St. Johannis (Harvestehude)

St. Johannis (Harvestehude)
Kirchturm St. Johannis

Die St.-Johannis-Kirche, in Hamburg-Harvestehude gegründet und heute im Stadtteil Rotherbaum nahe der Straße Mittelweg gelegen, ist eine evangelisch-lutherische Kirche. Sie wurde 1880 bis 1882 im Stil der Neugotik erbaut. Sie ist in Architektur und künstlerischer Ausstattung weitgehend original erhalten (bzw. restauriert). Die Kirche zählt deshalb zu den eindrucksvollsten Hamburger Denkmälern des späten 19. Jahrhunderts und findet auch über die Stadt hinaus Beachtung.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die nach Osten und Norden gelegenen Vororte Hamburgs, also westlich bis nördlich der Außenalster Rotherbaum, Harvestehude, Eimsbüttel, Eppendorf, Winterhude und Uhlenhorst, entwickelten sich nach der Aufhebung der Torsperre 1860 stürmisch. Die wachsenden Vororte wurden von den Pfarreien in St. Georg, der Landgemeinde Moorfleet bzw. den Kirchspielen Eppendorf versorgt, wofür die dortigen Kirchen zu klein waren. Daher wurden um 1880 herum in kurzer Zeit eine Reihe von Vorortkirchen gebaut. St. Johannis in Harvestehude war eine der erste dieser Neubauten, es folgten die von Johannes Otzen entworfenen Kirchen St. Petri in Altona (1883), die Christuskirche in Eimsbüttel (1884) sowie St. Gertrud in Uhlenhorst (1886). Otzen und Hauers waren Schüler von Conrad Wilhelm Hase, womit der Kirchenneubau in Hamburg in der Zeit vom Stil der „Hannoverschen Schule“ mit Backsteinrohbau und den daraus resultierenden konstruktiven und stilistischen Elementen geprägt war.[1]

Die Kirchengemeinde St. Johannis-Harvestehude wurde zum 27. Januar 1879 gegründet. Der erste Kirchenvorstand unter Vorsitz des Senators und späteren Bürgermeisters Dr. Mönckeberg wählte aus sieben Vorschlägen den Entwurf des Architekten Wilhelm Hauers zur Realisierung aus. Da ein „provisorisches Comité für die Erbauung einer Kirche vor dem Dammthor“ bereits Grundstücksfragen mit der Stadt geklärt hatte und Kapital zur Verfügung stellen konnte, war es möglich, die Bauarbeiten zügig in den Jahren 1880 bis 1882 durchzuführen.

St. Johannis war eine der wenigen Kirchen Hamburgs, die den Zweiten Weltkrieg unbeschädigt überstanden. In den 1970er Jahren entwickelte sich die Kirche unter Organist, später Kirchenmusikdirektor Claus Bantzer zu einem Zentrum des Kirchenmusiklebens in Hamburg.

Architektur und Ausstattung

Der Architekt Hauers entwarf die Kirche ganz im Geiste des „Eisenacher Regulativs“ von 1861. Das Ergebnis ist eine fast bis ins letzte Detail geschlossene Komposition neugotischen Kunstempfindens. Dazu gehören unter anderem die Kirchenbänke, Stühle, Lesepulte, der Orgelprospekt, der Terrazzo-Fußboden und die Deckengemälde. Die St.-Johannis-Kirche ist eines der am besten erhaltenen Hamburger Baudenkmäler dieser Epoche. In der Geschlossenheit der Konzeption nimmt sie unter den neugotischen Gotteshäusern in Deutschland eine besondere Stellung ein.

Altar

Altar in St. Johannis-Harvestehude

In dieser Kirche ist alles auf die Christus-Darstellungen und den holzgeschnitzten vergoldeten Altar ausgerichtet. Der Altar, eine Arbeit des Hamburger Bildhauers Fritz Neubers (1837-1889), zeigt Christus gleich dreimal:

  • in der Nachgestaltung des Heiligen Abendmahls von Leonardo da Vinci mit dem Untertitel „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch Ruhe geben“ (Matthäus-Evangelium 11,28),
  • über dem Abendmahlsbild die Nachbildung einer Kreuzigungsgruppe des berühmten Holzschnitzers Tilman Riemenschneider, umgeben von einer Mandorla,
  • am Giebel des Altars die Darstellung des auferstandenen und erhöhten Christus.

Im Kirchenfenster oberhalb des Altars erscheint Christus als himmlischer Herrscher. Er trägt eine rote Toga und hält die Schlüssel in seiner linken und das Buch des Lebens in seiner rechten Hand.

Glasmalerei

Kirchenfenster in St. Johannis-Harvestehude Taufdarstellung

Die Entwürfe für die in einer Innsbrucker Werkstatt erstellten Glasfenster stammen aus dem Kreis des bekannten „Nazareners“ Julius Schnorr von Carolsfeld. Sie leuchten heute noch so schön und klar wie vor 100 Jahren. Das liegt daran, dass schon bei der Erbauung der Kirche die Glasfenster durch außen angebrachte Klarsichtscheiben vor Witterungseinflüssen und Verschmutzung geschützt wurden. Die Glasmalereien zeigen einen zusammenhängenden Zyklus aus der biblischen Geschichte. Vom Haupteingang links beginnend drei Darstellungen aus dem Alten Testament, in der Vierung das Weihnachtsfenster, im Chor Bilder Christi, in der Vierung gegenüber dem Weihnachtsfenster das Pfingstfenster und schließlich drei weitere Fenster mit Motiven aus dem Neuen Testament rechts vom Haupteingang.

Typisch ist die Ausrichtung der alttestamentlichen Bilder nach Norden, die Ausrichtung der neutestamentlichen Bilder nach Süden, die mit der damaligen geringeren Stellung des Alten Testaments gegenüber dem Neuen Testament zusammenhängt. Dabei ist besonders, wie die Bilder des Alten Testaments und des Neuen Testaments paarweise korrespondieren.

Orgel

Aus der Zeit der Erbauung der Kirche stammt auch der Grundstock der Orgel. 1882 errichtete die Firma Marcussen & Søn aus Apenrade (Abenrå, Dänemark) ein zweimanualiges Werk mit 27 klingenden Stimmen. Die Orgel erfuhr mehrere Umbauten und erhielt ihre letzte endgültige Gestalt 1933 durch die Firma P. Furtwängler & Hammer aus Hannover. Das nunmehr dreimanualige Instrument mit 55 Registern und 3494 Pfeifen (III+P/55) war seitdem ununterbrochen in Benutzung.

Orgel in St. Johannis-Harvestehude Hamburg

Nach dem Zweiten Weltkrieg war sie die einzige in Hamburg erhaltene spielbare Konzert-Kirchenorgel. In den 1970er Jahren wurde die Orgel gründlich gereinigt und renoviert. Außerdem wurde von der Firma Willi Peter in Köln im Jahr 1974 ein neuer Spieltisch angefertigt, bei dem moderne Elektronik zum Einsatz kam. Dank dieses Spieltisches eignet sich die Orgel nun für sämtliche Orgelliteratur, vom Vorbarock bis zur Moderne und besonders gut auch für die Improvisation.

Literatur

  • Lorenz Gösta Beutin, Heike Nowicki: Archiv der Kirchengemeinde St. Johannis-Harvestehude. Archiv des Kirchenkreises Alt-Hamburg, Hamburg 2007.

Weblinks

 Commons: St. Johannis-Kirche (Hamburg-Harvestehude) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Sabine Behrens: Norddeutsche Kirchenbauten des Historismus: die Sakralarchitektur Hugo Groothoffs, 1851-1918. Ludwig, Kiel 2006, ISBN 978-3-933598-97-4 , S. 192.
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