Corps Vandalia Rostock

Corps Vandalia Rostock
Der namengebende Titel

Das Corps Vandalia Rostock ist eine pflichtschlagende und farbentragende Studentenverbindung im Kösener SC-Verband. Wie alle Corps von jeher unpolitisch, vereint Vandalia Studenten und ehemalige Studenten der Universität Rostock. Die Corpsmitglieder werden „Rostocker Vandalen“ genannt.

Inhaltsverzeichnis

Farben und Wahlspruch

Das Band der Vandalia ist gold-dunkelblau-blutrot-gold, das Fuchsenband ist dunkelblau-gold. Dazu wird eine dunkelblaue Mütze im (großen) Biedermeierformat mit zwei Goldstreifen, welche blau-rote Streifen einfassen, getragen. Der Wahlspruch lautet „Concordia firmat vires!“ [1] Der Waffenspruch ist „Gladius ultor noster!“ [2]

Die Vandalen

Mit dem Namen Vandalia beriefen sich die Stifter des Corps auf den Volksstamm der Wenden, die Ureinwohner Mecklenburgs. Schon im Mittelalter und auch noch in der frühen Neuzeit[3] wurden sie mit dem antiken Volk der Vandalen gleichgesetzt.[4] So trugen auch andere mecklenburgische Corps und das Landeslied der Mecklenburg-Strelitzer den Namen Vandalia. Im diplomatischen Latein hießen die Wenden sogar ganz allgemein „Vandali“. Die Großherzöge von Mecklenburg führten daher unter ihren zahlreichen Titeln die offizielle Bezeichnung Princeps Vandalorum. Wallenstein ließ als Herzog von Mecklenburg Münzen mit der gleichen Umschrift schlagen.“[5] Dass mecklenburgische „Vandalen“ Nachkommen der alten Vandalenstämme sein könnten, beflügelte wohl schon immer die Phantasie und Abenteuerlust junger Corpsstudenten.

Geschichte

Die Vorgeschichte der Rostocker Vandalen reicht in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts zurück und ist zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch eng mit den Constantisten verbunden, die sich in Rostock und wohl auch in Jena gehalten hatten, während sie an anderen Universitäten bereits verdrängt und bedeutungslos geworden waren.[6][7]

Vandalia I

Eine erste Vandalia wurde am 14. Mai 1808 von in Rostock studierenden Göttinger und Heidelberger Vandalen gestiftet. Sie hatte die Farben Blutrot-gold und ging bereits am 5. November 1812 ein.

Vandalia II

Am 1. Mai 1822 versuchten wiederum Göttinger Vandalen, in Rostock eine Vandalia II zu etablieren. Bereits am 16. November desselben Jahres war der Versuch gescheitert.

Vandalia III

Auf der Grundlage dieser Traditionen wurde die heutige Vandalia am 18. Oktober 1824, dem 10. Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig, gegründet. Beteiligt waren wiederum Göttinger Vandalen und einige Mitglieder der Rostocker Vandalia II. Deshalb könnte man diese Vandalia als eine Fortsetzung der Vandalia II von 1822 betrachten.

Alle Vandalen-Verbindungen an deutschen Hochschulen hatten die Farben rot-gold. Diese Farben gehen nicht auf die rot-gold-schwarze mecklenburgische Ritterschaftsuniform, sondern auf die rot-goldene Uniform der mecklenburgischen Landstände zurück. Dies erklärt sich aus dem relativ hohen Adelsanteil der aus Mecklenburg kommenden Studenten und Mitgliedern der miteinander personell eng verwobenen Vandalencorps.

In Rostock wurde 1831 das Blau der Constantisten hinzugenommen. Auf diese Verbindung von Orden und Corpslandsmannschaft spielt Fritz Reuter (ein mecklenburgischer Burschenschafter) an. Reuter selbst war ursprünglich Mitglied des Corps Vandalia Rostock, wurde jedoch später wegen burschenschaftlicher Umtriebe excludiert. In seiner Gisbert, Friherr von Vincke gewidmeten „Reis' nach Konstantinopel“ schreibt er:

„Wi lös'ten de grote sociale Frag' un stift'ten ne Allgemeinheit unner uns, de de ßackermentschen Constantisten un Vandalen schändliche Wis' de Gemeinheit näumen deden.“[7]

Die Rostocker (Allgemeine) Burschenschaft war nach entsprechendem Druck der Mainzer Zentraluntersuchungskommission verboten worden;[8] der Universitätsrektor Wiggers brauchte aber eine Korporation als „Studentenvertretung“, um dem herzoglichen Landesherrn „politisch korrekt“ berichten zu können. Als Student war Wiggers Senior des Constantitistenordens an der Universität Göttingen gewesen.[7]

Andere Constantisten wie v. Pentz, v. Nettelbladt und v. Hobe bekleideten hohe Ämter in Mecklenburgs Staatsdienst und Justiz. Zur Vandalia III zählten viele Angehörige des alten mecklenburgischen Adels (Bassewitz, Maltzan, Laffert, Levetzow, Bülow, Langermann, Blücher). Fast alle Vandalen waren bei einem weiteren Corps aktiv gewesen, meistens bei Vandalia Göttingen, Guestphalia Heidelberg, Vandalia Heidelberg oder Borussia Bonn. Da an der niedergehenden Universität geeigneter Nachwuchs ausblieb, musste diese Vandalia III (ähnlich wie die Königsberger Silber-Litthuania) suspendieren.

Am 1. Mai 1907 wurde das Corps Vandalia von sechs noch lebenden Alten Vandalen rekonstituiert (EM Bassewitz, EM Röse, Harder, Dankert, Schmidt, und Boldt),[9] was nach den heutigen Statuten des KSCV nicht mehr möglich gewesen wäre. Nach heutigen Statuten darf ein CC nicht länger als 50 Jahre suspendiert sein, wenn er unter Verwendung des alten Stiftungsdatums und der alten Insignien (Farben, Zirkel, Wappen, Wahlspruch) wiedererstehen soll. Durch personelle Kontinuität und das damalige Vorgehen konnten aber Stiftungsdatum, Wappen, Farben und Zirkel erhalten werden. So ist Vandalia heute unstreitig die älteste Studentenverbindung in Rostock.

Die Altherrenschaften der Rostocker Corps Borussia (1882-1886), Hansea (1882-1883) sowie des Corps Baltia Greifswald (1878-1889) gingen im früheren Landescorps Vandalia auf. Vandalia war fortan von zumeist bürgerlichen Landeskindern geprägt und im gesellschaftlichen Leben der Hansestadt fest verankert. 1922 war Vandalia präsidierendes Vorortcorps und stellte mit Fritz Weber den Vorsitzenden des oKC. Der aktive Betrieb lief bis 1935.

Mecklenburger Vandalen

Überwintern in Göttingen

Nach der erzwungenen Suspension im Oktober 1935 und nach dem Zweiten Weltkrieg konnte die Vandalia zunächst nicht an ihren Heimatort zurückkehren. Die Tradition wurde ab 1954 vom Kartellcorps Hildeso-Guestphalia in Göttingen fortgeführt.

Um die sog. „Suspensionsfrist“ nach § 8 KSt zu unterbrechen, meldeten sich 14 Alte Vandalen für die Partie des Inaktiven v. Briskorn und den anschließenden FCC am 10. Juni 1961 aktiv. Um eine Rückkehr nach Rostock nicht zu verbauen, behielt der Altherrenverband der Rostocker Vandalen seine Unabhängigkeit und das Recht, Corpsstudenten das Band oder die Corpsschleife zu verleihen.

Rekonstitution in Rostock

SC zu Rostock – 2011 wie 1920

Seit Ende 2008 wurde Vandalias Rekonstitution in Rostock vorbereitet. Sie erfolgte am 1. März 2009 und wurde dem Vorort des KSCV am 12. März 2009 angezeigt. Erste Partien wurden am 27. März 2009 mit den Corps Concordia Rigensis und Albertina im Norddeutschen Waffenring gestellt. Mit dem Corps Visigothia bildet Vandalia wieder den SC zu Rostock.

In Rostock bezog der CC zunächst ein Abbruchhaus am Bahnhof, die sogenannte „Vandalenhöhle“. Seit dem Winter 2009/10 bietet das John Brinckman-Haus am Rostocker Stadthafen (über einem mittelalterlichen Gewölbekeller) den Vandalen eine „standesgemäße“ Unterkunft. Das vierte Rostocker Vandalenhaus befindet sich neben dem Geburtshaus des Heimatdichters. Zum Abschluß des Sommersemesters 2009 wurde dem HKSCV ein Mitgliederbestand von 66 gemeldet.

Mit den Corps Hildeso-Guestphalia, Saxonia Jena, Borussia Tübingen, Saxonia Bonn und der suspendierten Marcomannia-Breslau bildet Vandalia den roten Kreis im KSCV.

Bekannte Mitglieder

Einzelnachweise

  1. deutsch: „Einigkeit macht stark!“
  2. deutsch: „Das Schwert ist unser Rächer!“
  3. Albert Krantz: Wandalia. Köln 1519
  4. E. H. Eberhard: Studien über Farbensymbolik. IV. Vandalia - Name und Farben, in: Academische Monatshefte 21 (1904/05), S. 373-378
  5. Erich Bauer, F. A. Pietzsch: Kritisches zur Anfangsgeschichte der Göttinger und Heidelberger Vandalia. Einst und Jetzt 10 (1965), S. 108
  6. Walter Richter: Die Landsmannschaft der Mecklenburger im 18. Jahrhundert. Einst und Jetzt, Bd. 20 (1975), S. 7-32
  7. a b c Walter Richter: Die vandalische Verbindung zu Rostock 1750-1824. Einst und Jetzt, Bd. 21 (1976), S. 15-55
  8. Dabei bezog sie sich auf die Untersuchung des Kanzleijuristen v. Both.
  9. Kösener Corpslisten 1960, 119, 195, 211, 317, 348, 412 und 413

Literatur

  • Erich Bauer: Kritisches zum Bestand der Vandalia und Saxonia zu Rostock von 1808 - 1812. Einst und Jetzt, Bd. 14 (1969), S. 149-159
  • Gunther Tilse (Hrsg.): Geschichte des Corps Vandalia zu Rostock, Dortmund 1975

Weblinks


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