Stadtpfarrkirche Maria Himmelfahrt (Baden)

Stadtpfarrkirche Maria Himmelfahrt (Baden)
Stadtpfarrkirche Maria Himmelfahrt

Die Stadtpfarrkirche Maria Himmelfahrt ist die römisch-katholische Pfarrkirche in Baden in der Schweiz. Sie befindet sich im Zentrum der Altstadt am Rande einer Geländeterrasse, die zur Limmat hin abfällt. In ihrer heutigen Form basiert sie auf den im 15. Jahrhundert errichteten gotischen Kirchenbau, die Geschichte der Pfarrei reicht jedoch bis ins frühe Mittelalter zurück. Am südlichen Abhang der Terrasse steht die Sebastianskapelle, die früher als Beinhaus diente. Ein Teil des umgebenden Geländes wurde bis 1820 als Friedhof genutzt.[1]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Kirche von vorne gesehen

Der erste Vorgängerbau der heutigen Kirche entstand in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhundert.[2] Er stammt aus karolingischer Zeit und wurde bei Ausgrabungen 1967/68 untersucht. Die Kirche war im Rechteck mit Massen von 26,4 auf 11,2 Metern angelegt. Im 12. Jahrhundert entstand an derselben Stelle eine romanische Kirche, deren Südwand um ungefähr einen Meter versetzt war und die an der Ostseite durch eine halbkreisförmige Apsis abgeschlossen war. Bereits im 14. Jahrhundert ist Maria als Patronin der Kirche nachweisbar. Seit 1650, als Papst Innozenz X. der Kirche die Gebeine des Katakombenheiligen Damian schenkte, ist dieser der zweite Kirchenpatron.[3]

Urkundlich wird die Existenz einer Pfarrei in Baden erstmals im Jahr 1241 nachweisbar, mehr als 50 Jahre vor der formellen Stadtgründung. Herzog Friedrich von Habsburg übertrug die Kirche 1406 dem Kloster Wettingen, als Entschädigung für die beim Guglerkrieg von 1375 und beim Sempacherkrieg von 1386 erlittenen Verluste. Die Folge waren häufige Streitigkeiten zwischen der Stadt und dem neuen Kollator; insbesondere bei Priestervakanzen versuchte die Stadt, ihren Einfluss auszudehnen.[4]

Vom 19. Mai bis zum 8. Juni 1526 fand in der Stadtpfarrkirche die Badener Disputation zwischen Johannes Eck und Johannes Oekolampad statt. Es handelte sich um die erste Disputation der zwinglianischen Reformation ausserhalb von Zürich. Vier der Dreizehn Alten Orte entschieden sich für den neuen Glauben, was das Ende der konfessionellen Einheit der Eidgenossenschaft bedeutete. Die Stadt blieb katholisch, vor allem weil sie ihren Status als Tagsatzungs- und Kurort nicht gefährden wollte.[5]

1624 gründete die Stadt ein der Kirche angeschlossenes Chorherrenstift. Nach der Aufhebung des Klosters Wettingen im Jahr 1841 (siehe Aargauer Klosterstreit) fiel das Kirchenvermögen zunächst an den Kanton Aargau, vier Jahre später an die Stadt. Während des Kulturkampfs wurde das Chorherrenstift 1875 aufgehoben.[6]

Architektur und Einrichtung

Der Kirchenbau

Grabplatte an der südlichen Aussenmauer

Die heutige Pfarrkirche wurde als dreischiffige gotische Kirche in den Jahren 1457–1460 erbaut, unter der Leitung der Werkmeister Hans Murer und Cunrat Zobrist. Die frühere Mauritiuskapelle verlor ihre eigenständige Funktion als Sakralraum und wurde zur Sakristei umgebaut. Der Bau des Kirchturms verzögerte sich um mehrere Jahrzehnte und konnte erst 1489–1493 durch Martin Grülich ausgeführt werden.[7]

Das Mittelschiff behielt die Breite der bisherigen Kirche und wurde um die beiden Seitenschiffe erweitert. Die Westseite verlängerte man um viereinhalb Meter. Der Chor und die untersten drei Geschosse des Turmes sind älter und gehen auf das 14. Jahrhundert zurück. Eine Gesamtrenovation erfolgte im Jahr 1884, eine umfassende Innenrenovation 1967/68.[8]

An der Aussenmauer der Westfassade wurde 1937 ein vom Zürcher Künstler Paul Bodmer entworfenes Mosaik angebracht, das die Himmelfahrt Mariens zeigt. Ein Relief des heiligen Christophorus des Badener Künstlers Walter Squarise schmückt das Chorhaupt und 1951 folgte, vom selben Künstler, der lehrende Jesus auf dem nördlichen Seitenschiff. Seit den 1930er Jahren finden sich an der Aussenmauer des südlichen Seitenschiffs Grabplatten aus dem ehemaligen Beinhaus.

Der Turm und die Glocken

Der Turm der Stadtkirche ist 52 Meter hoch, womit er nur nach dem rund vier Meter höheren Stadtturm das zweithöchste Gebäude der Altstadt ist. Abgeschlossen wird er von einem spitzen Turmhelm, der mit farbigen Ziegeln gedeckt ist. Er wurde in der letzten Bauphase der Kirche (1490) gestaltet. Im Turm hängen sechs Glocken, die im Jahr 1926 von der Firma H. Rüetschi in Aarau gegossen wurden.

Das Kircheninnere

Innenansicht der Stadtpfarrkirche

Das Innere der Kirche ist im Laufe der Zeit einige Male verändert worden. Zwischen 1612 und 1617 wurden barocke Hochaltarblätter und Passionsbilder und zwischen 1696 und 1698 Stuckaturen und Prophetenbilder ergänzt. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts erfolgte eine klassizistische Umgestaltung der Stuckdecke, von Altären und Kanzel. Heute ist der Innenraum der Kirche, aufgrund der klar verglasten Fenster der Seitenschiffe und der weissen Wände, hell. Die Decke der Seitenschiffe ist im Vergleich zum Mittelschiff niedrig. Letzteres wird von achteckigen Pfeilern getragen. Auf der Westseite des Mittelschiffs findet sich eine Empore mit der Orgel.

Im Gewölbe über der Sakristei befindet sich das Kirchenschatzmuseum. Das Museum, das nur auf Voranmeldung besucht werden kann, stellt liturgische Gefässe, Geräte, Reliquiare und Gewänder aus, die zum Teil mehrere hundert Jahre alt sind.[9]

Sebastianskapelle

Sebastianskapelle
Ansicht vom Schartenfels

1481 liess die Stadt am Terrassenabhang unmittelbar südlich der Kirche ein teilweise unterirdisches Beinhaus errichten. Darüber entstand im ersten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts eine Kapelle. Den 1509 abgeschlossenen Bau finanziert hatte Stadtschreiber Ulrich Dösch, ausführender Werkmeister war Hans Murer. Die Kapellenweihe nahm Balthasar Brennwald vor, Weihbischof des Bistums Konstanz.[10] Beim Gebäude handelt es sich um eine schlichte gotische Kapelle mit Satteldach und Dachreiter. Die massive Wand des Beinhauses weist talseitig einen Wehrgang auf, der Teil der früheren Stadtbefestigung war.[11]

Literatur

  • Peter Hoegger; Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte (Hrsg.): Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau. Band VI, Bezirk Baden I, Birkhäuser Verlag, Basel 1976, ISBN 3-7643-0782-X.
  • Carmela Kuonen Ackermann: Die Stadtpfarrkirche Maria Himmelfahrt und die Sebastianskapelle in Baden, Schweizerischer Kunstführer des GSK, ISBN 3-85782-703-3
  • Otto Mittler: Geschichte der Stadt Baden. Band I: Von der frühesten Zeit bis um 1650, Sauerländer, Aarau 1962.

Weblinks

 Commons: Stadtpfarrkirche Maria Himmelfahrt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hoegger, S. 104
  2. Ackermann, S. 5
  3. Ackermann, S. 6
  4. Hoegger, S. 92
  5. Mittler, S. 295–310
  6. Hoegger, S. 92–93
  7. Hoegger, S. 97
  8. Hoegger, S. 101–102
  9. Kirchenschatz-Museum
  10. Hoegger, S. 150
  11. Hoegger, S. 152–153
47.472588.30879

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