Stammheimer Prozess

Stammheimer Prozess
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Der Stammheim-Prozess (auch Stammheimer Prozess oder RAF-Prozess genannt) war ein Strafprozess gegen die Anführer der Rote Armee Fraktion in der ersten Generation. Angeklagt waren Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe. Ihnen wurde Mord in vier Fällen und versuchter Mord in 54 Fällen vorgeworfen.

Der Prozess fand vor dem Oberlandesgericht Stuttgart statt. Aus Sicherheitsgründen wurde für die Verhandlungen auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt Stuttgart eine fensterlose Mehrzweckhalle errichtet, die als Gerichtssaal genutzt wurde. Die Baukosten betrugen zwölf Millionen DM. Der Prozess war einer der aufwändigsten und längsten der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte. Er dauerte vom 21.Mai 1975 bis zum 28. April 1977.

Ursprünglich war auch Holger Meins angeklagt, der am 9. November 1974 in der Haftanstalt Wittlich im Verlauf eines Hungerstreiks gestorben war. Ulrike Meinhof erhängte sich am 8. Mai 1976 während des Prozessverlaufs. Die übrigen Angeklagten wurden zu dreimal lebenslanger Freiheitsstrafe wegen gemeinschaftlicher Begehung von sechs Bombenanschlägen in Tateinheit mit 34 Mordversuchen und vier Morden verurteilt. Sie entgingen ihrer Strafe ebenfalls durch Selbsttötung.

Inhaltsverzeichnis

Prozessverlauf

Die Anwälte Baaders, Klaus Croissant, Kurt Groenewold und Hans-Christian Ströbele wurden im Vorfeld der Verhandlung vom Prozess auf der Grundlage eines Sondergesetzes ausgeschlossen.[1] Ihnen wurde vorgeworfen, sie würden die Tat ihres Mandanten unterstützen. Die zu Beginn des Prozesses angeführten Einwände wurden zunächst abgelehnt. Als auch die Bundesanwaltschaft Bedenken äußerte, wurde der Prozess vertagt, so dass der am 21. Mai 1975 beginnende [2] Prozess erst am 5. Juni weitergeführt werden konnte.

Der Prozess wurde durch Hungerstreiks der Angeklagten erschwert, die damit den Prozess behindern wollten. Die Angeklagten selbst sagten, dass sie sich im „Krieg gegen den Staat“[3] befänden. Die tägliche Verhandlungszeit wurde auf wenige Stunden verkürzt. Dieser Beschluss wurde mit der Begründung aufgehoben, die Angeklagten würden die Hungerstreikaktionen lediglich durchführen, um sich für kommende Verhandlungen verhandlungsunfähig zu machen. Gutachter stützten hingegen die These, die Angeklagten wollten durch den Hungerstreik lediglich ihre Haftbedingungen verbessern.

Während der Dauer des Verfahrens wurde die zugrundeliegende Strafprozessordnung in mehreren Punkten speziell für diesen Prozess geändert.[4] So wurde zum Beispiel geregelt, dass erstmals eine Verhandlung in Abwesenheit des Angeklagten durchgeführt werden durfte, sofern dieser seine Verhandlungsunfähigkeit (z.B. durch Hungerstreik) vorsätzlich und schuldhaft selbst herbeigeführt hat (§ 231a StPO).[5] Ferner wurde die Zahl der gewählten Verteidiger auf drei beschränkt (§ 137 Abs. 1 S. 2 StPO), das Verbot der Mehrfachverteidigung eingeführt (§ 146 StPO) und der Verteidigerausschluss gesetzlich normiert (§§ 138a-d StPO) [6] Trotzdem kam es zur verfassungswidrigen Abhöraffäre von Stammheim.

Der Prozess wurde von rauen Wortgefechten begleitet. Beispiele dafür sind die Äußerungen des Wortführers der Verteidigung Otto Schily zum Vorsitzenden Richter Theodor Prinzing am 37. Verhandlungstag: „Ihre Robe wird immer kürzer und das Krokodil darunter immer sichtbarer!“ und die Äußerungen durch Rupert von Plottnitz: „Heil, Dr. Prinzing!“.[7]

Es wurden zahlreiche Befangenheitsanträge gestellt. So führte die Verteidigung beispielsweise an, der Prozess sei schon entschieden und der Grundsatz der Unschuldsvermutung gelte nicht. Hintergrund war, dass in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal bereits ein Trakt eigens für die Angeklagten gebaut wurde. Diese verfahrensrechtlichen Auseinandersetzungen hatten zur Folge, dass die Beweisaufnahme erst fünf Monate nach Eröffnung des Prozesses am 28. Oktober 1975 beginnen konnte.

Um die politische Motivation der den Angeklagten zur Last gelegten Taten zu erörtern, beantragte Otto Schily am 4. Mai 1976, den früheren US-Präsidenten Richard M. Nixon, den früheren US-Verteidigungsminister Melvin Laird, seinen damaligen Stellvertreter Daniel James und den ehemaligen Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte in Vietnam, Creighton Abrams, als Zeugen für die Frage der völkerrechtswidrigen Beurteilung des Vietnamkrieges zu laden. Ferner benannte die Verteidigung in einem weiteren Beweisantrag, die drei ehemaligen Bundeskanzler Ludwig Erhard, Kurt-Georg Kiesinger und Willy Brandt, sowie den ehemaligen Bundespräsidenten Gustav Heinemann und den ehemaligen Außenminister Walter Scheel als Zeugen zu vernehmen. Andreas Baader stellte den Antrag, Willy Brandt und Helmut Schmidt als Regierungschefs der Regierungen Brandt/Scheel und Schmidt/Genscher als Zeugen zu vernehmen. Alle diese Anträge bezogen sie auf eine behauptete völkerrechtswidrige Intervention der USA in Vietnam, die aktive Unterstützung der USA durch die Bundesrepublik und die Frage eines daraus abgeleiteten, völkerrechtlich begründeten Widerstandsrechts zur Rechtfertigung der RAF-Anschläge gegen US-Einrichtungen in Heidelberg und Frankfurt. Alle Anträge wurden als "ohne Bedeutung für die Entscheidung) abgelehnt.[8] Der von Schily gestellte 85. Befangenheitsantrag führte dazu, dass Prinzing am 25. Januar 1977 durch Eberhard Foth ersetzt wurde. Der Vorwurf an Prinzing lautete, dass er dem befreundeten Bundesrichter Albrecht Mayer, dessen Senat beim Bundesgerichtshof gleichzeitig die Beschwerde- und Revisionsinstanz für den Prozess war, unzulässigerweise Prozessunterlagen übersandt hatte, welche dieser dann seinerseits an den Chefredakteur der "Welt" weitergeleitet hatte, um den meinungsbildenden Einfluss der Spiegel-Magazins, welches negativ über einen das Verfahren betreffenden Beschluss des Bundesgerichtshofes berichtet hatte, durch eine Gegenpublikation der "Welt" auszugleichen.[9]

Kronzeugen der Anklage waren Gerhard Müller, der zusammen mit Ulrike Meinhof am 15. Juni 1972 festgenommenen wurde, und Dierk Hoff.

Den Angeklagten wurden Bankeinbrüche, Raubdelikte, Passfälschungen, Sprengstoffanschläge und vier Morde zugerechnet. Außerdem wurden sie für sechs Sprengstoffanschläge bestraft. Im einzelnen: für den Bombenanschlag auf das Hauptquartier des fünften US-Corps in Frankfurt am Main am 11. Mai 1972, den Bombenanschlag auf eine Polizeidirektion in Augsburg und das LKA in München am 12. Mai 1972, den Autobombenanschlag auf den Bundesrichter Wolfgang Buddenberg in Karlsruhe am 15. Mai 1972, den Bombenanschlag auf das Verlagshaus der Axel Springer AG in Hamburg am 19. Mai 1972 und den Bombenanschlag auf das Europa-Hauptquartier der United States Army in Heidelberg vom 24. Mai 1972 verurteilt. Bei den Anschlägen hatte es vier Tote und 34 Verletzte gegeben. Ihr Hauptquartier soll die RAF in der Inheidener Straße in Frankfurt am Main gehabt haben, wo umfangreiches Beweismaterial gefunden wurde.

Die Angeklagten wurden zu dreimal lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Nach dem Urteil legten die Verteidiger Revision ein, sodass die Urteile zum Zeitpunkt des Todes der verbliebenen Angeklagten in der sogenannten Todesnacht von Stammheim nicht rechtskräftig waren.[10]

Beteiligte

  • Vorsitzender Richter: Theodor Prinzing, nach dessen Ablösung Eberhard Foth
  • Beisitzer:
    • Eberhard Foth
    • Hubert Maier
    • Ullrich Berroth
    • Kurt Breucker
  • Ersatzrichter:
    • Otto Vötsch
    • Heinz Nerlich
    • Werner Meinhold
    • Hans-Jürgen Freuer
  • Regierung: Regierungsdirektor Werner Widera
  • Anklage:
    • Bundesanwalt Heinrich Wunder
    • Oberstaatsanwalt Peter Zeis
    • Staatsanwalt Klaus Holland
  • Pflichtverteidiger:
    • Ernst Eggler
    • Schwarz
    • König
    • Dieter Schnabel
    • Schlägel
    • Linke
    • Künzel
    • Peter Grigat
  • Presse: Als einziger Vertreter der Presse hat Ulf G. Stuberger den vollständigen Prozess mitverfolgt. Er war es auch, der als erster am Tatort des ermordeten Generalbundesanwalt Siegfried Buback war.

Literatur

  • Christopher Tenfelde: Die Rote Armee Fraktion und die Strafjustiz. Anti-Terror-Gesetze und ihre Umsetzung im Stammheim-Prozess. Jonscher Verlag, Osnabrück 2009, zugl. Diss. Hannover 2009, ISBN 978-3981139938.
  • Stefan Aust: Der Baader-Meinhof-Komplex. Erweiterte und aktualisierte Ausgabe. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2005, ISBN 978-3-455-09516-6.
  • Pieter Bakker Schut: Stammheim. Der Prozess gegen die Rote Armee Fraktion. Neuer Malik Verlag, Kiel 1986, ISBN 3-89029-010-8; als NA unter dem Titel: 20 Jahre Stammheim – Die notwendige Korrektur der herrschenden Meinung., Pahl-Rugenstein Verlag, Bonn 1997, ISBN 3-89144-247-5; 2. bearb. Aufl. 2007, ISBN 978-3-89144-247-0, (Rezension von Klaus Croissant)
  • Ulf G. Stuberger (Hrsg.): »In der Strafsache gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin wegen Mordes u. a.«: Dokumente aus dem Prozess. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2007, ISBN 978-3-434-50607-2; zuerst erschienen: Syndikat Buchgesellschaft, Hamburg 1977, ISBN 3-8108-0021-X
  • Ulf G. Stuberger: Die Tage von Stammheim: als Augenzeuge beim RAF-Prozess. Herbig Verlag, München 2007, ISBN 978-3-7766-2528-8
  • Ulf G. Stuberger: „Die Akte RAF - Taten und Motive, Täter und Opfer“ Herbig-Verlag, München 2008, ISBN 978-3-7766-2554-7

Tondokumente

Im Landesarchiv Baden-Württemberg befinden sich Tonbänder, die zwischen August 1975 und Februar 1977 während des Prozesses in Stuttgart-Stammheim aufgenommen worden waren und den Gerichtsschreibern bei ihrer Arbeit helfen sollten. Die mittlerweile zum Teil veröffentlichten Tondokumente umfassen Stellungnahmen der vier Angeklagten (s. Weblinks).

Film

Quellen

  1. Christopher Tenfelde, Die Rote Armee Fraktion und die Strafjustiz. Anti Terror-Gesetze und ihre Umsetzung im Stammheim-Prozess, S. 195 ff..
  2. Stefan Aust: Der Baader Meinhof Komplex, 8. Auflage, Wilhelm Goldmann Verlag München 1998, S. 337 ff.
  3. Zusammenfassung des Stammheimprozesses unter SWR.de http://www.swr.de/nachrichten/deutscher-herbst/-/id=2070672/nid=2070672/did=2116442/1fpgo1u/index.html
  4. Christopher Tenfelde, Die Rote Armee Fraktion und die Strafjustiz. Anti Terror-Gesetze und ihre Umsetzung im Stammheim-Prozess.
  5. Christopher Tenfelde, Die Rote Armee Fraktion und die Strafjustiz. Anti Terror-Gesetze und ihre Umsetzung im Stammheim-Prozess, S. 128 ff..
  6. Christopher Tenfelde, Die Rote Armee Fraktion und die Strafjustiz. Anti Terror-Gesetze und ihre Umsetzung im Stammheim-Prozess, S. 178 ff..
  7. Ulf G. Stuberger, Die Tage von Stammheim.
  8. Christopher Tenfelde: Die Rote Armee Fraktion und die Strafjustiz. Anti-Terror-Gesetze und ihre Umsetzung im Stammheim-Prozess, S. 171 f.
  9. Christopher Tenfelde: Die Rote Armee Fraktion und die Strafjustiz. Anti-Terror-Gesetze und ihre Umsetzung im Stammheim-Prozess, S. 116 f.
  10. Butz Peters: Tödlicher Irrtum. Die Geschichte der RAF. Argon-Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-87024-673-1, Seite 352

Weblinks


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