Siegerjustiz

Siegerjustiz

Siegerjustiz ist ein politisches Schlagwort. Es beschreibt die meist nach einem Krieg durch eine Siegermacht vollzogene Gerichtsbarkeit und Rechtsprechung, die möglicherweise von den Besiegten als benachteiligend empfunden wird.

In Deutschland und Österreich wird von Rechtsextremisten die Durchsetzung des humanitären Völkerrechts nach dem Zweiten Weltkrieg als Siegerjustiz bezeichnet.[1] Der Vorwurf der „Siegerjustiz“ wurde von den Strafverteidigern der angeklagten Repräsentanten der NS-Führung öffentlichkeitswirksam benutzt, um den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen die Rechtmäßigkeit abzusprechen.[2]

Auch die Aufarbeitung der Vergangenheit der Deutschen Demokratischen Republik wird zuweilen als Siegerjustiz bezeichnet, insbesondere hinsichtlich des strafrechtlichen Rückwirkungsverbotes.[3] Die höchstrichterliche Rechtsprechung der Bundesrepublik Deutschland stützte sich bei der Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit hierbei zum einen auf die Radbruchsche Formel, nach der Recht, das gegen wesentliche Grundprinzipien verstoße, Unrecht würde, und zum anderen auf eine rechtsstaatliche Interpretation des Rechtes der DDR, die sich von der faktischen Auslegung durch die DDR-Justiz unterscheidet.[4]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Winfried R. Garscha: Keine „Siegerjustiz“ – Vor 50 Jahren ging in Nürnberg der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher zu Ende: „Daß der Prozeß im kollektiven Gedächtnis präsent blieb, lag aber sicherlich in erster Linie an seiner permanenten Denunzierung als ‚Siegerjustiz‘ durch die politische Rechte in Deutschland und Österreich, womit die Rechtmäßigkeit des Verfahrens in Zweifel gezogen werden sollte.“ September 1996, abgerufen 12. Juli 2008
  2. Annette Weinke: Die Nürnberger Prozesse. C.H. Beck, München 2006, ISBN 3-406-53604-2, S. 57
  3. Bernhard Schlink, Rechtsstaat und revolutionäre Gerechtigkeit, Antrittsvorlesung an der HU Berlin vom 14. April 1994, S. 4 (PDF)
  4. Bernhard Schlink, Rechtsstaat und revolutionäre Gerechtigkeit, Antrittsvorlesung an der HU Berlin vom 14. April 1994, S. 6 ff. (PDF)

Literatur

  • Petra Weber: Justiz und Diktatur. Oldenbourg Wissenschaftsverlag 2000, ISBN 3-486-56463-3.

Weblinks


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