Schiffsstabilisator

Schiffsstabilisator

Als Schiffsstabilisatoren bezeichnet man Systeme, mit deren Hilfe das Schwanken eines Schiffes in Wind und Seegang verhindert oder zumindest deutlich verringert werden kann.

Die Wirkung konzentriert sich vor allem auf den Ausgleich der als Rollen bezeichneten Bewegung um die Längsachse des Schiffs. Auf Bewegung um die Querachse, das auch Stampfen genannte Auf und Ab von Heck und Bug, gibt es bislang nur wenig Einflussmöglichkeiten.

Auf modernen Schiffen werden überwiegend computergesteuerte Flossenstabilisatoren eingesetzt. Bei entsprechender Größe der Schiffe und in Verbindung mit Ballasttanks ist eine Rollbewegung kaum noch spürbar.

Inhaltsverzeichnis

Einsatzzweck

Vor allem auf Passagierschiffen werden Stabilisatoren verwendet, um das Auftreten der Seekrankheit zu vermeiden, aber auch auf Fähren und Containerschiffen, bei denen durch Verrutschen der Ladung größere Schäden entstehen könnten oder gar ein Kentern des Schiffs zu befürchten wäre. Auf Kriegsschiffen kann mit Stabilisatoren leichter anvisiert, die Genauigkeit der Zielerfassung erhöht oder die Sicherheit bei Landung von Flugzeugen oder Hubschraubern verbessert werden.

Stabilisierende Wirkung haben auch Gegengewichte oder Systeme aus Ballasttanks und Pumpen, die gegen Krängung (Schlagseite) eingesetzt werden. Das ist jedoch nur ein Nebeneffekt. Hier spricht man von Trimmung oder, soweit damit vor allem einseitige Gewichtsverteilung während des Be- und Entladens ausgeglichen wird, von Anti-Heeling-Systemen.

Stabilisatortypen

Schlingerkiel

Schlingerkiel

Hauptartikel: Schlingerkiel

Bei diesem System sind auf beiden Seiten eines Schiffes flache Stahlprofile angeschweißt, die unter der Wasserlinie vom Vor- bis zum Hinterschiff auf der größten Breite des Rumpfes verlaufen und das Schlingern, also die Bewegung um die Längsachse, dämpfen.

Eigenschaften:

  • Geringe Wirksamkeit
  • Kostengünstig und wartungsfrei
  • Permanente Bremswirkung

Flossenstabilisatoren

Ausgefahrene Flosse an Backbord des deutschen Forschungsschiffs Polarstern (im Trockendock)

Dieses System nutzt bewegliche Flossen am Schiffsrumpf, um das Schiff durch den Druck der anliegenden Wasserströmung aufzurichten.

Patentiert wurde die Idee schon im Jahr 1898, eine praktische Umsetzung fand aber erst 1925 in Japan bei der Mitsubishi-Nagasaki-Werft statt. Durchsetzen konnte sich dann ab den 1930er Jahren das von den schottischen Werften William Denny and Brothers Limited und Brown Brothers & Company weiterentwickelte Denny-Brown-System.

Zunächst bestanden die Flossen aus einer längs zum Schiffsrumpf starr aufgesetzten Konstruktion. Im Laufe der Weiterentwicklung sind sie heute seitlich angebracht und häufig können sie auch im Rumpf versenkt werden, wenn gerade kein Bedarf besteht, um den Wasserwiderstand nicht unnötig zu erhöhen. In der Regel lassen sich die Anstellwinkel hydraulisch verändern, so dass die Ausrichtung der Flossen laufend an die Rollbewegung des Schiffes angepasst wird. Dazu wird von einer speicherprogrammierbaren Steuerung mit Hilfe eines PID-Reglers über Geschwindigkeit, Winkellage, Winkelgeschwindigkeit und selten auch Winkelbeschleunigung des Schiffes ein geeigneter Flossenwinkel errechnet. Die Parameter hängen dabei stark von den technischen Daten des Schiffes ab wie Größe, Gewicht, Zuladung usw.

Eigenschaften:

  • Sehr hohe Wirksamkeit
  • Nehmen nur wenig oder gar keinen Raum innerhalb des Schiffes ein
  • Bremswirkung, sobald die Flossen ausgefahren sind
  • Auch statische Krängung kann ausgelichen werden, was aber aus ökonomischen Gründen kaum genutzt wird

Tankstabilisatoren

Hauptartikel: Schlingertank

Bei dieser Technik wirkt dem Rollen die Aufnahme und der regulierte Durchfluss von Wasser über mehrere mit Rohren untereinander verbundene Ballasttanks entgegen, die in die Bordwand des Schiffes integriert sind.

Die Erfindung geht auf das Ende des 19. Jahrhunderts zurück, feierte einen Durchbruch aber erst mit einer Weiterentwicklung durch den deutschen Erfinder H. Frahm und dem Einsatz eines U-förmigen Tanksystems im Passagierschiff RMS Laconia der Reederei Cunard Line ab 1912.

Eigenschaften:

  • Weniger effektiv als Flossenstabilisatoren
  • Hoher Platzbedarf innerhalb des Schiffes
  • Auch statische Krängung kann ausgelichen werden

Kreiselstabilisatoren

Bei dieser heute nicht mehr genutzten Technik wirken ein oder mehrere große Kreiselinstrumente im Inneren des Schiffes der Rollbewegung entgegen.

Zunächst erfand Ernst Otto Schlick 1904 einen als Dampfturbine konstruierten, großen Schiffskreisel, der 1906 erstmals erfolgreich in der Praxis angewendet wurde. Aufgrund unbefriedigender Ergebnisse bei der Übertragung der Kreiselbewegung in weiteren Schiffsversuchen fand der Schlick’sche Schiffskreisel jedoch keine große Verbreitung.[1]

Der US-amerikanische Erfinder Elmer Ambrose Sperry entwickelte in dessen Unternehmen Sperry Gyroscope Company einen Gyroskop-Stabilisator. Anders als bei Schlick wurden die Kreisel im Inneren des Schiffes durch Elektromotoren ausgerichtet, um der Rollbewegung entgegenzuwirken. Das System kam gegen Ende der 1920er Jahre zunächst in verschiedenen kleineren Schiffen und U-Booten, schließlich in großem Maßstab beim Passagierschiff Conte di Savoia zum Einsatz. Es konnte das Rollen tatsächlich stark verlangsamen, hielt das Schiff aber oft längere Zeit in den Extrempositionen der Rollbewegung fest, so dass die Wirkung nicht zufriedenstellend war und das System je nach Wetterbedingungen aus Sicherheitsgründen häufig abgeschaltet werden musste. Sperry Marine gehört inzwischen zum Konzern Northrop Grumman und ist einer der führenden Produzenten für Flossenstabilisatoren.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Tristan Perez, Ship Motion Control, Springer Verlag, Berlin/Heidelberg, 2005, ISBN 978-1-85233-959-3, S. 123  f.

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