- Rückstoßfreie Kanone
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Als rückstoßfreies Geschütz bezeichnet man im Militär eine Waffe, die keinen oder einen nur sehr geringen Rückstoß besitzt.
Inhaltsverzeichnis
Prinzip
Beim Abschuss eines Projektils aus einer Schusswaffe werden, gemäß dem Satz der Impulserhaltung, auf die Waffe eine Geschwindigkeit und Energie übertragen. Diese bestimmen die Stärke des Rückstoßes.
Die Geschwindigkeit der Rückstoßbewegung der Waffe ergibt sich dabei aus der Masse des Geschosses, seiner Geschwindigkeit, dem Verhältnis der Waffenmasse zur Geschossmasse und dem Raketeneffekt der aus dem Lauf strömenden Pulvergase. Deren Energie lässt sich abschätzen, da die Masse des eingesetzten Treibmittels bekannt ist, und die Geschwindigkeit der Pulvergase empirisch mit etwa 1.200 m/s ± 10% angesetzt werden kann.
Bei rückstoßfreien Waffen wird dieser Raketeneffekt zum Ausgleich des geschossbedingten Rückstoßes genutzt, indem man den größeren Teil der Pulvergase entgegen der Geschossflugrichtung aus der Waffe strömen lässt.
Historische Entwicklung
Die Entwicklung von Geschützen mit immer stärkerer Wirkung führte zu dem Problem, dass diese Waffen auch immer schwerer wurden.
Wegen des starken Rückstoßes, auch bei Verwendung von Mündungsbremsen und hydraulischem Rohrrücklauf, war es notwendig, immer stärkere Lafetten und Bettungen zu konstruieren. Transport und Bedienung solcher Geschütze wurden dadurch immer aufwendiger.
Bereits kurz vor dem Ersten Weltkrieg wurde bei der US-Marine die Davis'sche Gegenmassekanone (Davis Countershot Gun) entwickelt.
Die Treibladung wurde zwischen zwei Rohren eingebracht. In einem der Rohre befand sich das eigentliche Geschoss, im anderen Rohr eine zum Geschoss gewichtsmäßig gleiche Gegenmasse, hergestellt aus einem Gemisch aus Fett und Flintenschrot.
Durch die Zündung der Treibladung wurde das Geschoss in Zielrichtung abgefeuert und die Gegenmasse mit der gleichen Geschwindigkeit nach hinten ausgestoßen.
Großbritannien
Der Verschluss bei dem von Sir Denis Burney erfundenen System entsprach dem von herkömmlichen Kanonen, aber mit Löchern in der Kammer, die von einer zweiten Kammer ringförmig umgeben war, die in Gasaustrittsöffnungen zur Ableitung der Treibgase mündete.
Die Hülsen der Kartuschen hatten Löcher, die mit Abdeckungen aus Messing verschlossen wurden.
Wenn das Pulver der Treibladung gezündet wurde, zerrissen die Streifen, und das Gas strömte aus den Löchern in die Kammer und über die Gasaustrittsöffnungen ins Freie.
USA
Für die USA entwickelten Kroger und Musser mit Kromuskit ein System ähnlich dem von Burney. Kromuskit verwendet ebenfalls gelochte Kartuschen, die es dem Treibgas ermöglichen, in eine ringförmige Kammer und dann weiter durch Öffnungen am Ende des Geschützes zu entweichen.
Zusätzlich hatte der Führungsring der Granaten vorgeprägte Züge, so dass weniger Kraft erforderlich war, das Geschoss durch die Rohrzüge zu pressen. Damit konnte die Konstruktion nochmals leichter ausgeführt werden.
Deutschland
Leicht-Geschütz
In Deutschland wurde das so genannte Leicht-Geschütz entwickelt. Dieses System verwendete eine Kartusche mit einem Kunststoffboden (Bakelit), der von der Explosion der Treibladung zerstört wurde. Die Gase entwichen durch eine Öffnung am Geschützende, die als Lavaldüse geformt war. Die Zündeinrichtung befand sich seitlich auf der Kartusche.
Eingesetzt wurde diese Bauart unter anderem von deutschen Fallschirmjägern bei der Luftlandeschlacht um Kreta. Es wurde auch auf dem sog. Leichtgeschützmunga verbaut.
Nachteile
Der an der Rückseite rückstoßfreier Geschütze austretende Abgasstrahl muss bei der Aufstellung der Waffe berücksichtigt werden und macht es relativ leicht, ein feuerndes Geschütz zu entdecken.
Der Bedarf an Treibmittel ist wesentlich größer als bei konventionellen Kanonen, da nur etwa 20% des Treibmittels für den Geschossvortrieb zur Verfügung stehen, und der große Rest nach hinten entweicht.
Literatur
- John Batchelor und Ian Hogg, Die Geschichte der Artillerie, Wilhelm Heyne Verlag, ISBN 345352068-8
Weblinks
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