Sphenische Zahl

Sphenische Zahl

Als Sphenische Zahlen (altgr. σφήν sphén „Keil“) werden in der mathematischen Zahlentheorie die natürlichen Zahlen bezeichnet, die das Produkt genau dreier verschiedener Primzahlen sind. So ist beispielsweise die Zahl 30 eine sphenische Zahl, da sie (Primfaktorzerlegung) durch ein Produkt aus den Primzahlen 2, 3 und 5 dargestellt werden kann. 60 hingegen ist keine sphenische Zahl: Zwar lässt sich auch diese durch das Produkt genau dreier Primzahlen darstellen (60 = 22⋅3⋅5), doch tritt die 2 in der Primfaktorzerlegung doppelt auf. Die sphenischen Zahlen sind also Fastprimzahlen der Ordnung 3.

In der Oeconomischen Enzyklopädie von Johann Georg Krünitz aus dem späten 18. und frühen 19. Jahrhundert wird eine sphenische Zahl definiert als

[…] eine Körperzahl, welche drei ungleiche Seiten hat, z. B. vier und zwanzig, deren Seiten zwei, drei und vier sind.[1]

also eine Zahl, die als Produkt dreier verschiedener ganzer Zahlen dargestellt werden kann, die aber keine Primzahlen sein müssen (im gegebenen Beispiel 24 = 2⋅3⋅4 sind 2 und 3 zwar Primzahlen, die 4 jedoch nicht).

Alle sphenischen Zahlen n = pqr (p < q < r) besitzen genau 8 Teiler (nämlich 1, p, q, r, pq, pr, qr und pqr). Allgemein gilt: Wenn n quadratfrei und Produkt von k Primzahlen ist, dann hat n genau 2k Teiler (1 und n mitgerechnet). Sphenische Zahlen sind per definitionem quadratfrei (haben also 23 Teiler). Die Möbiusfunktion ergibt für jede sphenische Zahl -1. Eine berühmte sphenische Zahl ist die Hardy-Ramanujan-Zahl 1729 = 7 \cdot13\cdot19. Die sphenische Zahl 1001 = 7\cdot11\cdot13 nützt gelegentlich bei Teilbarkeitsüberlegungen.

Die ersten sphenischen Zahlen lauten: 30, 42, 66, 70, 78, 102, 105, 110, 114, 130, 138, 154, 165, …[2]

Die derzeit (2009) größte bekannte sphenische Zahl ist (2^{32.582.657}-1) \cdot (2^{37.156.667}-1) \cdot (2^{43.112.609}-1), das Produkt der drei größten bekannten Primzahlen.

Inhaltsverzeichnis

Unvollkommenheit

Die Summe aller Teiler, einschließlich 1 und n, beträgt s = (p+1)(q+1)(r+1). Sphenische Zahlen sind nicht vollkommen, denn andernfalls wäre s = 2pqr. Die linke Seite von (p+1)(q+1)(r+1) = 2pqr ist durch 4 teilbar (denn q+1 und r+1 sind gerade), deshalb teilt 4 auch die rechte Seite, so dass p = 2 sein muss (wegen p < q < r). Daher teilt 2 + 1 = 3 die linke, und dann auch die rechte Seite, woraus q = 3 folgt. s = 2pqr reduziert sich deshalb auf die widersprüchliche Gleichung 12(r+1) = 12r.

Alle ungeraden sphenischen Zahlen sind defizient, weil

\frac{(p+1)}{p} \cdot \frac{(q+1)}{q} \cdot \frac{(r+1)}{r} \leq \frac{4}{3} \cdot \frac{6}{5} \cdot \frac{8}{7} < 2

also (p+1)(q+1)(r+1) < 2pqr. Unter den geraden sphenischen Zahlen sind nur 2\cdot3\cdotr (mit beliebigem Primfaktor r > 3) und 2\cdot5\cdot7 = 70 abundant (alle anderen defizient). Sphenische Zahlen der Form 2\cdot3\cdotr sind pseudo-vollkommen (siehe vollkommene Zahl), weil sie sich als Summe wenigstens einiger Teiler (nämlich r, 2r, 3r) darstellen lassen. 70 ist die einzige merkwürdige (d.h. abundante, aber nicht pseudo-vollkommene) sphenische Zahl.

Die Formel für die Summe aller Teiler quadratfreier Zahlen ist verallgemeinerungsfähig (Beweis z.B. mit vollständiger Induktion über k). Die pi seien verschiedene Primzahlen. Für

n = \prod_{i=1}^k p_i

gilt

s = \prod_{i=1}^k (p_i+1).

Daraus folgt, dass n auch für k > 3 nicht vollkommen ist (der indirekte Beweis oben lässt sich mühelos auf den allgemeinen Fall ausdehnen). Also: Alle quadratfreien Zahlen mit wenigstens drei Primfaktoren sind nicht vollkommen (6 dagegen, eine quadratfreie Zahl mit nur zwei Primfaktoren, ist durchaus vollkommen).

Zwillingszahlen

Die Zahlen 230 (2⋅5⋅23) und 231 (3⋅7⋅11) bilden das erste Paar zweier direkt aufeinanderfolgender sphenischer Zahlen; man nennt ein solches Zahlenpaar sphenische Zwillingszahlen.

Für sphenische Zwillingszahlen abc < pqr gilt pq\cdotr – ab\cdotc = 1. r und c sind also Primzahl-Lösungen der diophantischen Gleichung pq\cdotx – ab\cdoty = 1. Nach einem Satz der elementaren Zahlentheorie haben alle Lösungen die Form x = u+ab\cdoth und y = v+pq\cdoth, dabei sind u und v positive Minimallösungen und h ist eine ganz Zahl. Auf der Suche nach Zwillingen braucht man zu verschiedenen Primzahlen a, b, p, q nur ein h zu bestimmen, so dass x und y Primzahlen werden. Ein Beispiel 2\cdot7\cdotx – 3\cdot5\cdoty = 1 oder vereinfacht 14x–15y = 1. Alle Lösungen haben die Form x = 14+15\cdoth und y = 13+14\cdoth. Für h = 5 sind x und y Primzahlen (nämlich 89 und 83), so dass 3\cdot5\cdot83 = 1245 und 2\cdot7\cdot89 = 1246 sphenische Zwillingszahlen ergeben. Auch für h = 9, 11, 15 und 29 findet man Primzahl-Lösungen und infolgedessen sphenische Zwillinge (z.B. 6285 und 6286 für h = 29).

Drillingszahlen

Das erste Triplett von aufeinanderfolgenden sphenischen Zahlen bilden 1309 (7⋅11⋅17), 1310 (2⋅5⋅131) und 1311 (3⋅19⋅23). Bei solchen sphenischen Drillingszahlen hat die mittlere notwendig den Faktor 2 (nicht die beiden äußeren, weil von zwei benachbarten geraden Zahlen eine durch 4 teilbar ist). Eine Folge von vier oder mehr direkt aufeinanderfolgenden sphenischen Zahlen gibt es nicht, da jede vierte ganze Zahl durch 4 teilbar und somit nicht quadratfrei ist.

Die Suche nach Drillingen soll an zwei Beispielen erläutert werden.

1. Beispiel: Die beiden diophantischen Gleichungen 2\cdot17\cdotx – 3\cdot11\cdoty = 1 und 5\cdot7\cdots – 2\cdot17\cdott = 1 haben die Lösungen x = 1+33\cdoth und y = 1+34\cdoth bzw. s = 1+34\cdotk und t = 1+35\cdotk (h und k ganze Zahlen). Damit die beiden Lösungen Drillingszahlen ergeben, muss x = t, also 33\cdoth = 35\cdotk. Lösungen dieser speziellen diophantischen Gleichung sind h = 35\cdotj und k = 33\cdotj (j ganze Zahl). Deshalb gilt: x = 1+1155\cdotj, y = 1+1190\cdotj, s = 1+1122\cdotj (und t = x nach Konstruktion). x, y und s sind Primzahlen für j = 44 (nämlich 50821, 52361 und 49369).[3] Also bilden die Zahlen 3\cdot11\cdot52361 = 1727913, 2\cdot17\cdot50821 = 1727914 und 5\cdot7\cdot49369 = 1727915 sphenische Drillinge.

2. Beispiel: 2\cdot5\cdotx – 7\cdot11\cdoty = 1 und 3\cdot19\cdots – 2\cdot5\cdott = 1 oder ausgerechnet: 10x–77y = 1 und 57s–10t = 1. Die Lösungsmenge lässt sich beschreiben durch x = 54+77h, y = 7+10h, s = 3+10k, t = 17+57k (h und k ganze Zahlen). Aus der Bedingung x = t folgt eine dritte diophantische Gleichung: 57k–77h = 37. Ihre Lösungen sind h = 1+57j und k = 2+77j (j ganze Zahl). Wenn man sie in die Formeln für x, y und s einsetzt, erhält man x = 131+4389j, y = 17+570j und s = 23+770j (t = x nach Konstruktion). Damit sphenische Drillingszahlen entstehen, müssen x, y und s Primzahlen sein. Das ist für j = 0 bereits der Fall (man erhält das bekannte Triplett 1309, 1310, 1311). Auch j = 10 erzeugt Primzahlen (x = 44021, y = 5717 und s = 7723). Das zugehörige Triplett lautet: 440209, 440210, 440211.

Drillinge sind selten. Trotzdem liegt die Vermutung nahe, dass man beliebig viele konstruieren kann. Aber der Beweis, dass es unendlich viele Drillinge gibt, dürfte schwer sein. Auch der Satz von Lejeune Dirichlet hilft nicht weiter, denn er besagt nur, dass in jeder Folge x = 131+4389j usw. je für sich unendlich viele Primzahlen existieren, gefordert ist aber für alle drei Folgen jeweils dasselbe j.

Quellen

  1. Oeconomische Encyclopädie online
  2. Folge A007304 in OEIS
  3. Das lässt sich z.B. mit dem Primzahltester nachweisen

Weblinks


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