Unrechtsregime

Unrechtsregime

Unrechtsstaat ist eine meistens abwertend gebrauchte Bezeichnung für einen Staat, der kein Rechtsstaat ist.[1] Bei dem Begriff „Unrechtsstaat“ handelt es sich nicht um einen juristischen, sondern einen politischen Begriff.[2] In abgewandelter Form als „Unrechts-Regime“ wird der Begriff in Art. 17 Satz 2 Einigungsvertrag – in der Formulierung „SED-Unrechts-Regime“ – verwendet. Auch in der wissenschaftlichen staatsrechtlichen Diskussion werden die Begriffe „Unrechtsstaat“ und „Unrechtssystem“ – insbesondere in Bezug auf die DDR – oft gebraucht.[3] In der Rechtsprechung deutscher Gerichte werden sowohl das „Dritte Reich[4] als auch die DDR[5] als Unrechtsstaat bezeichnet. Ein anderes Beispiel aus der Rechtsprechung ist Myanmar, das mit Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16. Dezember 2008 [6] „angesichts der seit Jahrzehnten andauernden Diktatur der Militärjunta“ als Unrechtsstaat charakterisiert wurde.

Kennzeichnend für einen Unrechtsstaat ist, dass es daran fehlt, dass die Verwirklichung des Rechts angestrebt und im großen und ganzen erreicht wird.[7] Dabei machen einzelne Rechts- und Verfassungsverstöße einen Staat noch nicht zum Unrechtsstaat, da diese mitunter auch in Rechtsstaaten vorkommen.[7] Auch ist ein Staat nicht schon dann als „Unrechtsstaat“ zu bezeichnen, wenn er nicht dem Modell des klassischen bürgerlichen Rechtsstaats und insbesondere nicht dem bundesdeutschen Rechtsstaatsbegriff entspricht[8]. Andererseits schließt der Begriff „Unrechtsstaat“ nicht aus, dass es in einem derartigen Staat auch Bereiche gibt, in denen Rechtsstaatlichkeit herrscht und Gerechtigkeit geübt wird.[9]

Neben der Verwendung in juristischen Zusammenhängen spielt der Begriff „Unrechtsstaat“ auch in der politischen Diskussion insbesondere um die Bewertung der DDR eine Rolle. Bundespräsident Roman Herzog etwa erklärte am 26. März 1996 vor der Enquête-Kommission Überwindung der Folgen der SED-Diktatur im Prozeß der deutschen Einheit über die DDR: „Sie war ein Unrechtsstaat.“[10] Andere hingegen, insbesondere Politiker der Linkspartei, wehren sich gegen die Charakterisierung der DDR als Unrechtsstaat, beispielsweise die Politikerin Gesine Lötzsch mit der Begründung, der Begriff „Unrechtsstaat“ sei ein propagandistischer Kampfbegriff, der brandmarken solle[11].

Siehe auch:

Einzelnachweise

  1. Sendler, ZRP 1993, 1 ff., 2
  2. Wassermann, NJW 1997, 2152 f., 2153.
  3. Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer (Hg.): Der Rechtsstaat und die Aufarbeitung der vor-rechtsstaatlichen Vergangenheit, Berichte und Diskussionen auf der Tagung der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer in Gießen vom 2. bis 5. Oktober 1991, ISBN 3-11-013580-9. Den Begriff „Unrechtsstaat“ verwenden verschiedene Autoren auf den Seiten 16, 99, 114, 118, 135f., 153f., 156, 159
  4. BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2004, Az. 1 BvR 1804/03, BVerfGE 112, 93 ff., Rn. 4.
  5. BGH, Beschluss vom 21. November 1994, Az. AnwZ (B) 54/94, NJ 1995, 332 f. Rn. 13.
  6. Az. A 11 K 1340/08, veröffentlicht bei juris.
  7. a b Sendler, ZRP 1993, 1 ff., 4.
  8. Sendler, ZRP 1993, 1 ff., 3
  9. Sendler, NJ, 1991, 379 ff., 380.
  10. Deutschland Archiv 29 (1996) 3, Seite 501; Wortlaut
  11. Gesine Loetzsch auf ihrer Homepage

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