- Todessymbolik
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Als Todessymbolik wird ein System oder Repertoire der symbolischen, häufig allegorischen Darstellung des Todes bezeichnet. Die hierzu verwendeten Zeichen und Bilder stehen in einem engen Zusammenhang mit ihren jeweiligen Kulturen und Epochen. Ein bekanntes Beispiel für eine symbolische und allegorische Darstellung des Todes ist der Sensenmann. Im weiteren Sinn gehören zur Todessymbolik auch alle Symbole, deren Bedeutungen auf den Tod verweisen, zum Beispiel das Kreuz oder die Sanduhr. Todessymbolik findet man in fast allen Bereichen der Kultur und Zivilisation, vor allem in den Bereichen Mythologie, Religion und Mystik, der Bildenden und Darstellenden Kunst, der Architektur, Literatur und Dichtung, aber auch in der Theologie, Psychologie und Philosophie. Die vielfältigen kulturellen Formen, in denen der Mensch unter Verwendung von Todessymbolen die Vorgänge des Bestattens und Trauerns zum Ausdruck bringt, wird als Sepulkralkultur bezeichnet.
Inhaltsverzeichnis
Deutungen der Todessymbolik
Grundsätzlich kann man Todessymbole nach ihren Bedeutungen in zwei entgegengesetzte Kategorien aufteilen, eine Kategorie todesbejahender, hoffnungsvoller, geborgenheitsspendender, befreiender Symbole und eine andere todesverneinender, hoffnungsloser, angsterfüllender und begrenzender Symbole. Im Speziellen verweisen Todessymbole je nach Kultur und Gebrauch auf verschiedene Bedeutungen. Typische Bedeutungen sind etwa der eigene Tod (Sensenmann), die dauerhafte Präsenz der Vergänglichkeit im Leben (Memento mori), der kulturelle Umgang mit Todesfällen (Trauerfarbe Schwarz), Reifephasen im Leben, also «kleine Tode» während des Lebens (z.B. die Taufe mit dem Untertauchen ins Wasser als Symbol des Sterbens und dem Auftauchen aus dem Wasser als Symbol der Wiederauferstehung), die Verbindung zu einer geistigen Welt (z.B. bei den Maori der Schädel als Symbol einer Verbindung zu den Ahnen) oder die Lebensgefahr (z.B. bei der Piratenflagge, als Warnung vor giftigen Stoffen oder vor Hochspannung).
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Jolly Roger: Piratenflagge als – leicht hämische – Warnung vor dem nahenden Tode
Auch wenn gewisse urtümliche Symbole der ganzen Menschheit gemeinsam sind, so haben sich doch im Lauf der Zeit verschiedene Interpretationen entwickelt. So ist z.B. Weiß in Europa die Farbe der Unschuld und des Brautkleides, im asiatischen Raum aber die Farbe der Trauer um einen Toten, während in Europa die Toten in Schwarz betrauert werden. Diese Unterschiede verweisen offenbar darauf, dass der Tod in den Weltgegenden traditionell mit verschiedenen Bedeutungen verbunden wird: In Asien geht man durch den Tod demnach ins Licht, in Europa in die Dunkelheit.
Todessymbolik in verschiedenen kulturellen Ausprägungen
Europa
Die Farbe Schwarz als Farbe des Todes und der Trauer oder der Schädel beziehungsweise das Skelett gelten in den westlichen Kulturen schon seit jeher als Todessymbole. In der Antike wird der Tod oft positiver, zum Beispiel nur als Zwischenstation gesehen oder als Erlösung (Griechenland: der Jüngling mit dem «Trank des Vergessens»). Im Mittelalter erscheint der Tod als stets im Leben präsent (Memento Mori), ähnlich im Spät-Mittelalter und im vergänglichkeitsbewussten Barock; neues bürgerliches Denken (Aufklärung, Klassik) ändert diese Gewichtung zugunsten des Lebens. In der Romantik kann der Tod Öffnung ins Unendliche sein. Seit dem 19. Jahrhundert besonders in der Gegenwart, wird er vorwiegend als absolutes Ende und absurde Sinnzerstörung erfahren. Je nach Epoche und Kultur hat die Todessymbolik deshalb sehr verschiedene Ausprägungen.
Osiris, ägyptischer Gott und Herrscher über die Toten wurde als Mensch dargestellt, zumeist mit grüner Hautfarbe, mit Atefkrone aus Pflanzenstängeln und Straußenfedern, er selbst in einem meist weißen langen Anzug mit einem roten Gürtel. Durch seine spätere Rolle als Herrscher des Jenseits wird er auch mit den Königsinsignien, Krummstab (Symbol des guten Hirten) und Dreschflegel (Symbol der Fruchtbarkeit) abgebildet.
Thanatos ist in der griechischen Mythologie die personifizierte Form des Todes. Er wird oft mit schwarzen Flügeln und einem finsteren Blick dargestellt und schneidet den Sterbenden mit einem Opfermesser eine Locke ab. Später erscheint er oft als Immerschläfer, meist ein schöner, geflügelter Jüngling oder Knabe, der eine noch gesenkte lodernde oder bereits verlöschte Fackel in der Hand hält.
Der Jüngling im lilienweißen Gewand ist eine andere antike Darstellung des Todes. Er wartet auf den Betroffenen am Wegrand mit dem «Trank des Vergessens» (siehe auch «Schierlingsbecher») den dieser entgegennimmt, leert und dabei stirbt.
Morta war der personifizierte Tod in der römischen Mythologie. Als Symbol hält sie die Schere, mit der sie den Lebensfaden durchtrennt.
Der Totentanz (→ Hauptartikel: Totentanz) ist ein Motiv in der bildenden Kunst, das den Tod allegorisch in Form eines Skelettes zeigte, tanzend mit einem oder mehreren Lebenden. Das Sujet beruht auf dem Volksglauben, wonach die Verstorbenen um Mitternacht aus ihren Gräbern kommen und tanzen. Dabei sollen die Toten gegenüber den Lebenden geäußert haben: «Was ihr seid, das waren wir; was wir sind, das werdet ihr!» Um 1360 entstand in Würzburg die erste deutschsprachige und 1375 die erste französische Ausgabe des sogenannten «Danse macabre». Besonders bekannt sind "La danse macabre", Paris 1491/92 von G. Marchant, und «Der Totentanz» des H. Holbein d. J., eine um 1525 entstandene Sammlung von Holzschnitten, die in Lyon 1538 in Buchform erschien.
Memento Mori ist lateinisch und steht für «Gedenke des Todes». Der Ausdruck bezeichnet Motive der Bildenden Kunst, die ähnlich den > Vanitas-Darstellungen an die Vergänglichkeit des Menschen und den leeren Schein alles Irdischen erinnern. Versteckte Memento Mori-Botschaften sind besonders häufig auf Stillleben des 17. und 18. Jahrhunderts zu finden. Bekannte Beispiele des Memento Mori-Themas sind die aus Elfenbein geschnitzten, vollplastischen Wendeköpfe: Während eine Seite ein menschliches Antlitz zeigt, ist die andere als Totenschädel gestaltet oder die eine Seite als schöne Frau und die andere als Greisin. Weitere Motive sind der Totenkopf, der Sarg sowie der Totentanz. Als Memento Mori gilt weiters die Darstellung eines schlafenden Knaben, dessen Haupt auf einem Totenschädel ruht oder die Figuren kleiner Knaben, die mit einem Röhrchen Seifenblasen (als Vergänglichkeitssymbol) formen, Symbole wie Faulstellen an Früchten, herabgebrannte Kerzen, leere Schneckenhäuser oder Muscheln, aufgeklappte Sonnenuhren und Stundengläser. Bei Landschaftsdarstellungen signalisieren Trauerweiden, Grabhügel mit Kreuzen, Obeliske, umgestürzte Säulen und Ruinen das Memento Mori-Thema.
Vanitas ist lateinisch und bedeutet so viel wie «leerer Schein», «Eitelkeit». Vanitas-Sinnbilder sind, genau wie Memento Mori-Motive, symbolhafte Darstellungen der Vergänglichkeit und des Todes als Mahnung vor Sinneslust, Eitelkeit und dem Streben nach vergänglichen irdischen Gütern. Typisch für die Vanitasmotivik ist die für das Barockzeitalter kennzeichnende Verbindung von vollem, sattem Leben mit dem Tod oder Todesboten. Oft ist die Todessymbolik ganz sublim im Bild eingearbeitet, so dass sie sich nur dem wissenden Betrachter erschließt. In anderen Bildern jedoch ist sie auch ganz plakativ und offenkundlich dargestellt.
Bekannte Vanitas-Sinnbilder sind unter anderem die Darstellung dreier Lebender und dreier Toter (vgl. Totentanz) und Doppelfiguren mit einer jungen Frau auf der Vorder- und einer alten Frau oder einem Totengerippe auf der Rückseite. Ein anderes verbreitetes Vanitas-Motiv ist der mit einem Röhrchen Seifenblasen formende kleine Knabe. Über Sinnbildern von Reichtum und Macht schwebende Seifenblasen sollen an die Nichtigkeit und Kurzlebigkeit irdischer Güter erinnern. Besonders häufig finden sich versteckte Vanitas-Botschaften in Stillleben. Dazu gehören Symbole wie umgestürzte Säulen, Ruinen ehemals prachtvoller Bauten und Urnen, das Baumgerippe, schwangere Frauen mit Schädel und flackernde Kerzen, die (verlöschende) Kerze, der Totenschädel allgemein, Ungeziefer (Käfer, Würmer...), verfaulendes Essen wie beispielsweise Obst, eingebettet in unheilvolles, verschleierndes Dunkel.
Lethe ist einer der Flüsse in der Unterwelt der griechischen Mythologie. Der Name stammt aus der altgriechischen Sprache, und bedeutet wörtlich Vergesslichkeit oder Verborgenheit. Das griechische Wort für Wahrheit ist a-lethe-ia, was Unvergesslichkeit oder Unverborgenheit bedeutet: Man glaubte, dass derjenige, der Wasser aus dem Lethe trinkt, seine Erinnerungen vergisst. Einige glaubten darüber hinaus auch, dass die Seelen aus dem Fluss trinken mussten, bevor sie wiedergeboren wurden, so dass sie sich an ihre vorherigen Leben nicht erinnern hätten können.
Asien
Die Zahl 4 steht in Japan und China für den Tod, da die Wörter Homophone sind («shi»). Deswegen wird sie oft vermieden, das betrifft vierteilige Dinge wie auch Räume in Krankenhäusern oder Hotels. Wegen der häufigen Homophone betrifft dieser Aberglaube auch weitere Zahlenkombinationen (24, 42, 420).
Die Essstäbchen in den Reis stecken ist ein Fauxpas bei Tisch, es erinnert an Beerdigungsbräuche, bei denen Räucherstäbchen in Reis gesteckt werden.
Weiß spielt allgemein die Rolle, die im Westen der Farbe Schwarz als Trauer- und Todesfarbe zugeordnet wird. Weiße Blumen schenkt man beispielsweise nur an Beerdingungen.
Das Ausschlüpfen des Schmetterlings aus der Puppe (vgl. chinesischer Philosoph Zhuangzi)
Mittel- und Südamerika
Schädel, Skelette, Calaveras de Dulce und das Pan de Muertox sind mexikanische Todessymbole, die man am Dia des los Muertos, dem Tag der Toten, in Mexiko überall findet während man zu Ehren der Toten bei Picknicks auf Gräbern feiert. Der Tod ist hier ins Leben integriert und verliert dabei seine beängstigende Wirkung.
Australien
Bei den australischen Ureinwohnern, den Aborigines, fällt auf, dass oft Todessymbole gleichzeitig mit Geburtssymbolen einhergehen. So zum Beispiel bei der liminalen Phase des Mukandarituals die Symbole Hütten und Tunnel (Gräber und Bäuche), Mond (wächst und schmilzt), Schlange (häutet sich) und Nacktheit (nackt bei der Geburt und beim Tod). Lebenslange kulturelle Rituale, die die Aborigines auf das Ende des Erdenlebens vorbereiten, lassen den Tod als etwas natürliches und nicht zu fürchtendes erscheinen – als eine Rückführung in die Traumwelt, von der aus der Mensch und alle übrigen Lebensformen der Schöpfung erschaffen wurden.
Der Fledermausmann ist ein weiteres Todessymbol der Aborigines.
Der Zeigeknochen gehört bei den Aboriginals zu einem Todesritual. Mit dem sogenannten «bone pointing» oder freier übersetzt «Totsingen» werden einzelne Stammesangehörige bestraft, die ein schweres Vergehen begangen haben. Dabei wird der Knochen auf das Opfer gerichtet oder damit auf den Ort gezeigt an dem sich das Opfer oft aufhält während die Männer Lieder singen. Wenn der Knochen nach dem Singen vergraben oder verbrannt wird, soll der Tod unmittelbar eintreten. Allerdings wurde dieser Vorgang noch nie von «Nicht-Aboriginals» beobachtet und ist selbst unter den Aboriginal People streng geheim.
Der Mond spielt bei den Aboriginals interessanterweise eine wichtige Rolle als Todessymbol, da er der Überlieferung nach ein Ahnenwesen war, was an der Schaffung des Todes mitwirkte.
Bralgu oder Bralku nennen die Aboriginals das «Land der Toten» und ist die Heimat der Djanggawul – Wesen. Es stellt eine von zwei Möglichkeiten dar, die der Geist eines Verstorbenen gehen kann. Die andere Möglichkeit besteht darin, dass der Geist den Pfad zurück auf die Erde sucht. Dann kehrt er zu seinem Totem zurück, spirituellen Orten wie zum Beispiel Wasserlöchern.
Todessymbolik in der Literatur
Allegorisch wird die Personifizierung des Todes oft auch als Sensenmann, Schnitter, Gevatter Tod, Hein Klapperbein, Schlafes Bruder, Herr des Rades, Meister der Brücke, Boandlkramer und Freund Hein bezeichnet. Eine weitere literarische Darstellung findet er unter anderem in dem Volkslied Es ist ein Schnitter, in Grimms Märchen Der Gevatter Tod oder als «Boandlkramer» im Brandner Kaspar.
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Engel mit Palmwedel auf einem Grab
Siehe auch
Literatur
- Binder, Franz: Herr des Rades, Drei Eichen Verlag, ISBN 3-7699-0519-9
Weblinks
- Darstellung der Ikonographie und Ikonologie in der Geschichtswissenschaft anhand des Beispiels des Lübeck-Tallinner Totentanzes (Erstellt an der Ernst Moritz Arndt Universität Greifswald)
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