Nordseewerke

Nordseewerke
Nordseewerke
Rechtsform GmbH
Gründung 1903
Sitz Emden, Deutschland
Leitung Ulrich Ziolkowski (Vorsitzender der Geschäftsführung)
Mitarbeiter ca. 1400
Produkte Containerschiffe, U-Boote, Fregatten, Korvetten, Spezialschiffe (u.a. Forschungsschiffe, Saugbagger)
Website www.nordseewerke.de
Blick von Südwesten auf die Nordseewerke mit dem Emder Binnenhafen im Vordergrund
Bockkran der Nordseewerke

Die Schiffswerft Nordseewerke GmbH (NSWE) war eine Werft in Emden (Ostfriesland), die Marine- und Sonderschiffe baute. Sie hatte eine wechselvolle Geschichte und warzuletzt ein Tochterunternehmen des ThyssenKrupp-Konzerns und gehörte dort zum Konzernbereich ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS). Das Unternehmen zählte zu den größeren deutschen Marinewerften. Zuletzt hatte die Werft ca. 1400 Beschäftigte in den drei Bereichen Marineschiffbau, Handelsschiffbau und Schiffsreparatur. Zum Oktober 2009 übernahm die Schaaf Industrie AG (SIAG) die Werft, die in Zukunft Bauteile für Offshore-Windenergieanlagen unter dem Namen SIAG Nordseewerke[1] fertigt. Auf einem Teil des Geländes ist zudem die Emder Werft und Dockbetriebe GmbH als hundertprozentige Tochter der TKMS beheimatet. Das Unternehmen will sich in Emden zukünftig auf ihre Aufgabe als Reparatur- und Servicewerft konzentrieren. Derzeit (2011) befindet sich der Einsatzgruppenversorger der Klasse 702 Bonn (A 1413) in Emden zur Endausrüstung.[2]


Frisia Cottbus – das letztgebaute Schiff der Nordseewerke

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Nordseewerke Emder Werft und Dock Aktiengesellschaft (1899-1911)

Das Unternehmen wurde im Jahre 1903 auf Initiative des Emder Oberbürgermeisters als „Nordseewerke" Emder Werft und Dock Aktien-Gesellschaft von rheinisch-westfälischen Unternehmern gegründet und zählte zu den ältesten Großwerften Deutschlands. Durch den Ausbau des Emder Hafens und den Bau des Dortmund-Ems-Kanals war Emden in kurzer Zeit zum Seehafen des Ruhrgebiets aufgestiegen, was den Bau einer Werft lohnend erscheinen ließ.[3]

An der Mündung des Dortmund-Ems-Kanals wurde zunächst auf einem 20 Hektar großen Gelände auf einer 225 m langen Querhelling als erster Neubau ein Schwimmdock von 2250 t gebaut.[4]

Anfänglich baute man diverse leichte Nutzschiffe. Die Werft geriet jedoch in wirtschaftliche Schwierigkeiten, was 1908 zur vorübergehenden Schließung des Betriebes führte.

Deutsch-Luxemburgische Bergwerks- und Hütten-Gesellschaft, Abt. Nordseewerke Emden (1912-1926)

Die Stadt Emden griff ein, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Der Ausbau zu einer großen Werft erfolgte nach 1911, als der Industrielle Hugo Stinnes über die Deutsch-Luxemburgische Bergwerks- und Hütten-AG bei den Nordseewerken einstieg und der Bau von vier Längshelligen erfolgte. Durch die Inbetriebnahme der Großen Seeschleuse Emden im Jahre 1913 (seinerzeit die größte Schleuse der Welt mit 260 Metern Innenlänge) wurde der Bau auch größerer Schiffe möglich.

Vereinigte Stahlwerke AG Abt.Nordseewerke Emden (1926-1933)

Im Zuge der Umwandlung des Stinnes-Konzerns wurde am 1. April 1926 der Name des Unternehmens in Vereinigte Stahlwerke AG Abt. Nordseewerke Emden geändert; in den folgenden Jahren der Weltwirtschaftskrise war die Werft wegen Auftragsmangels zeitweise stillgelegt und wurde ab 1. Januar 1934 als Nordseewerke Emden GmbH ein selbstständiger Betrieb. Sowohl im Ersten wie auch im Zweiten Weltkrieg wurden in Emden eine Vielzahl von Booten und Schiffen für die Kaiserliche Marine und die Kriegsmarine gebaut.

Nordseewerke Emden (1934-1976)

Nach 1945 standen die Nordseewerke nicht auf der Demontageliste, konnten aber mit Erlaubnis des Alliierten Kontrollrates erst im November 1949 wieder mit dem Neubau von Schiffen beginnen.

1952 wurde die Werft eine Tochterfirma der Rheinstahl Union Maschinen- und Stahlbau AG, Düsseldorf. Bereits im Dezember 1954 konnte ein neu gebautes Trockendock mit 218 Meter Länge und 32 Meter Breite eingeweiht werden. Das volle Orderbuch der Werft führte zu einer Verlängerung der Helling II, um auch Neubauten bis 30.000 Tonnen Tragfähigkeit bauen zu können. Es schloss sich ein Auftrag an den Dockbaubetrieb der Gutehoffnungshütte in Nordenham-Blexen über den Bau eines Schwimmdocks für Schiffe bis 177 Meter Länge an.

Rheinstahl Nordseewerke (1957-1976)

1957 wurde das Unternehmen an die Rheinische Stahlwerke Essen, die spätere Rheinstahl AG, verkauft.

Thyssen Nordseewerke (1974/1976-2002)

Diese wurde 1974 von der Thyssen AG übernommen und die Werft firmierte ab 1976 als Thyssen Nordseewerke GmbH. Die in den 1970er Jahren beginnende Werftenkrise überstand das Unternehmen, allerdings sank die Zahl der Mitarbeiter von mehr als 5000 Anfang der 1970er Jahre auf den heutigen Stand von 1400 Beschäftigten.

Schaaf Industrie (2009-

Am 8. September 2009 gab ThyssenKrupp bekannt, dass die Nordseewerke an die SIAG[5] verkauft werden. Der neue Eigentümer plant am Standort Emden die Fertigung von Bauteilen für Offshore-Windenergieanlagen. Der Schiffbau soll vollständig eingestellt werden. Ca. 700 Beschäftigte, hauptsächlich aus dem Bereich Fertigung, wurden von der SIAG übernommen.

Nach 106 Jahren Schiffbau bei den Nordseewerken wurde am 11. Dezember 2009 der 228 Meter lange Containerfrachter „Frisia Cottbus", das letzte dort gebaute Schiff, vom Stapel gelassen.[6]

Schiffe

Nordseewerke Emden
U 18 Emden
Frisia Brüssel auf der Helling

U-Boote

Im Ersten Weltkrieg wurde die Werft komplett mit Aufträgen der Kaiserliche Marine ausgelastet, für die sie Minensuchboote und Vorpostenboote baute. Ab dem Jahr 1919 war zudem erstmalig der Bau von U-Booten der Klasse UG vorgesehen, was jedoch durch die Kriegsumstände unterblieb. Nach 1918 bauten die Nordseewerke bis Ende der 1930er Jahre keine Kriegsschiffe. Ab 1939 begann der Bau von U-Booten für die Kriegsmarine. Jährlich sollten neun Boote des Typs VII C fertiggestellt werden, für die 1800 Arbeiter vorgesehen waren; die restliche Belegschaft sollte Reparaturen an Überwasserschiffen durchführen. Die Werft lieferte von 1941 bis 1944 insgesamt 30 Boote ab: 26 vom Typ VII C (U 331 bis 350 und U 1101 bis 1106) und vier vom Typ VII C/41 (U 1107 bis 1110). Die Aufträge zum Bau von vier weiteren Booten vom Typ VII C/41 (U 1111 bis 1114) und sechs Booten des Typs VII C/42 (U 1115 bis 1120) wurden storniert.

Nach dem Zweiten Weltkrieg baute die Werft u.a. die Exportentwürfe Klasse 207 (Kobben-Klasse) und Klasse 210 (Ula-Klasse) für Norwegen sowie die TR 1700 für Argentinien und teilweise die Dolphin-Klasse für Israel. Für die Bundesmarine waren die Nordseewerke beteiligt an den Klassen 206 und 212.

Die letzte U-Boot-Generation, die bei den NSWE gebaut wurde, war die im Verbund mit der Kieler Werft HDW entwickelte Klasse 212 A.

Weitere Marineschiffe

Für die Deutsche Marine (früher Bundesmarine) baute die Werft eine Reihe von Fregatten, zumeist in Kooperation mit HDW, Blohm + Voss sowie der Lürssen-Werft in Lemwerder. Bei den Nordseewerken liefen unter anderem die derzeit im Dienst befindlichen Fregatten Emden, Bayern und Hessen vom Stapel.

Ein weiteres Spezialboot, das Anfang 2004 abgeliefert wurde, ist die Planet, die im Auftrag der Bundeswehr als Wehrforschungs- und Erprobungsschiff in SWATH-Technologie gebaut wurde.

Handelsschiffe

Die 1950er Jahre zeichneten sich durch volle Auftragsbücher und große Bauserien, beispielsweise des über 20 mal gebauten Typ „Emden“ aus. Insbesondere in den 1960er und 1970er Jahren war die Werft führend in der Entwicklung einer ganzen Reihe neuartiger Schiffstypen. Unter anderem war die Werft im Bereich des Kohle- und Erzmassengut-Frachtschiffbaus innovativ tätig und fertigte beispielsweise fast alle Schiffe der anteilig zu Rheinstahl gehörenden Seereederei Frigga.

Weiterhin baute die Werft ab Mitte der 1960er Jahre Auto-Schüttguttransporter und auch die weltweit ersten ConRo-Schiffe entstanden ab 1967 bei den Nordseewerken. Ende der 1960er Jahre entstanden mit der Euroliner-Baureihe die weltweit ersten Gasturbinen-Containerschiffe. Diese hielten, ebenso wie die SL-7-Klasse, von denen 1973 zwei Einheiten bei den Nordseewerken entstanden, den Geschwindigkeitsrekord für Frachtschiffe im Transatlantikdienst.

Im Bereich Handelsschiffbau konzentrierten sich die Nordseewerke seit einigen Jahren auf die Fertigung von Containerschiffen. Dabei lag der Schwerpunkt zuletzt auf Containerschiffe des Typs TNSW 2500, die je nach Ausführung bis zu 2700 20-Fuß-Standardcontainer (2700 TEU) aufnehmen können. Im Jahr 2005 wurden Aufträge für zwei 3400-TEU-Containerschiffe unterzeichnet. Es waren von allen bei den Nordseewerken gebauten Containerschiffen diejenigen mit der bislang höchsten Zahl an TEU, die letztendlich im Bau mehrerer Schiffe des TNSW 3400-Typs endete. Das erste Schiff wurde im August 2008 an die Reederei abgeliefert.[7] Das letzte Schiff, das bei den Nordseewerken gebaut wurde, ist der 228 Meter lange Containerfrachter Frisia Cottbus, der am 11. Dezember 2009 vom Stapel lief.

Sonderschiffbau

Schlagzeilen machte die Werft 1999, als sie den bis dahin größten Saugbagger der Welt, die Vasco da Gama, für das belgische Unternehmen Jan de Nul baute.

Wenig wirtschaftlicher Erfolg war hingegen einem Projekt Anfang der 1980er Jahre beschieden: Die Meerwasser-Entsalzungs-Demonstrationsanlage (MEDA), von der man sich Verkaufserfolge in wasserarmen Gebieten versprochen hatte, konnte sich nicht durchsetzen.

Die Werft baute Anfang der 1970er Jahre auch zwei Kreuzfahrtschiffe. Eines der beiden Schiffe wurde weltberühmt: Die 1971 vom Stapel gelaufene Sea Venture ist die spätere Pacific aus der international ausgestrahlten Fernsehserie Love Boat.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Die SIAG Nordseewerke auf der Seite der SIAG-Group Abgerufen am 7. August 2010
  2. Andreas Vogt: Dritter Einsatzgruppenversorger „Bonn“. Ein Schiff nimmt Kontur an, eingesehen am 17. Oktober 2011.
  3. Thyssen Nordseewerke: Geschichte Abgerufen am 25. März 2009
  4. Eberhard Rössler: Die deutschen Uboote und ihre Werften Bernard & Graefe Verlag Koblenz 1990, S. 258, ISBN 3-7637-5879-8
  5. Website der SIAG-Group
  6. Ostfriesische Nachrichten vom 12. Dezember 2009
  7. TKMS Blohm + Voss Nordseewerke übergeben erstes Containerschiff der 3.400-TEU-Serie (29. August 2008) Abgerufen am 27. März 2009

Weblinks

 Commons: Nordseewerke – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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