Theodor Kliefoth

Theodor Kliefoth
Theodor Kliefoth

Theodor Kliefoth (* 18. Januar 1810 in Körchow; † 26. Januar 1895 in Schwerin; vollständiger Name: Theodor Friedrich Dethlof Kliefoth) war ein deutscher Theologe und Kirchenreformer. Er gilt als der bedeutendste Vertreter des Neuluthertums in Norddeutschland und der bedeutendste Theologe der mecklenburgischen Kirchengeschichte. Kliefoth vertrat eine umfassende Neupositionierung des Luthertums, die auf einer Erneuerung von Gottesdienst, Theologie und Kirchenordnung aus dem Geist der Reformation aufbauen sollte.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kindheit

Theodor Kliefoth wurde als ältester Sohn und erstes von zwölf Kindern des mecklenburgischen Pastors (späteren Superintendenten) Johann Kliefoth (1772-1869) geboren. Den ersten Schulunterricht hatte er zusammen mit seinem etwas jüngeren Bruder beim Vater. Dieser war ein nüchterner und strenger Lehrer. Großen Einfluss übte die Großmutter aus: Sie entstammte einer französischen Familie und übernahm wohl die ersten Unterrichtsstunden, so dass Theodor Kliefoth sehr gut französisch sprach. Von ihr wurden die Kliefoth′schen Kinder auch angehalten, körperlich zu arbeiten. So musste Theodor Kliefoth, der bis zu seinem 17. Lebensjahr im Vaterhaus blieb, den Pfarrgarten pflegen, ackern und Imkerei betreiben. Er selbst bezeichnete seine Kindheit später als glücklich und harmonisch. Ab 1826 besuchte er das Gymnasium Fridericianum in Schwerin und bestand hier Ostern 1829 gemeinsam mit einem jüngeren Bruder das Abitur.

Studium

Kliefoth studierte ab 1829 in Berlin und ab 1830 in Rostock Theologie. In seiner Rostocker Zeit schloss sich Kliefoth dem stark von den Ideen des frühen Idealismus geprägten Corps Vandalia Rostock an.[1] In Berlin war er von den Ideen Friedrich Schleiermachers, dessen Vorlesungen er besuchte, und Hegels fasziniert. Mit dem von ihm hoch geschätzten August Neander hatte er persönlich Kontakt. Auch während seines Studiums war er ein disziplinierter, ernsthaft und hart arbeitender Student, dem das lockere, studentische Leben nichts bedeutete. Während der Zeit des Studiums in Rostock legte er bereits Sammlungen zur Dogmengeschichte an und suchte wissenschaftliche Anregung in einem gleichgesinnten Freundeskreis.

Erste Anstellung

Kliefoths Ambitionen auf eine akademische Laufbahn wurden von seinem Vater nicht geteilt. Er musste Ostern 1832 eine Hauslehrerstelle in einem adligen Haus in Mecklenburg annehmen. Aber schon im Januar 1833 wurde er zum Instructor des Prinzen Wilhelm von Mecklenburg am Hof von Ludwigslust berufen. Die Stelle trat er am 1. Mai 1833 an. Zuvor hospitierte er am Seminar von Adolph Diesterweg in Berlin.

Erste Veröffentlichungen

Hier verfasste er seine erste veröffentlichte Arbeit „Welchen Nutzen darf sich der Seelsorger aus dem Studium der Dogmengeschichte versprechen?“ Sie erschien 1833 im „Kirchen- und Schulblatt für Mecklenburg“. Eine umfangreiche Abhandlung zum Standpunkt der lutherischen Dogmatik folgte kurz darauf. Praktische kirchenpolitische Wirkung hatte seine Arbeit von 1834 „Über Presbyterien in der Mecklenburgischen Landeskirche“. Kliefoth beschäftigten weiter Schriften von Friedrich Schleiermacher, August Twesten (1789 - 1876) und Karl Ludwig Nitzsch und betrieb dogmengeschichtliche Studien.

Aufenthalt in Dresden

Als der Erbgroßherzog von Mecklenburg-Schwerin, Friedrich Franz II. 1837 an das Institut von Karl Justus Blochmann in Dresden zum Studium ging, begleitete ihn Theodor Kliefoth als Erzieher bis zum Jahr 1839. Dies war unter mehreren Gesichtspunkten für Kliefoth positiv: er kam dem späteren Landesfürsten freundschaftlich nahe und die Voraussetzungen, in Dresden weitere Studien zu treiben, waren ausgezeichnet. Hier konnte er die „Einleitung in die Dogmengeschichte“ fertigstellen, die 1839 beim Hinstorff Verlag erschien. Im Oktober 1839 erwarb er an der Universität Rostock den philosophischen Doktortitel.

Obwohl Theodor Kliefoth noch kein kirchliches Amt bekleidete, wurde er schon 1835 von der Landesregierung Mecklenburgs mit der Anfertigung eines Gutachtens zur Umgestaltung und Verschärfung der theologischen Prüfungen beauftragt. Die Ergebnisse wurden erst 1844 in einer entsprechenden Verordnung gültig. In dieser Arbeit hatte er auf die Mängel der Verfassung der Landeskirche hingewiesen. Die am 29. Dezember 1841 verabschiedete Synodalordnung trug Kliefoths Handschrift.

Prediger in Ludwigslust

Ostern 1840 verließ er Dresden und wurde am 3. Mai 1840 von seinem Vater als zweiter Geistlicher an der Stadtkirche in Ludwigslust ordiniert. Hier heiratete er die Tochter des Hofpredigers Agnes Walter. Seine Predigten waren lebendig, konkret und wirkungsvoll, sie sorgten regelmäßig für eine gefüllte Kirche. Aus dieser Zeit wurden einige Bücher mit Predigten veröffentlicht.

Berufung nach Schwerin

Theodor Kliefoth im Talar

Im Herbst 1844 wurde er von dem jetzt regierenden Großherzog Friedrich Franz II. gegen den Einspruch der Regierung zum Superintendenten der Diözese Schwerin und damit zum ersten Geistlichen des Landes Mecklenburg berufen. Er zog von Ludwigslust nach Schwerin. 1848 wurden Kirchenregierung und Landesregierung getrennt, 1850 nahm der Oberkirchenrat die Arbeit auf. In diesem war Kliefoth der Ideengeber, obwohl er erst 1886 als Oberkirchenratspräsident auch nach Außen die Führung übernahm.

Kliefoth trat energisch für die Rechte der Kirche gegen die Einmischung des Staates auf.

Ein Denkmal seiner Gedanken zu Gottesdienst, Kirchenbau und sogar seiner Sicht der Kirchengeschichte (repräsentiert in den Kirchenfenstern) ist die neugotische Paulskirche in Schwerin, erbaut 1863-1869. Kliefoth war bei deren Bau mit dem Architekten und dem Ministerialrat von Wickede einer der drei Mitglieder der Kirchenbaukommission. Er war maßgeblich daran beteiligt, die Grundsätze festzuschreiben, nach denen in Deutschland und wohl auch darüber hinaus Kirchen gebaut wurden. Diese Grundsätze wurden in den lutherischen Konferenzen 1856 und 1861 als Eisenacher Regulativ thesenartig formuliert und hatten fast Gesetzesrang. Kliefoth hatte die Paulskirche, deren theologischer Bauherr er war, in vorbildlicher und exzellenter Form zum Vorführobjekt werden lassen.

Mit August Wilhelm Dieckhoff gab er 1860 bis 1864 in Schwerin die „Theologische Zeitschrift“ heraus.

Er schrieb eine mehrbändige Geschichte des Gottesdienstes, historische Untersuchungen zu den Amtshandlungen und eine „Theorie des Kultus“. Die liturgischen Forschungen Kliefoths erreichten ihren Höhepunkt in dem vierbändigen Cantionale für die evangelisch-lutherischen Kirchen im Großherzogthum Mecklenburg-Schwerin (1868-1887). Dies war die erste bedeutende Gottesdienstordnung nach der Kirchenordnung von 1602 in Mecklenburg. Hier findet sich auch unter den Neuschöpfungen mittelalterlicher Hymnen Kliefoths Übersetzung des Passionshymnus Rex Christe, factor omnium, die in heutige Gesangbücher aufgenommen ist: „Christe, du Schöpfer aller Welt“ (EG 96). Kliefoths Entwurf sollte sich insgesamt als viel zu anspruchsvoll für die mecklenburgischen Dorfkirchen erweisen.

Am 1. Oktober 1894 ging er in den Ruhestand, nachdem er am 1. Mai 1893 das seltene 60. Dienstjubiläum gefeiert hatte.

Werke

  • Welchen Nutzen darf sich der Seelsorger aus dem Studium der Dogmengeschichte versprechen?, in: Kirchen- und Schulbibliothek für Mecklenburg 2 (1833), Heft 2, 33-120
  • Über den heutigen Standpunkt der lutherischen Dogmatik. Eine dogmengeschichtliche Übersicht, in: Kirchen- und Schulbibliothek für Mecklenburg 2 (1833) Heft 3, 1-74
  • Über die Presbyterien in der mecklenburgischen Landeskirche, in: Kirchen- und Schulbibliothek für Mecklenburg 3 (1834) Heft 3
  • Einleitung in die Dogmengeschichte, Parchim/Ludwigslust 1839,
  • Predigten, Sammlung 1+2, 2 Bände, Parchim/Ludwigslust 1841-1843
  • Theorie des Kultus der evangelischen Kirche, Parchim/Ludwigslust 1844
  • Die ursprüngliche Gottesdienstordnung in den deutschen Kirchen lutherischen Bekenntnisses, Rostock 1847
  • Acht Bücher von der Kirche, Schwerin/Rostock I 1854
  • Kirchenordnung, Schwerin 1855
  • Der Schriftbeweis des J.Chr.K. v. Hofmann, Schwerin 1860
  • Der Prophet Sacharja, übersetzt und ausgelegt, Schwerin 1862
  • Was fordert Artikel 7 der Augsburgischen Konfession hinsichtlich des Kirchenregiments in der lutherischen Kirche?, in: Die allgemeine lutherische Konferenz in Hannover am 1. und 2. Juli 1868
  • Das Buch Daniel, übersetzt und erklärt, Schwerin 1868
  • Die Offenbarung des Johannes, 3 Bände. Leipzig 1874.
  • Christliche Eschatologie, Leipzig 1886

Quellen und weiterführende Informationen

Literatur

  • Martin Grahl: Verklärung: die Konzeption der Heilsgeschichte bei Theodor Kliefoth. Rostock, Univ., Diss., 2002 Digitalisat
  • Günther Kehnscherper: Das Wesen der Kirche nach Theodor Kliefoth. Diss. Leipzig 1954
  • Heinrich Stoll: Theodor Kliefoth als Kirchenführer. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1936
  • Bernhard Uhlmann: Ansätze zur Behandlung der ökumenischen Frage in der Lehre von der Kirche bei Theodor Kliefoth und August Vilmar Diss. Leipzig 1958
  • Ernst Haack: Kliefoth, Theodor. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 51, Duncker & Humblot, Leipzig 1906, S. 218–228.
  • Heiko Wulfert: KLIEFOTH, Theodor. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 4, Herzberg 1992, ISBN 3-88309-038-7, Sp. 58–60.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Kösener Corpslisten 1910, 185, Nr. 282.

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