Umar al-Baschir

Umar al-Baschir
al-Baschir auf der 12. Konferenz der Afrikanischen Union im Februar 2009

Generalleutnant Umar Hasan Ahmad al-Baschir (arabisch ‏عمر حسن أحمد البشير‎, DMG ʿUmar Ḥasan Aḥmad al-Bašīr; * 1. Januar 1944 in Hosh Bannaga bei Schandi, Sudan) ist der Staatspräsident des Sudan, der 1989 nach einem unblutigen Militärputsch an die Macht kam und das Land nach einer islamisch-fundamentalistischen Haltung regiert. Seit 1993 ist al-Baschir Staatspräsident.

Inhaltsverzeichnis

Werdegang

Al-Baschir stammt von einer alten, sehr einflussreichen Familie im islamisch dominierten Norden ab. 1960 trat er in die Armee ein und absolvierte Militärakademien in Ägypten, Malaysia, Pakistan und 1988 auch in den USA. Der überzeugte arabische Nationalist machte schnell Karriere in der Armee und verfügt zudem über militärische Erfahrungen aus seiner Teilnahme am Jom-Kippur-Krieg 1973 gegen Israel auf ägyptischer Seite. Nach seiner Rückkehr aus Ägypten war er im Kampf der Regierungstruppen gegen die Sudanesische Volksbefreiungsarmee (SPLA) im Süden des Landes eingesetzt.

Im Sudan war er seit den 1980er Jahren Verfechter einer islamisch-fundamentalistischen Haltung und stärkte damit den Norden gegen die christlich-animistisch geprägten südlichen Landesteile. Al-Baschir förderte in seinem Herrschaftsbereich die Anwendung der Scharia tatkräftig. Wenn er den Eindruck hatte, dass einzelne Islamisten im eigenen Lager seine Macht gefährdeten, ging er auch gegen diese Glaubensfreunde vor.

Putsch

Am 30. Juni 1989 übernahm al-Baschir mit einer Gruppe Offiziere die Macht im Sudan nach einem unblutigen Militärputsch. Er gründete den Revolutionären Kommandorat zur Errettung der Nation (RCC), ernannte sich zum Oberkommandierenden der Streitkräfte und zum Staatsoberhaupt. Mit seinem Revolutionären Kommandorat errichtete er ein eisernes islamisches Regime und führte gegen den Süden des Landes einen erbitterten Feldzug. Der christlich und animistisch geprägte Süden bestehend aus drei Südprovinzen fühlte sich bereits in der Kolonialzeit vernachlässigt und seit der Unabhängigkeit des Landes am 1. Januar 1956 vom Norden unterdrückt. Der Südsudan verlangte eine weitreichende Autonomie, die auch al-Baschir nicht zusicherte. Omar al-Baschir regierte das Land als Alleinherrscher mit seiner Nationalen Kongresspartei.

Präsidentschaft

Ab 1993 wurde al-Baschir auch formell Staatspräsident und in dieser Funktion bei Wahlen 1996 und 2000 im Amt bestätigt. 1999 unterband al-Baschir eine von Hasan at-Turabi als Gesetz in die Nationalversammlung eingebrachte Verfassungsänderung, welche seine Macht beschnitten hätte, durch Auflösung des Parlaments. Die USA setzten den Sudan in den 1990er Jahren auf die Liste der Schurkenstaaten. Osama bin Laden konnte sich unter al-Baschir problemlos bis 1996 im Lande aufhalten. Nach den Attentaten am 7. August 1998 auf die US-Botschaften in Nairobi/Kenia und Daressalam/Tansania führten die Vereinigten Staaten Militäraktionen auch gegen Khartum durch, weil im Sudan Unterstützer der Terroristen vermutet wurden. Der Raketenangriff zerstörte die Asch-Schifa-Arzneimittelfabrik in al-Chartum Bahri. Dies führte zum Bruch al-Baschirs mit der westlichen Weltmacht. Nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 beteiligte sich jedoch al-Bashir an den von den USA initiierten Anti-Terror-Maßnahmen.

Seit 2003 ging al-Baschir gegen separatistische Bewegungen der sudanesischen Provinz Darfur vor, wo sich neue Rebellengruppen im Darfur-Konflikt gegen das autoritäre Regime in Khartum auflehnten.

2004 beendete al-Baschirs Regime den Krieg gegen die Südprovinzen des Landes. Mit dem im Januar 2005 geschlossenen Friedensvertrag wurde eine gemeinsame nordsudanesisch-südsudanesische Übergangsregierung gebildet. Über die Teilung der Einnahmen der Ölquellen wurde nicht endgültig entschieden.

Im Februar 2011 gab al-Baschir bekannt, bei der nächsten Präsidentschaftswahl nicht mehr zu kandidieren.[1]

Haftbefehl

Am 14. Juli 2008 kündigte der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) in Den Haag, Luis Moreno-Ocampo, gegen al-Baschir Haftbefehl wegen Völkermordes, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen im anhaltenden Darfur-Konflikt an. Dies war der erste Fall, bei dem gegen einen amtierenden Staatschef beim Internationalen Strafgerichtshof ein Haftbefehl beantragt wurde. Der IStGH erließ am 4. März 2009 den beantragten Haftbefehl, jedoch wurde dabei der Vorwurf des Völkermordes durch Mehrheitsentscheid (bei einem Sondervotum der lettischen Richterin Anita Ušacka) nicht eingeschlossen, da für diesen keine hinreichenden Beweise vorgelegt worden seien; eine spätere Erweiterung des Haftbefehls um diesen Vorwurf behielt sich das Gericht jedoch ausdrücklich vor.[2][3]

Die Kritiker des Haftbefehls (zum Beispiel China, Russland, die Arabische Liga, Afrikanische Union) betrachten die Anklage als Hindernis für Friedensverhandlungen in Darfur. Im Juli 2009 verabschiedete die Afrikanische Union eine Resolution, den Haftbefehl gegen al-Bashir zu missachten.[4]

Am 12. Juli 2010 stellte der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) gegen al-Bashir einen Haftbefehl wegen Völkermords aus. Ihm wird angelastet, er habe die Absicht gehabt, insbesondere die Ethnien der Fur, Masalit und Zaghawa zu vernichten, indem er sie getötet, verwundet oder lebensbedrohlichen Bedingungen ausgesetzt habe.[5]

Weblinks

 Commons: Umar Hasan Ahmad al-Baschir – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Sudan: Al-Baschir verzichtet auf Wiederkandidatur. In: ORF. 21. Februar 2011, abgerufen am 21. Februar 2011.
  2. Meldung bei spiegel.de
  3. http://www.icc-cpi.int/iccdocs/doc/doc639078.pdf (PDF)
  4. African Union in rift with court. BBC News, 3. Juli 2009
  5. Sudan: Darfur - ICC Charges Sudanese President With Genocide. allAfrica.com, 12. Juli 2010 und ICC judges endorse genocide charges against Sudanese president. Sudan Tribune, 13. Juli 2010

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