Sophie von La Roche

Sophie von La Roche
Marie Sophie von La Roche, Gemälde von Georg Oswald May, 1778
Sophie La Roche, ihre Tochter Maximiliane und deren Gatte Peter Anton Brentano auf einem Familienbild, etwa 1773/74
Stele am Standort ihres 1960 abgerissenen Wohnhauses

Marie Sophie von La Roche geb. Gutermann von Gutershofen (* 6. Dezember 1730 in Kaufbeuren; † 18. Februar 1807 in Offenbach am Main) war eine deutsche Schriftstellerin.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Marie Sophie wurde als ältestes Kind des aus Biberach an der Riß stammenden Arztes Georg Friedrich Gutermann und seiner Frau Regina Barbara in Kaufbeuren geboren. Sie verbrachte den größten Teil ihrer Kindheit in Augsburg in streng pietistischer Erziehung und wurde später nach Biberach an der Riß geschickt, wo sie eine Jugendfreundin ihres Cousins Christoph Martin Wieland wurde und sich mit diesem verlobte. Im Jahre 1753 heiratete sie jedoch Georg Michael Frank von La Roche. Wieland und Sophie la Roche hatten sich zu diesem Zeitpunkt bereits auseinander gelebt, da Wieland in die Schweiz gezogen war und zu Sophies großen Bedauern kein gesteigertes Interesse mehr an ihr zu haben schien.

Ihr Schwiegervater war Friedrich von Stadion-Warthausen, Staatsminister von Kurmainz. Ihre Schwiegermutter war die Tänzerin Catharina La Roche. Diese hatte eine folgenreiche Affäre mit Friedrich von Stadion-Warthausen und wurde 1719 mit dem kurmainzerischen Senator und Chirurgen Frank verheiratet, der zehn Tage vor der Geburt des Knaben Georg Michael Frank (1720–1788) starb. Der Staatsminister nahm den Jungen, seinen Sohn, zu sich, ließ ihn sorgfältig erziehen und bildete ihn zum Sekretär aus. Georg Michael machte später Karriere und wurde Kanzler des Kurfürsten von Trier. 1753 heiratete er Marie Sophie und wohnte mit ihr im Stadioner Hof in Mainz.[1] Von ihren acht Kindern überlebten nur fünf das Kindesalter: Maximiliane (1756–1793), Fritz (*1757) , Luise (*1759 später Luise Möhn), Carl (1766–1839) und Franz Wilhelm (1768–1791) .[2]

Von 1761–1768 war Sophie La Roche Gesellschafterin und Hofdame bei ihrem Schwiegervater auf Schloss Warthausen bei Biberach an der Riß (wo sich Sophie und Wieland wiederbegegneten). Hier gab es eine umfangreiche Bibliothek (1.400 Bände – 550 Werke), die heute zum größten Teil im böhmischen Schloss Kozel bei Pilsen liegen. Sie verfasste die Korrespondenz in der am Hofe gepflegten französischen Sprache und begleitete den Grafen öfters zu seinem Landsitz nach Bönnigheim. Ihr Mann wurde vom Grafen testamentarisch zum Oberamtmann des Bönnigheimer Schlosses ernannt, Sophie folgte ihm 1770 dorthin. Hier beendete sie – auf Anraten eines befreundeten Pfarrers – ihren bereits auf Warthausen begonnenen Roman „Geschichte des Fräuleins von Sternheim“.

Nach dem beruflichem Wechsel ihres Mannes nach Koblenz (als trierischer Geheimrat) im Jahr 1771 unterhielt sie später im Koblenzer Stadtteil Ehrenbreitstein einen literarischen Salon, den Goethe in „Dichtung und Wahrheit“ erwähnt (unter den Besuchern waren Basedow, Wilhelm Heinse, die Brüder Jacobi und Lavater). Sie war mit Johann Heinrich Jung, genannt Jung-Stilling befreundet und vermittelte diesem seine zweite Ehefrau Maria Salome von Saint George.

1780 wurde ihr Mann, nachdem er erst fünf Jahre vorher in den Adelsstand erhoben worden war, wegen kirchenkritischer Äußerungen durch Kurfürst Clemens Wenzeslaus entlassen. Damit fand der elegante Kreis der von La Roches in Ehrenbreitstein ein plötzliches Ende. Die Familie wurde von einem befreundeten Domherrn in Speyer aufgenommen. 1786 kaufte das Ehepaar La Roche eine eigene Immobilie, das sogenannte Grillenhäuschen in Offenbach am Main. Bereits zwei Jahre später wurde Sophie Witwe; als Folge der französischen Besetzung des linken Rheinufers 1794 entfiel ihre Witwenversorgung, so dass sie sich gezwungen sah, ihren Lebensunterhalt durch Schreiben zu sichern.

Durch ihre Tochter Maximiliane, die mit dem Kaufmann und Diplomaten Peter Anton Brentano verheiratet war, wurde sie zur Großmutter von Bettina von Arnim und Clemens Brentano. Als Maximiliane bereits 1793 starb, nahm sie von deren acht unmündigen Kindern drei Mädchen auf.

In Offenbach-Bürgel ist Sophie von La Roche an der Außenmauer der St. Pankratius-Kirche begraben.

Sophie von La Roche verfasste empfindsame Romane (so etwa die 1771 Die Geschichte des Fräuleins von Sternheim – anonym veröffentlicht unter dem Namen des „Herausgebers“ Wieland). Sie war erste Herausgeberin einer deutschen Frauenzeitschrift mit dem Titel „Pomona für Teutschlands Töchter“ (1783/84).

Über Sophie von La Roche schrieb Goethe im 13. Buch von Dichtung und Wahrheit: „Sie war die wunderbarste Frau, und ich wüsste ihr keine andre zu vergleichen. Schlank und zart gebaut, eher groß als klein, hatte sie bis in ihre höheren Jahre eine gewisse Eleganz (...) zu erhalten gewusst, die zwischen dem Benehmen einer Edeldame und einer würdigen bürgerlichen Frau gar anmutig schwebte“.

Werke

Frontispiz zu Fanny und Julia
  • Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Von einer Freundin derselben aus Original-Papieren und andern zuverläßigen Quellen gezogen. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. 2 Bände. Weidmanns Erben und Reich, Leipzig 1771 (München 2007, dtv, ISBN 978-3-423-13530-6, Originalausgabe)
  • Der Eigensinn der Liebe und Freundschaft, eine Englische Erzählung, nebst einer kleinen deutschen Liebesgeschichte, aus dem Französischen. Orell, Geßner, Füßli, Zürich 1772
  • Rosaliens Briefe an ihre Freundin Mariane von St**. 3 Bände. Richter, Altenburg 1780–1781
  • Pomona für Teutschlands Töchter. Enderes, Speyer 1783–1784
  • Briefe an Lina, ein Buch für junge Frauenzimmer, die ihr Herz und ihren Verstand bilden wollen. Band 1. Lina als Mädchen. Weiß und Brede, Mannheim 1785; Gräff, Leipzig 1788
  • Neuere moralische Erzählungen. Richter, Altenburg 1786
  • Tagebuch einer Reise durch die Schweiz Richter, Altenburg 1787
  • Journal einer Reise durch Frankreich. Richter, Altenburg 1787
  • Tagebuch einer Reise durch Holland und England. Weiß und Brede, Offenbach 1788
  • Geschichte von Miß Lony und Der schöne Bund. C. W. Ettinger, Gotha 1789
  • Briefe über Mannheim. Orell, Geßner, Füßli, Zürich 1791
  • Lebensbeschreibung von Friderika Baldinger, von ihr selbst verfaßt. Hrsg. und mit einer Vorrede begleitet von Sophie Wittwe von La Roche. Carl Ludwig Brede, Offenbach 1791
  • Rosalie und Cleberg auf dem Lande. Weiß und Brede, Offenbach 1791
  • Erinnerungen aus meiner dritten Schweizerreise. Weiß und Brede, Offenbach 1793
  • Briefe an Lina als Mutter. 2 Bände. Gräff, Leipzig 1795–1797
  • Schönes Bild der Resignation, eine Erzählung. Gräff, Leipzig 1796
  • Erscheinungen am See Oneida, mit Kupfern. 3 Bände. Gräff, Leipzig 1798
  • Mein Schreibetisch. 2 Bände. Gräff, Leipzig 1799
  • Reise vom Offenbach nach Weimar und Schönebeck im Jahr 1799. Gräff, Leipzig 1800 (auch als Schattenrisse abgeschiedener Stunden in Offenbach, Weimar und Schönebeck in Jahre 1799)
  • Fanny und Julia, oder die Freundinnen. Gräff, Leipzig 1801
  • Liebe-Hütten. 2 Bände. Gräff, Leipzig 1804
  • Herbsttage. Gräff, Leipzig 1805
  • Melusinens Sommerabende. Hrsg. von Christoph Martin Wieland. Societäts-Buch- und Kunsthandlung, Halle 1806 (Digitalisat)
  • Sitten der schönen Pariser Welt, Sophie von Laroche und das Monument du Costume; Mit den 24 Stichen und dem vollständigen, erstmals in Deutsche übertragenen Text der ersten beiden Folgen des französischen Originals: Herausgegeben von Erdmut Jost, Mitteldeutscher Verlag, Halle 2011 ISBN 978-3-89812-831-5

Literatur

  • Barbara Becker-Cantarino, Gudrun Loster-Schneider (Hrsg.): „Ach, wie wünschte ich mir Geld genug, um eine Professur zu stiften“. Sophie von La Roche (1730–1807) im literarischen und kulturpolitischen Feld von Aufklärung und Empfindsamkeit. Francke, Tübingen 2010, ISBN 978-3-7720-8296-2.
  • Melanie Oehlmann: Sophie von La Roche. Frau und Autorin im Zeitalter der Aufklärung. Wie Roman und Erzählung zur Schule der Frauen werden. Vdm Verlag Dr. Müller, Saarbrücken 2008, ISBN 978-3-8364-6660-8.
  • Jürgen Eichenauer (Hrsg.): „Meine Freiheit, nach meinem Charakter zu leben“. Sophie von La Roche (1730–1807). Schriftstellerin der Empfindsamkeit. VDG, Weimar 2007, ISBN 978-3-89739-572-5 (Offenbacher Studien 2).
  • Erdmut Jost: Wege zur weiblichen Glückseligkeit. Sophie von La Roches Reisejournale 1784 bis 1786. Mit einem Essay von Monika Nenon und einer Forschungsbibliographie zur Reiseliteratur Sophie von La Roches von Tobias Fuchs. Bauer-Verlag, Thalhofen 2007, ISBN 978-3-934509-68-9 (Kaufbeurer Schriftenreihe 7).
  • Franz-Josef Körner: Sophies Labyrinth Historischer Kaufbeurer Roman; Ein Buch über vier Jahrhunderte, drei berühmte Frauen, über die Liebe und die ewigen Fragen des Lebens. Bauer-Verlag Thalhofen, ISBN 978-3-941013-00-1
  • Jeannine Meighörner: Sophie von La Roche. „Was ich als Frau dafür halte“. Deutschlands erste Beststellerautorin. Sutton, Erfurt 2006, ISBN 3-86680-062-2.
  • Helga Meise (Hrsg.): Sophie von La Roche – Lesebuch. Ulrike Helmer Verlag, Königstein/Taunus 2006, ISBN 3-89741-111-3 (Edition Klassikerinnen), (ausgewählte Werke, darunter auszugsweise der Briefwechsel mit Wieland).
  • Armin Strohmeyr: Sophie von La Roche. Eine Biografie. Reclam, Leipzig 2006, ISBN 3-379-00835-4.
  • Klaus Haag, Jürgen Vordestemann (Hrsg.): Meine liebe grüne Stube. Die Schriftstellerin Sophie von La Roche in ihrer Speyerer Zeit (1780–1886). Marsilius-Verlag, Speyer 2005, ISBN 3-929242-36-2.
  • Peter Pago: Der empfindsame Roman der Aufklärung. Christian Fürchtegott Gellerts „Leben der schwedischen Gräfin von G***“ und Sopie von La Roches „Geschichte des Fräuleins von Sternheim“. Eine vergleichende Untersuchung. Meidenbauer Verlag, München 2003, ISBN 3-89975-452-2 (Forum Deutsche Literatur 1).
  • Renate Feyl : Die profanen Stunden des Glücks. Roman. Wilhelm Heyne Verlag München 1998, ISBN 3-453-13128-2 (Copyright Kiepenheuer & Witsch, Köln 1996).
  • Helen Mary Lowry: „Reisen, sollte ich reisen! England sehen!“ A study in eighteenth-century travel accounts. Sophie von La Roche, Johanna Schopenhauer and others. Dissertation. Queen’s University, Kingston Ontario 1998 (Volltext, PDF).
  • Hanns-Peter Mederer: Romanschriftstellerin Sophie von La Roche - eine Tochter Kaufbeurens. In: Das schöne Allgäu. 9, 1993, ZDB-ID 1356928-4, S. 40–42.
  • Ingrid Wiede-Behrendt: Lehrerin des Schönen, Wahren, Guten. Literatur und Frauenbildung im ausgehenden 18. Jh. am Beispiel Sophie von La Roche. Lang, Frankfurt am Main u. a. 1987, ISBN 3-8204-0961-0 (Europäische Hochschulschriften 1, 997), (Zugleich: Bochum, Univ., Diss., 1986/87).

Quellen

  1. Literarische Soiree „Sophie von La Roche gibt sich die Ehre“
  2. Kurzbiografie Sophie von La Roche von Rebecca Holcomb

Weblinks

 Wikisource: Sophie von La Roche – Quellen und Volltexte
 Commons: Sophie von La Roche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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