Schloss Birkenfeld (Haßberge)

Schloss Birkenfeld (Haßberge)

Das Schloss Birkenfeld liegt etwa zwei Kilometer westlich des Marktes Maroldsweisach im Landkreis Haßberge in Unterfranken. Die große Gutsanlage gilt als eine der bedeutendsten Schlossanlagen des 18. Jahrhunderts in Unterfranken. Eine Besonderheit stellt die Konzeption als ländliche Villa dar, welche vom Hauptwohngebäude bis zum Landwirtschaftshof in den Jahren 1738 - 1752 einheitlich geplant und umgesetzt wurde.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Eingang zum Schlossbezirk

Am Anfang des 14. Jahrhunderts war Birkenfeld im Besitz einiger Dienstmänner der Grafen von Henneberg. Um 1350 waren die Zollner hier begütert, gegen Ende des 15. Jahrhunderts erscheinen die von Hutten in den Urkunden. Nach dem Tod des letzten Birkenfelder Hutten Johann Philipp Friedrich kam die Herrschaft über die Erben an die Familie von Wöllwarth. Im 19. Jahrhundert erbten schließlich die Grafen von Ortenburg die Anlage, die sich noch heute in ihrem Besitz befindet. 1994 bis 1997 musste der Hauptbau aufwendig statisch gesichert werden, was durch einige Konstruktionsfehler aus der Bauzeit bedingt wurde.

Der bestehende Schlossbau geht auf den erwähnten Johann Philipp Friedrich von Hutten zurück. Die Bauarbeiten begannen 1738, die Innenausstattung war erst 1775 abgeschlossen. Die Vorgängeranlage ist durch genaue Planaufnahmen und Zeichnungen bemerkenswert gut dokumentiert. Die nahezu quadratische Kernburg mit ihren beiden Ecktürmen war ringsum von Wirtschaftsgebäuden und Stallungen umgeben. Um 1742 war der alte Kernbau bereits durch das heutige Herrenhaus ersetzt worden. Anschließend brach man die alten Wirtschaftsgebäude schrittweise ab und ersetzte sie bis etwa 1752 durch den erhaltenen Bestand (Zeichnerische Rekonstruktion des Bauablaufs bei Rößner, Abb. 83). Südöstlich wurde ein großer Wirtschaftshof vorgelegt, südlich ein Nutzgarten angelegt.

Beschreibung

Ansicht von der Dorfstraße
Der Hauptbau von Süden

Der Marktort Birkenfeld besteht eigentlich nur aus der großen Schlossanlage und einigen Wohnhäusern an der Straße und am Berghang. Der Schlossbezirk ist von der Straße aus durch eine – von Löwen auf Sandsteinpfeilern flankierte – Einfahrt zugänglich. Der dreigeschossige Hauptbau im Norden sitzt auf den Fundamenten der ehemaligen Wasserburg, was sich im leicht unregelmäßigen Grundriss bemerkbar macht. Die zurückhaltende Gliederung besteht aus bossierten Ecklisenen an den Kanten und dem – leicht vorspringenden – Mittelrisalit, der durch einen flachen Dreiecksgiebel abgeschlossen wird. Die vier Schlossflügel gruppieren sich um einen winzigen Lichthof und das Haupttreppenhaus und werden von Walmdächern bedeckt. Das Treppenhaus besitzt eine eigene Bedachung.

Südwestlich und südöstlich flankieren eingeschossige Wirtschaftsbauten den Ehrenhof, die an den Seiten von zweigeschossigen Pavillons begrenzt werden. Der östliche Marstallflügel und der westliche Remisenflügel tragen Mansarddächer bzw. Walmdächer über den Pavillons.

An den Gerichtsdienerpavillon des Ostflügels stößt rechtwinklig der große Ökonomiehof mit seinen Stallungen, der ehemaligen Schmiede uns Schlosserei. Auch diese ein- bis zweigeschossigen Nutzbauten sind durch Pavillons mit Manssarddächern repräsentativ gestaltet. Im Südwesten ergänzt noch der Orangeriepavillon das Ensemble.

Im Inneren des villenartigen Hauptgebäudes hat sich die ungewöhnlich reichhaltige Dekoration des 18. Jahrhunderts überwiegen erhalten. Die Stuckarbeiten entstanden in drei Abschnitten. 1741/42 arbeitete Carlo Galdini in den Räumen, Johann Jakob Berg wirkte von 1752–1754. Die reichen Rokokostuckaturen der Obergeschosse gehen auf den einheimischen Meister Bernhard Hellmuth zurück, die Wand- und Deckenfresken auf Johann Franz Gout. Besonders zu erwähnen ist das „italienische“ Speisezimmer, dessen Dekoration vollständig „al fresco“ ausgeführt wurde. Dargestellt wurden Szenen aus der griechischen Mythologie, etwa „Merkur und Argus“ oder „Apoll und Daphne“. Der Bauherr konnte auf Grund seiner hohen Stellung am Ansbacher Hof die besten künstlerischen Kräfte aus diesem Umfeld für sein Projekt gewinnen.

Die Baumeister

Der noble Schlossbau orientiert sich deutlich an den markgräflichen Bauten Ansbachs. Als Baumeister wurde der junge Johann David Steingruber ausgewählt, der damals aber noch recht unerfahren war. Ein wesentlichen Anteil an der Konzeption der Anlage kommt wohl dem ehemaligen Ansbacher Hofbaudirektor Karl Friedrich von Zocha zu, der ein Adelsgremium unter dem Bauherrn Johann Philipp Friedrich von Hutten beraten haben dürfte (Rößner, S. 103). Auf die Beteiligung dieses Gremiums adeliger „Kavalierarchitekten“ könnten auch einige der konstruktiven Mängel in der Bauausführung zurückzuführen sein.

Würdigung

Ähnlich wie das benachbarte Burgpreppach wurde auch Schloss Birkenfeld bisher von der akademischen Forschung wenig beachtet. Die wenigen Untersuchungen befassten sich vor allem mit der ungewöhnlich qualitätvollen Ausstattung. Franz von Sayn-Wittgenstein sah etwa 1974 in der Architektur „gar nichts Besonderes, als ein(nen) größere(n) Gutshof…“. Der Bedeutung dieser abgelegenen „Villa rustica“ mit ihren Anklängen an ältere französische und niederländische Architekturtraditionen wird eine solche Einschätzung sicherlich nicht gerecht. Als Werk des protestantischen Ansbacher Frühklassizismus steht das Schloss in deutlichem Kontrast zur absolutistischen, gegenreformatorischen Architektur einiger benachbarter Schlossbauten (Schloss Burgpreppach). Eine ähnlich konzipierte Anlage findet sich in Franken nur noch in Ullstadt.

Weblinks

Literatur

  • Die Kunstdenkmäler des Königreichs Bayern. Band 3: Die Kunstdenkmäler von Unterfranken & Aschaffenburg. Heft 5: Georg Lill, Felix Mader: Bezirksamt Hofheim. Oldenbourg, München 1912 (Unveränderter Nachdruck. ebenda 1983, ISBN 3-486-50459-2).
  • Anton Rahrbach, Jörg Schöffl, Otto Schramm: Schlösser und Burgen in Unterfranken. Eine vollständige Darstellung aller Schlösser, Herrensitze, Burgen und Ruinen in den unterfränkischen kreisfreien Städten und Landkreisen. Hofmann, Nürnberg 2002, ISBN 3-87191-309-X.
  • Volker Rößner: Schlossbau des 18. Jahrhunderts im Ritterkanton Baunach (= Veröffentlichungen der Gesellschaft für Fränkische Geschichte Würzburg e.V. Reihe 8: Quellen und Darstellungen zur fränkischen Kunstgeschichte 12). Degener, Neustadt/Aisch 2000, ISBN 3-7686-9272-8 (Zugleich: Bamberg, Univ., Diss.).
50.19461805555610.614461111111

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Haßberge — p1f1p5 Haßberge Höchster Gipfel Nassacher Höhe (512,2 m ü. NN) Lage Bayern …   Deutsch Wikipedia

  • Landkreis Haßberge — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Orte im Landkreis Haßberge — Die Liste der Orte im Landkreis Haßberge listet die amtlich benannten Gemeindeteile (Hauptorte, Kirchdörfer, Pfarrdörfer, Dörfer, Weiler und Einöden) im Landkreis Haßberge auf.[1] Systematische Liste Alphabet der Städte und Gemeinden mit den… …   Deutsch Wikipedia

  • Pfaffendorf (Maroldsweisach) — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Todtenweisach (Maroldsweisach) — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Voccawind — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Hassberge — Die Haßberge sind ein bis 512,2 m ü. NN hoher Mittelgebirgszug nördlich des Mains in Unterfranken, Bayern (Deutschland). Das Hügelland wird durch das Maintal von seinem Schwestergebirge, dem Steigerwald getrennt. Die Randhöhen beider Waldgebirge… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Burgen und Schlösser in Bayern — Diese Liste stellt ein Verzeichnis von historischen Orten auf dem Territorium des heutigen Freistaats Bayern dar, welche sich in unten stehende, nach Regierungsbezirken geordnete Rubriken einordnen lassen. Die Reihenfolge der Regierungsbezirke… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste historischer Orte in Bayern — Diese Liste stellt ein Verzeichnis von historischen Orten auf dem Territorium des heutigen Freistaats Bayern dar, welche sich in unten stehende, nach Regierungsbezirken geordnete Rubriken einordnen lassen. Die Reihenfolge der Regierungsbezirke… …   Deutsch Wikipedia

  • Haßberg-Kreis — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”