SAE-Sprachen

SAE-Sprachen

Unter Standard Average European (auch SAE-Sprachen genannt) versteht man einen europäischen Sprachbund, d. h. eine Gruppe von europäischen Sprachen, die sich in einer Reihe von Sprachstrukturmerkmalen gleichen, obwohl sie nicht unbedingt miteinander verwandt, also aus der gleichen Ursprache entstanden sind. Dies sind unter anderem:

  • die Unterscheidung zwischen unbestimmtem und bestimmtem Artikel (z. B. dt. ein/eine : der/die/das) (Ausnahmen unter den europäischen Sprachen: nur einen bestimmten Artikel kennen das Irische, Walisische, Bulgarische und Maltesische, gar keine Artikel kennen die slawischen Sprachen außer dem Bulgarischen, die Sprachen des Baltikums sowie das Finnische)
  • die Bildung von Relativsätzen, die nach dem betroffenen Hauptwort stehen und mit einem veränderbaren Relativpronomen (z. B. deutsch der/die/das/wel­cher/welche/welches, englisch who, whose, whom) eingeleitet werden (bisweilen sind daneben auch Konstruktionen mit unveränderlichem Relativpronomen möglich) (Ausnahmen unter den europäischen Sprachen: die kelti­schen Sprachen, das Baskische und das Malte­si­sche)
  • eine Konstruktion mit haben als eine Möglichkeit der Vergangenheits­bildung (z. B. dt. ich habe gesagt) (Ausnahmen unter den europäischen Sprachen: die keltischen und sla­wischen Sprachen, die Sprachen des Bal­ti­kums, das Finnische, das Unga­ri­sche und das Maltesische)
  • eine Passivkonstruktion, bei der das Objekt der Handlung zum Subjekt des Satzes wird und das Partizip Perfekt (oder Mittelwort der Ver­gangenheit) mit einem Hilfszeitwort kombiniert wird (z. B. dt. der Wein wird getrunken) (Ausnahmen unter den europäischen Sprachen: das Wa­lisische, das Finnische und das Estnische)

Die Entstehung dieser Gemeinsamkeiten wird mit der Völkerwanderung in Verbindung gebracht, die gleichsam am Beginn des europäischen Kultur­krei­ses steht (vgl. dazu auch die Ausführungen unter Eurolinguistik). Man nennt die SAE-Sprachen daher auch Charlemagne-Sprachbund (Charlemagne = engl./frz. für Karl den Großen).

Literatur

  • Joachim Grzega: "Blicke auf den Bau unserer Sprachen: Auf lautliche und grammatische Unterschiede gefasst sein", in: Grzega, Joachim, EuroLinguistischer Parcours: Kernwissen zur europäischen Sprachkultur, Frankfurt: IKO, 2006, S. 169-192. ISBN 3-88939-796-4.
  • Martin Haspelmath: "The European Linguistic Area: Standard Average European", in: Martin Haspelmath et al. (eds.), Language Typology and Language Universals, vol. 1, p. 1492-1510, Berlin: de Gruyter 2001.
  • Bernd Heine, Tania Kuteva: The Changing Languages of Europe, New York/Oxford: Oxford University Press 2006.
  • Benjamin Lee Whorf: Sprache, Denken, Wirklichkeit. Beiträge zur Metalinguistik und Sprachphilosophie. Rowohlt, Reinbek 1963.

Weblinks


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