Stift zu Unserer Lieben Frau Regensburg

Stift zu Unserer Lieben Frau Regensburg
Alte Kapelle: Nordansicht vom Kornmarkt.

Das Stift zu Unserer Lieben Frau (zur Alten Kapelle) ist ein Kollegiatstift in der Stadt Regensburg (Diözese Regensburg, Bayern).


Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Fresko über der Vierung: Maria als Königin des Himmels
Fresko über dem Mittelschiff: Übergabe des Gnadenbildes

Der Überlieferung nach geht die Alte Kapelle auf einen römischen Juno-Tempel zurück. Auf dem Platz, dem Alten Kornmarkt, wo jetzt die Alte Kapelle steht, befand sich nämlich zur Zeit des Römerlagers Castra Regina die Präfektur. Die Legende sieht in der Alten Kapelle die älteste Kirche Bayerns. Um das Jahr 700 wurde der agilolfingische Herzog Theodo II. durch den heiligen Bischof Rupert hier getauft und die Kirche zur Hofkapelle gemacht. Geschichtlich gesichert ist, dass sich spätestens seit der Wende vom 7. zum 8. Jahrhundert hier eine Pfalz mit zugehöriger Kapelle befand. Als erster Stifter gilt traditionsgemäß Karl der Große. Erstmals schriftlich erwähnt wird eine zu Ehren der Gottesmutter Maria geweihte Kirche und ein dazugehöriges Kollegiatsstift in einer Urkunde Ludwigs des Deutschen aus dem Jahr 875. Die Kirche diente ursprünglich den Karolingern und Ottonen und später den bayerischen Herzögen als Pfalzkapelle, in der die Hofleute den Gottesdienst feierten. Im Unterschied zu den Bürgern, die die Bürgerpfarrkirche St. Kassian besuchten. Kaiser Arnulf verlegte im Jahr 887 die Pfalz an einen anderen Ort, sodass die Alte Kapelle nicht mehr gebraucht wurde und mehr und mehr verfiel. Erst König Heinrich, der spätere Kaiser Heinrich II., verlegte im Jahr 1002 seine Residenz wieder zurück zur Alten Kapelle. Er ließ die ruinöse Kirche wieder aufbauen und erneuerte das Kollegiatsstift. Die Kirche erhielt zu dieser Zeit den Ehrentitel einer „mater ecclesiae“, einer Mutter der Kirche. Heinrich und seine Gemahlin Kunigunde statteten das Stift mit zahlreichen Schenkungen aus und schenkten es im Jahr 1009 dem von ihnen neu gegründeten Bistum Bamberg, bei dem die Alte Kapelle bis zur Säkularisation auch blieb. Heinrich und Kunigunde werden als die zweiten Stifter des Stiftes verehrt. Zahlreiche Ablassbriefe aus dem 13. und 14. Jahrhundert beweisen, dass schon zu dieser Zeit eine Marien-Wallfahrt in die Alte Kapelle stattfand. Im Laufe der Zeit erfuhr die Kirche zahlreiche bauliche Veränderungen. Im 15. Jahrhundert wurde an das romanische Kirchenschiff ein gotischer Hochchor mit einem Dachreiter angebaut. Unter Dekan Johann Michael Franz von Velhorn erfolgte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die prächtige Ausgestaltung der Kirche im Stile des Rokoko. Bis ins 15. Jahrhundert bestand das Kollegiatsstift vor allem aus Adligen, ab 1581 mussten die Chorherren Priester sein. Im Mittelalter bestand das Stift aus durchschnittlich 15 Kanonikern. Heute verleiht das Stiftskapitel insgesamt 7 Kanonikate. Aus den 7 Kanonikern wird ein Dekan gewählt, der dem Kollegiatsstift vorsteht. Große Verdienste erwarb sich das Stift auch in der Pflege der Kirchenmusik. Hier sind vor allem zu nennen der Musikwissenschafter Dr. Carl Proske, die Musiker Dominikus Mettenleiter, Johann Georg Mettenleiter und der Kirchenkomponist Michael Haller. In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Alte Kapelle zu einem Zentrum des Cäcilianismus. Seit dem 12. Jahrhundert unterhielt das Stift eine eigene Schule zur Heranbildung von Chorknaben. Im 19. Jahrhundert wurde zu diesem Zweck das „Studien- und Musikseminar zur Alten Kapelle“ gegründet, das bis ins Jahr 1957 betrieben wurde. Das Stift wurde im Zuge der Säkularisation in Bayern nicht aufgehoben, wohl weil das Vermögen des Stifts größtenteils in Österreich angelegt war und man im Fall einer Auflösung dessen Verlust befürchtete. König Ludwig I. gewährte dem Stift 1838 wieder seine Selbstverwaltung. Im Jahre 1964 wurde auf Anregung von Bischof Rudolf Graber die Stiftskirche Unserer Lieben Frau zur Alten Kapelle von Papst Paul VI. zur Basilika minor erhoben. Das Stift besteht seit dem Jahr 1002 bis zum heutigen Tag ohne Unterbrechung.

Alte Kapelle: Altarraum.

Stiftskirche (Alte Kapelle)

Frühmittelalter

Die Alte Kapelle geht auf die Pfalzkapelle der frühmittelalterlichen Herzogs- und Königspfalz zurück. Im Jahr 875 werden die Alte Kapelle und das zugehörige Kanonikatsstift urkundlich erwähnt. Das Dokument von König Ludwig dem Deutschen lässt darauf schließen, dass diese zuvor im Bereich des heutigen Niedermünsters, also der Nordostecke des römischen Kastells, angesiedelte Königspfalz am heutigen Alten Kornmarkt neu errichtet wurde. Zur Gewinnung des Baumaterials wurden angeblich Teile der Stadtmauer (Mauer des römischen Legionslagers) abgebrochen. Wegen deren Bedeutung als Stadtbefestigung wird heute davon ausgegegangen, dass Teile anderer römischer Ruinen neue Verwendung fanden. Dazu zählen auch Inschriftensteine römischer Gräber. Auf weitere römische Quader stieß man bei Renovierungsarbeiten der Nachkriegszeit und 1997. Sie sind heute teilweise an der westlichen Außenwand noch sichtbar.

Die Pfalzkapelle war eine dreischiffige romanische Basilika mit einer Herrscherempore im Westen. Die genannten Befunde lassen auch darauf schließen, dass der frei stehende Westturm bereits ohne Verbindung zur Pfalzkapelle geplant war, obwohl beide Teile zeitgleich errichtet wurde.

Bauten Kaiser Heinrichs II. ab 1002

Wegen seiner engen Verbindung zu Regensburg begann der bayerische Herzog und spätere Kaiser Heinrich II. im Jahr 1002 die Kirche unter Beibehaltung des alten Grundrisses zu erneuern: Der Turm wurde erhöht und mit einem Glockenstuhl ausgestattet, im Osten ein Querhaus angebaut. Während der Regensburger Stadtbrände 1156 und 1172, welchen auch der karolingische Dom zum Opfer fiel, wurde die Kirche beschädigt. Zu dieser Zeit lag im Südosten der Kirche ein Karner (Beinhaus), dessen Untergeschoss sich unter der Sakristei erhalten hat und 1993 aufgedeckt wurde. Mit dem Bau des bis heute erhaltenen spätgotischen Chores 1441 gingen dieses Beinhaus und die alte Choranlage verloren. Sowohl dieser gotische Hochchor als auch das etwas niedrigere kaiserliche Bauwerk sind in der Außenansicht deutlich erkennbar.

Rokoko-Überformung im 18. Jahrhundert

Ab 1747 wurde die Kirche im Stile des bayerischen Rokoko umgestaltet. Dabei gingen fast alle mittelalterlichen Elemente verloren. Nur am Südeingang des Langhauses (von der Gnadenkapelle) ist das romanische Portal erhalten. Das Lang- und das Querhaus erhielten Gewölbe aus Holz, die im Außenputz noch erkennbaren mittelalterlichen Fenster wurden durch Bassgeigenfenster ersetzt. Die Arbeiten an der prächtigen Innenausstattung führten der Wessobrunner Stuckateur Anton Landes, die Augsburger Maler Christoph Thomas Scheffler im Lang- und im Querhaus und Gottfried Bernhard Götz im Presbyterium sowie der Regensburger Bildhauer Simon Sorg durch. Die Fresken zeigen die Legende von der Übergabe des bis heute in der Gnadenkapelle gezeigten Gnadenbildes durch Papst Benedikt VIII. an Kaiser Heinrich II. in Rom. Der Legende nach stammt das Gnadenbild aus der Hand des Evangelisten Lukas, wird aber auf die Zeit zwischen 1150 und 1235 datiert. Auslöser für die Veränderungen waren des 750. Stiftsjubiläum und das Bestreben, durch das Bauwerk die Eigenständigkeit gegenüber dem mächtigen Domstift und dem Bischof zu demonstrieren. Bis heute ist der Spruch überliefert: „St. Peter (Dom) ist der mächtige, die Kapelle die prächtige.“ Auch das Gnadenbild sollte den hohen Rang des Stiftkapitels unterstreichen. Die Alte Kapelle ist nach der Wieskirche das bedeutendste bayerische Bauwerk des Rokoko.

20. Jahrhundert

Erste Sanierungen und Überformungen wurden 1886 und 1934/35 unternommen. Ein Bombentreffer 1944 verursachte Schäden am nördlichen Querhaus. 1990 wurde die bisher letzte Außensanierung abgeschlossen, der Innenraum wurde zwischen 1992 und 2002 restauriert.

1964 wurde die Kirche zur päpstlichen „Basilica minor“ erhoben. Die Gründe liegen in der Tradition und der Bedeutung der „Bayerischen Mutterkirche“ für die Christianisierung Bayerns.

2006 wurde eine neue Orgel der Schweizer Firma Mathis eingebaut, die Papst Benedikt XVI. im Rahmen seines Pastoralbesuchs in Regensburg am 13. September 2006 geweiht hat und die den Namen Papst-Benedikt-Orgel trägt.

Gnadenbild

In der südlich an das Langhaus angebauten Gnadenkapelle befindet sich das Gnadenbild. Es zeigt die Gottesmutter Maria mit dem Jesuskind. Der Legende nach hat es der heilige Evangelist Lukas gemalt. Papst Benedikt VIII. schenkte es Kaiser Heinrich II. anlässlich dessen Krönung zum römisch-deutschen Kaiser am 14. Februar 1014. Dieser stiftete es später der Alten Kapelle, die er einige Jahre vorher erneuern ließ und seiner Lieblingsstiftung Bamberg übereignete. Beim Gnadenbild handelt es sich um den Madonnentypus der „Dexiokratusa“, weil sie das Kind auf dem rechten Arm trägt und gehört dem Andachtsbildtypus des Lukasbildes an. Die Wallfahrt zur Alten Kapelle ist die älteste Wallfahrt Bayerns. Bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts befand sich das Gnadenbild im Chor der Stiftskirche. Im 17. Jahrhundert ereignete sich in der Alten Kapelle ein Wunder: Ein blindgeborener Knabe wurde in der Alten Kapelle sehend. Deshalb wurde das Gnadenbild, um es dem Volk besser zugänglich zu machen, 1694 in die ehemalige Jakobskapelle übertragen, die seit dieser Zeit „Gnadenkapelle“ heißt. Diese wurde prächtig ausgestattet. Der Ansturm der Wallfahrer war beachtlich. Hart traf es das Stift und die Regensburger Bevölkerung, als im Zuge der Säkularisation das Gnadenbild 1810 in die Galerie des Schleißheimer Schlosses und später in das Bayerische Nationalmuseum überführt wurde. Das Stift musste mit einer Kopie vorlieb nehmen Bischof Ignatius von Senestrey erwirkte 1862 die Rückgabe des Gnadenbildes. Am 27. April 1864 wurde es feierlich an seinen angestammten Platz zurückgebracht. Im Jahre 1998 fand die Diözesanwallfahrt zu Unserer Lieben Frau zur Alten Kapelle statt.

Die Papst-Benedikt-Orgel in der Alten Kapelle

Das neue Instrument mit zwei Manualen und 40 Registern, welches zu Ehren des Heiligen Vaters Papst-Benedikt-Orgel heißt (Papst Benedikt XVI. stimmte diesem Vorschlag gerne zu), wurde im Laufe des Jahres 2006 in der Päpstlichen Basilika und Stiftskirche „Unserer Lieben Frau zur Alten Kapelle“ eingebaut, intoniert und am 13. September 2006 durch Papst Benedikt XVI. im Rahmen seines Deutschland- bzw. Regensburg-Besuches geweiht. Das neue Instrument ist nach dem Vorbild des bedeutenden Orgelwerks, das 1791 von dem Nabburger Orgelbaumeister Andreas Weiß für die Alte Kapelle errichtet wurde, gebaut. Die Orientierung an der damaligen Disposition, erweitert um einige wichtige Register, vereint die typischen Merkmale des bayerischen Barock und berücksichtigt gleichzeitig die Erfordernisse der heutigen Liturgie. Diese Kirchenorgel dürfte derzeit die einzige vom Papst persönlich geweihte Orgel sein, die nun der Liturgie und regelmäßigen Kirchenmusik auf hohem Niveau (Solisten, Chor, Orchester, Orgel) dient – in der Alten Kapelle werden u. a. Werke des Liechtensteiner Komponisten Josef Gabriel Rheinberger (1839–1901) intensiv gepflegt.

Disposition:

I Hauptwerk C–
Coppel 16′
Principal 8′
Gamba 8′
Qvintadena 8′
Coppel 8′
Portun 8′
Octav 4′
Flautten 4′
Flaut travers (ab c1) 4′
Qvint 22/3
Superoctav 2′
Tertiana 13/5
Mixtur major III–IV 2′
Mixtur minor II–III 1′
Trompetten 8′
Positiv/Oberwerk C–
Coppel 8′
Solicinal 8′
Unda maris (ab f0) 8
Principal 4′
Dulciana 4′
Spitz Flauten 4′
Nasard 22/3
Octav 2′
Flascholett 2′
Terz 13/5
Qvint 11/3
Mixtur III–IV 11/3
Krumbhorn 8′
Hoboe 8′
Tremulant
Pedal C–
Principal-Baß 16′
Violon-Baß 16′
Sub-Baß 16′
Qvint-Baß 102/3
Octav-Baß 8′
Gamba-Baß 8′
Coppel-Baß 8′
Superoctav 4′
Mixtur IV 22/3
Bombard 16′
Trompetten-Baß 8′


  • Koppeln: II/I, I/P, II/P.
  • Glockenspiel
  • Vogelgesang
  • Kuckuck
  • Nachtigall

Weblinks

49.01833333333312.17Koordinaten: 49° 1′ 6″ N, 12° 6′ 0″ O


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