Schiffbau in Ostfriesland und Papenburg

Schiffbau in Ostfriesland und Papenburg

Der Schiffbau in der Region Ostfriesland und in der angrenzenden emsländischen Stadt Papenburg hat eine jahrhundertelange Tradition. So sind für die Seehafenstadt Emden bereits für das späte Mittelalter Aufzeichnungen über Schiffbau nachweisbar. Heute beschäftigen allein fünf größere Werften im IHK-Bezirk Ostfriesland/Papenburg gut 3850 Arbeitnehmer zuzüglich etwa 240 Auszubildenden. Hinzu kommen mehrere kleinere Bootsbaubetriebe. Umgerechnet auf die Einwohnerzahl von zirka 500.000 Personen hat die Region damit laut IHK die höchste Schiffbaudichte Deutschlands. Die Werften sind ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Wegen des Schiffbaus (und des Seehafenumschlags) zählt die Stadt Papenburg zum IHK-Bezirk Ostfriesland, obgleich sie im Emsland liegt und damit eigentlich der IHK Osnabrück/Emsland angehören würde.

Inhaltsverzeichnis

Werften

Die Norwegian Jewel vor den mehr als 70 Meter hohen Hallen der Meyer Werft, Papenburg
Neubau auf der Helling der Nordseewerke in Emden
Die Cassens-Werft in Emden von der Hafenseite aus gesehen

Größte Werft der Region ist die Meyer Werft im emsländischen Papenburg mit etwa 2300 Beschäftigten. Sie ist deutschlandweit bekannt durch den Bau von Kreuzfahrtschiffen, baut aber auch unter anderem Fähren und Gastanker. Das Unternehmen befindet sich seit 1795 in Familienbesitz. Die Werft verfügt über das größte überdachte Baudock der Welt.

Zweitgrößte Werft der Region sind die Nordseewerke in Emden mit etwa 1400 Mitarbeitern. Die Werft gehört zusammen mit Blohm & Voss in Hamburg, HDW in Kiel und anderen Werften zu ThyssenKrupp. Die Nordseewerke bauen U-Boote und Überwasserschiffe wie Fregatten und Korvetten für die Deutsche Marine und Seestreitkräfte anderer Länder sowie Containerschiffe und Spezialschiffe (Forschungsschiffe, Saugbagger etc.).

Meyer Werft und Nordseewerke sind die beiden Großwerften in der Region. Von den acht deutschen Werften mit mehr als 1000 Beschäftigten befinden sich somit zwei in der Region Ostfriesland/Papenburg.

Hinzu kommen in Emden die Cassens-Werft mit 92 Beschäftigten, die Schiffswerft Diedrich in Oldersum mit 18 Beschäftigten und die Werft Ferus Smit in Leer mit rund 50 Beschäftigten. Die Cassens-Werft gehört mehreren regionalen Eigentümern, die nach einer Insolvenz der Vorgängerwerft im Jahre 2003 dem Unternehmen neu auf die Beine halfen. Zu den Eigentümern zählen die Auricher Firma Rolf Janssen und die AG Reederei Norden-Frisia, hinzu kommen unter anderem die Emder Reederei AG Ems und weitere Schiffbau-Zulieferer aus der Region.

Die Schiffswerft Diedrich GmbH & Co. KG hat in der Vergangenheit einen Großteil der Fähren für die ostfriesischen Inselreedereien gebaut. Bis ungefähr Ende der 1980er Jahre waren rund 100 Mitarbeiter bei der Werft in dem 1600-Seelen-Ort Oldersum beschäftigt. In den vergangenen Jahren wurden jedoch kaum noch Neubauten abgeliefert. Die Werft konzentrierte sich vielmehr auf das Reparaturgeschäft. Die Zahl der Beschäftigten beträgt derzeit 18. Der Umsatz liegt 2006 bei rund 2,5 Millionen Euro. Ein Wiedereinstieg in den Bau von Inselfähren ist in Planung.[1] Auch die Schiffswerft Diedrich gehört mehreren regionalen Firmen, darunter sind die AG Reederei Norden-Frisia und die Reederei Baltrum-Linie sowie die Elektrotechnischen Werke Rolf Janssen in Aurich (die unter anderem als Schiffbauzulieferer tätig sind) und das Emder (Wasser-)Bauunternehmen Gebrüder Neumann.

Die Werft Ferus Smit in Leer ist eine Tochterfirma der niederländischen Werft Ferus Smit aus Westerbroek in der benachbarten niederländischen Provinz Groningen. Die Leeraner Werft wurde 1996 von den Niederländern übernommen, um größere Schiffseinheiten bauen zu können. Der niederländische Betrieb liegt zum einen im Binnenland, daher ist der Zugang zur offenen See bei Delfzijl durch Brücken und Schleusen eingeschränkt, wohingegen der Leeraner Hafen nur durch die Seeschleuse in Leer und das großzügig bemessene Emssperrwerk von der offenen See getrennt ist. Zum anderen erlaubt die Helling in Westerbroek lediglich den Bau von Schiffen bis zu einer maximalen Breite von 16 Metern und Länge von 130 Metern, wohingegen die Helling in Leer auch den Bau von Schiffen bis zu einer Breite von 26 Metern und einer Länge von 170 Metern gestattet. Die Tonnage der gebauten Schiffe beträgt nach Werftangaben zwischen 3000 und 10.000 Tonnen. Innerhalb dieses Rahmens werden alle Arten von Frachtschiffen gebaut.

Eine Vielzahl der Neubau- und Reparaturaufträge erhalten die Werften von regionalen Reedereien, insbesondere denjenigen in Leer.

Bootsbauer

Neben den fünf größeren Werften gibt es noch eine Anzahl an Bootsbaubetrieben, die Sportboote herstellen und reparieren. Dazu zählen etwa die Norddeicher Bootswerft, die Borssumer Bootswerft in Emden und die Voß-Werft in Westerende-Kirchloog.

Zulieferer

Im IHK-Bezirk Ostfriesland und Papenburg fließen erhebliche Summen von den Werften an Schiffbauzulieferer. Nach einer Statistik der regionalen IHK wurden allein von den fünf größeren Werften im Jahre 2005 insgesamt mehr als 143 Millionen Euro für Vorleistungsprodukte aus der Region ausgegeben. Auf die Stadt Papenburg entfielen davon 64 Mio. Euro, auf die Stadt Emden 41 Mio. Euro, auf den Landkreis Leer 19 Mio. Euro, auf den Landkreis Aurich 16 Mio. Euro und auf den Landkreis Wittmund drei Mio. Euro.

Zu den Schiffbauzulieferern in der Region gehören unter anderem die mehr als 250 Mitarbeiter zählenden Elektrotechnischen Werke Rolf Janssen in Aurich (mit der Tochterfirma Emder Schiffs- und Industrieelektrik in Emden) und die Emder Schiffsausrüstungs-GmbH (rund 100 Mitarbeiter). Eine Vielzahl von Unternehmen der Navigations- und Kommunikationstechnik sowie weiterer spezialisierter Zulieferbetriebe rundet das Bild ab. Gerade auf den Kreuzfahrtschiffen der Meyer Werft arbeiten auch viele kleinere und mittelgroße Handwerksbetriebe, die die Inneneinrichtung der Luxusliner erschaffen.

Dies allerdings ist nur ein Teil der Ausgaben der ostfriesischen und papenburgischen Werften für die Zulieferer. Zum Vergleich mögen die bundesweiten Zahlen dienen: In Deutschland gibt es etwa 400 zuliefernde maritime Industrie- und Dienstleistungsunternehmen. Bei diesen arbeiten rund 70.000 Menschen - und damit rund dreimal mehr als bei allen deutschen Werften selbst. Besonders viele Zulieferer sind in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern beheimatet.

Wird die Berechnungsgrundlage "Ein Arbeitsplatz auf den Werften entspricht dreien in der Zuliefererindustrie" auch für die Werften in Ostfriesland und Papenburg zugrundegelegt, so hängen an den Werften der Region rund 11.500 weitere Arbeitsplätze, davon viele im Süden der Bundesrepublik.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ostfriesen-Zeitung vom 20. Dezember 2006

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