Schloss Herzford

Schloss Herzford

Das Schloss Herzford ist eine Wasserburg in der Nähe der selbständigen Stadt Lingen (Ems) im südlichen Emsland. Es wurde 1337 als Burg „thor Slipse“ am linken Emsufer erbaut.

Unter dem münsterischen Hofrat und Pächter Anton Helweg und der Familie von Schorlemer entstand zwischen den Jahren 1717 und 1723 das barocke Herrenhaus, dessen Architekt der münsterische Baumeister Gottfried Laurenz Pictorius (1663-1729) war. Die Brückenanlage, die Vorburg und die Gartenanlagen wurden vom spätbarocken Baumeister Johann Conrad Schlaun geplant.

Schloss Herzford wechselte vielfach den Besitzer. 1853 wurde es durch den Herzog von Arenberg erworben, der seinen emsländischen Besitz 1928 in die Arenberg-Meppen GmbH einbrachte. Seit Anfang 1970 befindet sich das Schloss Herzford in anderem Privatbesitz.

Inhaltsverzeichnis

Ursprung und Namensgebung

Im Jahre 890 wird erstmals der Name „Hriesforda“ (Hirschfurt) im Werdener Heberegister schriftlich erwähnt. In der Region Lingen zog die Ems mehrere Slipse (auch Schlipse) und bezeichnet ein kleiner Landstreifen). An der Ems waren damals ausgedehnte Laubwaldungen mit lehmigem Boden, wo sich auch viele Hirsche aufgehalten haben. Heute werden in der Ems stellenweise noch meterdicke Laubablagerungen gefunden. Vor einigen Jahren ein Sensationsfund im Emsbett gut erhaltene Hirschgeweihe.

Der Name Herzford hat sich aus dem ursprünglichen Namen Hirschfurt entwickelt. Manche Quellen (Register, Karten, Dokumente…) geben verschiedene Schreibweisen an u.a. Herzeforth, Herzenfurth, Herseforth, Hersenword, Herssevoerde und Herzfurt(h).

Geschichte

Burg „thor Slips“ (1336–1400) und Schloss Herzford (Errichtung 1732/1734)

Bischof Ludwig II. von Münster (1310–1357) hatte wichtige Gründe im Jahre 1336 die Burg „thor Slips bey Herzeforth“ zu errichten. Das Bollwerk sollte zum einen gegen den Grafen Nikolaus I., genannt Claus, von Tecklenburg und zum anderen gegen die räuberischen Bentheimer (Grafschaft Bentheim) und Ottensteiner (Grafschaft Ahaus) gerichtet sein. Damit wollte der Bischof seine emsländischen Besitzungen schützen und die wichtige Verbindung über die Landstraße von Rheine über Meppen zu seinen nördlichen emsländischen Gebieten, dem Hümmling und Ostfriesland zu sichern, die an der linksemsischen Gemarkung Elbergen führte. Vom Nordteil bis zum Südteil des Bistums Münster, war das „Verbindungsstück“ Herzford zwischen den Grafschaften Bentheim (im Westen) und Tecklenburg (im Osten) an der schmalsten Stelle gerade 5 km.

Nachweislich wird ein Freiherr von Langen der erste Burgmann mit den Worten „uppe dat hus, dat he tymmern denket thor slipse“ benannt. Kurz vor Fertigstellung im Jahre 1337 wurde die Burg von den beiden Grafen Nikolaus I. von Tecklenburg und Graf Simon von Bentheim zerstört.

Erst 1346 wurde die Burg auf Treiben vom münsteranischen Bischof Ludwig II. wieder aufgebaut. Gleichzeitig musste er dem Grafen Otto III. von Bentheim große Zugeständnisse machen, u.a. ihn zum neuen Burgmann annehmen.

1363 setzt Bischof Johann I. von Münster Freiherr Cord von Langen als Burgmann ein. Graf Otto VI. von Tecklenburg überfiel die Burg und zerstörte sie. Bischof Heidenreich von Münster ließ eine neue Burg 1385 in der Nähe der alten Burg an der Slipse errichten. Er verbündet sich mit Bischof Dietrich von Osnabrück und zieht gemeinsam gegen Graf Otto VI. von Tecklenburg vor, bis der Graf unterliegt. Burg „thor Slips“ steht unter münsterischen Ministerialen (Verwaltung).

Im Jahre 1400 entsagt Graf Nikolaus II. von Tecklenburg alle Rechte der Burg mit dem Ausspruch: an dem Slote van Herssevorede by der Slypse. Diese wird bedeutungslos und wird geschleift. 1432 geht das Gut an Graf Hermann von Münster aus dem Geschlecht Meinhövel und Botzlar über.

1732 bis 1734 wurde auf den Grundmauern der abgetragenen Burg das heutige Schloss Herzford erbaut. Die Kreuzgewölbe im Keller der einstigen Burg sind bis heute erhalten geblieben.

Wechselvolle Geschichte durch zahlreiche Besitzer

Nach den vergeblichen Versuchen des Bischofs Ludwig II. von Münster, mit der Burg „thor Slips“ gegen Lingen zu errichten, führte sein Nachfolger Bischof Heidenreich von Münster den Kampf gegen Graf Nikolaus II. von Tecklenburg weiter. Geschwächt durch eine lange und für ihn ungünstige Fehde mit Osnabrück, suchte daraufhin zunächst den Frieden. Die bald wieder aufflackernden Kampfhandlungen fanden nach der Gefangennahme des Grafen einen für ihn sehr verlustreichen Abschluss. So musste er am 20. Juni 1400 allen Rechte am Gut Herzford und an der linksemsischen Landesstraße zwischen Rheine und Meppen entsagen. Nach der Brechung der tecklenburgischen Macht verliert Herzford an militärischer Bedeutung und die Burg wird abgebrochen. Das Gutsbezirk Herzford kommt im Jahre 1400 unter münsterischen Verwaltung.

1432 war sie im Besitz Graf Hermann von Münster aus dem Geschlecht Meinhövel und Botzlar, der, als er in diesem Jahre mit dem vor der Burg Bentheim gelegenen Burglehn seiner Familie belehnt wurde und wird als „Herr zu Herzford“ bezeichnet. Er vermählte sich 1442 in zweiter Ehe mit Gertrud von Langen mit den Rauten im Wappen. Die Ehe blieb kinderlos. Herzford ging an seinen Neffen Graf Heinreich, Sohn Hermanns Bruder Graf Bernhard (seine Frau Johanna von Ruinen, der Erbin der Herrlichkeit Ruinen. über. Graf Heinrich von Münster war mit Agnes de Vos van Steenwijk vermählt. Dessen Sohn Graf Roleff von Münster, verheiratet mit Maria von Selbach, wurde 1515 mit dem Bentheimer Burglehn belehnt und somit Herr zu Herford bis zu seinem Tod.

Im Jahre 1519 erhielten seine Witwe Maria und sein Sohn Graf Roleff von Münster diese Belehnung, die für diesen 1535 und 1563 erneuert wurde. Roleff wurde Drost des niederländischen Amt Coevorden und Provinz Drenthe. Er war vermählt mit Ida von Onsta zu Sauvert. Ihr gemeinsamer Sohn hieß wie der Vater Roleff. Beide sind heutzutage als größe Porträts in Ölgemälden im Emslandmuseum in Lingen zu bestaunen.

Ihr Sohn Graf Roleff von Münster erscheint von 1591 bis 1654, dem Jahr seines Todes, wegen Herzford in den münsterschen Landtagslisten. Die Belehnung mit dem Bentheimer Burglehn wurde ihm im Jahre 1606 erteilt. Seine Ehe mit Ela von Mönnich zu Eickhof blieb kinderlos. Eine seiner Schwestern, Theodora war mit Casper von Loen zu Borgenstede verheiratet. Auf deren Sohn, den Rittmeister Franz Roland von Loen, ging nun das Gut Herzford über.

Im Jahr 1657 schenkte Rittmeister Franz Roland von Loen der Kirche in Schepsdorf einen neuen Altar. Er kommt noch 1675 auf Herzford vor. Vermählt war er mit Marie Sophie von Loe zu Overdycke. Deren Sohn Johann Casper Rotger von Loen, der 1700 mit Herzford belehnt wurde, starb am 13.November 1702. Mit seiner Gattin Wilhelmine Johanna von Walfeld zu Klinke hinterließ er eine Tochter Rotgera, die mit Freiherrn van Dongen verheiratet war. Ihr wurde 1703 und 1708 die Belehnung mit Gut Herzford erteilt.

Anschließend veräußerte sie dem Fürstbischof von Münster, Franz Arnold von Wolff-Metternich, am 30.Oktober 1714 Herzford durch den münsterschen Hof- und Kammerrat Anton Helweg. Am 24. Dezember 1718 verkauft der Fürstbischof Franz Arnold von Münster das Gut für 8.000 Reichstaler an Obersten Hermann Werner Joseph von Schorlemer (aus der Linie Overhagen)und bezog das Gutshaus in Herzford. Die Familie Schorlemer gehörte zu den bedeutendsten Geschlechtern des westfälischen Uradels.

In den Jahren 1717 bis 1723 entstand das Schloss auf den Grundmauern der Burg „thor Slipse“ nach dem Entwurf des berühmten münsterischen Baumeisters Gottfried Laurenz Pictorius. Er war Architekt u.a. vom Wasserschloss Nordkirchen, Schloss Dankern und zahlreiche Adelshöfe im Münsterland. Erst im Jahr 2011 wurde die Bauhistorie des Schlosses neu definiert: es wurden Proben der Bauhölzer entnommen und durch das dendrochronologische Verfahren wird das Fälldatum bestimmt. Bis dahin wurde stets angenommen, dass die Bauzeit zwischen 1732 und 1734 betrug. Hier muss eine geschichtliche Korrektur vorgenommen werden.

Über dem Schlossportal und im Giebelfeld der Rückseite ist das Allianzwappen des Paares angebracht. Hermann Werner Joseph von Schorlemer wurde später Generalleutnant und Kommandeur der münsterschen Truppen. Mit seiner ersten Gemahlin Freiin Antoinette Christine von Brabeck wohnte er auf Gut Herzford, in dem er auch eine Kapelle einrichtete und einen Hausgeistlichen einstellte.

Im Jahre 1740 vereinbarte Hermann Werner Joseph von Schorlemer mit der Gemeinde Elbergen, dass der Hausgeistliche in der dortigen Kapelle an den Wochentagen Gottesdienst von Emsbüren abhalten durfte. Schorlemer baute an der Elbergener Kapelle einen Turm und veranstaltete ein großes Fest, dass noch heute in einer großen Prozession gefeiert wird.

Antoinette Christine von Schorlemer, geborene Freiin von Brabeck, starb am 12.Juni 1735. Hermann Werner Joseph von Schorlemer schritt daraufhin zur zweiten Ehe mit Maria Alexandrine von Korff-Schmising zu Tatenhausen. Clemens August von Bayern, Fürstbischof von Münster und Kurfürst von Köln bewilligt, dass Hermann Werner Joseph von Schorlemer seiner zweiten Frau das Gut vererben darf. Auf Herzford befindet sich noch eine Statue, an deren Sockel beider Wappen mit der Jahreszahl 1742 angebracht sind.

Um 1750 lebte hier für einige Zeit der wohl bedeutendste Baumeister des westfälischen Barock Johann Conrad Schlaun, der sein „Planum von Herseforth“ umsetzen wollte. Dieser sollte die Leichtigkeit niederländischer Broderie – Parterre rund um ein Fontänenbecken mit der exakt geometrischen, dann aber flächenmäßig massiven Durchdringung von Gräften und Bassins verbunden werden. Am Ende des Gartens zur Mittelachse sollte ein Pavillon stehen. Ein weiterer Planentwurf zwischen 1775 und 1780 von Schlaun zeigt die Anlegung der Tor- und Wirtschaftsgebäude und auch der Verlauf der Gräfte im Garten. Der Plan wurde nicht umgesetzt, weil der Nutzen vorrangig war. Ergänzend zum Schloss wurden folgende Pläne realisiert: die anmutigen Torpavillons mit Mansarddach neben den hohen Brückenpfeilern, die 1950 wegen Baufälligkeit abgetragen werden mussten. Hinzu kamen die Gestaltung des Vorplatzes, die Brückenanlage, die beiden Pfeiler am Eingang zum Schloss, die Stallungen und die besagte Gartenanlage. Das eingeschossige, mit hohem Walmdach versehende Herrenhaus ist aus kleinförmigen Ziegeln erbaut, Eckverzahnungen, Fenster, Türgewände sind aus Sandstein. An der Rückseite sind zwei kleine Flügelanbauten hinausgeschoben. Das hohe Kellergeschoß ist mit Bausteinkreuzgewölben überdeckt. Es enthält eine geräumige Küche mit Vorratsräumen und eine kleinen Hauskapelle. Von den die Front des Hauses flankierenden Wirtschaftsgebäuden ist nur noch das südliche vorhanden.

Beide Ehen des Hermann Werner Joseph von Schorlemer blieben kinderlos. Bei seinem Tode im Jahre 1766 erhoben die Verwandten seiner zweiten Gemahlin Maria Alexandrine von Korff – Schmising zu Tatenhausen Anspruch auf dem Gut Herzford. Freiherr Franz Otto von Korff gen. Schmising wurde 1767 mit dem Gut belehnt, unterlag aber in dem sich entspinnenden Rechtsstreit. So ging das Gut Herzford vielmehr auf den Sohn von Schorlemers Schwester Maria Anna Theresa Sophie (1670–1716), Graf Carl Franz von Nesselrode über. Maria Anna Theresa Sophie von Schorlemer war mit dem Freiherrn Franz Carl von Nesselrode zu Ereshofen verheiratet. Ihr gemeinsamer Sohn und nun Herr zu Herzford Graf Carl Franz von Nesselrode war mit Anna von Loe zu Wissen vermählt. Graf Franz Carl beanspruchte ein Drittel der Mooräcker der Elberger Mark, was ihm nach einem langen Prozess mit den Markgenossen auch zugestanden wurde. Nach seinem Tod erbte der Sohn Graf Carl Franz Alexander von Nesselrode das Gut Herzford. Er war mit Gräfin Josepha von Hatzfeld-Wildenburg verheiratet und hatte nur ein Kind, die Tochter Auguste Caroline. Sie wurde nach dem Tod ihres Vaters 1780 als Erbin „Herrin von Herzford“. Im Alter von 15 Jahren wurde sie ihrem Vetter Graf Johann Wilhelm Carl von Nesselrode-Reichenstein versprochen, um sich mit ihm zu vermählen. Da ein Ehehindernis bestand wurde die Ehe nicht vollzogen.

Auguste Caroline lebte bei ihrer Mutter Josepha in Ereshofen. Der frühere hannoversche Offizier Gustav von Müller entführte sie von dort. Nach der Ungültigkeitserklärung seiner ersten Ehe, wurde das Paar in Herzford getraut. Er war in der französischen Zeit Maire (=Bürgermeister) von Emsbüren, Salzbergen und Schepsdorf.

Im Jahre 1810 erhielt Gustav von Müller für die Unterhaltung des sonntäglichen Gottesdienstes in der Elberger Kapelle ein auf 1000 holländische Florene (damalige Währung) geschätzte Markenland. Bei der Markenteilung wurde dem Gut Herzford ein Drittel des Waldbestandes der Ellberger Mark zugewiesen. Weitere große Zuschläge erhielt das Gut bei der Teilung der Schepsdorfer und Lohner Mark, in denen er ebenfalls berechtigt war.

Gustav von Müller wohnt auf dem Gut Herzford bis 1832, wechselte seinen Wohnsitz auf dem Gut Vresdorf (bei der Stadt Bardowick in der Nähe von Lüneburg), das seinem Sohn, dem Justizrat und späteren Vizepräsidenten von Lüneburg Karl Wilhelm Viktor von Müller durch Erbschaft zugefallen war. Er verpachtete das Gut an dem Freiherrn von Litzog, der es um 1835 an den Baron von Busch übertrug. Dieser setzte als Pächter dem Brandenburger Herrn von Gruneweg ein. Karl Wilhelm Viktor von Müller verkaufte das Gut Herzford am 10.Dezember 1847 für 38.000 Taler an den Hauptmann Freiherr (Baron) Ferdinand von Morsey gen. Picard, Edelherr aus dem Hause Krebsburg, der das Gut schon vorher in Pacht hatte. Im Jahre 1852 beträgt die Größe des Gutes ungefähr 467 ha. Morsey gen. Picard übertrug es am 23.November 1849 auf seinen Sohn Konstantin.

Freiherr Ferdinand von Morsey gen. Picard verkauft das Gut Herzford (ca. 2.600 Morgen) am 14. Juli 1853 an den Herzog Prosper August von Arenberg (1824–1875) für 28.000 Taler. Auf seine Nachkommen wurde das Gut weiter vererbt. Auf Anordnung des Herzogs wurde das Gut Herzford von seiner Domänenkammer in Meppen als Pachtgut verwaltet. Zum Gut gehörten Acker, Wiesen, Moor und Wald, und umfasste ein Gebiet von 363 ha. Das Adelsgeschlecht Arenberg war Mitglied des europäischen Hochadels. Diese Adelsfamilie hatte 1803 als Entschädigung für ihre verlorenen linksrheinischen Gebiete u.a. das bis dahin münstersche Amt Meppen erhalten. In den Jahren zwischen 1830 und 1870 kaufte der Herzog von den emsländischen Landwirten große Heide – und Wehsandflächen und forstete diese überwiegend waldfreien Heide- und Wehsandlandschaften erfolgreich wieder auf.

Seinen im deutschen Reich gelegene Grundbesitz brachte der Herzogs von Arenberg von 1928 bis 1933 in regionale GmbHs ein. Das Forstgut Herzford gelangte so an die Arenberg-Meppen GmbH, ansässig bis 1967 in Nordkirchen, seitdem in Meppen. Das Schloss Herzford ist lange als Forstdienstgehöft für den umliegenden Schutzforstbezirk bzw. Forstdienstbezirk genutzt worden. Von ca. 1877 bis 1903 saß hier der Waldwärter Johann Hermann Altmeppen. Anschließend war hier sein Sohn Hermann Altmeppen als Waldwärter ansässig, danach dessen Neffe Bernhard Hermann Altmeppen als Oberforstwart bis 1976 tätig, bis 1969 wohnhaft auf Schloss Herzford. Im Jahre 1970 verkaufte die Arenberg-Meppen GmbH Schloss Herzford an den Lingener Kaufmann und Geschäftsführer einer Holding (Textilunternehmen) Bernhard Merswolke, der Gebäude und Anlage von Grund auf sanieren ließ. Dabei war es dem neuen Schlossherr Merswolke wichtig, sich an die Originalpläne zu halten und den „Urzustand“ wieder herzustellen. Durch den Verkauf an ihn zog zum ersten Mal ein "Bürgerlicher" als Schlossherr ein.

Im Sommer 2011 wurden die beiden Pavillons links und rechts der Brücke am Zugang des Schlosses originalgetreu wiederhergestellt. Der Aufwand vergrößerte sich, da die spezielle Dachbedeckung aus Turmbiberschwänzen-Ziegeln bestehen muss und im Ausland wurden per Hand über 6000 Stück angefertigt. Jetzt erstrahlen die Pavillons im neuen ursprünglichen Glanz.

Die Besichtigung der Anlage von der „Straße“ aus wird geduldet. Die Wälder des umliegenden Forstgutes Herzford befinden sich nach wie vor im Eigentum der Arenberg-Meppen GmbH. Seit 1989 ist die nach dem letzten Inhaberehepaar benannte gemeinnützige "Stiftung Herzog Engelbert-Charles und Mathildis von Arenberg" Alleingesellschafterin.

Kirchenzugehörigkeit

Bereits bei der urkundlichen Erwähnung im Jahre 890 befand sich Herzford im katholischen Bistum Münster.

Im Jahre 1740 vereinbarte Hermann Werner Joseph von Schorlemer mit der Gemeinde Elbergen, dass der Hausgeistliche in der dortigen Kapelle an den Tagen Gottesdienst von Emsbüren, der für die kirchlichen Verrichtungen zuständig war, aber nicht amtierte. Schorlemer baute an der Elbergener Kapelle einen Turm und stiftete für das Fest des heiligen Johannes von Nepomuk am 16.Mai 1740 eine Messe, die noch heute in einer großen Prozession gefeiert wird. Papst Benedikt XIII. bewilligte der Kapelle für diesen Tag einen allgemeinen Ablass.

Einen Kirchensitz hatte das Gut Herzford in der Kapelle zu Elbergen und in der Kirche zu Schepsdorf. Auf dem Schepsdorfer Friedhof hatten die Gutsbesitzer ein Erbbegräbnis. Im Jahre 1810 erhielt Gustav von Müller für die Unterhaltung des sonntäglichen Gottesdienstes in der Elberger Kapelle ein auf 1000 holländische Florene (damalige Währung) geschätzte Markenland. Bei der Markenteilung wurde dem Gut Herzford ein Drittel des Waldbestandes der Elberger Mark zugewiesen. Weitere große Zuschläge erhielt das Gut bei der Teilung der Schepsdorfer und Lohner Mark, in denen er ebenfalls berechtigt war.

Der Herzforder Gutsherr musste nach den letzten Vereinbarungen mit den Elbergern auch eine Frühmesse halten lassen. Der letzte Schlosskaplan war Hochwürden D. Berg. Als er 1888 Pfarrer von Beesten wurde, hat sich der Herzog von Arenberg am 5. Juli 1892 durch die Einmalzahlung in Höhe von 20.000 Mark die gesamten kirchlichen Verpflichtungen des Gutsbesitzers abgelöst.

Durch die Gründung der Bundesrepublik Deutschland und Errichtung des Bundeslandes Niedersachsen 1949 und des Kreises Lingen, gehört Herzford zum Bistum Osnabrück.

Natur und Gutsbezirk

Bei der erstmaligen Erwähnung Herzfords besteht der Wald überwiegend aus Laubbäumen. Einheimische Tiere u.a. wie Hasen, Wildscheine, Rehe und Hirsche „bewohnten“ den Wald und die Wiesen. Ursprünglich hatte Herzford bei der Errichtung der Gemarkung und der Burg nur ein geringes, eigenständiges Gutsgebiet. Aus Berichten ist bekannt, dass noch im 18. Jahrhundert das Elberger Weidevieh aus dem Schlossgraben getränkt wurde. Das Gut wuchs unter dem Besitz von Schorlemer, dem von den Elberger Markgenossen für die Zuwendung (Turmbau) die dortige Kapelle gemacht hatte, dafür größere Markgründe überlassen wurden.

Am Rand des Herzforder Waldes stand zwischen 1700 und 1939 eine Bockwindmühle. Dieser Windmühlentyp ist der älteste in Europa. Typisch für die Bauweise ist, dass das Mühlenhaus auf einem dicken Pfahl, dem „Bock“, stand. Je nach Windrichtung konnte man durch Muskelkraft die gesamte Mühle in den Wind drehen. Diese Methode war beschwerlich.

Als Gerechtigkeiten des Gutes werden im Jahre 1847 wie folgt aufgeführt: Landtagsfähigkeit, d.h. ein eigenständiges Gutsbezirk mit Vertretung im Landtag; private Jagd auf dem Gut, Koppeljagd, d.h. gemeinschaftliches Jagen in den Kirchspielen Schepsdorf, Emsbüren und Salzbergen und den münsterischen Enklaven auf dem rechten Emsufer mit der Befugnis, einen bebrodeten Jäger halten und außerdem zwei Jagdschilder ausgeben zu können. Das Fischen an der Ems war nur auf der Herzforder Seite entlang der Gutsgrenze von ungefähr einer Meile (1,61 km) erlaubt.

Im Jahre 1852 betrug die Größe des Gutes aus 617 Morgen (2,497 km²) Hofsaat, 800 Morgen (3,237 km²) Grund im großen Moor, 14 Morgen (0,057 km²) Holzgrund und 22 Morgen (0,089 km²) Wiesen in der Elberger Mark sowie 100 Morgen (0,405 km²) in den Fuhrenkämpen der Lohner Mark. Durch Landzukauf und weiteren Aufforderungen vergrößerte sich die Fläche Herzford auf etwa 467 ha (4,67 km²). Waldarbeiter haben im Herzforder Wald ein Wegekreuz 1879 aus eigenen Mitteln aufgestellt.

Im Jahre 1877 wird Johann Hermann Altmeppen zum Waldwärter auf Gut Herzford bestellt. Unter seiner Führung beginnt eine Neuaufforstung. Auch seine Nachfolger wie sein Sohn Waldwärter Hermann Altmeppen und Neffe Oberforstwart Bernhard Altmeppen führten die Aufgabe des Revierförsters vom Gut aus weiter. Diese haben mit ihren Familien bis 1969 in dem Schloss gewohnt. Auch nach der Übernahme des Schlosses 1970 durch den neuen Gutsbesitzer Bernhard Merswolke blieb Bernhard Altmeppen bis 1976 Förster des bei der Arenberg-Meppen GmbH verbliebenden Forstgutes Herzford. Seither leiten Vater und Sohn Clemens Niers senior und junior nacheinander das zugehörige Forstrevier.

In den 1970er Jahren siedelten die Heuerlingsfamilien Bertling, Lambers, Menger, Rickling, Schomaker und Wenning zu Schepsdorf über. Im früheren Gutsbezirk liegen außerdem die Hofstellen Schoffelhof (jetzt Familie Bertling), Bekel (später Bickers) und Hofschlag.

Das Forstgut verlor in den 1980er Jahren im Norden durch den Bau der Bundesstrasse B 213 und in den 1990er Jahren im Westen durch den Bau der Autobahn A 31 größere Waldflächen, die durch Zukauf bis 2010 hauptsächlich im Nordwesten zuletzt auch durch Grundtausch wieder die vorherige Größe wieder erreichte. Der Grundbesitz Herzford umfasst heutzutage eine Waldfläche und landwirtschaftliche Flächen von rund 467 ha (4,67 km²).

Der Herzforder Wald ist ein Mischwald und besteht in der Gegenwart aus Eichen, Kiefern, Fichten, Lärchen, Buchen und Douglasien.

Geographie

Lage

Herzford liegt etwa 1,5 km südwestlich am linken Emsufer an der Stadt Lingen. Das Gut Herzford wird im Volksmund „Vorgarten von Lingen“ genannt und gehört damit zum Landkreis Emsland, deren Kreisstadt Meppen ist. Die Stadt Lingen ist von Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft deutlich die größte Stadt des Emslands. Herzford befindet sich am Rand der Lingener Höhe.

Klima

Das Klima in Herzford ist mit einer Jahresdurchschnittstemperatur von 9,3 °C und einer durchschnittlichen Niederschlagsmenge von 789 mm typisch für die gemäßigte, maritime Klimazone in Norddeutschland.

Nachbargemeinden

Herzford grenzt im Norden an Schepsdorf, im Osten an Darme, beides sind Lingener Stadtteile und im Süden am Ort Elbergen (Samtgemeinde Emsbüren), sowie im Westen an Wietmarschen-Lohne, dem Landkreis Grafschaft Bentheim gehörig.

„Lager Herzford“ im Zweiten Weltkrieg

Auch wenn britische Truppen die Stadt Lingen stark bombardiert und belagert haben, blieb der „Vorgarten“ Herzford davon verschont.

Zwischen 1941 und 1945 befand sich das Kriegsgefangenenlager Herzford, etwa 1500 m nordwestlich vom Schloss. In dem Lager, einem altes Fachwerkhaus, waren bis zu 80 französische Kriegsgefangene untergebracht. Die Soldaten mussten Zwangsarbeit in Chemiefabriken und in der Landwirtschaft in den Orten Lohne und Schepsdorf verrichten. Vom Lager ist heutzutage nichts mehr übrig. Nur ein Gedenkstein mit Tafel erinnert an diese grausame Vergangenheit.

Eigenständiges Gut / Politische Vertretung

Die Gutsbezirk Herzford zählt im Jahre 1850 auf 17 Familien genau 110 Einwohner. Zu jener Zeit hatten vergleichbare Güter hatten weit weniger Bewohner.

Im Jahre 1920 verliert der Gutsbezirk Herzford den Status der Selbständigkeit. Als ursprünglich kleiner Grundbesitz wurde durch Teile der Gemarkung Elbergen und Schepsdorf – Lohne auf seine jetzige Größe bestimmt.

Durch die bundesweite Kreisreform 1977 ging Herzford an die Gemeinde Wietmarschen und damit zum Landkreis Grafschaft Bentheim über. Knapp ein Jahr später sorgte das Niedersächsische Gesetz über die Neugliederung des Raumes Grafschaft Bentheim / Landkreis Emsland für eine gesetzliche Regelung und so wurde Herzford der Stadt Lingen zugeordnet und damit ist das Gut Herzford, der so genannte "Vorgarten" von Lingen im Landkreis Emsland.

Herzford wird im Lingener Stadtrat durch den Ortsbürgermeister Schepsdorfs vertreten.

Infrastruktur

Herzford liegt in der Nähe der Autobahn A31 und am Schnittpunkt der Bundesstraßen 70, 213 und 214, die als Umgehungsstraßen um die Stadt Lingen (Ems) herum führen.

Durch den Gutsbezirk Herzford führt die „Herzforder Straße“ (Richtung Schepsdorf im Norden und Elbergen im Süden) und die Straße „Schottelhof“ (Richtung Lohne im Westen).

Sehenswürdigkeit / Touristik

Durch Lingen führt die deutsch-niederländische Ferienstraße Oranier-Route (B 213).

Das barocke Schloss Herzford und der Garten sind nicht zu besichtigen. Aber von der „Straße“ aus kann man das schöne Anwesen bestaunen. Auch einen erholsamen Spaziergang durch den Wald und an der Ems entlang sowie eine Fahrradtour durch das Gutsgebiet zu empfehlen. Ein Genuss weitab vom allgemeinen Straßen- und Touristiklärm.

Weblinks

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