- Tagsatzung
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Tagsatzung war ursprünglich ein in der Schweiz und Österreich verwendeter Begriff für eine Versammlung gerichtlicher oder politischer Natur. In der Schweiz wurde bis 1848 die Versammlung der Abgeordneten der Kantone als „Tagsatzung“ bezeichnet.
Inhaltsverzeichnis
Schweiz
Bis 1798
Die Tagsatzung war eine Versammlung von Abgesandten der einzelnen Orte (Kantone) der Alten Eidgenossenschaft. Sie besass sowohl exekutive wie auch legislative Kompetenzen, allerdings war ihre Macht sehr beschränkt, da die meisten Kompetenzen bei den Kantonen lagen. Erste Zusammenkünfte gab es in Brunnen (1315), Beckenried (seit 1291?), später je nach Bedürfnis in Zürich, Bern, Luzern, Baden, Aarau, Altdorf (seit 1357), Schwyz, Bellinzona, Stans (ab 1320), Zug, St. Gallen, Wil, Freiburg, Lugano und Locarno, Grandson (nur für Bern und Freiburg) und Neuenburg (1512–1529). In Konstanz gab es sehr viele Verhandlungen mit den süddeutschen Städten und Österreich (seit 1315). In Solothurn fanden Zusammenkünfte statt, zu denen der französische Gesandte einlud.[1] Neben den gemeineidgenössischen Tagsatzungen fanden nach der Reformation jeweils noch separate Tagsatzungen oder Konferenzen der katholischen und reformierten Orte statt.
Die ordentliche Tagsatzung begann ab 1424 am Mittwoch nach Pfingsten, ab 1462 am 2. Sonntag nach Fronleichnam (Donnerstag nach Trinitas) – also zwischen 31. Mai und 4. Juli –, ab 1587 am Sonntag nach Johannes Baptista (24. Juni), ab 1712 jährlich am Montag nach Peter und Paul (29. Juni) und dauerte bis zu drei Wochen.
Die Tagsatzung fand zwar an wechselnden Orten statt, doch Baden im Kanton Aargau war aufgrund der Bäder und der damit verbundenen Zerstreuungen besonders beliebt. Die wichtigsten Geschäfte, die die ganze Eidgenossenschaft vor 1712 betrafen, wurden ausschliesslich im Badener Rathaus verhandelt, so z. B. ab 1424 die Abnahme der Jahresrechnungen sämtlicher Gemeinen Herrschaften, aber auch Entscheidungen über Krieg und Frieden. So etwa am 11. März 1499, als die Schweizer Eidgenossen in einer Tagsatzung beschliessen, dass in den Schlachten des kürzlich begonnenen Schwabenkrieges gegen den Schwäbischen Bund und das Haus Habsburg keine Gefangenen gemacht und verwundete gegnerische Kämpfer «abgetan» werden sollen. Eine bis heute wirksame Entscheidung traf die Tagsatzung, als sie 1505 Papst Julius II. auf dessen Anfrage 150 Söldner sandte, um den Vatikan zu schützen. Daraus entstand schliesslich die Schweizergarde.
Nach dem Zweiten Villmerger- bzw. Toggenburger Krieg im Jahr 1712 kam die Tagsatzung abwechselnd in Baden und Frauenfeld zusammen (1742–1797 ständig in Frauenfeld), wo sie zur Jahrrechnung der deutschen Gemeinen Herrschaften Thurgau, Rheintal, Sargans, Gaster, Uznach und Baden sowie der Freien Ämter zusammentrat.
1803–1848
Durch die Mediationsakte wurde die Tagsatzung als Versammlung der Abgeordneten der Kantone der Schweizerischen Eidgenossenschaft 1803 wieder hergestellt und blieb auch nach der Restauration 1815 bestehen. Allerdings wurden ihre Kompetenzen noch beschnitten. Der mit der Durchführung der Tagsatzung beauftragte Kanton hielt zugleich den Vorsitz und wurde als Vorort bezeichnet.
1848 erarbeitete die Tagsatzung die erste Schweizer Bundesverfassung. Damit gründete sie den modernen Schweizer Bundesstaat und löste sich selbst, respektive den Bundesvertrag von 1815, auf.
Als Nachfolge der Kantonsvertretung dient seit 1848 der Ständerat mit je zwei gewählten Vertretern je Kanton. Die Ständeräte sind in ihrem Stimmverhalten jedoch nicht an die Vorgaben der Kantone, welche sie vertreten, gebunden.
Präsidenten der eidgenössischen Tagsatzung 1814–1848
Als Präsident der Tagsatzung amtierte jeweils der Regierungschef des Vorortkantons. Die Amtszeit dauerte normalerweise vom 1. Januar bis zum 31. Dezember.
- Hans von Reinhard, 6. April–24. Juni 1814
- Hans Conrad Escher (vom Luchs), 25. Juni–12. Dezember 1814
- David von Wyss, 21. Dezember–31. Dezember 1815
- Hans von Reinhard, 1816
- Niklaus Rudolf von Wattenwyl, 1817
- Niklaus Friedrich von Mülinen, 1818
- Joseph Karl Amrhyn, 1819
- Vinzenz Rüttimann, 1820
- David von Wyss, 1821
- Hans von Reinhard, 1822
- Niklaus Rudolf von Wattenwyl, 1823
- Niklaus Friedrich von Mülinen, 1824
- Joseph Karl Amrhyn, 1825
- Vinzenz Rüttimann, 1826
- David von Wyss, 1827
- Hans von Reinhard, 1828
- Niklaus Rudolf von Wattenwyl, 1829
- Emanuel Friedrich von Fischer, 1830
- Joseph Karl Amrhyn, 1831
- Eduard Pfyffer von Altishofen, 1832
- Johann Jakob Hess, 1833
- Konrad Melchior Hirzel, 1834
- Franz Karl von Tavel, 1835
- Karl Friedrich Tscharner, 1836
- Joseph Karl Amrhyn, 1837
- Georg Jakob Kopp, 1838
- Johann Jakob Hess, 1839
- Johann Konrad von Muralt, 1840
- Johann Karl Friedrich Neuhaus, 1841
- Karl Friedrich Tscharner, 1842
- Rudolf Rüttimann, 1843
- Konstantin Siegwart-Müller, 1844
- Johann Heinrich Emanuel Mousson, 1. Januar–2. April 1845
- Jonas Furrer, 2. April–31. Dezember 1845
- Johann Ulrich Zehnder, 1846
- Alexander Ludwig Funk, 1. Januar–28. Mai 1847
- Ulrich Ochsenbein, 28. Mai–5. November 1847
- Johann Rudolf Schneider, 5. November–2. Dezember 1847
- Johann Ochsenbein, 2. Dezember–31. Mai 1848
- Alexander Ludwig Funk, 31. Mai–20. November 1848
Österreich
In Österreich ist der Begriff Tagsatzung als Termin für eine Verhandlung in Zivilrechtssachen vor Gericht gebräuchlich.
Weblinks
Commons: Tagsatzung – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienEinzelnachweise
- ↑ Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz, Neuenburg 1931, Bd. 6, Artikel Tagsatzung, 629–631.
Kategorien:- Schweizerische Politikgeschichte
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