- Karl Christ
-
Karl Christ (* 6. April 1923 in Ulm/Donau; † 28. März 2008 in Marburg) war ein deutscher Althistoriker. Der „Nestor der deutschen Althistorie“ gilt als „Pionier der Wissenschafts- und Rezeptionsgeschichte seines Faches“.[1]
Inhaltsverzeichnis
Leben
Der Sohn eines Kaufmanns legte 1940 am Humanistischen Gymnasium seiner Geburtsstadt das Abitur ab. Erst nach dem anschließenden Kriegsdienst bis 1944 und der sowjetischen Kriegsgefangenschaft konnte er sich 1948 der Wissenschaft zuwenden. Bis 1954 studierte er Altertumswissenschaften und Geographie an den Universitäten Tübingen und Zürich. In Tübingen wurde er vor allem von Joseph Vogt, in Zürich von Ernst Meyer gefördert. Es war auch Vogt, der ihn 1953 mit einer Arbeit zu Drusus promovierte. Nach dem Staatsexamen für das Höhere Lehramt 1954 arbeitete er sich bis 1958 im Rahmen eines Stipendiums der Kommission für Alte Geschichte und Epigraphik in die Numismatik ein. Ein Thema aus diesem Gebiet lag auch der Habilitation bei Fritz Taeger in Marburg 1959 zu Grunde. Dieser Universität blieb er treu, von 1965 bis zu seiner Emeritierung 1988 als ordentlicher Professor.
1957 wurde Karl Christ zum korrespondierenden Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts gewählt. Seit 1966 war er zudem Mitglied der Historischen Kommission für Hessen. Am 18. Mai 1993 wurde er durch eine Ehrenpromotion der Freien Universität Berlin geehrt. Er war verheiratet und hatte drei Kinder.
Zu seinem 85. Geburtstag am 6. April 2008 hatte die Universität Marburg ein Fest-Kolloquium geplant, das dann wegen des Todes des Geehrten wenige Tage vorher ihm „zu Ehren und zum Angedenken“ veranstaltete wurde.[2]
Wissenschaftliches Werk
Die Schwerpunkte von Karl Christs Arbeit in Forschung und Lehre lagen seit der Promotion deutlich auf dem Bereich der Römischen Geschichte. Viele seiner Bücher, die teilweise in mehreren Auflagen und in Übersetzung erschienen sind, gelten heute als Standardwerke, vor allem die „Geschichte der römischen Kaiserzeit“ von 1988. Sein Hauptverdienst besteht jedoch darin, dass er die Beschäftigung mit der Geschichte seines Faches in Deutschland inauguriert hat.[3] Seine Forschungen auf diesem Gebiet reichen vom 18. Jahrhundert bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg; so konnte er noch kurz vor seinem Tod eine Biographie des Historikers und Dichters Alexander Schenk von Stauffenberg vorlegen. Dieses Buch schließt die Beschäftigung mit der Zeit des Nationalsozialismus ab, für die Christs Wirken einen vollständigen Neuansatz bedeutete - eine Aufgabe umso schwerer, als viele der belasteten Wissenschaftler noch am Leben oder zumindest ihre Schüler auf Lehrstühlen und in einflussreichen Posten der Wissenschaftsverwaltung und -förderung tätig waren.[4]
Veröffentlichungen
- 1953 Nero Claudius Drusus. Diss. Tübingen
- 1956 Drusus und Germanicus. Schöningh, Paderborn
- 1960 Antike Münzfunde Südwestdeutschlands. Quelle & Meyer, Heidelberg
- 1967 Antike Numismatik. Wiss. Buchges., Darmstadt
- 1972 Von Gibbon zu Rostovtzeff. Wiss. Buchges., Darmstadt. 3., erw. Aufl. 1989. ISBN 3-534-06070-9
- 1973 Römische Geschichte. Wiss. Buchges., Darmstadt. ISBN 3-534-04908-X
- 1974 Hannibal (als Herausgeber). Wiss. Buchges., Darmstadt (WDF 371). ISBN 3-534-06077-6
- 1979 Krise und Untergang der römischen Republik. Wiss. Buchges., Darmstadt. ISBN 3-534-08061-0. 5. Auflage 2007, ISBN 978-3-534-20041-2
- 1979 Die Römer. Eine Einführung in ihre Geschichte und Zivilisation. Beck, München. ISBN 3-406-04453-0 (3. Auflage 1994. ISBN 3-406-38504-4)
- 1982 Römische Geschichte und deutsche Geschichtswissenschaft. Beck, München. ISBN 3-406-38504-4
- 1982 Römische Geschichte und Wissenschaftsgeschichte. Wiss. Buchges., Darmstadt. 2 Bände 1982–1983. ISBN 3-534-08337-7. - ISBN 3-534-08338-5. - ISBN 3-534-08339-3
- 1986 Sparta (als Herausgeber). Wiss. Buchges., Darmstadt. (WDF 622). ISBN 3-534-08809-3
- 1988 Geschichte der römischen Kaiserzeit. Von Augustus zu Konstantin. Beck, München. ISBN 3-406-33327-3. 5. Auflage 2005, ISBN 3-406-36316-4
- 1990 Neue Profile der Alten Geschichte. Wiss. Buchges., Darmstadt. ISBN 3-534-10289-4
- 1994 Caesar. Annäherungen an einen Diktator. Beck, München. ISBN 3-406-38493-5
- 1996 Griechische Geschichte und Wissenschaftsgeschichte. Steiner, Stuttgart. ISBN 3-515-06915-1
- 1996 Von Caesar zu Konstantin. Beiträge zur römischen Geschichte und ihrer Rezeption. Beck, München. ISBN 3-406-40521-5
- 1999 Hellas. Griechische Geschichte und deutsche Geschichtswissenschaft. Beck, München. ISBN 3-406-45312-0
- 2002 Sulla. Eine römische Karriere. Beck, München. ISBN 3-406-49285-1
- 2003 Hannibal. Wiss. Buchges., Darmstadt. ISBN 3-534-15414-2
- 2004 Pompeius. Der Feldherr Roms. Beck, München. ISBN 3-406-51543-6; Rezension von Stefan Rebenich
- 2006 Klios Wandlungen. Die deutsche Althistorie vom Neuhumanismus bis zur Gegenwart. Beck, München. ISBN 3-406-54181-X
- 2008 Der andere Stauffenberg. Der Historiker und Dichter Alexander von Stauffenberg. Beck, München. ISBN 978-3-406-56960-9
Festschriften
- Peter Kneißl und Volker Losemann (Hrsgg.): Alte Geschichte und Wissenschaftsgeschichte. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1988. ISBN 3-534-03564-X
- Peter Kneißl und Volker Losemann (Hrsgg.): Imperium Romanum. Studien zu Geschichte und Rezeption. Steiner, Stuttgart 1998. ISBN 3-515-06929-1
- Volker Losemann (Hrsg.): Alte Geschichte zwischen Wissenschaft und Politik. Gedenkschrift Karl Christ. Harrassowitz, Wiesbaden 2009 (Philippika 29). ISBN 978-3-447-05905-3
Literatur
- Volker Losemann: Akademischer Klimawandel: Zum Tode von Karl Christ. In: Marburger UniJournal, Nr. 31 (Oktober) 2008, S. 16–18 Online-Ausgabe.
- Volker Losemann: Prof. Dr. Dr. h. c. Karl Christ. In: Anzeiger für die Altertumswissenschaft 61, 2008, H. 1–2, S. 125–128.
- Wilfried Nippel: Karl Christ (1923–2008). In: Süddeutsche Zeitung, 2. April 2008, Jg. 64, Nr. 77, S. 16.
- Leandro Polverini: Karl Christ †. In: Gnomon Bd. 82 (2010), S. 476–479.
Weblinks
- Literatur von und über Karl Christ im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Kurzbesprechungen auf Perlentaucher
Einzelnachweise
- ↑ Philipps-Universität Marburg: Lebensleistung von Karl Christ (1923–2008) gewürdigt.
- ↑ Losemann 2009. Die Veröffentlichung der Tagungsbeiträge wird von einer vollständigen Liste der Schriften Christs - 589 Nummern, einschließlich Rezensionen und Zeitungsartikeln - sowie einer Aufstellung der betreuten Promotionen (23) und Habilitationen (3) begleitet.
- ↑ Als programmatisch gilt der Aufsatz: Zur Entwicklung der Alten Geschichte in Deutschland., in: GWU 10, 1971, S. 577–593. Der Text war ursprünglich der Kern eines Antrags an die DFG, der dort nicht einmal behandelt wurde.
- ↑ Eine erste übergreifende Darstellung hat dann schon 1975 sein Schüler Volker Losemann als Dissertation vorgelegt, veröffentlicht gekürzt als: Nationalsozialismus und Antike. Studien zur Entwicklung des Faches Alte Geschichte 1933 - 1945. Hoffmann & Campe, Hamburg 1977 (Historische Perspektiven 7) ISBN 3-455-09219-5. Schon der Verlag lässt erkennen, dass die Veröffentlichung nicht ohne Probleme erfolgt ist.
Kategorien:- Althistoriker
- Wissenschaftshistoriker
- Numismatiker
- Hochschullehrer (Philipps-Universität Marburg)
- Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts
- Autor
- Herausgeber
- Person (Ulm)
- Deutscher
- Geboren 1923
- Gestorben 2008
- Mann
Wikimedia Foundation.