- Simone Veil
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Simone Veil [vɛj], geborene Jacob (* 13. Juli 1927 in Nizza), ist eine französische Politikerin und ehemalige französische Ministerin. Sie war Präsidentin des Europäischen Parlamentes. Seit 20. November 2008 ist Simone Veil Mitglied der Académie française.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Simone Veil wurde in Nizza als Tochter des Architekten André Jakob geboren. Im Ersten Weltkrieg verbrachte er mehrere Jahre in Kriegsgefangenschaft. Ihre Mutter Yvonne Steinmetz war Atheistin und gab ihr Chemiestudium auf Bitten ihres Mannes auf, um sich der Familie zu widmen. Die Familie war jüdisch und aus kulturellen Gründen stolz auf das Judentum, jedoch nicht religiös, sondern weltlich, republikanisch und patriotisch eingestellt.
1944 wurden Veil und ihre Familie von der Gestapo verhaftet. Sie wurde im Gestapo-Hauptquartier, dem Hotel „Excelsior“, verhört. Ihr Vater und ihr Bruder Jean wurden nach Litauen deportiert. Beide kamen nicht zurück. Ihre Schwester Denise war bei der Résistance, wurde ins KZ Ravensbrück verschleppt, konnte jedoch überleben. Simone, ihre Mutter und ihre andere Schwester Madeleine, genannt Milou, wurden ins KZ Auschwitz-Birkenau deportiert. Die Selektion bei der Ankunft in Auschwitz überlebte sie, da sie vortäuschte, bereits 18 Jahre alt zu sein, und erhielt die Häftlingsnummer 78651. Sie überlebten acht Monate im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Im Januar 1945 machten sie zusammen den Todesmarsch von Auschwitz zum KZ Bergen-Belsen durch. Ihre Mutter Yvonne Jakob starb am 15. März 1945 in Bergen Belsen an der Typhusepidemie, die dort grassierte. Kurz danach, am 15. April 1945, wurden Simone und ihre Schwester Milou in Bergen-Belsen von den englischen Streitkräften befreit.[1]
Simone Veil studierte am Institut d’études politiques de Paris. Die ausgebildete Juristin Veil gehörte von 1974 bis 1979 den Kabinetten Jacques Chiracs und Raymond Barres als Gesundheitsministerin an. Sie war die erste Frau auf einem Ministerposten in Frankreich. In ihrer Funktion als Gesundheitsministerin sorgte sie für einen erleichterten Zugang zu Verhütungsmitteln – der Verkauf von Verhütungsmitteln wie der Pille war in Frankreich erst 1967 legalisiert worden. Mit ihrem Namen am meisten verbunden ist jedoch ihr harter Kampf für die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs in Frankreich (17. Januar 1975).
Nach ihrem Ausscheiden aus der Regierung kandidierte sie für die UDF als Spitzenkandidatin bei den ersten Direktwahlen zum Europäischen Parlament 1979. Dieses wählte Veil zur Präsidentin. Sie war die erste Frau, die dieses Amt innehatte. Aufgrund einer interfraktionellen Absprache legte sie dieses Amt in der Mitte der fünfjährigen Legislaturperiode Anfang 1982 nieder. Die Präsidentschaft im Europäischen Parlament dauert bis heute jeweils 2 ½ Jahre. Nachfolger wurde der niederländische Sozialist Piet Dankert.
Unter Premierminister Édouard Balladur war sie zwischen 1993 und 1995 Ministerin für Soziales, Gesundheit und Stadtwesen im Range einer Staatsministerin.
Veil war von 1998 bis 2007 Mitglied des französischen Verfassungsrats.
Ehrungen
2008 wurde "Momone", so ihr Spitzname, zum Mitglied der Académie française gewählt, die sich der Pflege der französischen Sprache widmet. Ihr Sitz dort ist Fauteuil 13, auf dem auch schon der Dichter Racine saß, und sie übernahm diesen Sitz am 18. März 2010.[2]
Im Jahr 1981 wurde Simone Veil mit dem Internationalen Karlspreis der Stadt Aachen „für ein demokratisches Europa“ ausgezeichnet. 2005 erhielt sie den Prinz-von-Asturien-Preis.
In Wiesbaden wurde Mitte der neunziger Jahre im Europaviertel (einem ehemaligen US-Militärgelände) eine Straße nach Simone Veil benannt.
2010 wurden ihr der Heinrich-Heine-Preis der Stadt Düsseldorf sowie der Europäische Bürgerrechtspreis der Sinti und Roma verliehen, 2011 der Schillerpreis der Stadt Marbach am Neckar.
Sonstiges
Simone Veil ist mit Antoine Veil verheiratet, mit dem sie drei Söhne hat. Ihr erstes Kind bekam sie mit 19 Jahren. In den fünfziger Jahren lebte sie mit Ihrem Mann, der im Konsulat in Wiesbaden tätig war, eine Zeit lang in Deutschland.
Biographien
- Simone Veil. Une femme exceptionnelle. Reihe Au micro. Heft 12. Langenscheidt, Berlin 1983, ISBN 3-468-45575-5.
- Simone Veil: Une vie. Stock, Paris 2007, ISBN 978-2-234-05817-0. Auszüge: Welt Online, Rezension: NZZ Online 1. Februar 2008
- Simone Veil: Und dennoch leben. Die Autobiographie der großen Europäerin. Aus dem Französischen von Nathalie Mälzer-Semlinger. Aufbau-Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-351-02677-6.
Reden
Weblinks
- Literatur von und über Simone Veil im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Kurzbiografie der Académie française (französisch)
- Porträt von Simone Veil im Magazin NZZ Folio
- Interview mit Simone Veil im Tagesspiegel: "Ich war die Hassfigur der Reaktionäre" (vom 22. März 2009)
- Interview mit Simone Veil in Cicero: "Wir haben unsere Mörder besiegt", Cicero 04/2009
Einzelnachweise
- ↑ Simone Veil, déportée à Birkenau, Bobrek et Bergen-Belsen. Abgerufen am 14. Februar 2011. (Französisch)
- ↑ Simone Veil immortelle. Abgerufen am 10. Mai 2011. (Französisch)
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