Unterschichtenfernsehen

Unterschichtenfernsehen

Unterschichtenfernsehen ist eine abwertende Bezeichnung für bestimmte Fernsehsender und -sendungen. Mit dem Begriff wird ein einheitlicher Mediengebrauch einer sozialen Gruppe vorausgesetzt und abgewertet.

Inhaltsverzeichnis

Verwendung

Erstmals wurde der Ausdruck 1995 vom Satiremagazin Titanic verwendet.[1] Im gleichen Jahr warnte der Medienpsychologe Peter Winterhoff-Spurk vor einer Entwicklung einer „medialen Klassengesellschaft“.[2] Der Medienwissenschaftler Jochen Hörisch gebrauchte den Begriff im Frühjahr 2001 für die Privatsender RTL und Sat.1.[3] Paul Noltes Buch Generation Reform (2004) verwendet das Wort im Sinne einer „neuen Unterschicht“, die mangelnde Bildung kennzeichne. Nolte bezieht sich dabei explizit auf die mangelnde Bildung, wodurch auch überdurchschnittlich gut Verdienende einbezogen sind und er das Thema vom reinen Wohlstandsaspekt löst. Populär wurde das Wort jedoch erst durch Harald Schmidt, der es 2005 in einer Sendung in Bezug auf seinen früheren Arbeitgeber Sat.1 verwendete.[4] Kurz darauf kündigte Schmidt jedoch an, den Ausdruck künftig nicht mehr benutzen zu wollen. Als Grund nannte er, dass er die Wahrnehmung seiner Person angesichts der großen Medienwirkung des Begriffs nicht wieder mit einem Klischee verbunden sehen wolle.[5]

Kritik

Die meist negativ belegte Bezeichnung „Unterschicht“ für einkommensschwache und „bildungsferne“ Mitglieder der Gesellschaft bildet die Grundlage, auf der die Bezeichnung „Unterschichtenfernsehen“ ihr zusätzlich einen Mangel an Geschmack und Bildung zuschreibt. So transportiere die Bezeichnung „Unterschichtenfernsehen“ die Angst der Mittelschicht vor Verarmung: „Guck nicht mit den Schmuddelkindern“[3] Auch Norbert Bolz kritisierte diese im Begriff unterlegte Zuschreibung, da es heute nicht mehr möglich sei, Mediengebrauch schichtspezifisch zu unterscheiden.[6]

Die ProSiebenSat.1 Media AG legte im April 2005 eine Studie vor, die zeigen sollte, dass auch Gutverdienende und überdurchschnittlich Gebildete Privatfernsehen schauten. Die Interpretation der Daten durch die zu dem Konzern gehörige Vermarktungsgesellschaft SevenOneMedia ist jedoch umstritten, da zum einen die Unabhängigkeit der Untersuchung in Frage gestellt werden kann und zum anderen die Aussage über sämtliche Inhalte des Privatfernsehens hinweg, wenig über die spezielle Zusammensetzung der angesprochenen Konsumenten von Affektfernsehen und Reality TV zu den besagten Sendezeiten und Zuschauerzielgruppen aussagt.

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Titanic Nr. 9/1995, S. 10.
  2. Peter Winterhoff-Spurk: Die mediale Klassengesellschaft – politische Realität oder publizistischer Mythos? (PDF)
  3. a b Christoph Amend: Was guckst du? In: Die Zeit, Nr. 11/2005
  4. Esteban Engel: TV ersetzt die reale Welt. In: Stern, 1. November 2006. Abgerufen am 6. Juni 2010
  5. Thomas Tuma: Ich nehme, was kommt. In: Der Spiegel. Nr. 22, 2005, S. 172 (online).
  6. Norbert Bolz: Geschmack ist keine Frage der sozialen Schicht. In: faz.net, 28. April 2005

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