Rüstung (Militär)

Rüstung (Militär)

Als Rüstung (von althochdeutsch und mittelhochdeutsch ausstaffieren, bereitmachen) bezeichnet man die militärischen Maßnahmen und Mittel zur Vorbereitung einer kriegerischen Handlung, sei es Angriff oder Verteidigung. Als Aufrüstung bzw. Abrüstung werden die Erweiterung bzw. Reduzierung der Rüstung verstanden.

Mit der Herstellung von Rüstungsgütern und Wehrtechnik ist die Rüstungsindustrie und in ihr Rüstungsbetriebe befasst. Um die Kontrolle von Aufrüstung geht es beim Begriff der Rüstungskontrolle.

Inhaltsverzeichnis

Militärausgaben

Rüstungsausgaben der NATO (ohne USA) in % des Bruttoinlandsproduktes von 1999 bis 2008[1]

Im Jahr 2006 betrugen die weltweiten Ausgaben für militärische Rüstung 900 Milliarden Euro, was einer Steigerung um 3,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. Knapp die Hälfte gaben die USA aus.[2] 2008 betrugen die weltweiten Militärausgaben fast 1,5 Billionen Dollar. Die USA gaben 607 Milliarden aus, gefolgt von China, Frankreich und Großbritannien.[3] In diesem Jahr war der Anteil der Rüstungsausgaben der europäischen NATO-Länder bei 1,65 % des Bruttoinlandsproduktes. Bei den Ländern Europas, die nicht der NATO angehören, lag dieser Anteil nur bei 1,15 %.[1]

Verfahren

Breitenrüstung

Bei der »Breitenrüstung« geht es um die schnelle Produktion von Waffen und Rüstungsgütern, um eine zügige Aufrüstung zu erreichen. Dazu werden viele verschiedene Waffenmodelle von mehreren Anbietern gleichzeitig beschafft. Der Vorteil der Breitenrüstung liegt in der raschen Expansion einer Streitmacht. Der Nachteil liegt darin, dass für die teilweise unüberschaubare Anzahl der Waffenmodelle verschiedenartige Munition und Ersatzteile organisiert werden muss, was vor allem im Feld schwerwiegende logistische Probleme aufwirft.

Tiefenrüstung

Bei der »Tiefenrüstung« geht es um die dauerhafte Sicherung der notwendigen Ressourcen für die Rüstungsproduktion, gewissermaßen also um die „Nachhaltigkeit“ der Rüstung. Sie ist von umso größerer Bedeutung, je länger und umfassender ein Krieg ist.

Tiefenrüstung war bei längeren militärischen Auseinandersetzungen im Grunde schon immer von Bedeutung. So galt es schon in der Antike bei Seekriegen den Nachschub an geeignetem Holz für den Bau von Schiffen zu gewährleisten. Allerdings war die analytische Trennung von Tiefen- und Breitenrüstung bis ins 19. Jahrhundert hinein bedeutungslos, weil der materielle Bedarf an Rüstungsgütern relativ gering war und diese Rüstungsgüter zudem auch vergleichsweise einfach herzustellen waren.

Das Konzept der Tiefenrüstung gewann im 20. Jahrhundert stark an Bedeutung, weil die Kriege materialintensiver und die Waffen komplexer wurden. So führte der Erste Weltkrieg, bei dem anfangs nur mit einer Dauer von wenigen Wochen gerechnet wurde, allen Kriegsparteien die Bedeutung des eigenen und des gegnerischen Industriepotenzials vor Augen. Je länger er dauerte, desto wichtiger wurden nicht-militärische Faktoren wie Rohstoffversorgung und Produktionskapazitäten.

So war vor allem im späteren Verlauf des Zweiten Weltkrieges die Tiefenrüstung der entscheidende Punkt, um solch einen langen Materialkrieg bestehen zu können. Da Deutschland nicht die Mittel hatte, um Tiefen- und Breitenrüstung zu betreiben, entschied sich die Führung und vor allem Hitler bei der Aufrüstung der Wehrmacht für die Breitenrüstung, um die Rüstungsziele schnell zu erreichen. Die schnellen Blitzkrieg-Siege über Polen und Frankreich und der damit verbundene geringe Material- und Munitionsverbrauch suggerierten, diese Entscheidung sei richtig gewesen. Mit fortschreitender Kriegsdauer erwies sich dieser Weg aber als Sackgasse. Um mit den gigantischen Produktionskapazitäten der Sowjetunion und vor allem der Vereinigten Staaten halbwegs mithalten zu können, hätte es einer Konzentration auf nur wenige militärische Großgeräte und deren einfacher Massenherstellung bedurft, welche aber erst spät und somit nicht mehr kriegsentscheidend unter dem Rüstungsminister Albert Speer durchgeführt wurde.

Historische Rüstungspolitik in der Schweiz

Im 1848 neu gegründeten Bundesstaat lagen noch viele Kompetenzen des Militärwesens bei den Kantonen, den Gliedstaaten des Bundes. Beim Neuenburgerhandel, einem beinahe zum Krieg eskalierten Konflikt mit Preußen, sowie bei der Grenzbesetzung im deutsch-französischen Krieg von 1870/71 traten die Schwächen dieser Konzeption sowohl bei der Organisation wie bei der Rüstungs-Beschaffung klar hervor: Die Armee wurde in der Folge weitgehend zur Bundessache erklärt (neue Militärordnung). Das führte im Ersten Weltkrieg zu einer deutlich gesteigerten Abwehrbereitschaft. 1915 musste zur Rüstungsfinanzierung eine einmalige Kriegssteuer erhoben werden; sie wurde durch Volksabstimmung genehmigt.

Mit Errichtung und dem Beitritt der Schweiz zum Völkerbund nach dem Krieg glaubte man, den Rüstungsaufwand reduzieren zu können. Nach der Machtergreifung des Nationalsozialismus im Jahr 1933 revidierte man diese Ansicht; ab 1935 wurde – neu auch mit Einverständnis der Schweizer Sozialdemokratie – wieder eine Politik der Aufrüstung betrieben. Dennoch wies die Schweiz im Zweiten Weltkrieg rüstungstechnisch einen nicht unerheblichen Rückstand auf, beispielsweise verfügte man über nur sehr wenige Panzer. Mit dem Réduit (Rückzug in die Alpen) versuchte man diesen Nachteil zu kompensieren. Die Bewährungsprobe blieb dem Land wiederum erspart.

Während des Kalten Krieges ab 1950 erfolgte eine massive Aufrüstung der Schweizer Armee, anfänglich beanspruchten die Verteidigungsausgaben nahezu die Hälfte des gesamten Bundeshaushalts, andere – etwa sozialpolitische – Belange wurden knapp gehalten. Erst mit steigendem volkswirtschaftlichem Wohlstand wurde der Verteidigungs-Etat prozentual (jedoch nicht in absoluten Geldaufwendungen) zurückgefahren. Wie in den anderen europäischen Ländern brachte erst das Ende des kalten Krieges ab 1990 einen spürbaren Rückgang der Verteidigungsausgaben.

Siehe auch

Literatur

  • Thomas, Georg: Geschichte der deutschen Wehr- und Rüstungswirtschaft 1918 – 1943/45. Herausgegeben von Wolfgang Birkenfeld. Schriften des Bundesarchivs Bd. 14. Boppard 1966
  • Barkai, Avraham: Das Wirtschaftssystem des Nationalsozialismus. Ideologie, Theorie, Politik 1933 – 1945. Frankfurt/Main 1988.

Weblinks

 Wikiquote: Rüstung – Zitate

Fußnoten

  1. a b International Institute for Strategic Studies: The Military Balance 2010, 1. Februar 2010
  2. n-tv: Horrende Rüstungsausgaben - 900 Milliarden verballert 11. Juni 2007
  3. Artikel (Militärausgaben weltweit) aus Süddeutscher Zeitung

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