Bankguthaben

Bankguthaben

Bankguthaben (auch Bankeinlagen oder Depositen) ist der nicht feststehende Sammelbegriff für Forderungen von Nichtbanken gegenüber Kreditinstituten. Es handelt sich um Buchgeld auf Bankkonten, das jederzeit in Bargeld umgewandelt oder für Geldanlage- oder Zahlungsverkehrszwecke verwendet werden kann.

Inhaltsverzeichnis

Rechtsgrundlagen

Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG gehört die gewerbsmäßige Annahme fremder Gelder als Einlagen oder anderer unbedingt rückzahlbarer Gelder des Publikums, sofern der Rückzahlungsanspruch nicht in Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen verbrieft wird, ohne Rücksicht darauf, ob Zinsen vergütet werden (Einlagengeschäft), zu den erlaubnispflichtigen Bankgeschäften. Damit wird die Annahme fremder Gelder geschützt und unter die Erlaubnispflicht durch die Bankenaufsicht BAFin gestellt. Nach § 37 KWG kann das BAFin die sofortige Einstellung des Geschäftsbetriebs und die Rückabwicklung von Bankgeschäften anordnen, wenn die Geschäfte ohne Erlaubnis betrieben werden. Aus diesem Grunde dürfen nur Kreditinstitute Bankguthaben annehmen, wobei sich die ihnen erteilte Erlaubnis ausdrücklich hierauf beziehen muss. Das BAFin hat genaue Auslegungshinweise zum Einlagengeschäft als Bankgeschäft erlassen[1]. Danach sind Gelder als „rückzahlbar“ anzusehen, wenn ein zivilrechtlicher Anspruch auf ihre Rückzahlung besteht (z. B. als Darlehen nach § 488 Abs. 1 BGB). Nach ständiger Verwaltungspraxis der BAFin fallen Gelder von „institutionellen Anlegern“, namentlich von Kreditinstituten, Kapitalanlagegesellschaften sowie im Inland lizenzierten Versicherungsunternehmen nicht unter den Begriff des „Publikums“. Ein Unternehmen nimmt dann fremde Gelder als „Einlagen“ entgegen, wenn von einer Vielzahl von Geldgebern auf der Grundlage typisierter Verträge darlehens- oder in ähnlicher Weise laufend Gelder entgegengenommen werden, die ihrer Art nach nicht banküblich besichert sind. Einlagen sind jedenfalls solche fremden Gelder, die an Unternehmen von mehreren Geldgebern, die keine Kreditinstitute sind, zur unregelmäßigen Verwahrung, als Darlehen oder in ähnlicher Weise ohne Bestellung banküblicher Sicherheiten und ohne schriftliche Vereinbarung im Einzelfall laufend zur Finanzierung des auf Gewinnerzielung gerichteten Aktivgeschäfts entgegengenommen werden. Von einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, wird beim Einlagengeschäft in ständiger Verwaltungspraxis ausgegangen[2], wenn

  • der Einlagenbestand bei mehr als fünf Einzelanlagen die Summe von 12.500 Euro überschreitet oder
  • unabhängig von der Summe des Einlagenbestands mehr als 25 Einzeleinlagen bestehen.

Bei der Anlage oder Entstehung eines Bankguthabens wird – meist konkludent - ein schuldrechtlichter Vertrag in Form eines Darlehensvertrags gemäß § 488 BGB oder ein unregelmäßiger Verwahrungsvertrag gemäß § 700 Abs. 1 BGB (auch als „uneigentliche Verwahrung” oder „depositum irregulare” bezeichnet) geschlossen. Die rechtliche Einordnung eines Bankguthabens als Darlehen oder uneigentliche Verwahrung hängt davon ab, ob ein „überwiegendes Verwahrinteresse“ des Kunden oder eine Geldanlage im Vordergrund stehen. Bankguthaben entstehen im überwiegenden Interesse des Bankkunden. Diese rechtliche Unterscheidung hat keine praktische Auswirkung, weil die uneigentliche Verwahrung im Falle der Bankguthaben als Darlehen angesehen wird[3].

Während ein Haben-Saldo des Bankkunden eine Forderung aus unregelmäßiger Verwahrung nach § 700 BGB darstellt, ist der Soll-Saldo eine Darlehensverbindlichkeit im Sinne des § 488 BGB. Ein- und Auszahlungen auf das Girokonto sind daher in aller Regel auch Akte zur Begründung oder Erfüllung der genannten Schuldverhältnisse oder einzelner Pflichten aus ihnen[4]. Im Falle kreditorischer Girokonten stellen Barauszahlungen die Rückgabe des für den Kunden verwahrten (§ 688 BGB) und Bareinzahlungen die Hingabe des zu verwahrenden Geldes dar (§ 700 BGB); bei debitorischen Konten sind Barauszahlungen als Kreditauszahlungen, Bareinzahlungen als Kreditrückzahlungen anzusehen (§§ 488 ff. BGB)[5].

Arten und Abgrenzungen

Bankrechtlich werden die Bankguthaben nach ihrer Befristung und damit nach ihrer Verfügbarkeit unterschieden. Anlageformen wie Spareinlagen oder Spar(kassen)briefe und Spar(kassen)obligationen werden nicht zu den Bankguthaben im engeren Sinne gerechnet. Insbesondere Sparkassenbriefe und Spar(kassen)obligationen gehören bankaufsichtsrechtlich nicht zum Einlagengeschäft nach obiger Legaldefinition.

Sichteinlagen

Ist keine Befristung vereinbart oder die Geldanlagen sind jederzeit für den Bankkunden verfügbar oder die Laufzeit bzw. Kündigungsfrist liegt unter einem Monat, handelt es sich um täglich fällige Einlagen. Hierfür wird auch die Bezeichnung Sichteinlagen verwendet[6]. Sie entstehen banküblich auf Girokonten oder werden auf spezifischen Tagesgeldkonten verbucht. Der Bankkunde kann hierüber jederzeit verfügen, ohne dies dem Kreditinstitut vorher anzeigen zu müssen. Sie dienen sowohl dem Zahlungsverkehr als auch einer Reserve für unerwartete Liquiditätsengpässe beim Bankkunden. Erfahrungsgemäß wird jedoch über einen Teil der Sichteinlagen nicht verfügt und bleibt als Bodensatz als längerfristige Geldanlage auf den Konten. Weil diese Anlageform jederzeit disponibel ist, wird sie von Kreditinstituten nicht oder nur sehr gering verzinst[7].

Befristete Einlagen

Bei befristeten Einlagen hingegen wurde vor ihrer Entstehung eine Vereinbarung mit dem Kreditinstitut getroffen, wonach die Laufzeit oder Kündigungsfrist mindestens einen Monat betragen soll. Während dieses Zeitraumes ist eine vorzeitige Verfügung über befristete Einlagen meist nicht zulässig oder wird mit Strafzinsen bedroht. Zu den befristeten Einlagen gehören Festgelder, für die eine bestimmte Laufzeit von mindestens einem Monat vereinbart wird, sowie Kündigungsgelder, bei denen eine Kündigungsfrist von mindestens einem Monat vereinbart wird. Während über Festgelder nach Ablauf der Anlagefrist verfügt werden kann, muss der Bankkunde bei Kündigungsgeldern erst den Ablauf der Kündigungsfrist abwarten. Allgemein werden die befristeten Einlagen zu den Bankguthaben gerechnet[8] .

Bilanzierung

Nach § 266 Abs. 2 B IV HGB sind Bankguthaben bei bilanzierenden Nichtbanken als „Guthaben bei Kreditinstituten“ zu aktivieren. Zudem gilt für Bankguthaben und Bankverbindlichkeiten ein Saldierungsverbot gemäß § 246 HGB. Handelsrechtlich gehören Bankguthaben zu den Vermögensgegenständen, die dem Betrieb dienen. Bei einer Inventur werden Kontoauszüge als Nachweis der unterhaltenen Bankguthaben herangezogen. Bei Kreditinstituten werden alle nicht verbrieften Verbindlichkeiten gegenüber in- und ausländischen Nichtbanken, sofern sie keinen Zweckbindungen unterliegen, gemäß § 21 Abs. 2 Rechnungslegungsverordung (Kreditinstitute) als „Verbindlichkeiten gegenüber Kunden“ in der Bilanz passiviert, Spareinlagen werden nach § 21 Abs. 4 hiervon getrennt ausgewiesen.

Pfändbarkeit

Allgemein sind Bankguthaben abtretbar, verpfändbar und pfändbar. Das Kreditinstitut darf jedoch gemäß § 835 Abs. 3 Satz 2 ZPO innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung weder an den Kontoinhaber noch an den Pfändungsgläubiger leisten. Innerhalb dieser Frist hat der Kontoinhaber die Möglichkeit, nach § 850k ZPO eine Freigabe des pfändungsfreien Teiles seines im Bankguthaben verrechneten Einkommens zu erwirken. Bankguthaben unterliegen deshalb einem gewissen Pfändungsschutz.

Mindestreserve

Bankguthaben werden in ihrer Form als Sichteinlagen und befristete Einlagen neben den Spareinlagen für die Berechnung der Mindestreserve herangezogen. Sämtliche Zentralbankguthaben, die über dem Mindestreservesoll liegen, stellen einen Reserveüberschuss dar. Bankguthaben von Nichtbanken sind zudem Quelle der Giralgeldschöpfung[9]. Bankguthaben in Fremdwährung gehören zu den Devisen.

Bestandteil der Geldmenge

Das von der Bundesbank und anderen ausländischen Zentralbanken ermittelte mikroökonomische Aggregat Geldmenge besteht in seiner Ausprägung M1 aus dem Bargeldumlauf sowie den Sichteinlagen inländischer Nichtbanken bei inländischen Kreditinstituten, erfasst mithin die Bankguthaben mit Laufzeit oder Kündigungsfrist von weniger als einem Monat. M2 wiederum erfasst M1 und Termingelder inländischer Nichtbanken bei inländischen Kreditinstituten.

Tod des Anlegers

Bankguthaben müssen beim Tod des Anlegers von der Bank dem für die Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt angezeigt werden (§ 33 ErbStG). In diesem Falle kann die Bank von demjenigen, der über das Bankguthaben verfügen will, verlangen, dass ein Erbschein, ein Testamentsvollstreckerzeugnis oder eine Ausfertigung bzw. eine beglaubigte Abschrift der letztwilligen Verfügung zusammen mit der Eröffnungsniederschrift vorgelegt wird. Nur wer darin als Erbe oder Testamentsvollstrecker aufgeführt ist, wird von der Bank als berechtigt angesehen, über das Bankguthaben zu verfügen. Zudem kann die Bank selbst dann an die berechtigte Person Leistungen erbringen.

Sicherheit

Bankguthaben bei deutschen Kreditinstituten unterliegen mindestens der gesetzlichen Einlagensicherung und häufig darüber hinaus der freiwilligen Einlagensicherung einzelner Bankenverbände. Nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes sind Einlagen bis zur Höhe von 100.000 Euro gesichert, die im Entschädigungsfall ausgezahlt werden, wenn ein Kreditinstitut nach § 5 dieses Gesetzes nicht in der Lage ist, Einlagen zurückzuzahlen. Einlagen im Sinne dieses Gesetzes sind Guthaben bei Kreditinstituten, die sich aus auf einem Konto verbliebenen Beträgen im Rahmen der Geschäftstätigkeit eines Instituts und von diesem auf Grund gesetzlicher oder vertraglicher Bestimmungen zurückzuzahlen sind. Dazu zählen auch Forderungen, die das Institut durch Ausstellung einer Urkunde verbrieft hat, jedoch nicht Inhaber- und Orderschuldverschreibungen. Von dieser Bestimmung werden mithin auch Bankguthaben erfasst. Neben dieser gesetzlichen Einlagensicherung besteht bei den einzelnen Bankenverbänden noch eine zusätzliche, über diesen Betrag hinausgehende Einlagensicherung. Die Kreditinstitute sind rechtlich verpflichtet, über Art und Höhe der Einlagensicherung Auskunft zu geben, wenn ihre Kunden ein besonderes Interesse an der Nominalsicherheit einer Geldanlage offenbaren[10].

Einzelnachweise

  1. BAFin, Hinweise zum Tatbestand des Einlagengeschäfts, Januar 2009
  2. Schreiben des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen vom 7. September 1982, Az – I 2 – 151 – 14/82, abgedruckt in: Reischauer/Kleinhans, KWG, Loseblattsammlung, Band 2, Kza. 281, Nr. 1
  3. so bereits Otto Mühlhäuser, Ueber Umfang und Geltung des Depositum irregulare : Eine civilistische Studie, 1879, S. 48 ff.
  4. BGHZ 124, 254, 257
  5. BGH WM 1993, 2237
  6. Claus Köhler, Geldwirtschaft: Geldversorgung und Kreditpolitik, 1977, S. 11
  7. Armin Töpfer, Betriebswirtschaftslehre: Anwendungs- und prozessorientierte Grundlagen, 2005, S. 448
  8. Claus Köhler, a.a.O., S. 11
  9. Claus Köhler, a.a.O., S. 119 ff.
  10. BGH, Urteile vom 14. Juli 2009, Az.: XI ZR 152/08 und XI ZR 153/08

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