Stratonikeia (Karien)

Stratonikeia (Karien)

Stratonikeia (griechisch Στρατονικεῖα; latinisiert Stratonicaea oder Stratonicea) war eine antike Stadt in der kleinasiatischen Landschaft Karien in der heutigen Türkei. Von den Seleukiden im 3. Jahrhundert v. Chr. gegründet, war sie später zeitweise unter makedonischer und rhodischer Herrschaft, bis sie 167 v. Chr. von den Römern zur freien Stadt erklärt wurde.

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Stratonikeia (Türkei)
Stratonikeia
Stratonikeia

Inhaltsverzeichnis

Lage

Stratonikeia befand sich auf dem Gebiet der heutigen Ortschaft Eskihisar, im Landkreis Yatağan (Provinz Muğla, Türkei). Zum Gebiet der Stadt gehörten auch angrenzende Ortschaften: Neben den von Titus Livius und Strabon genannten Ortschaften Tendeba, Astragon und Pedasa[1] umfasste es auch den Ort Lagina mit seinem Hekate-Heiligtum und Panamara mit einem Heiligtum des Zeus. Der Besitz dieser auch überregional bedeutenden Heiligtümer konnte auch als Machtfaktor in der politisch-militärischen Auseinandersetzung genutzt werden.[2] Seit einer Ehrung durch Sulla um 88 v. Chr. gehörten auch die Orte Themessos und Keramos zum Einzugsgebiet, damit erstreckte sich Stratonikeia bis zur Südküste. Die Stadt war so, obwohl ihr Kerngebiet nicht in dessen Einzugsgebiet lag, über ihre Vororte Mitglied des Chrysaorischen Bundes der Karer.

Geschichte

Die Stadt wurde Anfang des 3. Jahrhundert v. Chr. vom seleukidischen König Antiochos I. gegründet und nach seiner Frau Stratonike benannt.[3] Sie geht vermutlich auf eine karische Vorgängersiedlung zurück, auf die archäologische Funde – bronzene Grabbeigaben, Keramik[4] und zwei Kammergräber in der Nähe der Stadt – hinweisen. Nach einigen Jahren (vielleicht um 240) überließen die Seleukiden Stratonikeia der Herrschaft von Rhodos.[5] Später wurde die Stadt von den Makedonen erobert – entweder 227 v. Chr. von Antigonos III. Doson oder 201 beim Feldzug Philipps V. 197 v. Chr. versuchten die Rhodier, Stratonikeia zurückzuerobern, was jedoch misslang. Nach der Niederlage der Makedonen in der Schlacht von Kynoskephalai 197 fiel die Stadt an den Seleukidenkönig Antiochos III., der sie wiederum an die Rhodier übergab.[6]

167 v. Chr. mussten die Rhodier Stratonikeia abermals abgeben; die Römer erklärten es zu einer freien Stadt.[7] 133 v. Chr. wurde Stratonikeia kurzzeitig Hauptsitz des aufständischen Aristonikos, der die Stadt jedoch schließlich wieder abgeben musste.[8] Im 1. Mithridatischen Krieg wurde die Stadt 88 v. Chr. von Mithridates VI. erobert, besetzt und mit einer Geldbuße belegt.[9] Nach der Rückeroberung durch die Römer ehrte Sulla die Einwohner für ihre Treue; 81 wurde der Status als freie Stadt bestätigt. 40 v. Chr. belagerten die Parther mit ihrem Feldherrn Quintus Labienus die Stadt vergeblich.[10] Die Autonomie behielt Stratonikeia auch unter der römischen Herrschaft in der Provinz Asia. In der Spätantike wurde die Stadt Bischofssitz, worauf das Titularbistum Stratonicea in Caria zurückgeht.

Archäologische Funde

Die weitgehend versunkenen Reste sind heute nahe der Straße MilasMuğla, dicht vor dem Kohlekraftwerk von Yatağan und nahe riesiger Marmorsteinbrüche, zu finden. Es finden sich größere Ruinen eines Theaters, eines Buleuterions, eines Gymnasions, eines Doppeltors mit Nymphaion, eines Stadtbefestigungsforts und weitere Überreste. Zum nahegelegenen Heiligtum der Hekate in Lagina (11 Kilometer entfernt) führte einstmals eine heilige Straße.

Literatur

  • George E. Bean: Stratonikeia. In: Richard Stillwell (Hrsg.): The Princeton Encyclopedia of Classical Sites. Princeton University Press, Princeton, N. J. 1976, S. 861.
  • Hans Kaletsch: Stratonikeia 2. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 11, Metzler, Stuttgart 2001, ISBN 3-476-01481-9, Sp. 1047.
  • Ibrahim Hakan Mert: Untersuchungen zur hellenistischen und kaiserzeitlichen Bauornamentik von Stratonikeia. Dissertation, Köln 1999 (online; PDF).
  • Walther Ruge: Stratonikeia. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band IV A,1, Stuttgart 1931, Sp. 322–325.
  • Mehmet Çetin Şahin: Die Inschriften von Stratonikeia. Teil 1: Panamara. Habelt, Bonn 1981, ISBN 3-7749-1893-7 (= Inschriften griechischer Städte aus Kleinasien, Bd. 21).
  • Mehmet Çetin Şahin: Die Inschriften von Stratonikeia. Teil 2.1: Lagina, Stratonikeia und Umgebung. Habelt, Bonn 1982, ISBN 3-7749-1894-5 (= Inschriften griechischer Städte aus Kleinasien, Bd. 22.1).
  • Mehmet Çetin Şahin: Die Inschriften von Stratonikeia. Teil 2.2: Neue Inschriften und Indices. In Zusammenarbeit mit Arminda Lozano-Velilla. Habelt, Bonn 1990, ISBN 3-7749-2326-4 (= Inschriften griechischer Städte aus Kleinasien, Bd. 22.2).
  • Mehmet Çetin Şahin: The Inscriptions of Stratonikeia. Part III. Habelt, Bonn 2010, ISBN 978-3-7749-3680-5 (= Inschriften griechischer Städte aus Kleinasien, Bd. 68).

Weblinks

Anmerkungen

  1. Livius 33,18,4: Tendeba und Astragon; Strabon 13,611: Pedasa.
  2. Dazu Riet van Bremen, Leon son of Chrysaor and the religious identity of Stratonikeia in Caria, in: Stephen Colvin (Hrsg.), The Greco-Roman East. Politics, Culture, Society, Cambridge University Press, Cambridge 2004, ISBN 0-521-82875-9, S. 207–244 (Rezension des Buches mit Zusammenfassung des Aufsatzes bei Sehepunkte).
  3. Strabon 14,2,25. Nach Appian, Syr. 57, wurde sie jedoch von Seleukos I. gegründet. Dazu Ruge, in: RE, Bd. IV A,1, Sp. 322.
  4. Dazu George M. A. Hanfmann, Jane C. Waldbaum, Two submycenean vases and a tablet from Stratonikeia in Caria, in: American Journal of Archaeology 72, 1968, S. 51–56.
  5. Polybios 30,31,6f.
  6. Livius 33,18,22.
  7. Polybios 30,21,3ff.
  8. Eutropius 4,20.
  9. Appian, Mithridates 21.
  10. Cassius Dio 48,26,3f.; Tacitus, annales 3,62.

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