Stuhlinkontinenz

Stuhlinkontinenz

Stuhlinkontinenz (lat.: Incontinentia alvi, Darminkontinenz, anorektale Inkontinenz, anale Inkontinenz) ist die Unfähigkeit, seinen Stuhlabgang oder Winde willkürlich zurückzuhalten. Sie betrifft Menschen aller Altersgruppen, kommt aber häufiger bei älteren Menschen vor. Die mit der Symptomatik verbundenen psychischen Belastungen sind enorm; siehe Psychosoziale Aspekte der Stuhlinkontinenz.

Die verwandte Problematik bei Kindern heißt Enkopresis (siehe dort).

Inhaltsverzeichnis

Ursachen

Die Ursachen einer Stuhlinkontinenz können vielfältig sein und es müssen mehrere Faktoren zusammen treffen, um eine Stuhlinkontinenz auszulösen. Wenn nur einer der Mechanismen zur Steuerung der Stuhlentleerung ausfällt, so wird das in der Regel durch sogenannte Kompensationsmechanismen wieder ausgeglichen. Außerdem spielen auch subjektive Eindrücke eine Rolle dabei. Folgende Ursachen können eine Stuhlinkontinenz auslösen:

Störung der Impulsverarbeitung:
Unterbrechung der Pulsüberleitung:
Sensorische Störung:
  • Hämorrhoiden (Vorstülpen ausgedehnter Hämorrhoiden nach außen mit Verlust der sensiblen Wahrnehmung)
  • Diarrhoe
  • Rektumprolaps (Vorstülpen der Darmschleimhaut nach außen mit Verlust der sensiblen Wahrnehmung)
  • Dickdarmentzündung (Colitis)
Muskuläre Störung:
Medikamente:
  • Psychopharmaka
  • Abführmittel in hoher Dosierung (z. B. Paraffin)
Psychische/psychiatrische Störung:
  • Rückfall in kleinkindliche Verhaltensweisen (Psychosen)
  • Konflikte mit Betreuungspersonen

Häufigkeit und Schweregrade

Stuhlinkontinenz ist häufiger, als man zunächst vermuten möchte. Es leiden darunter immerhin etwa 1 bis 3 Prozent der Bevölkerung, in der Bundesrepublik Deutschland mindestens 800.000 erkrankte Personen. Davon betroffen sind alle Jahrgänge, jedoch nimmt die Häufigkeit mit dem Alter stark zu. Ob bei der Prävalenz Frauen oder Männer überwiegen ist in der Studienlage umstritten und stark abhängig von der Definition der Stuhlinkontinenz. Wird Soiling (Stuhlschmieren) mit einbezogen, sind Männer aufgrund ihres längeren Analkanals stärker betroffen, wird Soiling nicht mit bewertet sondern nur Stuhlverlust, ist eine höhere Prävalenz bei Frauen zu finden.

Es gibt verschiedenste Einteilung der Stuhlinkontinenz. Am häufigsten benutzt wird die einfache klinische Einteilung der Stuhlinkontinenz nach Parks in drei Grade:

Grad 1: Leichte Form
  • Unkontrollierter Abgang von Winden
Grad 2: Mittlere Form
  • Unkontrollierter Abgang von dünnflüssigem Stuhl
Grad 3: Schwere Form
  • Unkontrollierter Abgang von geformtem Stuhl

Die Häufigkeit der Stuhlverluste wie auch die Lebensqualität der Patienten ist in dieser Einteilung nicht berücksichtigt. Hierzu gibt es andere Einteilungen, die allerdings insoweit ungenau sind, dass völlig verschiedene Ausprägungen der Stuhlinkontinenz dieselbe Score-Summe haben können und somit in ihrer Aussagekraft eingeschränkt sind.

Formen der Stuhlinkontinenz

Man unterscheidet verschiedene Formen der Stuhlinkontinenz. In vielen Fällen kommen mehrere der Faktoren zusammen und bilden das Krankheitsbild der Stuhlinkontinenz. Die Inkontinenz kann sowohl angeboren, als auch erworben werden.

Stuhlinkontinenz durch rektale Koprostase oder durch Obstipation wird ausgelöst durch die lange Verweildauer des Stuhles im Dickdarm und vor allem in der Rektumampulle. Durch die hohe absorptive Kapazität der Dickdarmschleimhaut wird dem Stuhl soviel Flüssigkeit entzogen, dass sich in einzelnen Segmenten der Stuhl soweit eindickt und daraus dann Kotsteine entstehen können. Die dadurch entstandene mechanische Passagebehinderung führt dann zur Entwicklung einer Stuhlimpaktion, einer klinisch relevanten und behandlungsbedürftigen Erkrankung. Die Hauptlokalisation der Stuhlimpaktion ist das Rektum. Stuhlimpaktionen sind jedoch im gesamten Dickdarm möglich. Das Vollbild einer Koprostase ist dann gegeben, wenn durch die Ansammlung der Stuhlmassen der Passageweg weitestgehend verlegt ist und die spontane Entleerung nicht mehr möglich ist.

Oberhalb der relevanten Dickdarmstenosen kommt es zu einer Aktivierung sekretorischer Prozesse mit dem Versuch des Körpers, das Passagehindernis durch Verflüssigung der Stuhlmassen funktionell zu umgehen. Der auf dem Boden dieses Mechanismus flüssige Stuhl passiert das mechanische Hindernis und wird fälschlicherweise als Durchfall eingestuft. Eine Situation, die für den Patienten nachteilig bei der Anamnese sein kann.

Inkontinenz durch Störung der rektalen Speicherfunktion. Zur Störung der Speicherfunktion der Rektumampulle kann es auch nach Operationen kommen. Zwar wurden in der Rektumkarzinom-Chirurgie mehr und mehr schließmuskelerhaltende Operationen eingeführt, die nach der Entfernung des Tumors einen Wiederanschluss des Darmes bis zur inneren Schließmuskelöffnung ermöglichen, eine Vernarbung in der Umgebung sowie das Fehlen der speziellen Erweiterung der Rektumampulle führen dann aber zum häufigen Stuhlgang und zur Inkontinenz. Auch chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa), die über Jahre zu einer Veränderung der Rektumwand führen, können Ursache für einen Verlust der Speicherfunktion sein.

Eine sensorische Stuhlinkontinenz liegt vor, wenn die sensible Wahrnehmung der Schleimhaut des Analkanals gestört ist. Dieses kann beispielsweise der Fall sein bei neurologischen Erkrankungen, wie zum Beispiel Bewusstlosigkeit oder Schlaganfall, aber auch, wenn die Schleimhaut des Analkanals wie zum Beispiel bei einem Anal- oder Rektumprolaps nach außen gestülpt ist und damit an Wahrnehmungssensibilität einbüßt. Ist bei einer Analatresie der Analkanal nicht angelegt oder kam es durch Korrekturoperationen im Durchzugsverfahren zum teilweisen oder vollständigen Verlust der Analschleimhaut, fehlt hier ebenfalls die sensible Wahrnehmung, so dass sich wiederum das klinische Bild einer sensorischen Stuhlinkontinenz ergibt.

Bei der muskulären Stuhlinkontinenz ist der Analsphinkter geschädigt, die sensible Wahrnehmung durch die Analkanal-Schleimhaut ist dabei intakt. Häufigste Ursache für eine Schädigung des Schließmuskelapparates ist die vaginale Entbindung mit Dammriss. Insbesondere bei Kindern sind auch Pfählungsverletzungen (Übersteigen von spitzen Zäunen) häufig. Weiterhin können sich komplexe Schädigungen durch eine unzureichende Funktionsfähigkeit der Beckenbodenmuskulatur bei der sogenannten Beckenbodeninsuffizienz ergeben. Häufig zeigt sich hier die Kombination mit einem Rektumprolaps, vor allem bei älteren Frauen. Aber auch Fisteln und Fisteloperationen, speziell bei den hochreichenden ischiorektalen Fisteln, können eine teilweise oder vollständige Zerstörung des Ringmuskels (Sphincter ani internus) zur Folge haben. Eine narbige Ausheilung des Defektes führt zwar nicht zum vollständigen Verlust der Sphinkterkraft, jedoch ist durch die Erweiterung des Ringmuskels die Kraft herabgesetzt. Im höheren Lebensalter kann sich dann bei Nachlassen der Gewebeelastizität eine Stuhlinkontinenz ausbilden.

Die Kombination von sensorischer und muskulärer Stuhlinkontinenz lässt sich am besten am Beispiel des Rektumprolapses darstellen. Gleitet die Rektumwand durch den muskulären Sphinkter durch, führt das zum Verlust der Wahrnehmungssensibilität und zur dauerhaften Überdehnung des Schließmuskels durch den prolabierten Darmanteil, so dass seine Funktion allmählich schwächer wird.

Bei der neurogenen Stuhlinkontinenz ist die Ursache der Funktionsstörung zumeist Zerebral: Schlaganfall, Metastasen/Tumor, Demenz oder aber degenerative Erkrankungen, Spinal: Multiple Sklerose, Metastasen/Tumor, degenerative Erkrankungen, Cauda-equina-Syndrom (Quetschung des pferdeschweifförmigen Nervenfaserbündels am Ende des Rückenmarks), periphere Neuropathie (Nervenschädigung), Rückenmarkschwindsucht, Spina bifida (Spaltbildung an der unteren Wirbelsäule).

Untersuchungen

Am Anfang der Diagnostik einer Stuhlinkontinenz steht die ausführliche Anamnese, mit der Beschwerdebeginn, Stuhlfrequenz, Stuhlbeschaffenheit, Umstände des unfreiwilligen Stuhlabgangs, aber auch vorhandene Systemerkrankungen, frühere Therapien, Anzahl und Ablauf von Geburten, Operationen etc. erfasst werden.

Es folgt die Inspektion der Analregion, bei der z. B. Irritationen, entzündliche oder ulzeröse Veränderungen der Perianalhaut, Fissuren, Narben, Hämorrhoiden oder Fisteln festgestellt werden können. Die folgende rektal-digitale Untersuchung in Links-Seiten-Lage ermöglicht unter anderem eine sichere Beurteilung der Sphinkteranatomie und beim Auslösen des Kneifdrucks eine Beurteilung der Verschlusskraft des Sphinkters.

Ergänzt werden diese Untersuchungen durch manometrische Untersuchungen wie Durchzugsmanometrie oder Messung der Füllungsdruckwerte. Zusätzlich werden in Links-Seiten-Lage eine Proktoskopie und eine Rektoskopie durchgeführt. Die Untersuchungen sind in der Regel schmerzlos, werden aber gelegentlich als unangenehm empfunden, weil sie die Intimsphäre betreffen. Eine Sphinktermanometrie und analer Ultraschall müssen häufig folgen. In Anschluss sind hier die Untersuchungen nochmal aufgelistet.

  • Proktologische Untersuchung mit dem Finger und der Anuskopie/Proktoskopie
  • Darmuntersuchung mit Rektoskopie und Koloskopie
  • Druckmessung des analen Verschlussapparates in Ruhe und beim Kneifen
  • Messung der Kneiffähigkeit der Muskeln sowie der Haltedauer
  • Elektromyographie der Muskeln zur Abgrenzung eines Nervenschadens
  • Ultraschalluntersuchung des Afters zur Abgrenzung von Verletzungen, Durchtrennungen der Schließmuskulatur und der Beckenbodenmuskeln.
  • Röntgenuntersuchung des Enddarmes (Defäkographie)
  • ggf. Röntgenuntersuchung des Dickdarmes (Colon-Kontrasteinlauf)
  • Prüfung der Stuhlhaltefähigkeit und des Entleerungsverhaltens
  • Computertomographie der Schließmuskeln

Therapie

Die Ursache ist entscheidend für die Behandlung der Stuhlinkontinenz, so z. B. werden Entzündungen des Darms häufig medikamentös behandelt. Durch Operationen kann man z. B. Tumore abtragen, den Beckenboden straffen oder einen künstlichen Schließmuskel einsetzten. Eine neuere Methode stellt die „Sakrale Nervenstimulation“ dar. Das Verfahren lehnt sich vom Grundgedanken an das Prinzip des Herzschrittmachers an und wurde zunächst von Urologen zur Therapie der Harninkontinenz angewendet. Hierbei wird durch spezielle Elektroden in Verbindung mit einem unter die Haut eingepflanzten Schrittmacheraggregat die nervale Endstrecke zum Schließmuskel stimuliert und damit wieder ein ausreichender Muskeltonus erreicht. Das Verfahren eignet sich besonders bei neurologisch bedingter Inkontinenz. Mit Krankengymnastik kann man die Muskulatur im Beckenboden stärken, z. B. durch zusammenkneifen des Schließmuskels mehrmals täglich oder mit Hilfe von Reizstrom. Bei Schmerzen rund um den After helfen Salben mit Zink oder Lebertran.

Durch Medikamente kann die Stuhlkonsistenz so beeinflusst werden, dass nicht mit unerwarteten Stuhlentleerungen gerechnet werden muss. So gibt man z. B. Abführmittel in Form von Zäpfchen oder Klistieren, um den Darm zu einer bestimmten Zeit zu entleeren. Mit Ballaststoffen wie z. B. indische Flohsamen und Medikamenten die auf die Darmmotorik wirken wie z. B. Loperamid kann zusätzlich die Kontinenz verbessert werden.

Das Toilettentraining bei einer Stuhlinkontinenz wird in den Grundzügen ähnlich durchgeführt wie bei einer Harninkontinenz. Der einzige Unterschied liegt darin, dass der Patient den Versuch zur Darmentleerung nur einmal am Tag und zwar immer zur selben Zeit durchführt. Zu Beginn kann die Stuhlentleerung mithilfe von Abführzäpfchen unterstützt werden, wobei die ersten Wochen Zäpfchen mit Bisacodyl (z. B. Dulcolax ®) verwendet werden und bei Erfolg auf Zäpfchen mit Glyzerin (z. B. Glycilax®) umgestiegen wird. Nach 2 bis 3 Wochen sollte der erste Auslassversuch ohne Abführzäpfchen durchgeführt werden, da sich bis dahin der Darm meistens an die Regelmäßigkeit der Stuhlentleerung gewöhnt hat. Hilfreich ist auch hier das Führen eines Stuhltagebuches, das ähnlich wie das Miktionsprotokoll geführt wird. Anerkennende Worte vom Pflegepersonal haben auch hier einen günstigen Einfluss auf das Gelingen des Toilettentrainings.

Inkontinenzversorgung

Es gibt heutzutage eine Menge an Inkontinenzhilfsmittel, welche die Unannehmlichkeiten des täglichen Lebens etwas mindern. So stehen z. B. Windeln, Analtampons und die Irrigation zur Verfügung, um den Betroffenen einen Teil der Lebensqualität zurückzugeben, und ihnen ermöglichen, ein fast normales Leben zu führen. Bereits während der Diagnostik und Behandlung sollten die betroffenen Personen mit entsprechenden Inkontinenzhilfsmitteln versorgt werden, dabei kommt der Auswahl des geeigneten Inkontinenzhilfsmittels eine besondere Bedeutung zu. Besonders wichtig ist die Versorgung mit passenden Hilfsmitteln bei Patienten, die keine Aussicht auf Besserung oder Heilung ihrer Inkontinenz haben.

Kriterien für die Auswahl der Inkontinenzhilfsmittel:
  • Wie viel Sicherheit soll gegeben werden?
  • Welche Inkontinenzart (Harn- und/oder Stuhlinkontinenz) liegt vor?
  • Welche Menge und welche Beschaffenheit hat die Ausscheidung?
  • Wann tritt die Inkontinenz auf (z. B. nur in der Nacht)?
  • Wie ist die Mobilität des Betroffenen?
  • Ist der Betroffene aufgrund seiner geistigen und körperlichen Verfassung in der Lage, die Inkontinenzversorgung selbst vorzunehmen?
  • Wie ist die Hautbeschaffenheit des Betroffenen?
Anforderungen an die Inkontinenzversorgung:
  • Möglichst dicht gegen Ausscheidungen und Gerüche
  • Geräuscharmes und optisch unauffälliges Hilfsmittel
  • Hautfreundliches Material
  • Ausscheidungen sicher aufnehmen
  • Möglichst die Selbstständigkeit des Betroffenen erhalten (einfache Handhabung)
Aufsaugende Inkontinenzhilfsmittel:
Sonstige Inkontinenzhilfsmittel:

Siehe auch

Psychosoziale Aspekte der Stuhlinkontinenz

Obwohl es sich vor allem bei älteren Menschen um ein weit verbreitetes Leiden handelt, gibt es auch viele jüngere Menschen, die von der Symptomatik betroffen sind. Umso bedauerlicher ist es, dass Stuhlinkontinenz in der Öffentlichkeit bis heute ein Tabuthema darstellt, über das keiner gerne redet. Der unkontrollierte Abgang von Winden oder Stuhl und die damit verbundenen Gerüche und Geräusche sind für alle Beteiligten äußerst peinlich und mit Scham und Ekel besetzt. Die negativen Gefühle werden dadurch verstärkt, dass die Symptome einen deutlichen Kontrollverlust signalisieren und die betroffene Person sich auf eine frühe Stufe ihrer Entwicklung zurückgeworfen fühlt, die dem eines kleinen Kindes entspricht, das noch nicht „sauber“ ist.

Während im Bereich der Harninkontinenz heute eine leichte Lockerung des gesellschaftlichen Umgangs mit dem Thema zu beobachten ist (so werden etwa entsprechende Hilfsmittel wesentlich offener beworben als in früheren Jahrzehnten), ist eine solche Enttabuisierung im Bereich der Stuhlinkontinenz bisher noch nicht eingetreten.

Wird jemand inkontinent, so verändert sich sein Leben dramatisch. Empfindungen der Peinlichkeit und Scham führen dazu, dass die Krankheit oft so lange wie möglich verschwiegen wird. Viele Patienten vertrauen sich nicht einmal ihrem Arzt an, weil sie sich nicht trauen, über stuhlverschmierte Unterwäsche oder Einkoten offen zu sprechen. Man kann deshalb von einer hohen Dunkelziffer ausgehen.

Eine Studie der Universität Landau liefert erste Anhaltspunkte über die vielfältigen Belastungen und Beeinträchtigungen stuhlinkontinenter Personen.

Das Geheimhalten und Verbergen führt dazu, dass viele inkontinente Menschen in ständiger Angst davor leben, entdeckt zu werden. Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl nehmen Schaden, häufig resultieren Unsicherheit, Ängstlichkeit und Depressivität, aber auch Trauer, Wut und Ärger über das eigene Schicksal. Die Folge ist, dass viele Betroffene sich von ihrer Umwelt zurückziehen, sich isolieren, ihre sozialen Kontakte einschränken und es vermeiden, aus dem Haus zu gehen.

Die psychischen Belastungen werden verstärkt, wenn das soziale Umfeld ablehnend reagiert. So kann es durchaus vorkommen, dass sogar enge Familienangehörige und gute Freunde sich zurückziehen, und zwar nicht, weil sie den inkontinent gewordenen Menschen nicht mehr mögen, sondern weil sie unsicher, überfordert und unfähig sind, mit dem Problem zurechtzukommen.

Stuhlinkontinenz stellt auch eine Beziehung, Partnerschaft oder Ehe auf eine harte Probe – insbesondere, wenn es nicht gelingt, sich offen auszutauschen. Hier spielt der Bereich der Sexualität eine ganz besonders wichtige Rolle. Ängste vor einem Stuhlverlust während des Geschlechtsverkehrs und Unsicherheiten, wie der Partner darauf reagieren würde, führen nicht selten dazu, das Sexualleben gänzlich einzustellen.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die psychosozialen Belastungen stuhlinkontinenter Menschen sehr vielfältig und beeinträchtigend sein können. Das Leben vieler wird leer und eintönig, trost- und inhaltslos. Und doch gelingt es Menschen immer wieder, den Teufelskreis zu durchbrechen, die Inkontinenz zu akzeptieren und ihre Lebensfreude zurückzuerobern, so dass sich die Frage stellt, wie man mit Stuhlinkontinenz leben lernen kann. Folgende Aspekte spielen hierbei eine zentrale Rolle:

1. Frühes Abklären von Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten durch einen Facharzt; 2. Info über und Suche nach geeigneten zuverlässigen Kontinenzhilfsmitteln; 3. Gute Planung und Vorbereitung von Freizeitaktivitäten und Reisen; 4. Angemessene Gestaltung der Wohnung; 5. Menschen finden, mit denen man über die Inkontinenz und die damit verbundenen Belastungen reden kann; 6. Wege suchen, trotz Inkontinenz eine erfüllte Partnerschaft und Sexualität leben zu können; 7. Unterstützende Angebote nutzen (Selbsthilfegruppen, psychologische Beratung / Therapie, Entspannungstraining); 8. Abklärung der Übernahme der Kosten für therapeutische Maßnahmen und Hilfsmittel durch Versicherungsträger.

Hauptziel zukünftiger Aktivitäten sollte es sein, durch Aufklärung, Information und Beratung das Wohlbefinden und die Lebensqualität von stuhlinkontinenten Personen und ihren Angehörigen zu steigern, aber auch medizinische und Pflegefachkräfte in ihrer Arbeit zu unterstützen.

Siehe auch

Weblinks

Literatur

  • Herold, A., Sprockamp, B. & Dlugosch, G.E.: Stuhlinkontinenz – Der Ratgeber. Weingärtner Verlag, Berlin 2005
  • Probst, Michael; Pages, Helen; Riemann, Jürgen F.; Eickhoff, Axel; Raulf, Franz; Kolbert, Gerd: Stuhlinkontinenz. In: Dtsch Arztebl Int. Nr. 107(34-35), 2010, S. 596–601 (Artikel).
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