Trichophorum cespitosum subsp. germanicum

Trichophorum cespitosum subsp. germanicum
Deutsche Rasenbinse
Blütenstände der Deutschen Rasenbinse in einem Hochmoor-Rest in Nordwestdeutschland

Blütenstände der Deutschen Rasenbinse in einem Hochmoor-Rest in Nordwestdeutschland

Systematik
Unterklasse: Commelinaähnliche (Commelinidae)
Ordnung: Süßgrasartige (Poales)
Familie: Sauergrasgewächse (Cyperaceae)
Gattung: Rasenbinsen (Trichophorum)
Art: Rasenbinse (Trichophorum cespitosum)
Unterart: Deutsche Rasenbinse
Wissenschaftlicher Name
Trichophorum cespitosum subsp. germanicum
(Palla) Hegi

Die Deutsche Rasenbinse (Trichophorum cespitosum subsp. germanicum) ist eine Unterart der zur Familie der Sauergrasgewächse (Cyperaceae) gehörenden Rasenbinse (Trichophorum cespitosum)[1]. Sie ist eine kennzeichnende Pflanze nährstoffarmer Moore, von Feucht- und Moorheiden sowie von Moorwäldern. Charakteristisch ist die meist igelförmige Gestalt ihrer Horste.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Blattscheide mit Blattrest

Die Deutsche Rasenbinse ist eine mehrjährige, krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 5 bis 60 Zentimeter erreicht. Der Hemikryptophyt bildet kleine bis mittelgroße, dichte, starre Horste, die ihrerseits dichte Rasen bilden können; es werden keine Ausläufer gebildet. Der Stängelgrund ist rundlich bis dreikantig-rundlich. Die grundständigen Scheiden sind lederbraun und glänzend. Die Stängel wachsen starr aufrecht oder schräg aufwärts, zur Fruchtzeit teilweise übergebogen. Sie sind im Querschnitt rund, glatt und grün bis dunkelgrün.

Die Blattscheiden der unteren Blätter sind meist ohne Blattspreite. Die oberste Blattscheide ist schief abgeschnitten und gegenüber dem Ansatz der Blattspreite mehr als 2 Millimeter tief ausgerandet. Die 1 Millimeter breite oberste Blattspreite ist etwa zweimal so lang wie der Ausschnitt tief ist (siehe Bild links). Die Blatthäutchen (Ligulae) sind sehr kurz.

Die ein bis zwei Hüllblätter sind den Spelzen ähnlich und etwa so lang wie der Blütenstand. Dieser besteht aus einem einzigen, endständigen, aufrechten Ährchen. Die Ährchen sind verkehrt eiförmig oder länglich bis keulenförmig, 5 bis 10 Millimeter lang und drei- bis zwanzigblütig. Die Einzelblüten tragen je drei Staubblätter (Antheren) und drei Narben (Gynoeceum). Die Hauptachse der Ährchen, die Ährchenspindel, ist nach dem Abfallen der Früchte etwa 3 Millimeter lang. Die Spelzen sind länglich lanzettlich, spitz, 3 bis 4 Millimeter lang, gelb bis rotbraun, mit grünem Kiel und Hautrand. Die fünf bis sechs Blütenhüllborsten (Perigon) sind meist deutlich länger als die Frucht. Die Frucht ist eine Karyopse, eine Sonderform der Nussfrucht. Diese ist zusammengedrückt dreikantig, an der Spitze verschmälert, 1,5 bis 2 Millimeter lang und grau- bis gelbbraun. Die Deutsche Rasenbinse blüht von Mai bis Juli, selten später.[2] Ihre Chromosomenzahl ist 2n = 104[3].

Verwechslungsmöglichkeiten

Fruchtstand

Rasenbinsen sind generell in der äußeren Gestalt den Sumpfbinsen (Eleocharis) ähnlich. Sie besitzen jedoch im Gegensatz zu diesen eine deutliche, wenn auch kurze Blattspreite an der obersten Blattscheide.

Sehr ähnlich ist die Gewöhnliche Rasenbinse (T. c. subsp. cespitosum). Ihre oberste Blattscheide ist gegenüber dem Ansatz der Blattspreite nur etwa 1 Millimeter tief ausgerandet. Die oberste Blattspreite ist etwa fünfmal so lang wie der Ausschnitt tief ist. Das endständige Ährchen ist zirka 5 bis 6 Millimeter lang; die Ährchenspindeln sind nach dem Abfallen der Früchte 2 Millimeter lang oder länger.

Verbreitung

Die Deutsche Rasenbinse kommt ausschließlich im Nordwesten Europas, namentlich in Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Deutschland, Dänemark (inkl. Färöer), Großbritannien (einschließlich Shetland-Inseln und Hebriden), Irland, Norwegen und Schweden vor. Sie wird nach Süden, Norden und Osten durch die Gewöhnliche Rasenbinse ersetzt.[4]

Detail des Blütenstandes und Vorblatt

Ihr Gesamtareal wird mit 100.000 bis eine Million km² angegeben. Der Arealanteil in Deutschland beträgt 10 bis 33 Prozent. Hier ist sie im Nordschwarzwald, im Harz und im Norddeutschen Tiefland nachgewiesen. Die Bundesrepublik stellt den südöstlich äußeren Rand ihres kontinuierlich besiedelten Areals dar.

Ökologie

Die Deutsche Rasenbinse ist eine Lichtpflanze; sie wächst optimal in vollem Licht und erträgt nur bedingt eine Beschattung. Ihr ökologischer Schwerpunkt liegt auf nassen, zum Teil überschwemmten, stark sauren, sehr stickstoffarmen Moorböden sowie Anmoor. Sie ist nicht salzertragend. Ferner ist sie ein Mäßigwärmezeiger mit einem Schwergewicht in submontan-temperaten Bereichen des westlichen Europa mit ozeanischem Klima. Ihr ökologisches Verhalten lässt sich anhand der Zeigerwerte nach Ellenberg folgendermaßen klassifizieren: L-8, T-5, K-2, F-9, R-1, N-1, S-0.[5]

Bei der Pflanze handelt es sich um einen sogenannten Konkurrenz-Stress-Strategen. Pflanzen dieser Gruppe sind ausdauernde konkurrenzstarke Arten auf Standorten mit mindestens einem im Minimum oder Maximum befindlichen ökologischen Faktor (Stress). Hierzu gehören beispielsweise Sumpfpflanzen, Pflanzen an Trockenstandorten oder hochwüchsige Gebirgspflanzen, welche mit den extremen Bedingungen ihrer Standorte zurechtkommen und damit einen Konkurrenzvorteil gegenüber anderen Pflanzen haben.[6]

Charakteristisch für die Deutsche Rasenbinse – und viele andere Hochmoorpflanzen – ist ein effektiver interner Nährstoffkreislauf. Dabei werden die für den Aufbau der oberirdischen Pflanzenteile benötigten Nährstoffe schon während der Samenbildung in die Sprossbasis zurückverlagert. In der folgenden Vegetationsperiode kann dieser Vorrat ohne Verluste mobilisiert werden. Ferner verhindern eine intensive Durchwurzelung der oberen Bodenschichten sowie die sehr eng stehenden Triebe eine Ausschwemmung der aus abgestorbenen Pflanzenteilen stammenden Nährstoffe.[7]

Ferner bildet sie mit Pilzen eine sogenannte Pilzwurzel, die Mykorrhiza, aus [3]. Diese Lebensgemeinschaft erlaubt ihr eine bessere Aufnahme der spärlichen Bodennährstoffe. Die Deutsche Rasenbinse ist windblütig (Anemophilie), ihre Samen werden ebenfalls über den Wind verbreitet (Anemochorie).

Vergesellschaftung

Pflanzensoziologisch ist die Rasenbinse die Kennart der Assoziation Sphagno compacti-Trichophoretum germanici (Oberd. 1938) Bartsch 1940 em. Dierßen 1975 (zu Deutsch: Rasenbinsen-Anmoor) [8] innerhalb der Glockenheide-Feuchtheide-Gesellschaften (Verband Ericion tetralicis). Kennzeichnende Arten dieser Gesellschaften sind Torfmoose wie Sphagnum compactum, Sphagnum tenellum, ferner Glockenheide (Erica tetralix), Gelbe Moorlilie (Narthecium ossifragum), Schmalblättriges Wollgras (Eriophorum angustifolium), Blaues Pfeifengras (Molinia caerulea) und Moor-Birke (Betula pubescens). Stete Begleiter sind weitere Heidekrautgewächse wie Gewöhnliche Moosbeere (Vaccinium oxycoccos), Rausch- und Heidelbeere (Vaccinium uliginosum, V. myrtillus) sowie das Scheiden-Wollgras (Eriophorum vaginatum).[9]

Etymologie des wissenschaftlichen Namens

Der Name der Gattung Trichophorum geht etymologisch auf den nach der Reifezeit mit einem feinen Schopf von Wollhaaren besetzen Fruchtstand zurück und leitet sich vom altgriechischen thríx, Genitiv trichós <Haar> und gr. -phóros <-tragend> ab. Einen solchen „Wollschopf“ (Peristom) trägt jedoch nur die Alpen-Rasenbinse (Trichophorum alpinum) und zeigt die nahe Verwandtschaft zu den Wollgräsern (Eriophorum). Die Blütenhülle ist bei den übrigen Arten der Gattung Trichophorum zu feinen Borsten reduziert. Der Name der Art cespitosum stammt aus dem lateinischen caespēs Gen. caespitis <Rasenstück, Rasen> und wird mit rasenbildend übersetzt. Die Bezeichnung für die Unterart germanicum leitet sich schließlich vom Standort Deutschland ab.[10]

Gefährdung und Schutz

Horst der Deutschen Rasenbinse in einem Hochmoor-Naturschutzgebiet in Nordwestdeutschland

Die Deutsche Rasenbinse ist europaweit ungefährdet und genießt keinen gesonderten gesetzlichen Schutz. In Deutschland ist sie jedoch als gefährdet eingestuft (Gefährdungskategorie 3). In Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern gilt die Art als vom Aussterben bedroht (Gefährdungskategorie 1). In Brandenburg und Berlin ist sie inzwischen ausgestorben (Gefährdungskategorie 0).

In Nordwestdeutschland ist die Art besonders durch die Kultivierung von Moorheiden stark zurückgegangen. In größeren Populationen wächst sie nur noch in einigen Naturschutzgebieten; kleine Restbestände finden sich meist noch an Waldwegen und -rändern im Bereich aufgeforsteter Heiden.[11]

Quellen und weiterführende Informationen

Einzelquellen

  1. nach Royal Botanic Gardens, Kew [1], abgerufen am 10. Februar 2009
  2. J. Grau, B. P. Kremer, B. M. Möseler, G. Rambold & D. Triebel: Gräser. Mosaik-Verlag, München 1996, ISBN 3-576-10702-9
  3. a b Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora. Ulmer, Stuttgart 1994, ISBN 3-8252-1828-7
  4. Weltweite Verbreitung von Gewöhnlicher und Deutscher Rasenbinse nach The Linnaeus Server [2], abgerufen am 9. September 2006
  5. Heinz Ellenberg, H. E. Weber, R. Düll, V. Wirth, W. Werner & D. Paulißen: Zeigerwerte von Pflanzen in Mitteleuropa. Scripta Geobotanica 18, Verlag Erich Goltze, 1992, ISBN 3-88452-518-2
  6. Stefan Klotz & Ingolf Kühn:Ökologische Strategietypen. Bundesamt für Naturschutz Bonn, Schriftenreihe für Vegetationskunde Heft 38, 2002, Seite 197–201 PDF
  7. Claus-Peter Hutter (Hrsg.), Alois Kapfer & Peter Poschlod: Sümpfe und Moore - Biotope erkennen, bestimmen, schützen. Weitbrecht Verlag, Stuttgart, Wien, Bern, 1997, ISBN 3-522-72060-1
  8. Richard Pott: Pflanzengesellschaften Deutschlands. - Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 1992, ISBN 3-8252-8067-5
  9. Erich Oberdorfer: Süddeutsche Pflanzengesellschaften. Teil I: Fels- und Mauergesellschaften, alpine Fluren, Wasser-, Verlandungs- und Moorgesellschaften. 4. Auflage, Gustav Fischer, Jena, Stuttgart, 1998, ISBN 3-437-35280-6
  10. Helmut Genaust: Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen. 3. Auflage, Nikol Hamburg, 2005, ISBN 3-9378-7216-7
  11. Klaus Kaplan: Farn- und Blütenpflanzen nährstoffarmer Feuchtbiotope. Metelener Schriftenreihe für Naturschutz. H. 3. Metelen 1992, ISSN 0936-7357.

Weiterführende Literatur

  • Klaus Dierssen, Barbara Dierssen: Moore. Ulmer, Stuttgart, 2001, ISBN 3-8001-3245-1

Weblinks


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