- Singende Revolution
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Als Singende Revolution wird die Periode der nationalen Bewegungen im Baltikum 1987 bis 1992 und des Kampfes um Wiedererlangung der staatlichen Unabhängigkeit bezeichnet.
Inhaltsverzeichnis
Bedeutung der Lieder
In der Sowjetunion war das Singen von nationalistischen Liedern (z. B. der Hymnen der baltischen Staaten) von der Sowjetmacht streng verboten worden: Man drohte mit harten Sanktionen, die von Kündigung der Arbeit bis zur Deportation nach Sibirien reichten.
Zur Perestroika-Zeit
Während der Perestroika, 1988–1992, sang man bei nationalen Versammlungen und friedlichen Demonstrationen (in Vingio parkas, Kalnu parkas in Litauen, in Mežaparks in Lettland etc.). Hunderttausende Leute versammelten sich auf öffentlichen Plätzen und in Stadien, um ihre Bestrebungen zu verkünden und ihre Meinung über die sowjetische Okkupation und Annexion zu äußern. Man sang insbesondere traditionelle Volkslieder, Dainas, die das Volk ideell und emotional vereinigten und somit von der gemeinsamen kulturellen Erfahrung und Vergangenheit zeugten.
Um für die Unabhängigkeit der baltischen Staaten zu demonstrieren, bildeten am 23. August 1989, genau 50 Jahre nach dem Hitler-Stalin-Pakt, rund zwei Millionen Menschen den Baltischen Weg, eine Menschenkette über eine Länge von 600 Kilometern, von Tallinn über Riga nach Vilnius.
Volkslieder werden auch heute in den baltischen Staaten an staatlichen Gedenktagen in überlieferter bzw. ‚moderner‘ Fassung (z. B. mit bekannten Rockbands) auf den Bühnen der Großstädte gesungen. Sie werden auch als CDs und DVDs verbreitet.
In Estland
Da der finnische Rundfunk YLE, dessen Radio- und Fernsehprogramme in Nord-Estland zu empfangen waren, die finnische Nationalhymne von Fredrik Pacius jeden Tag zum Sendeschluss spielte, deren Melodie gleich der estnischen Nationalhymne ist, blieb sie im öffentlichen Bewusstsein präsent.
Während der „Singenden Revolution“ in Estland wurde das Lied wieder oft gesungen. Auf einer Demonstration auf dem Lauluväljak (Sängerfestplatz) 1988 sangen 300.000 Estinnen und Esten zum ersten Mal wieder ihre verbotene Hymne.
Mit der Unabhängigkeit des Landes wurde sie wieder offizielle Nationalhymne.
Blutige Auseinandersetzungen und Durchsetzung der Unabhängigkeit
Im Januar 1991, die baltischen Staaten hatten bereits im Frühjahr 1990 die Wiederherstellung ihrer Unabhängigkeit proklamiert (Estland: 8. Mai, Lettland: 4. Mai, Litauen: 11. März), kam es in Litauen und Lettland zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Zivilisten und litauischen bzw. lettischen Kräften auf der einen und sowjetischen Einheiten auf der anderen Seite. Am sogenannten Vilniusser Blutsonntag, dem 13. Januar 1991, kamen beim Sturm auf den Fernsehturm in Vilnius insgesamt 14 unbewaffnete Zivilisten ums Leben. Im Unabhängigkeitsreferendum am 9. Februar 1991 stimmten bei einer Beteiligung von 85 % der Wahlberechtigten 90,5 % für ein unabhängiges Litauen. Daraufhin erkannte Island als erster Staat der Welt durch einen Parlamentsbeschluss die Unabhängigkeit Litauens an. In der Folgezeit töteten Angehörige der sowjetischen Spezialeinheit OMON bei einem Überfall auf einen Grenzposten sieben litauische Grenzer. In Riga forderte der Sturm auf das Parlament am 20. Januar 1991 durch sowjetische Kräfte fünf Todesopfer. Erst am 21. August 1991, nach dem gescheiterten Augustputsch in Moskau gegen Michail Gorbatschow, erkannte die Sowjetunion die Unabhängigkeit der drei baltischen Staaten an.
Siehe auch
Weblinks
Kategorien:- Revolution im Jahr 1989
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