Dein Fernseher lügt

Dein Fernseher lügt
Filmdaten
Originaltitel: Free Rainer - Dein Fernseher lügt
Produktionsland: Deutschland
Österreich
Erscheinungsjahr: 2007
Länge: 135 Minuten
Originalsprache: deutsch
Altersfreigabe: FSK 12[1]
Stab
Regie: Hans Weingartner
Drehbuch: Hans Weingartner
Katharina Held
Produktion: Kahuuna Films (D): Hans Weingartner
coop99 (Ö):
Barbara Albert
Martin Gschlacht
Jessica Hausner
Antonin Svoboda
Hans Weingartner
Musik: Adem Ilhan
Andreas Wodraschke
Kamera: Christine A. Maier
Schnitt: Andreas Wodraschke
Besetzung

Free Rainer – Dein Fernseher lügt ist ein deutscher Film des österreichischen Regisseurs Hans Weingartner aus dem Jahr 2007. Die Mediensatire schildert die Bekehrung des Fernsehproduzenten Rainer von einem quotenorientierten Macher von Unterschichtenfernsehen zu einem Aufklärer.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Der ebenso erfolgreiche wie arrogante Produzent Rainer ist mit den stumpfesten Fernseh-Show-Konzepten die „große Nummer“ beim Fernsehsender TTS. Dabei ist sein eigenes Leben ebenso stumpf und (ihm selbst) unwichtig wie seine Showkreationen. Sein Arbeitsumfeld ist von sozialer Kälte geprägt, und nur der schnelle Erfolg ist das was zählt. Nur unaufhörlich koksend kann er das alles noch ertragen, was ihn bis zum Rand der Selbstzerstörung führt. Er wird von Pegah in einen Autounfall verwickelt, weil sie ihn indirekt für den Selbstmord ihres Großvaters verantwortlich macht.

Noch gerade so mit dem Leben davon gekommen, einige Alpträume und etwas Selbsterkenntnis später, will der Zyniker fortan das Diktat der Seifenopern und Talkshows brechen und begibt sich mit Pegah auf die Suche nach der Ursache der „medialen Volksverblödung“.

Die Analyse der Einschaltquote zeigt, dass offensichtlich das Angebot die Nachfrage steuert. Daraus folgern die beiden: „das Angebot muss sich ändern“.

Mit einer Gruppe von gesellschaftlichen Außenseitern manipulieren die beiden einen Teil der Quotenmessgeräte. Rainer verkauft alle seine Besitztümer und finanziert so dieses Projekt. Sie geben sich als Mitarbeiter des Marktforschungsinstituts aus und installieren manipulierte Quotenmeter bei einem Teil der Testpersonen. Als jedoch einer der „Gerätelieferanten“ im Alkoholrausch einen schweren Verkehrsunfall verursacht, muss Rainer das letzte ihm zur Verfügung stehende Geld als Sicherheitsleistung zahlen. Infolge dessen ändert sich die Taktik und die Gruppe manipuliert die Quoten während der Datenübertragung.

Langsam wächst die Gruppe zusammen. Auch ohne Bezahlung des nun mittellosen Rainer machen sie weiter, und er erlebt echten kameradschaftlichen Zusammenhalt. Auch er und Pegah kommen sich langsam näher. Rainer beginnt seit langem wieder zu leben und braucht eines Tages auch seine Drogen nicht mehr.

Sie schaffen es, genügend Haushalte „zu befreien“, um die Quoten entscheidend beeinflussen zu können. Rainers ehemaliger Programmchef kommt ihm aber auf die Schliche und versucht ihn zu erpressen, um dadurch seinen eigenen Job zu retten, der auf Grund der gesunkenen Quote in Gefahr ist.

Die Gruppe entschließt sich, nicht darauf einzugehen, muss sich deshalb aber verstecken und kann nun nicht mehr manipulieren. Es stellt sich jedoch heraus, dass sich die Fernsehgewohnheiten der Bevölkerung geändert haben und damit das Programm tatsächlich besser wird. Rainer und Pegah kommen schließlich zusammen. Die Gruppe wendet sich dem nächsten Projekt zu und beginnt, die Testkäuferdaten im Testmarkt Haßloch zu beeinflussen – da sie hier ein weiteres Ungleichgewicht vermuten, bei dem eine kleine Gruppe von „Testern“ die Normen der Gesellschaft bestimmen und prägen.

Hintergrund

Mit dem Film Free Rainer – Dein Fernseher lügt wollte Hans Weingartner vor allem thematisieren, wie das Fernsehen von den Quoten bestimmt wird und wie die Fernsehquote erhoben wird. Die Idee einer Verschwörung lag, so Weingartner, zunächst gar nicht so fern, zumal er noch nie jemand getroffen habe, der eine Messbox zuhause stehen habe.[2] Im Laufe seiner Recherche stellte sich zwar heraus, dass das Messsystem tatsächlich existiert, es aber bedeutende Schwächen habe:

„Es stehen keine Boxen bei Ausländern. Jene 20% der Deutschen, die keine GEZ bezahlen, werden nicht erfasst. Zweitgeräte werden nur zu einem Bruchteil erfasst, also auch kaum Jugendliche. Es gibt viele Schwachstellen. Warum die Werbewirtschaft das einfach so hinnimmt, ist mir ein völliges Rätsel. Ich habe mit vielen Verantwortlichen gesprochen, der Tenor lautet: es war schon immer so, es gibt nichts anderes.“

Hans Weingartner: Interview auf der Homepage des Films[2]

Produktion

Produziert wurde der Film von Hans Weingartners Berliner Kahuuna Films in Koproduktion mit der österreichischen coop99 als Minderheitsproduzent.[3] Gedreht wurde zwischen August und Oktober 2006 in Wien und Berlin.[4] Für den Kinoverleih in Deutschland ist Kinowelt zuständig, für den Verleih in Österreich Filmladen. Die Weltvertriebsrechte werden von The Match Factory wahrgenommen.[3]

Rezensionen

Neben einigen positiven Stimmen wird der Film in den Rezensionen oft als nicht gelungen, aber gut gemeint behandelt:

„Dem Film wird aber zum Problem, dass er mit jeder Szene verrät, worauf er abzielt, nämlich für die Revolutionierung der Medien und der Gesellschaft zu werben. Der satirische Blick aufs Fernsehen wird deshalb komplettiert vom pathetischen Blick auf die Revolutionäre. Zwischentöne gibt es nicht, und dieser Schematismus lässt Free Rainer als Erzählung scheitern. Er ist absehbar bis zum Abwinken. Auch die Revolutionsbotschaft wird durch die kruden Agitprop-Stilisierungen in Mitleidenschaft gezogen. Der Film fällt damit hinter Einsichten zurück, die er selber verbreiten wollte: Kein Mensch ist so dumm wie dieses Machwerk.“

Maximilian Probst: Die Zeit[5]

„Schade ist, dass vor lauter Plot die Figuren nicht differenzierter entwickelt werden. Selbst als Karikatur bleiben sie etwas zu eindimensional – so wie Rainer, als er noch auf der bösen Seite stand. Auch Pegahs Aufgabe besteht ein wenig zu häufig darin, in einer engen Lederjacke gut auszusehen und von schräg unten rebellische Blicke zu werfen. Vielleicht ist das ja gut für die Quote. Aber reicht es für die Revolution?“

Sonja M. Schultz: www.critic.de[6]

„Gut gemeint, aber voll daneben: Agitprop-Regisseur Hans Weingartner entwirft in seinem Film „Free Rainer“ die Utopie einer Gesellschaft, die vom Trash-Diktat des Fernsehens befreit wird. Das hätte der deutsche Film des Jahres werden können, wenn er nicht so grandios misslungen wäre.“

Andreas Borcholte: Spiegel Online[7]

„Natürlich blendet Free Rainer die Komplexitäten der heutigen Medienlandschaft weitgehend aus und richtet seine Kanone ausschließlich auf den Platzhirsch Fernsehen. Trotzdem trifft er den Kern des Problems, das die gesamte Medienkultur (und mit ihr unser ganzes Leben) ergriffen hat: die Diktatur der Zahl. Es ist ja inzwischen nicht mehr allein das Fernsehen, das von Quoten bestimmt wird, sondern auch das Radio, das Internet (mit Klickraten) und zunehmend auch die Printmedien. Weingartners Ansatz geht weit über den viel geschmähten Kulturpessimismus hinaus. Wenn er das Instrument „Quote“ als alleinigen Regulator gesellschaftlicher Prozesse in Frage stellt, ist das die größte Utopie von allen.“

Hanns-Georg Rodeck: Die Welt vom 13. November 2007

„Witzig, bitter-böse, manchmal ernst. Motto: Glotze aus, Geist ein!“

Kino.de [8]

„Bemühte Mediensatire, der selten über das Niveau einer medienpädagogischen Klamotte hinaus kommt und genau jene Mittel und Stereotypen ins Feld führt, die sie zu kritisieren gedenkt.“

film-dienst [9]

„Fazit: Überspitzte Trash-TV-Satire, hoffnungslos naiv, aber beglückend romantisch und unangepasst“

Cinema[10]

„Hans Weingartners neuer, dritter Film nach „Das weiße Rauschen“ und „Die fetten Jahre sind vorbei“, ist sein bisher politischster Film. Weitgehend frei von Moralin, von dem in „Fette Jahre“ noch ärgerlich aufdringlichen Vater-Sohn-Subtext, ist dies eine Medien-Satire und ein Message-Movie, mit dem überaus großen Charme einer klaren Botschaft.[…] Weingartners Satire nun zielt ins Herz der Trash-TV-Gegenwart, in der das Fernsehen bereits von Soziologen und Medienforschern zum „Unterschichtfernsehen“ umgetauft wurde, weil die Menschen, die es vor allem sehen, weit überproportional ungebildet sind, sozial schwach, arbeitslos – wer hätte auch sonst Zeit weit über vier Stunden am Tag vor der Glotze zu hängen – durchschnittlich, was nur bedeutet, dass nicht wenige mehr als doppelt solange gucken. Genau diese Vielseher aber bestimmen über die Quote auch das Programm viermal so viel, wie jene, die nur eine Stunde hingucken.“

Rüdiger Suchsland: Telepolis vom 2. Dezember 2007[11]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Freigabekarte der FSK
  2. a b Interview mit Weingartner auf der Homepage des Films unter http://www.freerainer.de/Quotengesellschaft/#03
  3. a b Oliver H. Stadlbauer: Quoten – quo vadis?. Extradienst 11/2007, 3. Dezember 2007 (Artikel online, abgerufen am 10. März 2008)
  4. www.filminstitut.at – Filme von A–Z: Free Rainer – Dein Fernseher lügt (Seite abgerufen am 10. März 2008)
  5. Filmkritik: Doof-TV auf www.zeit.de am 15. November 2007
  6. Filmkritik: Free Rainer auf www.critic.de, gefunden am 15. November 2007
  7. Filmkritik: Schöne dröge Welt von Andreas Borcholte auf Spiegel Online am 15. November 2007
  8. http://www.kino.de/kinofilm/free-rainer-dein-fernseher-luegt/inhalt/99177.html?PHPSESSID=be46df5032dab908f8538a472534a502 Kritik bei kino.de
  9. http://www.kabeleins.de/film_dvd/filmlexikon/ergebnisse/index.php?filmnr=530034 Kritik im kabel 1-Filmlexikon
  10. Filmkritik auf cinema.de
  11. Telepolis: Die Gewöhnung ans Schlechte

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