Schachfigur

Schachfigur
Die sechs verschiedenen Schachsteine: König, Dame, Läufer, Turm, Springer und Bauer
Schachfiguren (Foto)

Im Schachspiel benutzen beide Spieler je einen Satz von 16 Spielsteinen, die als Schachfiguren bezeichnet werden. Die beiden Sätze sind gleichartig und unterscheiden sich nur durch die jeweilige Farbe. Traditionell werden die Farben als Weiß und Schwarz bezeichnet und sind auch in der Praxis meist dem nachempfunden, etwa durch helles und dunkles Holz.

Die 16 Schachfiguren einer Partei bestehen aus dem König, der Dame, zwei Türmen, zwei Läufern, zwei Springern und acht Bauern. Diese Zusammensetzung ist ein Sinnbild von Hofstaat und Heer traditioneller Königreiche.

Im weiteren, umgangssprachlichen Sinne werden mit dem Wort Figur alle Schachfiguren bezeichnet. Das entspricht auch dem aktuellen und offiziellen Sprachgebrauch der FIDE-Regeln. In der traditionellen Ausdrucksweise deutschsprachiger Schachspieler schließt die Bezeichnung Figur jedoch die Bauern nicht ein, da sich diese grundlegend von den anderen Steinen unterscheiden. Der Begriff wird aber auch eingeschränkt auf die Leichtfiguren verwendet. In Schachbüchern ist üblicherweise eine dieser engeren Bedeutungen gemeint.

Inhaltsverzeichnis

Zugweise

Die einzelnen Spielsteine unterscheiden sich in ihrem Bewegungsmuster. Dieses ist bei den acht Figuren stets dreh- und spiegelsymmetrisch („in alle Richtungen“), und es gibt keinen Unterschied zwischen reiner Bewegung und Schlagzug. Die Bauern hingegen können sich nur „vorwärts“ (in Richtung des gegnerischen Lagers) bewegen und schlagen anders, als sie ziehen.

„Gerade“ bedeutet horizontal und vertikal, „schräg“ parallel zu einer Diagonale.

Figurname Anzahl Bewegungsmuster
Chess king icon.png
König
1 1 Feld gerade oder diagonal, bei Rochade 2 Felder seitwärts
Chess queen icon.png
Dame
1 gerade oder diagonal, beliebig weit
Chess rook icon.png
Turm
2 gerade, beliebig weit, bei Rochade Sprung auf das vom König überquerte Feld
Chess bishop icon.png
Läufer
2 diagonal, beliebig weit
Chess knight icon.png
Springer
2 2 Felder gerade, danach 1 Feld gerade im rechten Winkel, siehe auch Rösselsprung
Chess pawn icon.png
Bauer
8 Ziehen: ein Feld gerade vorwärts, beim jeweils ersten Zug optional auch zwei; schlagen: ein Feld schräg vorwärts oder en passant
Solid white.svg a b c d e f g h Solid white.svg
8 a8 b8 c8 d8 e8 f8 g8 h8 8
7 a7 b7 c7 d7 e7 f7 g7 h7 7
6 a6 b6 c6 d6 e6 f6 g6 h6 6
5 a5 b5 c5 d5 e5 f5 g5 h5 5
4 a4 b4 c4 d4 e4 f4 g4 h4 4
3 a3 b3 c3 d3 e3 f3 g3 h3 3
2 a2 b2 c2 d2 e2 f2 g2 h2 2
1 a1 b1 c1 d1 e1 f1 g1 h1 1
a b c d e f g h
Grundstellung

Bei der Aufstellung der Steine gilt, dass die Dame auf einem Feld ihrer Farbe zu stehen kommt („Die Dame liebt ihre Farbe“). Insbesondere bei fehlender Beschriftung beachte man die 90°-Orientierung des Spielbretts, so dass sich ein weißes Feld in der Ecke vorne rechts befindet.

Tauschwert

In der älteren Schachliteratur und in Partieanalysen werden alle Figuren außer den Bauern und Königen oft als Offiziere bezeichnet. Unterschieden werden Schwerfiguren (Dame und Türme), die mit ihrem König den gegnerischen König jeweils allein mattsetzen können, wenn keine weiteren Figuren auf dem Brett verblieben sind, und Leichtfiguren (Springer und Läufer), die bei gleicher Konstellation nicht mattsetzen können.

Um den Wert von Figuren (und damit das Kräfteverhältnis, wenn die beiden Seiten unterschiedliches Material haben,) vergleichen zu können, wird ihr Wert in sogenannten Bauerneinheiten angegeben, die ungefähr ihrem Kampfwert entsprechen. Übliche Werte sind:

  • Springer drei Bauern,
  • Läufer drei Bauern,
  • Turm fünf Bauern,
  • Dame neun Bauern.

Da der König nicht geschlagen werden kann (und seine Mattsetzung den Verlust der Partie bedeutet), wird er nicht gewertet. In Endspielsituationen, wo keine unmittelbare Mattgefahr besteht und der König aktiv wird, liegt sein Kampfwert meist zwischen dem einer Leichtfigur und dem eines Turmes.

Läufer und Springer werden als ungefähr gleich gewertet. Der Läufer kann auf größere Entfernungen wirken und beherrscht im Schnitt mehr Felder als der Springer, doch er ist an seine Feldfarbe gebunden. Da beide Läufer zusammen diesen Nachteil umgehen, ist das Läuferpaar in Mittel- und Endspiel meist stärker als zwei Springer.

Es hat in der Schachliteratur mehrere Versuche gegeben, die obigen Werte zu präzisieren. So gab Howard Staunton in seinem Chess-Player's Handbook an, dass ein Springer 3,05, ein Läufer 3,5, ein Turm 5,48 und eine Dame 9,94 Bauerneinheiten wert seien. Bereits im Handbuch des Schachspiels von 1852 wurde betont, dass der aktuelle Wert einer bestimmten Figur stark von deren Postierung und Zugmöglichkeiten abhängt. Auch Emanuel Lasker schrieb in seinem Lehrbuch des Schachspiels, dass Vergleichswerte zwischen den Figuren nur „ceteris paribus“ gelten. In jüngster Zeit hat der US-amerikanische IM Larry Kaufman nach statistischen Untersuchungen in Schachdatenbanken folgende Werte vorgeschlagen: Springer 3,25, Läufer 3,25 (plus einem Bonus von 0,5 für das Läuferpaar), Turm 5, Dame 9,75.[1]

Qualität

Für den Mehrwert eines Turmes gegenüber einer Leichtfigur ist der Ausdruck Qualität gebräuchlich. Der Tausch einer eigenen Leichtfigur gegen einen gegnerischen Turm wird demnach als Qualitätsgewinn bezeichnet, für den Gegner dagegen als Qualitätsverlust. Ein Qualitätsopfer ist der bewusste Tausch eines Turmes gegen eine Leichtfigur. Damit verbunden ist die Notwendigkeit, als Ausgleich zum Materialnachteil andere Vorteile zu erringen. Dies kann zum Beispiel Tempogewinn sein oder Stellungsvorteil.

Umgangssprachlich verwenden Schachspieler gerne die Verballhornung Qualle für Qualität. Die traditionsreiche Vereinszeitung des Schach-Club Kreuzberg e.V. in Berlin nennt sich beispielsweise Kreuzqualle.[2]

Design

Die heute allgemein übliche Figurenform, genannt Staunton-Figuren, wurde 1849 von Nathaniel Cook kreiert, von dem damals führenden Spieler Howard Staunton propagiert und 1924 vom Weltschachverband (FIDE) bei dessen Gründung übernommen. Der Entwurf besticht durch Klarheit, verhaltenen Symbolismus und durch seine Praktikabilität. Der weltweite Erfolg dieser Figuren im 20. Jahrhundert begründet sich durch ihre Massivität und unkomplizierte Herstellung als Massenware. Die ab 1934 in Deutschland vorgeschlagenen Figuren im Bundesform-Design haben sich international nicht durchgesetzt.

Historisch betrachtet reflektiert das Aussehen der Schachfiguren mehr ihren kulturellen und gesellschaftlichen Hintergrund, als dass es die Regeln des Spiels in seine Form überträgt. Ein berühmtes historisches Design wird zum Beispiel von den Lewis-Schachfiguren repräsentiert, die vermutlich im 12. Jahrhundert in Norwegen hergestellt wurden.

Eine reine Form versucht Josef Hartwig (1880–1950) mit seinen entworfenen Figuren für das sogenannte „Bauhaus-Schachspiel“ von 1923. Das 1924 modifizierte Design baut nur auf die drei Grundformen Dreieck, Kreis und Quadrat.

Figurenbezeichnungen

Da die Figurenbezeichnungen von der Landessprache abhängig sind, werden bei internationalen Publikationen bevorzugt Figurensymbole (figurine Notation) dargestellt. Die Figurenbezeichnungen stellen in vielen Sprachen einen feudalen Staat rund um ein Königspaar nach. In manchen Sprachen werden sie als Figuren einer Armee (ohne Paar) verstanden.

König Dame Turm Läufer Springer Bauer
Figurin Chess king icon.png Chess queen icon.png Chess rook icon.png Chess bishop icon.png Chess knight icon.png Chess pawn icon.png
Unicode
Albanisch M Mbret M Mbretëreshë T Top O Oficier K Kal Pion
Arabisch/العربية Malek/ملك
König
wasir/وزير
Minister
Kalaa/قلعة
Festung
Viel/فيل
Elefant
Husan/حصان
Pferd
Jundi/جندي
Soldat
Bulgarisch Ц Цар (Zar) Д Дама (Dama) Т Топ (Top) О Офицер (Ofizer) К Кон (Kon) П Пешка (Peschka)
Dänisch K Konge D Dronning T Tårn L Løber S Springer Bonde
Deutsch K König D Dame T Turm L Läufer S Springer Bauer
Englisch K King
König
Q Queen
Königin
R Rook
phon. von „Ruch“ (pers. Streitwagen)
B Bishop
Bischof
N Knight
Ritter
Pawn
(urspr.) Fußsoldat
Esperanto R Reĝo D Damo T Turo K Kuriero Ĉ Ĉevalo Peono
Estnisch K Kuningas L Lipp V Vanker O Oda R Ratsu Ettur
Farsi S Schah W Wazir R Ruch F Fil A Asb Sarbaz
Finnisch K Kuningas D Kuningatar oder Daami T Torni L Lähetti R Ratsu oder Hevonen Sotilas
Französisch R Roi
König
D Dame
Dame
T Tour
Turm
F Fou
Narr
C Cavalier
Reiter
Pion
Bauer
Griechisch Ρ Βασιλιάς Β Βασίλισσα Π Πύργος Α Αξιωματικός Ι Ίππος Πιόνι
Kroatisch K Kralj D Dama T Top L Lovac S Skakač Pješak
Indonesisch R raja M menteri B benteng G gaja K kuda pion
Isländisch K Kóngur D Drottning H Hrókur B Biskup R Riddari Peð
Italienisch R Re D Donna T Torre A Alfiere
Bannerträger
C Cavallo Pedone
Fußsoldat
Lettisch K Kungs D Dama T Tornis L Laidnis Z Zirgs Bandinieks
Mazedonisch K Крал D Дама T Топ L Ловец S Коњ Пешак
Niederländisch K Koning D Dame T Toren L Loper P Paard Pion
Norwegisch K Konge D Dronning T Tårn L Løper S Springer Bonde
Plattdeutsch K König D Daam T Toorn L Löper P Peerd Buer
Polnisch K Król H Hetman W Wieża G Goniec S Skoczek Pion
Portugiesisch R Rei D Dama oder Rainha T Torre B Bispo C Cavalo Peão
Rumänisch R Rege D Damă oder Regină T Turn N Nebun C Cal Pion
Russisch Кр Король (Kr Korol')
König
Ф Ферзь (F Fers')
Feldherr
Л Ладья (L Ladja)
Kahn
С Слон (S Slon)
Elefant
К Конь (K Kon')
Ross
Пешка (Peschka)
Schwedisch K Kung D Dam oder Drottning T Torn L Löpare S Springare Bonde
Serbisch Краљ (Kralj) Краљица (Kraljica) Топ (Top) Ловац (Lovac) Скакач (Skakač) Пешак (Pešak)
Spanisch R Rey
König
D Dama
Dame
T Torre
Turm
A Alfil C Caballo
Pferd
Peón
Hilfsarbeiter
Tschechisch K Král D Dáma V Věž S Střelec J Jezdec Pěšec
Türkisch S Şah
Shah
V Vezir
Minister
K Kale
Burg
F Fil
Elefant
A At
Pferd
Piyon
Ungarisch K Király V Vezér B Bástya F Futó H Huszár Gyalog

Siehe auch

Wiktionary Wiktionary: Schachfigur – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Commons: Schachfiguren – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  1. Evaluation of material imbalances
  2. Website der Vereinszeitschrift Kreuzqualle, abgerufen am 21. Februar 2011

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