dem Moritzberg - heute noch von Fürer'scher Familienbesitz (Wappen mit Rad und Lilie über der Eingangstür der Gastwirtschaft im Innenhof). Das in seiner Art einzigartige Ensemble umschließt einen rechteckigen Brunnenhof - Die Ost- und Südwand besteht aus Sandsteinen, die West- und Nordseite bestehen aus einem zweistöckigen Sandstein-Fachwerk-Gebäude. Im Innenhof befindet sich eine Quellfassung mit barocker Sandsteinbalustrade.

Rockenbrunn Innenhof, Quelle

Die Ostwand des Hofes besteht aus 3 Arkaden (der Bezug zu dem in den Dichtungen (bukolische Dichtungen) des Blumenordens (Pegnesischer Blumenorden) als Vorbild verwendeten Arkadien Vergils dürfte wohl kaum ein Zufall sein) in Sandsteinmauerwerk - 2 davon enthalten die Eingänge zu mittelalterlichen Kühlkellern, in denen wahrscheinlich früher das Eis der umliegenden Weiher aufbewahrt wurde, die dritte Arkade enthält die Rockenquelle, deren Wasser durch eine Rinne dem barocken Brunnenbecken zugeleitet wird. Wahrscheinlich war diese Quelle mit ihren Arkaden ein Hauptschauplatz der Schäferspiele des Pegnesischen Blumenordens. An der Ostwand eingemeißelte Jahreszahlen (über der linken Arkade 1543 bzw. 1643), links oben in der Südwand (Bauinschriftentafel mit den Wappen der Tucher und Fürer von Haimendorf datiert 1653), zwischen der zweiten und dritten Arkade (1736) und in der Nordwand des zweiflügeligen, den Hof abschließenden Fachwerkbaus (1718) - lassen die Chronologie der Erbauung etwa abschätzen. Der auf dem Stich von Annert oben rechts zu sehende Arkadenpavillion ist heute nicht mehr vorhanden.

Der Westflügel (parallel zur Straße) ist in Sandstein (Erdgeschoss) und Fachwerk (Obergeschoss) ausgeführt und beherbergt im Erdgeschoss die Küche, die Gasträume und den ehemaligen Stall; im Obergeschoss die ehemals herrschaftlichen Wohnräume sowie eine kleine Halle. Der Nordflügel mit der wuchtigen, doppelflügeligen Eingangstür (ebenfalls Sandstein/Fachwerk) hat im Erdgeschoss einige Wirtschaftsräume und im Obergeschoss die ehemaligen Dienstbotenräume. Die ganze Anlage wurde im Jahr 1990 sehr einfühlsam restauriert und befindet sich weitgehend im Originalzustand. Die Räumlichkeiten in den Obergeschossen sind privat und können nicht besichtigt werden. Die verwendeten Sandsteine wurden im gegenüberliegenden alten Steinbruch gebrochen, der wohl auch Steine für die Nürnberger Stadtbefestigung geliefert haben dürfte.

Geschichte

Die wesentlichen Bauherrn Rockenbrunns dürften wohl Susanne Fürer von Haimendorf (Inschrift 1643? Gattin von Georg Philipp Harsdörffer), Johann Mauritius Fürer von Haimendorf (1653) und Christoph Fürer von Haimendorf (Präses Lilidor I des Pegnesischen Blumenordens, Inschrift 1718?) gewesen sein). Möglicherweise war die Anlage vor Erbauung der trutzigen Fachwerkgebäude eine nach zwei bis drei Seiten offene Freilichtbühne - ähnlich wie die Sophienquelle bei Schloss Grünsberg - darauf deutet ein Kupferstich vom Beginn des 18 Jhd. hin - Pomona, Oder die Früchte der Einsamkeit zeigt sogar unten links den Ansatz einer einst vorhandenen vierten Arkade. Vielleicht ist auch ein Vorgängerbauwerk wie das nahe gelegene Schloss Haimendorf und das Kloster Engelthal im zweiten Markgrafenkrieg niedergebrannt worden, vielleicht auch im Dreißigjährigen Krieg von den Landsknechten Wallensteins oder den schwedischen Truppen zerstört worden. Insbesondere die Auseinandersetzungen im zweiten Markgrafenkrieg dürften Haimendorf und Rockenbrunn besonders betroffen haben, da die ehemalige Exklave Schönberg (Lauf) des Markgraftums Brandenburg-Ansbach in unmittelbarer Nachbarschaft liegt. Urkundliche Nachweise dafür lassen sich bisher aber nicht erbringen. Der Fürerstein, der in ca. 1 Wegstunde Abstand zu Fuß in Richtung Nürnberg im Wald steht, weist mit Datierung 1567 auf die Ermordung eines Fürers an dieser Stelle hin; der Mord wurde bis heute nicht geklärt. Das Reitpferd soll allerdings der Überlieferung nach mit dem mitgeführten Geld in den Satteltaschen den heimatlichen Stall auf Schloss Haimendorf erreicht haben.

Philosophie

Das gesamte Anwesen erzeugt durch seinen "trutzigen" und in sich abgeschlossenen Charakter den Eindruck einer Wehranlage. Da der Innenhof aber durch einen dahinterliegenden Hügel überhöht wird und außerdem insgesamt 4 Türen nach außen führen, dürfte es sich nicht wirklich um eine Verteidigungsanlage gehandelt haben. Allerdings gibt es der Überlieferung nach im linken Keller einen mehr als 20 Meter langen Fluchttunnel in den Sandsteincanyon, der allerdings heute vermauert ist. Besondere Rätsel geben in den Boden unter der rechten Arkade eingearbeitete Wasserbassins auf - vielleicht hat es sich dabei um eine Art Taufanlage gehandelt, die man möglicherweise im Zusammenhang mit dem Pegnesischen Blumenorden und seinen Ritualen sehen kann (diese Bassins sind heute nicht sichtbar und mit Brettern abgedeckt).

Die in der Südwand noch vorhandene Inschriftentafel mit der lateinischen Fassung des Gedichts:

"Eilender Fremdling halt ein! Der Anblick lindert die Pein! Wohin die Blicke du wendest: Bergwärts und in der Grotte Gang, zum Eichenhain und den Pfad entlang, zu der Quelle Grund und des Springquells Rund bis zum Karpfenteich - Dies ist der Musen Reich! Hier wird gelabt an Leib und Seel, Hier fehlts an nichts! (Übersetzung nach Recknagel)

Die in dem Werk "De Mons Mauritius Descriptio" des Professors Mauritius Hoffmann im 18. Jhd. verbürgten weiteren Inschriftentafeln, lassen den Schluss zu, dass Rockenbrunn im 17./18. Jhd. ein beliebter Treffpunkt der Prominenz der Nürnberger Mächtigen, Dichter und Denker war. Möglicherweise ist auch mancher Student der Universität Altdorf auf seinem Weg von Nürnberg (ca. 6 Std. zu Fuß) zur Altdorfina (noch einmal 2-3 Std. zu Fuß) dem Charme der Quelle erlegen. Die studentische Tradition der Maibowle, die zumindest seit dem 19. Jhd. besteht, wie einige handgemalte alte Maibowlenschilder im Tordurchgang zeigen, wird traditionell heute noch jährlich an einem Maisonntag im Brunnenhof gefeiert.

Rockenbrunn Quelle und Arkaden, Schloss Haimendorf, Moritzberg


Unter der rechten Arkade über der Quelle soll laut Mauritius Hoffmann im Jahr 1694 noch folgende Inschrift zu sehen gewesen sein:

Dem Herrn weiht die Quellen, Dem Herrn weiht Berge und Hügel, Dem Herrn weiht, was sich regt im Wasser.

und an der "Stirnseite"

Alles habe ich gesehen, Was sich unter der Sonne zuträgt, Und siehe: Alles ist nur Schein und Wahn.

ebenfalls vorhanden gewesene weitere Inschriften zeugen von einer sehr konträren philosophischen Debatte über das Wesen der Menschheit als solcher.

Gegenwart

Mit dem Niedergang der freien Reichsstadt Nürnberg und der nahe gelegenen Universität Altdorf (Altdorfina) zum Ende des 18. Jhd., dürfte Rockenbrunn in eine Art Dornröschenschlaf verfallen und tatsächlich als eine Art Jagdschlösschen benutzt worden sein. Der außen am Haus befindliche alte Brauerstern (ein "Davidstern" oder Hexagramm mit einem Bier- oder Weinkrug darin) zeigt heute noch, dass man bereits vor langer Zeit ein Brau- und Schankrecht hatte. Der alchemistische Charakter des Hexagramms unterstreicht die besondere Atmosphäre Rockenbrunns. Seit dem Jahr 1857 hat die Familie Schramm das Anwesen gepachtet und führt Rockenbrunn als eine original fränkische Gastwirtschaft mit Biergarten im Brunnenhof - nunmehr in der fünften Generation.

Einmal jährlich, nämlich am dritten Sonntag im August, werden seit langer Zeit die traditionsreichen Kirchweihen von Rockenbrunn und Moritzberg abgehalten. Der Wirt von Rockenbrunn (wahrscheinlich hat die Rockenquelle ihren Namen von den Spinnrocken, für die man der Überlieferung nach in diesem Bassin das Lein aus dem benachbarten Leinburg gewässert und gewaschen hat) stellt dann traditionsgemäß auf dem Quellstein in der Mitte des Brunnenbeckens das Rockenmännle auf - die Figur eines Bauern mit einem Spinnrocken in der Hand. Höhepunkt der Kirchweih ist am Sonntag Morgen der Gottesdienst in St. Mauritius auf dem Moritzberg, zu dem traditionsgemäß und seit Jahrhunderten auch die Patronatsfamilie von Ötinger-Fürer von Haimendorf erscheint.

Frühgeschichte und Mystik

Moritzberg und Schloß Haimendorf
St. Mauritius Moritzberg

Ein kleiner Exkurs sei dem mit Rockenbrunn so eng verbundenen St. Mauritius Kirchlein gewidmet - der Name Moritzberg ist von dort her abgeleitet. St. Mauritius war ein frühchristlicher Märtyrer, der General der sogenannten thebäischen Legion. Der Legende nach war Mauritius ein Schwarzer (im Deutschen "Mohr") - möglicherweise gibt es einen Bezug zu auffälligen Mohrenkopf im Wappen der Tucher. Eng mit ihm verbunden ist die Legende der Heiligen Lanze, oder auch Speer des Schicksals oder Speer des Longinus genannt (es gibt mehrere Varianten), die seit langem zu den heute in Wien aufbewahrten Reichskleinodien gehört (Heilige Lanze), die wiederum viele Jahrhunderte lang in Nürnberg aufbewahrt wurde und schließlich während des dritten Reichs noch einmal für kurze Zeit in Nürnberg war. Es ist schon eine seltsame Fügung, das ein Kirchlein in einer traditionell so protestantischen Gegend einen solchen Namen trägt bzw. nach der Reformation behielt und solch einen historischen Bezug hat. Möglicherweise gilt deswegen der Moritzberg als der Parnaß oder der Heilige Berg der Nürnberger. Dann könnte man ihn mit Fug und Recht auch Schicksalsberg nennen.

Das bayerische Landesamt für Denkmalspflege weist für Rockenbrunn "vorgeschichtliche Siedlungsfunde" aus, die allerdings nicht sichtbar sind - denkbar ist also, dass bereits die Kelten, deren Bezüge zu mystischen Orten, wie Eichenhainen oder Quellen, bekannt ist, die besonderen Eigenschaften dieser Quelle in ihrem kleinen Tal bereits zu schätzen wussten und sich an ihren Ufern niederließen, vielleicht haben sie an diesem besonderen Ort auch ein kleines Quell-Heiligtum in der Nähe der Keltenburg Houbirg bei Hersbruck betrieben. Dort können im Deutschen Hirtenmuseum auch die konkreten Relikte der Schäferei, die einst dem Blumenorden zum zentralen Inhalt wurde, besichtigt werden.

F. Kohl hat in seinem Wie's damals war ein volkstümliches, anschauliches Porträt der Dörfer und Landschaften rund um den Moritzberg hinterlassen. Danach war es noch zu Beginn des 20. Jhd. üblich, dass am Ostersonntag Morgen die jungen Frauen in der Rockenquelle badeten.

Literatur

  • Recknagel, E.+-H., Theisinger, D., Mauritius Hoffmann: Botanische Exkursion von Altdorf zum Moritzberg 1694, in: naturhistorische Gesellschaft Nürnberg e.V., Jubiläumsausgabe 2000, S.35-60
  • Kohl, F.: Wie's damals war, Land und Leute zwischen Pegnitz und Schwarzach, 3. erw. Aufl., Hersbruck 1993.
  • Kohlert, R.: Der Moritzberg Führer, Eigenverlag Röthenbach/Pegnitz, 1984
  • Archiv Dr. Wolfgang F. Caspers, 90552 Röthenbach/Pegnitz, Haimendorf.

Weblinks

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