Sedimentär-exhalative Lagerstätten

Sedimentär-exhalative Lagerstätten

Bei sedimentär-exhalativen (abgekürzt: SEDEX) oder vulkano-exhalativen Lagerstätten handelt es sich um Lagerstätten, die durch den Austritt von heißen, mineralhaltigen hydrothermalen Lösungen auf dem Meeresgrund gebildet werden. Hierbei werden feinkörnige Erzminerale (vorwiegend Sulfide) im Meerwasser chemisch ausgefällt und in Gestalt schichtförmiger, oft gebänderter, Erzkörper (Exhalite) abgelagert, die mit marinen Sedimentgesteinen wechselgelagert sind. Deshalb werden sie auch, etwas umständlich, als „stratiforme Sulfidlagerstätten sedimentärer Zugehörigkeit“ bezeichnet. Der Übergang von vulkano-sedimentären Massivsulfidlagerstätten zu rein vulkanogenen Massivsulfidlagerstätten ist hierbei fließend. Letztere sind jedoch fast nur noch mit vulkanischen Gesteinen verbunden. In neueren Publikationen wird der Begriff „SEDEX“ durch „SHMS“ (Sediment Hosted Massive Sulphides - sedimentgebundene Massivsulphide) ersetzt, um vorschnelle genetische Interpretationen zu vermeiden.

SEDEX-Lagerstätten bestehen zum größten Teil aus Pyrit (Eisendisulfid). Dennoch stellen sie heute die wichtigste Quelle für Blei, Zink und Baryt dar, und decken einen wichtigen Teil des weltweiten Bedarfs an Silber, Kupfer, Gold, Wismut and Wolfram. Bekannte Beispiele sind der europäische Kupferschiefer, die riesigen Lagerstätten des sambisch-kongolesischen Copperbelts, die Sullivan Mine in British Columbia, Red Dog in Alaska, sowie Mount Isa und Broken Hill in Australien. Auch das historische Bergwerk Rammelsberg im Harz wird heute diesem Lagerstättentyp zugerechnet.

Inhaltsverzeichnis

Vererzung

Century SHMS Lagerstätte, Queensland, Australien
Sedimentär exhalative Mt. Mulga Baryt-Magnetit-Kupfer-Gold-Vererzung in South Australia: der rot markierte Erzkörper überlagert diskordant die älteren Meta-Sedimente links im Bild und formte sich etwa zeitgleich mit den Sedimenten rechts (Abfolge ist überkippt)

Die konkordant in marine Sedimente eingebetteten Erzkörper sind in der Regel linsen- oder schichtförmig. Das Verhältnis der seitlichen Ausdehnung zur Mächtigkeit beträgt mindestens eins zu zehn. Einzelne Massivsulfidlagen sind in der Regel zwischen wenigen Millimetern bis zu einigen Metern mächtig. Der bekannte Kupferschiefer besteht sogar aus nur einem einzigen Flöz, der sich über weite Teile Mitteleuropas erstreckt, dabei aber nur selten mächtiger als einen Meter wird. Beim Wirtsgestein handelt es sich meist um feine Tonsteine oder Tonschiefer, Pelite und Argillite. Die Erzzonen sind oft reich an organischer Substanz. In der Blei-Zink-Lagerstätte von Sullivan sind die Sedimente allerdings etwas sandiger, mit gelegentlichen Einschaltungen von unreinen Quarziten und gröberen Konglomeraten. Auch im sambisch-kongolesischen Kupfergürtel sind die Lagerstätten zuweilen in sandige Psammite und Arkosen eingebettet. Die Zufuhrkanäle, an denen die mineraliserenden Lösungen austraten, sind nur selten aufgeschlossen, ihre Existenz wird aber vorausgesetzt. Dort wo sie entdeckt wurden, weisen sie meist eine hydrothermale Gesteinsumwandlung und Brekziierung auf. Häufige Erzminerale sind Bornit, Chalkosin, Chalkopyrit, Galenit, Sphalerit, etc. Mit der Entfernung von den vulkanischen Schloten nimmt auch der Erzgehalt der Sedimente ab.

Innerhalb tektonisch gestörter Abfolgen entwickeln sich eine SEDEX-Vererzungen ähnlich, wie andere Massiv-Sulfid-Lagerstätten, da es sich um eine nachgiebige (inkompetente) Lage mit geringer Scherfestigkeit innerhalb von Sedimentgesteinen aus starreren Silikaten handelt. Deshalb finden sich viele Beispiele für Boudinage-Strukturen, Gänge und Adern aus Sulfiden, sowie hydrothermal wiedermobilisierte und angereicherte Abschnitte.

Entstehung

Bis in die 1950er Jahre wurden diese Art von Erzkörpern den hydrothermalen Verdrängungslagerstätten zugerechnet, die erst nach der Bildung der umgebenden Sedimente (epigenetisch) in diese eindringen. Erst danach erkannte man, dass sie zum größten Teil gleichzeitig (syngenetisch) mit ihrem Wirtsgestein in Meeresbecken abgelagert werden. Seit den 80er Jahren geht man davon aus, dass vulkano-exhalativen Lagerstätten unter Bedingungen entstehen, wie man sie noch heute an untermeerischen vulkanischen Schloten, (den sogenannten Schwarzen Rauchern), beobachten kann, allerdings nicht in der Tiefsee, sondern während oder nach der Transgression von relativ flachen Meeren über kontinentale Kruste. Im Fall des sambischen Kupfergürtels geht man von einer gleichzeitigen Einsenkung von tektonischen Riftsystemen und Becken aus. Die dabei entstandenen Störungen und Grabenbrüche wären dann der Schauplatz vulkanischer Prozesse gewesen und gleichzeitig die Zufuhrkanäle der mineralisierenden Lösungen. Viele vulkano-exhalative Blei-Zink-Lagerstätten werden in einem Milieu ähnlich dem Golf von Kalifornien verortet, wo heute tatsächlich die Ablagerung von Sulfiden und Baryt in abgeschlossenen Meeresbecken beobachtet wird. Ob daneben auch noch der Eintrag von Verwitterungsprodukten und mineralischer Lösungen von den angrenzenden Festländern von Bedeutung ist, oder ursprünglich sedimentäre Mineralbildungen später epigenetisch überprägt wurden, ist jedoch in vielen Einzelfällen umstritten.

Die Quelle der Metalle und der mineralisierenden Lösungen für SEDEX-Lagerstätten können Solen aus der Tiefe sein, die in Kontakt mit Sedimentgesteinen stehen. Diese Solen sind saline bis hypersaline Wässer, die während der Verfestigung von Sedimenten (Diagenese) freigesetzt werden. Spuren von Blei, Kupfer und Zink finden sich in allen Sedimenten. Die Metalle werden aus dem Meerwasser adsorbiert und sind nur schwach an die Ränder der Kristalle von wasserhaltigen Tonmineralen oder in das Kristallgitter von Karbonaten gebunden. Das Salz wurde bereits während der Ablagerung des Meeresbodenschlamms im Porenwasser eingeschlossen. Im Laufe der Diagenese wird das Porenwasser aus den Sedimenten heraus gepresst. Während die Einsenkung des Beckens anhält und die Hitze auf etwa 150 ° bis 350 °C zunimmt, beginnen die Tonminerale unter dem Druck zu rekristallisieren und geben ihr Kristallwasser frei, zusammen mit dem Salz und den inkompatiblen Metallen. Man schätzt, dass die entstehenden hydrothermalen Fluide eine Salinität von bis zu 35 % NaCl haben, mit Metall-Konzentrationen von 5 bis 15 ppm Zink, Kupfer und Blei, und bis zu 100 ppm Barium und Eisen. In der Regel enthalten diese Schichtwässer auch erhebliche Anteile von Schwefel.

Andererseits können die Metalle ihren Ursprung auch in magmatischen und hydrothermalen Fluiden aus Magmakammern unterhalb des Ozeanbodens haben. Dieser Vorgang ist bedeutend in der Umgebung von vulkanischen Ketten bei mittelozeanischen Rücken und Inselbögen.

Der Transport dieser heißen Solen erfolgt durch geschichtete Speichergesteine auf die geologischen Störungen zu, welche die Schichtpakete in einzelne Sedimentationsbecken unterteilen. Die Solen sickern in die Beckenrandstörungen ein, wandern wegen des thermischen Auftriebs und des Drucks des unterliegenden Reservoirs nach oben, und werden in das Ozeanwasser abgegeben. Die Austrittszonen können breckziierte vulkanische Durchschlagsröhren (Diatreme) sein, einfache Fumarolen, oder soganannte seepage mounds aus Kieselschiefer und Sulfiden.

Die Ablagerung erfolgt jedoch auf tiefer liegenden Gebieten des Ozeanbodens, wohin die schweren, heißen Solen fließen und sich mit kälterem Meerwasser mischen. Dies führt dazu, dass die in der Sole gelösten Metalle und der Schwefel als feste Metall-Sulfid-Erze aus der Lösung ausfallen und als Schichten sulfidischer Sedimente abgelagert werden.

Siehe auch

Literatur

Anthony M. Evans: Erzlagerstättenkunde. Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart 1992, ISBN 3-432-99801-5.


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