Satz von Cayley

Satz von Cayley

Der Satz von Cayley ist ein nach dem englischen Mathematiker Arthur Cayley benannter Satz aus der Algebra. Er besagt, dass man jede Gruppe als Untergruppe einer symmetrischen Gruppe realisieren kann.

Dieses Ergebnis spielte für die Entwicklung der Gruppentheorie im 19. Jahrhundert eine wichtige Rolle, denn es stellt sicher, dass jede abstrakte Gruppe isomorph zu einer konkreten Gruppe von Permutationen ist. Anders gesagt, jede Gruppe lässt sich treu als Permutationsgruppe darstellen. Der Satz von Cayley bildet damit einen Ausgangspunkt der Darstellungstheorie, die eine gegebene Gruppe untersucht, indem sie ihre Darstellungen auf konkrete und gut verstandene Gruppen nutzt.

Inhaltsverzeichnis

Aussage des Satzes

Der Satz von Cayley besagt:

Jede Gruppe ist isomorph zu einer Untergruppe einer symmetrischen Gruppe.

Ausführlicher bedeutet das folgendes:

Sei (G, * ) eine Gruppe. Dann existiert eine Menge M und in der symmetrischen Gruppe Sym(M) eine Untergruppe U, so dass (G, * ) isomorph zu (U,\circ) ist.

Wenn die gegebene Gruppe G zudem endlich ist, so kann man hierzu auch eine endliche Menge M wählen. Genauer gilt: Ist G von Ordnung n, dann ist G isomorph zu einer Untergruppe von Sn

Anwendungen

Die praktische Bedeutung des Satzes von Cayley besteht darin, jede beliebige Gruppe G als Untergruppe einer konkreten Gruppe darzustellen. Als konkrete Gruppe betrachtet man hier eine symmetrische Gruppe Sym(M) bestehend aus allen bijektiven Abbildungen einer Menge M in sich. Die Verknüpfung in der symmetrischen Gruppe Sym(M) ist gegeben durch die Hintereinanderausführung (f \circ g)(x) := f(g(x)). Permutationsgruppen sind sehr praktisch in dem Sinne, dass man ihre Elemente (die Permutationen) bequem aufschreiben und leicht mit ihnen rechnen kann. Dies ist insbesondere in der Computeralgebra nützlich.

Auf theoretischer Ebene eröffnet der Satz von Cayley die Möglichkeit, die Theorie der Permutationsgruppen auf jede beliebige Gruppe anzuwenden. Man spricht von einer Permutationsdarstellung der gegebenen Gruppe. Daneben gibt es noch andere Möglichkeiten, Gruppen in spezieller Form darzustellen, zum Beispiel als Matrixgruppe, das heißt als Untergruppe einer linearen Gruppe. Man spricht dann von einer linearen Darstellung, siehe dazu den Artikel Darstellungstheorie.

Beweis des Satzes

Vor dem eigentlichen Beweis lohnt es sich, die wesentliche Idee an einem einfachen Beispiel zu illustrieren. Der nachfolgende Beweis formuliert dann die gemachten Beobachtungen nur aus.

Einführendes Beispiel

Betrachten wir zur Illustration die kleinsche Vierergruppe (V, * ), die wir hier durch die Menge V = {1,2,3,4} mit folgender Verknüpfungstafel darstellen:

* 1 2 3 4
1 1 2 3 4
2 2 1 4 3
3 3 4 1 2
4 4 3 2 1

In der ersten Zeile sehen wir die Permutation \tau_1 = \bigl(\begin{smallmatrix}1&2&3&4\\1&2&3&4\end{smallmatrix}\bigr), und in den folgenden Zeilen die Permutationen \tau_2 = \bigl(\begin{smallmatrix}1&2&3&4\\2&1&4&3\end{smallmatrix}\bigr), \tau_3 = \bigl(\begin{smallmatrix}1&2&3&4\\3&4&1&2\end{smallmatrix}\bigr), \tau_4 = \bigl(\begin{smallmatrix}1&2&3&4\\4&3&2&1\end{smallmatrix}\bigr). Diese Permutationen sind untereinander verschieden, die Abbildung T \colon V \to S_4 mit a \mapsto \tau_a ist also injektiv. Man rechnet nun direkt nach, dass T ein Gruppenhomomorphismus ist, also T(a*b) = T(a) \circ T(b) für alle a,b \in V erfüllt. Dies folgt ganz allgemein aus den Gruppenaxiomen, wie wir nun zeigen werden.

Allgemeine Konstruktion

Sei (G, * ) eine Gruppe. Als Menge wählen wir M: = G. Für jedes Gruppenelement a \in G definieren wir eine Abbildung \tau_a \colon M \to M durch τa(x): = a * x. Diese Abbildung heißt Linksmultiplikation mit a.

  1. Die Assoziativität a * (b * x) = (a * b) * x für alle a,b \in G und x \in M ist gleichbedeutend mit \tau_a \circ \tau_b = \tau_{a * b}.
  2. Die Tatsache, dass e \in G neutrales Element ist, also e * x = x für alle x \in M erfüllt, ist gleichbedeutend mit τe = idM.
  3. Sind a,b \in G zueinander inverse Elemente, also a * b = e, dann folgt daraus \tau_a \circ \tau_b = \tau_{a * b} = \tau_e = \mathrm{id}_M.

Da in einer Gruppe G alle Elemente invertierbar sind, ist demnach jede der Abbildungen τa bijektiv. Wir erhalten also einen Gruppenhomomorphismus T \colon G \to \mathrm{Sym}(M) durch T(a) = τa. Dieser Homomorphismus ist injektiv: falls τa = τb, dann gilt insbesondere τa(e) = τb(e) und daher a = a * e = b * e = b. Damit ist T ein Isomorphismus zwischen der Gruppe G und der Untergruppe U = \mathrm{Bild}(T) = \{ \tau_a \mid a \in G \}.

Bemerkungen

Der obige Beweis beruht auf der Beobachtung, dass die Linksmultiplikation eine Gruppenoperation der Gruppe G auf sich selbst ist, nämlich G \times G \to G mit (g,x) \mapsto g*x. Er zeigt sodann, dass jede Gruppenoperation G \times M \to M einen Gruppenhomomorphismus T \colon G \to \mathrm{Sym}(M) induziert. Im speziellen Fall der Linksmultiplikation ist T sogar injektiv, und wird die (links)reguläre Darstellung genannt.

Der Beweis lässt sich analog führen, wenn man statt der Linksmultiplikation die Rechtsmultiplikation mit dem Inversen verwendet. Er liefert dann unter Umständen eine andere Untergruppe von Sym(G), die aber ebenfalls isomorph zu G ist.

Minimale Permutationsdarstellungen

Anstelle der im obigen Beweis verwendeten Menge M = G kann man oft auch kleinere Mengen finden. Zum Beispiel liefert der Beweis eine Darstellung der alternierenden Gruppe A4 mit 12 Elementen als Untergruppe der S12, obwohl die Menge {1,2,3,4} als Grundmenge M ausreichen würde, denn wir haben ja die Inklusion A_4 \hookrightarrow S_4.

Zu einer gegebenen Gruppe G kann man sich daher fragen, ab welchem Grad n ein injektiver Gruppenhomomorphismus G \hookrightarrow S_n existiert (auch treue Darstellung oder Einbettung genannt). Der Satz stellt klar, dass dies für n = | G | jedenfalls immer möglich ist. Es ist eine interessante und mitunter schwierige Frage, den minimalen Grad m(G) zu bestimmen, für den dies möglich ist.

Interessanterweise gibt es Gruppen G, für die die reguläre Darstellung schon minimal ist, also m(G) = | G | . Für eine solche Gruppe gibt es also Einbettungen G \hookrightarrow S_n nur für n \ge |G|. Dies gilt zum Beispiel für jede zyklische Gruppe \Z/p von Primzahlordnung, denn keine symmetrische Gruppe Sk mit k < p enthält ein Element der Ordnung p (Satz von Lagrange). Gleiches gilt für jede zyklische Gruppe \Z/p^k deren Ordnung eine Primzahlpotenz ist: keine symmetrische Gruppe Sk mit k < pn enthält ein Element der Ordnung pn. (Dies folgt aus der Zerlegung einer Permutation in ein Produkt disjunkter Zykel.) Auch die kleinsche Vierergruppe \Z/2 \times \Z/2 der Ordnung 4 lässt sich in S4 aber nicht in S3 einbetten (ebenfalls nach dem Satz von Lagrange). Einen vollständigen Überblick verschafft folgendes Ergebnis:[1]

Für die folgenden Gruppen G ist die reguläre Darstellung bereits minimal, das heißt es gibt Einbettungen G \hookrightarrow S_n nur für n \ge |G|:

  1. \Z/2\times\Z/2, die kleinsche Vierergruppe.
  2. \Z/p^k, eine zyklische Gruppen deren Ordnung eine Primzahlpotenz ist.
  3. Q_{2^k}, eine verallgemeinerte Quaternionengruppe der Ordnung 2k mit k \ge 3.

In den Fällen (2) und (3) ist jede Einbettung G \hookrightarrow S_n mit n = | G | konjugiert zur regulären Darstellung.

Umgekehrt gilt, wenn für eine endliche Gruppe G die reguläre Darstellung minimal ist, dann ist G eine Gruppe aus dieser Liste. Für alle anderen Gruppen lässt sich also der Grad n = | G | aus dem Satz von Cayley noch reduzieren.

Geschichte

Der Satz wird allgemein Arthur Cayley zugeschrieben, der die Grundidee bereits 1854 in einem der ersten Artikel der Gruppentheorie formulierte[2]. Allerdings führt William Burnside[3] in seinem Buch über Gruppentheorie den vollständigen Beweis auf Camille Jordan[4] im Jahre 1870 zurück. Eric Nummela[5] argumentiert jedoch, dass die übliche Bezeichnung als Satz von Cayley durchaus korrekt ist: Cayley hatte in seiner Arbeit von 1854 gezeigt, dass die obige Abbildung in die symmetrische Gruppe injektiv ist, auch wenn er nicht explizit gezeigt hat, dass sie ein Gruppenhomomorphismus ist.

Einzelnachweise

  1. David L. Johnson: Minimal permutation representations of finite groups. In: American Journal of Mathematics. 93, 1971, S. 857–866.
  2. Arthur Cayley: On the theory of groups as depending on the symbolic equation θn=1. In: Phil. Mag.. 7, Nr. 4, 1854, S. 40–47.
  3. William Burnside: Theory of Groups of Finite Order, 2 1911
  4. Camille Jordan: Traité des substitutions et des équations algébriques. Paris: Gauther-Villars 1870
  5. Eric Nummela: Cayley's Theorem for Topological Groups. In: American Mathematical Monthly. 87, Nr. 3, 1980, S. 202–203. doi:10.2307/2321608.

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