Seeherrschaft

Seeherrschaft

Seeherrschaft ist ein machtpolitischer Begriff und bedeutet, dass ein Staat oder Bündnis im Konfliktfall durch den Einsatz von Seemacht die eigene Schifffahrt in einem Seegebiet vor Behinderungen und Angriffen weitgehend absichert, wogegen die feindliche oder neutrale Schifffahrt unterbunden oder so stark gestört werden kann, dass regelmäßige unmittelbare oder mittelbare Versorgung des Feindes auf dem Seeweg nicht mehr stattfindet oder nur noch unter starkem Begleitschutz von Kriegsschiffen gelingt. Dabei kann auch entscheidend sein, den Seestreitkräften des Feindes, durch die Beherrschung einer Meerenge einen Umweg aufzuzwingen.

Eine Variante der Seeherrschaft ist die lokal festgelegte, wo eine Meerenge wie beispielsweise der Bosporus mit einer Küstenbefestigung effektiv verteidigt und die Durchfahrt kontrolliert werden kann. Dadurch wird gegebenenfalls ein Meeresabschnitt (im Beispiel, das Schwarze Meer) vom Mittelmeer abgetrennt. In der Folge kann es in dem abgetrennten Meeresabschnitt zu einer Verlagerung der Seeherrschaft kommen, weil der Nachschub an Material und Truppen für eine Partei nicht mehr gewährleistet ist.

Eine imperial dominante, zentrale Verkehrsmeere und ganze Ozeane beherrschende extreme Form der Seeherrschaft ist die Thalassokratie.

Entwicklung und Ablösung der Seeherrschaft

Herodot bezeichnete die kretische Seeherrschaft des Minos als die erste der Geschichte. Die Seeherrschaft im Mittelmeer war eine der Voraussetzungen für die Ausbreitung von Staaten oder Bündnissen. So übernimmt zunächst Mykene die Rolle Kretas. Dann werden Phönizier, Punier, klassische Hellenen, Etrusker und Römer zu Herrschern über Teilbereiche oder das gesamte Mittelmeer.

Bis ins 20. Jahrhundert war Seeherrschaft u. U. kriegsentscheidend (480 v. Chr. die Schlacht von Salamis, 1905 im russisch-japanischen Krieg) und ein wichtiger politischer Faktor (Navigationsakte, Kanonenbootpolitik). Während im Altertum und Mittelalter Staaten wie Athen und Venedig oder Piraten bestimmte Routen oder Küstenmeere beherrschten, lösten sich mit dem Beginn der globalen Schifffahrt in der frühen Neuzeit Portugiesen (15. und 16. Jahrhundert), Spanier (16. und frühes 17. Jahrhundert), Niederländer (17. Jahrhundert), Franzosen (18. Jahrhundert) und Engländer (18. und unangefochten 19. bis frühes 20. Jahrhundert) in der Vorrangstellung auf den Meeren ab.

Vor dem Ersten Weltkrieg fanden zu Seemacht bzw. Seeherrschaft intensive geopolitische und militärische Überlegungen (Alfred Thayer Mahan, Alfred von Tirpitz) und Anstrengungen (Deutsch-Britisches Wettrüsten) statt, die wesentlich zu den internationalen Spannungen vor 1914 beitrugen. Die Flottenkonferenzen der Zwischenkriegszeit zielten darauf ab, die Seemachts- und Seeherrschaftsfragen insbesondere zwischen Großbritannien, den USA und Japan zu entschärfen. Im Zweiten Weltkrieg ist die Seeherrschaft an die USA übergegangen; jedoch hat sich seit damals die Luftherrschaft, also das Verhindern von gegnerischen Luftangriffen und Boden- sowie Seeoperationen (Luftschlacht um England, See- und Luftschlacht von Midway), als wichtiger erwiesen.

Im Sputnikschock von 1957 manifestierte sich die Befürchtung der westlichen Staatenwelt, dass auf die ehemalige Seeherrschaft Großbritanniens und die damalige Luftherrschaft der USA eine zukünftige Weltraumherrschaft der Sowjetunion folgen würde. Allerdings verbot einige Jahre später der Weltraumvertrag von 1967 die Stationierung militärischer Basen im All und auf dem Mond.

Strategische Meerengen

Die Möglichkeit, die Herrschaft über einen ganzen Meeresteil durch die Kontrolle der zugehörigen Meerengen zu erlangen, macht diese zu besonders umkämpften strategischen Zielen und in Friedenszeiten oder bei Friedensschlüssen zu Objekten internationaler Verträge.

Beispiele strategischer Meerengen:


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