Schiffbauerdamm

Schiffbauerdamm
Schiffbauerdamm, 1717
Plan der Friedrich-Wilhelm-Stadt mit der Spree als südliche Begrenzung, 1875
Schiffbauerdamm in der Nähe des 1890 erbauten Kraftwerkes, um 1900
Bahnhof Friedrichstraße und der Schlütersteg vom Schiffbauerdamm aus gesehen, um 1900

Schiffbauerdamm ist der Name der Straße am rechten Spreeufer im Berliner Ortsteil Mitte zwischen Weidendammer Brücke und der Reinhardtstraße (unterbrochen durch die neuen Regierungsbauten). Die Bezeichnung deutet auf die frühere Existenz zahlreicher Schiffbaubetriebe hin.

Inhaltsverzeichnis

Stadtentwicklung

Seit dem 16. Jahrhundert entwickelte sich um die Städte Berlin und Cölln ein Ring ärmlicher, unregelmäßig bebauter Vorstädte.

Einfluss auf die Stadtentwicklung hatten die Schiffsbaupläne des Großen Kurfürsten, die eng mit dem Wirken des in brandenburgischen Diensten stehenden Holländers Benjamin Raule und der forcierten Entwicklung der kurbrandenburgischen Marine zusammen hingen. So wurde 1680 durch holländische Fachleute, darunter Michael Mathias Smids, in der nördlichen Dorotheenstadt im Bereich des heutigen Reichstagufers eine Werft (Schiffsbauhof) errichtet, in der auch Kriegsschiffe vom Stapel liefen. Friedrich I. wollte zwischen seinen Schlössern per Schiff getreidelt werden, statt mit der Kutsche über staubige, sandige Landstraßen zu ‚rumpeln‘. Die königliche Gondel verkehrte bereits über die Spree vom Stadtschloss nach Monbijou, Lietzenburg und Ruhleben. 1704 erhielt Johann Friedrich Eosander (1669–1729) den Auftrag, einen zwei Kilometer langen Graben von der Spree zur Panke, die am Schiffbauerdamm mündete, anzulegen.

König Friedrich Wilhelm I. konnte sich jedoch mit dem Seemachtstreben seines Großvaters und seines Vaters nicht anfreunden. Er beendete die damit verbundenen Aktivitäten und wies dem Berliner Schiffbau einen neuen Standort am rechten Spreeufer zwischen der Weidendammer Brücke und dem Unterbaum zu. Er ließ die dortige Uferstraße erhöhen und als Damm gestalten, der zum Treideln von Treckschuten genutzt wurde. Nachdem sich hier zwei Schiffbauer angesiedelt hatten, erhielt die Straße auf dem Damm 1738 den Namen Schiffbauerdamm.

Daneben lagen wie bisher verschiedene Wirtschaftsgelände, so zum Gartenbau und als Lagerflächen. Ein großer Park des Bankiers Veitel Heine Ephraim reichte vom Unterbaum bis über die hier einmündende Panke.

1828 wurde dann zwischen der Spree im Süden und Neuem Tor sowie Oranienburger Tor im Norden die Friedrich-Wilhelm-Stadt angelegt. Das Gebiet war von der Spandauer Vorstadt abgetrennt und systematisch baulich erschlossen worden.

Bebauung

Historismus und frühe Moderne

Von dem einstigen Schiffsbaugebiet ist nur noch der Name geblieben. In Meyers Konversations-Lexikon wird allerdings 1882 kritisiert, dass nur der Schiffbauerdamm und das Kronprinzenufer Uferstraßen mit ansehnlichen Gebäuden hätten, die Spreeufer bis zur Waisenbrücke dagegen meist nur Hinterhäuser, Speicher, Schuppen und Holzplätze.

Außer noblen Wohngebäuden wurden am Schiffbauerdamm in der Vergangenheit auch einige architektonische ‚Glanzlichter‘ errichtet.

Dazu gehört der in den Jahren 1891/1892 durch den Architekten Heinrich Seeling realisierte neobarocke Bau des Theaters am Schiffbauerdamm, das ursprünglich Neues Theater hieß. Unter dem heutigen Namen Berliner Ensemble ist der mehrfach umgebaute Komplex besser bekannt; er steht unter Denkmalschutz[1].

In expressionistischer Formensprache entstand 1918/1919 zwischen Schiffbauerdamm und Reinhardtstraße das Große Schauspielhaus. Das populäre Berliner Revue- und Lustspieltheater, 1947 in Friedrichstadtpalast umbenannt, trat an die Stelle der ehemaligen Markthalle. 1988 wurde das Haus abgerissen; als Ersatz war 1984 der Neue Friedrichstadtpalast in der Friedrichstraße errichtet worden.

1890 ging am Schiffbauerdamm 22 das vierte Kraftwerk der Berliner Elektricitäts-Werke (BEW) mit einer installierten Leistung von 840 kW ans Netz. Außerdem entstanden ein Bürohaus an der Luisenstraße und ein Verwaltungsgebäude am Schiffbauerdamm, in das die Verwaltungen von AEG/BEW einzogen. Für die Belegschaft wurde die erste Kantine eingerichtet. Ab 1898 verkehrte auf dem Gelände für einige Jahre ein elektrischer Hochbahnprototyp. Die Versuchsstrecke verband die Vorderhäuser an Schiffbauerdamm und Luisenstraße.

Wiederaufbau und Neues Berlin

Im Zweiten Weltkrieg wurden größere Gebäude dieser Straße stark beschädigt, die dann enttrümmert wurden, es entstanden Freiflächen oder Lückenbauten. Der Platz vor dem Berliner Ensemble entstand auf diese Weise.

1990 richtete Ben Wagin die Gedenkstätte Parlament der Bäume auf dem ehemaligen Todesstreifen ein.

Das Neue Berlin ist am Schiffbauerdamm durch das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus vertreten. Es wurde 2003 als dritter Parlamentsneubau an der Spree eingeweiht. Das Gebäude am Spreebogen beherbergt das ‚Wissenschaftliche Dienstleistungszentrum des Deutschen Bundestages‘ in der westlichen Rotunde. Es bildet mit dem Bundeskanzleramt und dem Paul-Löbe-Haus eine Band des Bundes genannte Anordnung von Gebäuden.

Das News-Center Schiffbauerdamm in Kesselhaus (vorn) und Maschinenhalle der ehemaligen Zentralstation IV

Im Dezember 1998 erwarb der Bund das Gelände der ehemaligen Zentralstation IV der Berliner Elektricitäts-Werke mit drei erhaltenen historischen Gebäuden, die unter Denkmalschutz stehen. Das Bürohaus an der Luisenstraße nutzt seitdem die Verwaltung des Deutschen Bundestages. Das Kesselhaus und die Maschinenhalle des Kraftwerks wurden langfristig an den TV-Sender RTL und die Nachrichtenagentur Reuters vermietet. Der Berliner Architekt Jürgen Klemm baute sie im folgenden Jahr zum News-Center Schiffbauerdamm um. Dort befinden sich seitdem das Hauptstadtstudio von RTL und die Berliner Redaktion von Reuters.[2] Seit seinem Umzug von Berlin nach Köln im Jahr 2004 produziert außerdem der Nachrichtensender n-tv seine Hauptstadtsendungen in dem Komplex.[3]

An der Ecke Reinhardtstraße steht das im Jahr 2000 fertiggestellte Gebäude der Bundespressekonferenz. Das Bauwerk ist ein typischer Berliner Block mit einer als Stakkato-Raster gestalteten Fassade, aus der allein der Konferenzsaal hervorragt.

Literatur

  • Institut für Denkmalpflege (Hrsg.): Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR, Hauptstadt Berlin I. Henschel Verlag, Berlin 1984, S. 325–327.
  • Markus Sebastian Braun (Hrsg.): Berlin – Der Architekturführer. Verlagsgruppe Econ Ullstein List, München 2001, ISBN 3-88679-355-9, S. 286.

Weblinks

 Commons: Schiffbauerdamm – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste
  2. Friedhelm Feldhaus (Red.): Hauptstadtstudio RTL im News-Center Schiffbauerdamm. SUSA-Verlag, Hameln 2000.
  3. n-tv: Umzug nach Köln besiegelt. In: manager magazin, 18. März 2004.
52.5213.3825

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