Schlacht bei Marignano

Schlacht bei Marignano
Schlacht bei Marignano
Teil von: Mailänderkriege
Schlachtszene
Schlachtszene
Datum 13.–14. September 1515
Ort in der Nähe von Melegnano
südöstlich von Mailand
Ausgang Entscheidender französischer Sieg
Konfliktparteien
Blason France moderne.svg Frankreich,

Flag of Most Serene Republic of Venice.svg Republik Venedig

Eidgenossenschaft:

Wappen Zürich matt.svg Zürich
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Wappen des Kantons Schwyz.svg Schwyz
Wappen Unterwalden alt.svg Unterwalden
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Wappen Solothurn matt.svg Solothurn
Wappen Basel-Stadt matt.svg Basel
Wappen Schaffhausen matt.svg Schaffhausen

Befehlshaber
Franz I.
Gian Giacomo Trivulzio
Louis II. de La Trémoille
Charles d’Amboise
Kardinal Schiner
Bürgermeister Marx Röist von Zürich
Ammann Werner Steiner von Zug
Truppenstärke
ca. 30 000 Franzosen
ca. 12 000 Venezianer
ca. 20 000 Eidgenossen
Verluste
5000–8000 9000–10 000
Pavierzug - Novara - Dijonerzug - Marignano - Bicocca - Pavia

Die Schlacht bei Marignano (heute: Melegnano) fand am 13. und 14. September 1515 in der italienischen Lombardei statt und war eine kriegerische Auseinandersetzung zwischen den Eidgenossen und Frankreich um das Herzogtum Mailand. Dies war eine der letzten grossen Schlachten, an der die Eidgenossen beteiligt waren. In der Literatur des 19. Jahrhunderts wird die Schlacht bei Marignano auch als die «Riesenschlacht» (ital.: battaglia dei giganti) bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Ludovico Sforza («il moro») gemalt von Giovanni Ambrogio de Predis
Der «Verrat von Novara» – eidgenössische Söldner übergeben den Herzog von Mailand an die Franzosen

Die Alte Eidgenossenschaft spielte an der Wende vom 15. ins 16. Jahrhundert vorübergehend eine wichtige Rolle in den Auseinandersetzungen um die Herrschaft über Italien. Mit Hilfe von rund 5000 eidgenössischen Söldnern eroberte König Ludwig XII. 1499 das Herzogtum Mailand, auf das er als Enkel der mailändischen Prinzessin Valentina Visconti, der Tochter des Herzogs Gian Galeazzo Visconti, Ansprüche erhob. Im folgenden Jahr gelang es dem Herzog von Mailand, Ludovico Sforza («il moro»), sein Herzogtum ebenfalls mit der Hilfe von rund 5000 eidgenössischen Söldnern zurückzuerobern. Bei Novara kam es schließlich zum Zusammentreffen zweier Heere aus eidgenössischen Söldnern im Dienste Frankreichs bzw. Mailands, da die eidgenössische Tagsatzung die «Reislauferei», wie das Söldnerwesen damals genannt wurde, nicht unter Kontrolle bringen konnte. Die Belagerung der Stadt Novara durch rund 10'000 Eidgenossen im Dienst Frankreichs endete mit dem sogenannten «Verrat von Novara»: Ludovico Sforza wurde von seinen eidgenössischen Söldnern verraten und starb 1508 in französischer Gefangenschaft. Im Dienst Frankreichs unterwarfen etwa 6000 eidgenössische Söldner im Frühjahr 1507 auch noch Genua für Frankreich. Trotzdem erneuerte Ludwig XII. 1509 das Soldbündnis mit den Eidgenossen nicht, das seit 1499 die Basis für seine Erfolge in Italien gewesen war.

Matthäus Schiner, päpstlicher Legat, Kardinal und Bischof von Sitten

Papst Julius II., der erklärte Gegner der französischen Expansion nach Italien, gewann am 14. März 1510 durch Vermittlung des Bischofs von Sitten, Kardinal Matthäus Schiner, die Eidgenossen für ein Soldbündnis, das ihm die Anwerbung von 6000 Söldnern in der Eidgenossenschaft und im Wallis erlaubte. Die Tagsatzung verhinderte jedoch im September 1510 den Einsatz dieser Truppen gegen Frankreich (→ Chiasser Zug). 1511 gelang es dem Papst, die Gegner Frankreichs, nämlich den römisch-deutschen Kaiser Maximilian I. von Habsburg, die Republik Venedig und das Königreich Aragon, in der Heiligen Liga zusammenzufassen. Auch in der Eidgenossenschaft kam es nun zu einem Meinungsumschwung gegen Frankreich, da Ludwig XII. sich weigerte, für die Ermordung zweier eidgenössischer Gesandter in seinem Herrschaftsgebiet eine Entschädigung zu zahlen. Ein erster Feldzug von rund 10'000 Eidgenossen nach Mailand, der sogenannte «Kalte Winterfeldzug» 1511 wurde aber erfolglos abgebrochen. Erst am 30. April 1512 beschloss die eidgenössische Tagsatzung einen weiteren Heereszug in die Lombardei, nachdem die Verhandlungen mit Ludwig XII. über eine Erneuerung des Soldbündnisses von 1499 gescheitert waren, da dieser nach seinem Sieg über die Heilige Liga bei Ravenna (11. April 1512) zu wenig zahlen wollte. Rund 18'000 Eidgenossen zogen deshalb im Sommer 1512 im sogenannten «Grossen Pavierzug» in die Lombardei und setzten im Dezember den Sohn von Ludovico Sforza, Maximilian Sforza, wieder in sein Herzogtum ein. Mailand war nun ein Protektorat der Eidgenossenschaft und musste den Schutz mit Handelsprivilegien und jährlichen Zahlungen in der Höhe von 40'000 Dukaten abgelten. Weite Gebiete südlich der Alpen gingen als «Ennetbirgische Vogteien» an die Eidgenossen und ihre Verbündeten. Alle Alpenpässe zwischen Stilfserjoch und Grossem St. Bernhard waren damit unter direkter Kontrolle der Eidgenossenschaft. Die Vormachtstellung der Eidgenossenschaft in der Lombardei wurde durch einen glänzenden Sieg gegen einen Überfall durch französische und venezianische Truppen in der Schlacht bei Novara am 6. Juni 1513 bestätigt. Die Eidgenossenschaft erklärte darauf im August Frankreich den Krieg und fiel in Burgund ein. Am 13. September 1513 erklärte sich Ludwig XII. zum Frieden bereit und sicherte den Eidgenossen im Vertrag von Dijon das Herzogtum Mailand zu. Da die eidgenössischen Truppen ohne die Ratifikation des Vertrages abzuwarten wieder abzogen, widerrief Ludwig allerdings später den Vertrag wieder.

König Franz I., 1515

Der Nachfolger Ludwig XII., König Franz I. von Frankreich, versuchte weiterhin, Frankreichs Ansprüche auf Mailand durchzusetzen. Zuerst verhandelte er erfolglos mit den Eidgenossen, um eine kampflose Rückgabe zu erlangen. Er bot die Bezahlung der Summe von 400'000 Kronen an, die im Vertrag von Dijon vorgesehen gewesen waren, wenn ihn dafür die Eidgenossen das Herzogtum Mailand erobern ließen. Diese wiesen das Angebot zurück. Als sich daraufhin Franz I. im Frühjahr 1515 mit einem beachtlichen Heer von rund 55'000 Mann Infanterie und Kavallerie in die Lombardei begab, schickte die Tagsatzung im April/Juni 1515 rund 18'000 Mann zum Schutz Mailands über die Alpen. Trotz seiner Überlegenheit verhandelte Franz I. weiter mit den Eidgenossen. Am 8. September 1515 kam es zwischen Franz I. und einem Teil der Eidgenossen zum Abschluss des Vertrages von Gallarate, der vorsah:

  • Frankreich zahlt an die Eidgenossenschaft die 400'000 Kronen des Dijoner Vertrages und je 300'000 Kronen für die Kosten des Feldzuges und für die Räumung der besetzten mailändischen Gebiete, zusammen also 1'000'000 Kronen. Dafür verzichten die Eidgenossen auf ihre Rechte in Mailand und geben ihre Rolle als Protektor von Herzog Maximilian Sforza auf.
  • Der mailändische Herzog Maximilian Sforza soll einen französischen Herzogstitel als Abfindung erhalten.
  • Alle eroberten Gebiete im Tessin gehen zurück an das Herzogtum Mailand, dafür anerkennt Franz I. den eidgenössischen Besitzstand von 1500 im Tessin: Leventina, Blenio, Riviera und Bellinzona.

Daraufhin zogen die Truppen aus Bern, Solothurn, Freiburg und Biel ab, da sie für die Annahme der französischen Vorschläge waren. Die Mehrzahl der eidgenössischen Truppen erkannte aber den Vertrag von Gallarate nicht an und besetzte Mailand. Franz I. bezog daraufhin ein Heerlager vor den Toren Mailands.

Schlachtverlauf

Franz I. während der Schlacht
Drastische Darstellung des Schlachtfeldes durch den Augenzeugen Urs Graf, 1521
Die Ennetbirgischen Vogteien der Eidgenossenschaft

Durch ein Scharmützel vor den Toren Mailands wurden die Eidgenossen am 13. September zum Angriff auf die Franzosen verführt. Eine wichtige Rolle spielte dabei wahrscheinlich der päpstliche Legat Matthäus Schiner, der die Eidgenossen zum Angriff ermunterte. In drei Gewalthaufen gegliedert – in der Mitte die Innerschweizer Kantone, rechts die Zürcher, links die Luzerner und Basler – drangen die Eidgenossen mit rund 20'000 Mann tief ins Heerlager der Franzosen ein und behaupteten sich dort bis in die Nacht hinein. Da der Kampf unentschieden blieb, biwakierten beide Heere auf dem Schlachtfeld. Als am Tage darauf die Schlacht wieder aufgenommen wurde, brachte die leichte Reiterei Venedigs, geführt von dem erfahrenen Condottiere Bartolomeo d'Alviano, die Entscheidung, als sie um 10 Uhr unter lautem «San Marco!»-Geschrei den Eidgenossen in den Rücken fiel. Gegen Mittag wichen die verbliebenen Eidgenossen in fester Ordnung mit Verwundeten, Fahnen und Geschützen gegen Mailand zurück. Die Mehrzahl der rund 12'000 Gefallenen waren Eidgenossen.

Der Rückzug der Eidgenossen bei Marignano gilt als der erste dokumentierte geordnete Rückzug seit der Antike. Der Schweizer Maler Ferdinand Hodler heroisierte ihn in einem bekannten Fresko im Schweizerischen Landesmuseum. Der Sieg der Franzosen war nicht nur ihrer zahlenmässigen, sondern auch ihrer waffentechnischen, vor allem artilleristischen Überlegenheit zu verdanken, vor allem aber dem taktischen Geschick, mit dem Franz I., intuitiv die innere Uneinigkeit des Gegners nutzend, die eidgenössischen Kräfte gespalten und so entscheidend geschwächt hatte.

Folgen der Schlacht

Die Mehrzahl der eidgenössischen Orte wollte auch nach der Niederlage bei Marignano den Krieg gegen Frankreich fortsetzen. Am 24. September beschloss die Tagsatzung, weitere 22'000 Mann in die Lombardei zu entsenden. Allerdings sandten nur die Innerschweizer Kantone einige Kontingente, die dann ebenfalls bald wieder zurückgerufen wurden. Am 4. Oktober fiel Mailand deshalb in die Hände Frankreichs, nachdem sich die überlebenden Schweizer kampflos zurückgezogen hatten und Herzog Maximilian Sforza für eine Pension von 30'000 Dukaten abgedankt hatte. Am 7. November kam durch Vermittlung von Herzog Karl III. von Savoyen der Friede von Genf zwischen Frankreich und der Eidgenossenschaft zustande, der jedoch von Uri, Schwyz, Zürich, Basel und Schaffhausen abgelehnt wurde. Im März 1516 stellten diese Orte deshalb dem römisch-deutschen Kaiser Maximilian I. 15'000 Mann für seinen Feldzug nach Oberitalien zur Verfügung. Da die übrigen Orte am Vertrag von Genf festhielten und den Franzosen sogar 6000 Mann Verstärkung zukommen ließen, drohte erneut ein Bruderkrieg unter den Söldnern der verschiedenen eidgenössischen Orte. Da der Kaiser die vereinbarten Soldzahlungen jedoch nicht aufbringen konnte, blieb die Konfrontation aus.

Am 29. November 1516 unterzeichneten die Eidgenossenschaft und Frankreich schließlich eine sogenannte «Ewige Richtung», in der alle früheren Feindschaften aufgehoben wurden und für künftige Konflikte ein Schiedsgericht eingesetzt werden sollte. Kein Vertragspartner sollte die Feinde des anderen unterstützen und die Eidgenossen durften ihre Eroberungen in Italien mit Ausnahme des Eschentals behalten. Als Kriegsentschädigung zahlte Franz I. weiter 700'000 Kronen an die dreizehn Orte der Eidgenossenschaft. Mailand ging wieder in den Besitz Frankreichs über, bis es 1521 nach der Schlacht bei Bicocca an die Habsburger kam. Ein weiteres Bündnis, das die Eidgenossenschaft (außer Zürich) 1521 mit Frankreich schloss, gestattete diesem gegen Gewährung von Jahrgeldern, Handelsfreiheiten und andern Vorteilen, bis zu 16'000 Mann eidgenössische Söldner anzuwerben. Damit stellten sich die Eidgenossen ganz in den Dienst des französischen Hofs und verzichteten auf eine selbständige Rolle in der europäischen Politik.

Die Schlacht war ein Wendepunkt in der Kriegsführung der Eidgenossen, da sie bewies, dass die Infanterie in Form der Söldnertruppen nicht mehr die allein kriegsentscheidende Waffe war. Die Eidgenossen verloren durch die «Ewige Richtung» mit Frankreich ihre Stellung als unabhängige Großmacht. Eidgenössische Söldner kämpften jedoch weiter im Heer Frankreichs in Norditalien.

Schlachtteilnehmer war auch der Zürcher Huldrych Zwingli, der bald danach begann, gegen die «roten Hüetlein» zu predigen, womit er insbesondere seinen früheren Freund Kardinal Matthäus Schiner meinte, in dem er nicht völlig zu Unrecht einen der Hauptkriegstreiber erblickte. Indirekt hat so die Schlacht von Marignano auch dazu beigetragen, die Reformation in Zürich in Gang zu bringen.

Nach Marignano betrieben die Eidgenossen keine weitere Expansionspolitik, nicht einmal eine gemeinsame Außenpolitik. Sie waren wegen der konfessionellen Spaltung im Bündnis nicht mehr in der Lage, einheitliche Positionen zu entwickeln. Ursächlich war bereits die Politik im 15. Jahrhundert, die wegen unterschiedlicher geografischen Stoßrichtungen kaum zu einigen außenpolitische Zielen führte.[1]

Im 19. Jahrhundert wurde die Niederlage von Marignano als Beginn der schweizerischen Neutralitätspolitik umgedeutet. Diese Sichtweise der Schlacht manifestierte sich im lateinischen Motto «Ex clade salus» (aus der Niederlage das Heil).

In Dürrenmatts Roman «Der Richter und sein Henker» findet das Wort «Marignano» Anwendung als Fluch.

Denkmäler

Literatur

  • Hans Delbück: Geschichte der Kriegskunst. Die Neuzeit. Nachdruck der ersten Auflage von 1920, Nikol, Hamburg 2003, ISBN 3-933203-76-7.
  • Walter Schaufelberger: Marignano. Strukturelle Grenzen eidgenössischer Militärmacht zwischen Mittelalter und Neuzeit. Frauenfeld 1993, ISBN 3-7193-1038-8.
  • Emil Usteri: Marignano. Die Schicksalsjahre 1515/1516 im Blickfeld der historischen Quellen. Berichthaus, Zürich 1974, ISBN 3-85572-009-6.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Thomas Maissen: Geschichte der Schweiz. Hier + jetzt, Baden 2010, ISBN 978-3-03-919174-1, S. 98.

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