Sowjetisches Ehrenmal (Treptower Park)

Sowjetisches Ehrenmal (Treptower Park)
Statue mit Kind und zerbrochenem Hakenkreuz

Das Sowjetische Ehrenmal im Treptower Park (auch Treptower Ehrenmal) ist eine Gedenkstätte im Treptower Park in Berlin. Die im Mai 1949 fertiggestellte Anlage wurde im Auftrag der sowjetischen Truppen errichtet, um die im Zweiten Weltkrieg gefallenen Soldaten der Roten Armee zu ehren.

Inhaltsverzeichnis

Sowjetische Ehrenmale in Berlin

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden von der Roten Armee im Stadtgebiet von Berlin drei sowjetische Ehrenmale angelegt. Sie sollten an die getöteten Rotarmisten erinnern, insbesondere an die etwa 80.000 sowjetischen Soldaten, die bei der Eroberung Berlins gefallen waren. Diese Ehrenmale sind nicht nur Denkmale an den Sieg über Deutschland, sondern gleichzeitig auch Soldatenfriedhöfe und somit Sowjetische Kriegsgräberstätten in Deutschland. Das zentrale Ehrenmal war die Anlage im Treptower Park. Daneben entstanden das Ehrenmal in der Schönholzer Heide (Pankow) und das Ehrenmal im Tiergarten.

Baugeschichte

Zur Gestaltung der Gedenkstätte in Berlin-Treptow wurde von der sowjetischen Kommandantur ein Wettbewerb ausgelobt, zu dem 33 Entwürfe eingingen. Ab Juni 1946 wurde der von einem sowjetischen „Schöpferkollektiv“ stammende Vorschlag umgesetzt, dem der Architekt Jakow S. Belopolski, der Bildhauer Jewgeni Wutschetitsch, der Maler Alexander A. Gorpenko und die Ingenieurin Sarra S. Walerius vorstanden. Außer Skulpturen und Reliefs kamen auch Flammenschalen mit 2,50 m Durchmesser zur Ausführung, die 1948 von der Kunstgießerei Lauchhammer hergestellt wurden.[1] Die Gedenkstätte entstand an Stelle einer dort vorhanden gewesenen großen Spiel- und Sportwiese und wurde im Mai 1949 vollendet.

Im Oktober 2003 wurde die Statue des Rotarmisten in einer Werkstatt auf Rügen restauriert, mit einem Schiff nach Berlin zurückgebracht und steht seit dem 4. Mai 2004 wieder auf ihrem Sockel.

Geschichte

Kranzniederlegung durch Leninpioniere, Komsomolzen und Thälmannpioniere, Juli 1989.
Protestdemonstration von rund 250.000 Berliner Bürgern gegen Neonazis, Januar 1990.

Bei der Einweihung des Sowjetischen Ehrenmals im Treptower Park am 8. Mai 1949, dem 4. Jahrestag des Kriegsendes, war Otto Grotewohl, einer der beiden Vorsitzenden der SED und spätere Ministerpräsident der noch im selben Jahr gegründeten DDR, Leiter der deutschen Delegation. Er beendete seine Rede mit den Worten:

„Wir danken der ruhmreichen Sowjetarmee, die uns von der Geißel der Menschheit, dem Faschismus, befreit hat. Das Gelöbnis von Millionen Proletariern lautet in dieser Stunde: für Demokratie, Frieden und Sozialismus zu kämpfen.“

1985, zum 40. Jahrestag des Kriegsendes, veranstalteten die Vertreter der Jugendbewegung der DDR einen Fackelzug am Treptower Ehrenmal. Dort leisteten sie stellvertretend den „Schwur der Jugend der DDR“.

In der Zeit der Wende beschmierten am 28. Dezember 1989 Unbekannte die Steinsarkophage und den Sockel der Krypta mit antisowjetischen Parolen. Die PDS vermutete, dass der oder die Täter aus der rechtsextremen Szene kämen, und veranstaltete am 3. Januar 1990 eine Massendemonstration, an der sich 250.000 Bürger der DDR beteiligten. Die Partei knüpfte damit an den weiterhin als positiv empfundenen Antifaschismus ihrer Vorgängerpartei an und versuchte dadurch, auch in den Umbrüchen der Wende eine Führungsrolle im Staat zu beanspruchen.[2] Parteivorsitzender Gregor Gysi forderte bei dieser Gelegenheit einen „Verfassungsschutz“ für die DDR. Damit bezog er sich auf die Diskussion, ob man das Amt für Nationale Sicherheit, die Nachfolgeorganisation der Stasi, umorganisieren oder abwickeln sollte. Der Historiker Stefan Wolle hält es deshalb für möglich, dass hinter den Schmiereien Stasi-Mitarbeiter steckten, die um ihre Posten fürchteten.[3]

Die Sowjetischen Kriegerdenkmale waren ein wichtiger Verhandlungspunkt der russischen Seite für die Zwei-plus-Vier-Verträge zur Deutschen Wiedervereinigung. Die Bundesrepublik verpflichtete sich, ihren Bestand dauerhaft zu gewährleisten, sie zu unterhalten und zu reparieren. Jedwede Veränderungen der Denkmale bedürfen dabei der Zustimmung der russischen Föderation.

1994 wurde das militärische Zeremoniell zum Abzug der russischen Truppen aus der DDR am Sowjetischen Ehrenmal abgehalten. Nach einem Festakt im Schauspielhaus am Gendarmenmarkt waren am 31. August 1994 1000 russische und 600 deutsche Soldaten zum gemeinsamen Totengedenken angetreten. Sie lieferten den Rahmen für die von kurzen Ansprachen begleiteten Kranzniederlegungen durch Bundeskanzler Helmut Kohl und Präsident Boris Jelzin.

Seit dem Jahr 1995 findet alljährlich am 9. Mai eine Gedenkkundgebung am Ehrenmal mit Blumen- und Kranzniederlegungen statt, welche u.a. durch den "Bund der Antifaschisten Treptow e.V." organisiert wird. Die Veranstaltung steht unter dem Motto "Tag der Befreiung" und korrespondiert mit dem Tag des Sieges, dem russischen Feiertag. In der Nacht vom 8. Mai auf den 9. Mai 1945 wurde in Berlin-Karlshorst eine letztendliche bedingungslose Kapitulation durch führende deutsche Militärs und Alliierte unterschrieben.

Die Anlage

Hügel mit Pavillon und Statue
Hauptachse des Ehrenmals
Gesamtansicht vom Hügel

Man betritt das Treptower Ehrenmal, von der Puschkinallee kommend, durch einen Triumphbogen aus grauem Granit. Eine Inschrift auf diesem ehrt die Soldaten, „die für Freiheit und Unabhängigkeit der sozialistischen Heimat gefallen sind“. Dem Weg folgend gelangt man auf eine Art Vorplatz mit einer drei Meter hohen Frauenstatue, einer Allegorie der um ihre gefallenen Söhne trauernden „Mutter Heimat“. Von hier aus eröffnet sich dann die Sichtachse auf das Hauptmonument.

Ein breit angelegter, leicht ansteigender und von Hänge-Birken gesäumter Weg führt entlang der Zentralachse zum Hauptfeld der Anlage. Dieses ist markiert durch zwei große, stilisierte Fahnen aus rotem Granit, die sich auf beiden Seiten dem Weg zuneigen. An ihrer Stirnseite befindet sich jeweils die Skulptur eines knienden Soldaten in voller Montur und mit einer Maschinenpistole bewaffnet. Auf der linken Seite ist es ein älterer, auf der rechten ein junger Soldat.

Von hier führen einige Treppen zum symbolischen Gräberfeld hinunter, das das Zentrum der Anlage bildet. Diese mit Gras und kleinen Hecken begrünten Gräber sind durch fünf quadratische Steinplatten mit je einem Lorbeerkranz markiert (die wirklichen Grablegen finden sich jedoch eher an den Seiten der Anlage unter den Platanen und unter dem Grabhügel).

16 weiße Marmorsarkophage stehen entlang der äußeren Begrenzung dieses Feldes. Sie sind auf den beiden Längsseiten mit Reliefs aus der Geschichte des Vaterländischen Krieges der Sowjetvölker versehen und tragen auf der dem zentralen Feld zugewandten Schmalseite Zitate von Josef Stalin, auf russisch auf der linken (nördlichen) und in der deutschen Übertragung auf der rechten (südlichen) Seite der Anlage. Die einzelnen Sarkophage stehen jeweils unter bestimmten Themen: Angriff der Deutschen, Zerstörung und Leiden in der Sowjetunion, Opfer und Verzicht des sowjetischen Volkes und Unterstützung der Armee, Heldenhafte Armee, Heldenhafter Kampf der Armee, Opfer und Leid der Armee, Sieg, Heldentod.

Die letzten beiden dem heldenhaften Sterben gewidmeten Sarkophage stehen in einer Linie mit dem zentralen Ort der Anlage, einem künstlich angelegten Grabhügel. Dieser wird von der auf einem doppelten konischen Sockel stehenden Skulptur „Der Befreier“ von Jewgeni Wutschetitsch dominiert. Die Figur stellt einen Soldaten dar, der in der rechten Hand ein Schwert und auf dem linken Arm schützend ein Kind trägt; ein Hakenkreuz zerbirst gerade unter seinen Stiefeln. Die Skulptur ist 12 Meter hoch und 70 Tonnen schwer. Das Kind soll dabei das unschuldige Volk darstellen, das nun in den Armen des Retters einer besseren Zukunft entgegensehen kann.

Die Statue erhebt sich über einem begehbaren Pavillon, der auf einem Hügel errichtet wurde. In der Kuppel des Pavillons befindet sich ein Mosaik mit einer umlaufenden russischen Inschrift und einer deutschen, allerdings fehlerhaften, Übersetzung. Dieses Mosaik war einer der ersten bedeutenden Aufträge in der Nachkriegszeit für die Firma August Wagner, vereinigte Werkstätten für Mosaik und Glasmalerei in Berlin-Neukölln.[4] Der Hügel mit dem Pavillon ist einem „Kurgan“ (mittelalterlichen, slawischen Gräbern der Don-Ebene) nachempfunden. Solche Kurgane kommen öfter in den sowjetischen Gedenkanlagen vor: so in Odessa, Donezk, Smolensk, Kiew, Minsk und in Wolgograd. Im Treptower Park bildet der Hügel samt Pavillon und Statue mit 30 Metern Höhe den alles überragenden Endpunkt der 10 Hektar großen Anlage.

Der Bildhauer selbst hat in mehreren Interviews[5] betont, die Darstellung des Soldaten mit einem geretteten Kind habe eine rein symbolische Bedeutung und es würde sich dabei nicht um einen präzisen Vorfall handeln. Allerdings fand in der DDR die Erzählung vom Sergeanten Nikolaj Iwanowitsch Massalow (1921-2001), der am 30. April 1945 beim Sturm auf die Reichskanzlei ein kleines Mädchen in der Nähe der Potsdamer Brücke in Sicherheit gebracht hatte, weite Verbreitung. Ihm zu Ehren wurde an dieser Brücke über den Landwehrkanal eine Gedenktafel angebracht. Er galt auch lange Zeit als Vorbild des „Treptower Soldaten“. Modell für die Bronzefigur stand jedoch der sowjetische Soldat Iwan Odartschenko.

Eine weitere Version besagt, dass das Monument der Heldentat des Sowjetsoldaten und früheren Arbeiters des Minsker Radiowerkes (Weißrussland) T. A. Lukjanowitsch nachempfunden ist, der die Rettung eines kleinen Mädchens in Berlin mit seinem Leben bezahlt hat. Quelle für diese Version ist das Buch Berlin 896 km des sowjetischen Journalisten und Schriftstellers Boris Polewoi.

Auf der Anlage befinden sich die Gräber von über 7.000 sowjetischen Soldaten.

Galerie

Weblinks

 Commons: Sowjetisches Ehrenmal im Treptower Park – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Quellen und Einzelnachweise

  1. Referenzliste der Kunstgießerei Lauchhammer, hier: 1948
  2. Tim Peters, Der Antifaschismus der PDS aus antiextremistischer Sicht. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2006, ISBN 3-531-14775-7, S. 60.
  3. Stefan Wolle: Die heile Welt der Diktatur. Alltag und Herrschaft in der DDR. 1971–1989. Bundeszentrale für Politische Bildung, Bonn 1998, ISBN 3-89331-297-8, S. 333 (Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung. 349).
  4. Annemarie Richter: Gottfried Heinersdorff (1883–1941), ein Reformer der deutschen Glasbildkunst. Dissertation TU Berlin, 1983 S. 134.
  5. Beispielsweise in der Berliner Zeitung vom 14. September 1966.
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