Unterwasserfotografie

Unterwasserfotografie
Künstlerische Unterwasserfotografie

Als Unterwasserfotografie bezeichnet man die Fotopraxis des Fotografierens unter Wasser beim Tauchen, Schnorcheln oder Schwimmen. Sie wird für wissenschaftliche Zwecke, beispielsweise im Bereich der Unterwasserarchäologie, aber auch journalistisch, künstlerisch oder privat eingesetzt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Im Jahr 1856 nahm der Brite William Thompson die weltweit ersten nachweisbaren Unterwasser-Fotografien auf. Der Franzose Louis Boutan erstellte 1893 zusammen mit dem Mechaniker Joseph David in der Bucht Banyuls-sur-Mer Unterwasser-Fotos, durch die er als eigentlicher Begründer der Unterwasserfotografie gilt. Nach ihm wurde auch der bedeutendste Deutsche UW-Fotowettbewerb „Kamera Louis Boutan“ – vom Verband Deutscher Sporttaucher veranstaltet – benannt.[1] Ab 1908 fotografierte Francis Ward erstmals Unterwassermotive wie Hechte, Fischotter, Frösche, tauchende Wasservögel in Farbe mit Autochromplatten. 1915 drehte John Ernest Williamson den ersten Unterwasser-Film. 1923 entwickelten William Harding Longley und Charles Martin ein Verfahren mit künstlichem Licht über einen Magnesiumblitz, um Fische tropischer Korallenriffe in Farbe aufzunehmen.[2] Der Österreicher Hans Hass, der als Begründer der modernen Unterwasserfotografie gilt, veröffentlichte 1939 das erste Buch über Unterwasserfotografie. Zehn Jahre später entwickelte die deutsche Firma Franke & Heidecke das Rolleimarin, ein Unterwasser-Gehäuse für die zweiäugige Mittelformat-Spiegelreflexkamera Rolleiflex. 1957 konstruierten Jean De Wouters und Jacques-Yves Cousteau die Calypso-Phot, benannt nach dem Forschungsschiff Calypso, eine Kleinbild-Unterwasserkamera, die ab 1963 in Lizenz von Nikon unter der Produktbezeichnung Nikonos vermarktet wurde. Diese Kamera wurde in verschiedenen Ausführungen, teils in Spiegelreflextechnik bis 2001 als Nikonos V (KB-Kamera) bzw. Nikonos RS (SLR) weiterentwickelt.[3] Seit etwa 1990 gab es für verschiedene Spiegelreflex- und Kleinbildkameras Unterwasser-Gehäuse; Spezialanbieter wie Sea & Sea fertigen Komplettsysteme aus Digitalkamera und Unterwassergehäuse. Mit dem Boom der Digitalkameras wurden für viele gängige Modelle Gehäuse für die Unterwasserfotografie verfügbar.

Übersicht

Unterwasserfotografie eines Kalifornischen Seelöwen

Unterwasserfotografie ist im Vergleich mit der Fotografie über Wasser eine besondere Herausforderung für den Fotografen:

Die fotografische Aufnahme erfolgt nicht in dem Medium, für das die Fotoausrüstung und der Film - bzw. bei Digitalkameras der CCD- oder CMOS-Sensor - konzipiert ist, sondern im Wasser. Wasser hat gegenüber Luft eine höhere Brechzahl (1,33) und eine niedrigere als die Frontscheibe des Unterwassergehäuses aus Glas (1,45–2,14) oder Polycarbonat (1,585). Dies führt dazu, dass alle Objekte hinter planarem Glas oder Kunststoffscheiben etwas größer abgebildet werden und näher erscheinen, als sie es in Wirklichkeit sind. Diese scheinbare Brennweitenverlängerung unter Wasser kann durch speziell für das verwendete Objektiv berechnete „Domeports“ (auch „Domeglas“) verhindert werden.[4] Darüber hinaus filtert Wasser in Abhängigkeit von der Tauchtiefe bestimmte Wellenlängen des Lichts stärker als Luft, was auf Unterwasser-Fotografien zu einem Grün- oder Blaustich führen kann.

Schwebstoffe im Wasser schränken die Transparenz des Wassers im Vergleich zu Luft deutlich ein. Gute Bedingungen unter Wasser erlauben Sichtweiten von 40, 50 oder im Extremfall auch mal 100 Meter, gewöhnlich sind in vielen Gewässern 15 bis 30 Meter. Schlechte Transparenz des Wassers bedeutet Sichtweiten von zehn Metern oder weniger bis hin zu Nullsicht.

Einen weiteren, großen Anspruch an den Unterwasser-Fotografen stellen oft auch die Motive dar: Fische oder Meeressäugetiere sind nahezu immer in Bewegung und daher schwer im Bild zu positionieren und zu fokussieren. Doch auch strömung kann erschweren, die Kamera im erforderlichen Maß still zu halten.

Absorption des Farbspektrums

Flussbarsche bei Grünstich

Die Absorption des elektromagnetischen Wellenspektrums beginnt im Infrarotbereich bei einer Wellenlänge um 700 Nanometer (nm) und bei den Rotanteilen, was bereits ab einem Meter Tauchtiefe bemerkbar wird und auf dem Foto einen Grünstich bewirkt. Ab einer Tiefe von etwa 5 Metern ist bereits das orange Licht weitgehend ausgefiltert. Dieser Vorgang wird in der Fachsprache als „Extinktion“ (dt. ‚Auslöschung‘ oder ‚Abschwächung‘) bezeichnet.

Ab etwa 10 Metern Tauchtiefe ist der Gelbanteil, ab etwa 20 Metern auch noch der Grünanteil ausgefiltert. Danach verbleiben nur noch die Blauanteile um 400 nm Wellenlänge, was eine so genannte Verblauung bzw. einen Blaustich des Fotos bewirkt. Ab 30 Meter Tauchtiefe lässt dann auch das blaue Licht sichtbar nach.

Schematische Darstellung der Farbabsorption in Wasser

Ausrüstung

Mit einer Einwegkamera sind Schnappschüsse wie dieser möglich
Digitalkamera mit Unterwasser-Schutzgehäuse
Ein weiteres Unterwasser-Schutzgehäuse

Einweg-Unterwasserkameras

Der Einstieg in die Unterwasserfotografie ist für den schnorchelnden Fotoamateur unproblematisch und preiswert. Für Anfänger und zum ersten Experimentieren gibt es unterwassertaugliche Einwegkameras, die teilweise bis etwa 15 Meter Tauchtiefe verwendet werden können.

Unterwasser-Digitalkameras

Es gibt einige Digitalkamera-Modelle, welche ohne zusätzliche Gehäuse für Unterwasseraufnahmen geeignet sind. Diese Modelle sind jedoch meist nur für die Dauer von einer halben bis zu einer Stunde und bis zu einer Tiefe von wenigen Metern wasserdicht.

Unterwasser-Gehäuse

Für viele gängige Fotoapparate werden von Zubehöranbietern spezielle Unterwassergehäuse angeboten. Die einfachen und preiswerten Modelle kosten um 150 Euro und sind geeignet für Tauchtiefen bis etwa 10 Meter. Aufgrund ihrer Tauchausbildung dürfen viele Sporttaucher in Tiefen von 18 bis 20 m tauchen und sollten darauf achten, dass die einfachen Unterwassergehäuse dann nur noch eingeschränkt geeignet sind. Zudem ist bei größeren Tiefen auch mit Blitzlicht zu arbeiten.

Die einfachen Unterwassergehäuse bestehen aus einer hochfesten und flexiblen Folie – also einer besseren Plastiktüte –, die mit einem einfachen Klemmverschluss abgedichtet wird. Das Prinzip ist simpel und funktioniert so lange zuverlässig, bis der Wasserdruck das Gehäuse so stark komprimiert, dass die Bedienelemente des Fotoapparats blockiert werden.

Für Digitalkameras gibt es Unterwassergehäuse, die für jeweils spezielle Modelle produziert werden. Für höherwertige Fotoausrüstungen (Spiegelreflexkameras mit aufgesetztem Elektronenblitzgerät) gibt es ausgefeiltere Unterwassergehäuse, die allerdings auch deutlich teurer sind und, abhängig vom Modell, zwischen 400 und über 2000 Euro kosten. Mit solchen Ausrüstungen können theoretisch Tauchtiefen zwischen 50 und 80 Metern erreicht werden, allerdings sind diese Produkte nicht mehr im normalen Fotoeinzelhandel erhältlich, sondern müssen meist über Spezialversender oder auf Messen geordert werden.

Bis zu einer Tiefe von 40 Metern, einer maximalen Tiefengrenze vieler Tauchorganisationen für Sporttaucher, kann praktisch in allen erreichbaren Unterwasser-Regionen fotografiert werden.

Exemplarische Orientierung für maximale Tauchtiefen mit einfachen Unterwassergehäusen (bezogen auf die handelsüblichen Produkte von Ewa-Marine aus Spezialfolie; für die Produkte anderer Hersteller können andere Maximalgrenzen gelten):

  • Video-Gehäuse: bis max. 10 Meter
  • Compact-Gehäuse: bis max. 10 Meter
  • Gehäuse für manuelle Spiegelreflexkameras: max. 15 Meter
  • Gehäuse für AF-Spiegelreflexkameras: max. 20-50 Meter (modellabhängig)

Die Unterwassergehäuse werden bei Überschreitung der maximalen Tiefen nicht unbedingt undicht. Aufgrund des zunehmenden Wasserdrucks bei größerer Tauchtiefe wird jedoch die Bedienung beeinträchtigt, da die Spezialfolie immer enger an den Fotoapparat gepresst wird. Für Tauchtiefen über 15 Meter sollte man starre, d.h. druckdichte Unterwassergehäuse bevorzugen.

Unterwasserkameras mit Sucher erschweren die Bildgestaltung, da der direkte Blick durch den Sucher wegen der Tauchmaske eingeschränkt ist. Das Anbringen eines Sportsuchers oder eines High-Eyepoint-Suchers können dieses Problem beheben.

Digitalkameras mit LCD-Monitoren erleichtern in der Unterwasser-Fotografie die Gestaltung der Aufnahme und ermöglichen daneben die sofortige Bildkontrolle. Im Vergleich zur analogen Aufnahmetechnik, erhöht sich je nach Kapazität der verwendeten Speicherkarte, die Anzahl der möglichen Aufnahmen. Die digitalen Daten eröffnen die Möglichkeit der späteren Nachbearbeitung. Ähnliches gilt für Digitalcamcorder mit ihren großformatigen Flachbildschirmen als Suchern, die zunehmend auch hochwertige Fotofunktionen besitzen.

 Commons: Unterwassergehäuse – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Spezielle Unterwasser-Kameras

Unterwasserkamera

Die Fotowirtschaft bietet eine begrenzte Auswahl an langjährig bewährten, speziellen Allwetter- oder Unterwasserkameras an, die in der Regel bis zu einer Tauchtiefe von 50 Metern genutzt werden können.

Künstliche Lichtquelle

Aufgrund der Absorption des Lichts und der langwelligen Anteile des elektromagnetischen Wellenspektrums, d.h. der roten Farbanteile, tritt ab etwa drei Meter Wassertiefe eine zunehmende Verblauung bei gleichzeitiger Verringerung des Kontrastes ein. Theoretisch könnte man dem mit Filtern entgegenwirken, da die Lichtstärke unter Wasser jedoch auch zurückgeht, wird der zusätzliche Verlust etwa einer Blende durch entsprechend starke Rotfilter wie „KR3“ in der Regel unerwünscht sein.

Abhilfe schafft eine künstliche Lichtquelle. Dies kann ein in die Kamera eingebautes Blitzgerät sein – wenn dieses nicht durch das Unterwassergehäuse abgeschattet wird – oder beispielsweise eine akkubetriebene Videoleuchte, notfalls auch eine Halogenlampe, die auch unabhängig vom Fotoapparat bewegt werden kann. Unterwasserlampen gehören ohnehin zur Taucherausrüstung, sollten also meistens verfügbar sein, haben jedoch eine schwer kalkulierbare Farbtemperatur und können zu den wildesten Farbstichen führen. Da beim Einsatz von UW-Lampen immer ein mehr oder weniger sichtbarer Lichtkegel in der Aufnahme zu sehen ist, empfiehlt es sich spezielle UW-Blitzlichtgeräte einzusetzen, deren Pilotlicht auch bei Nachttauchgängen genügend Helligkeit liefert.


Eine Alternative bei Kleinbildkameras ist die Verwendung spezieller Unterwasserfilme, die stärker für die Rotanteile sensibilisiert, also nicht orthochromatisch beziehungsweise panchromatisch, eingestellt sind. Bei höherwertigen, individuell konfigurierbaren Digitalkameras kann man auch versuchen, durch Modifizieren des Weißabgleichs eine Verblauung zu verhindern, beispielsweise durch Weißabgleich unter Wasser auf einen weißen Bootskiel. Bei der Kombination eines benutzerdefinierten Weißabgleichs mit einem Elektronenblitzgerät können dann allerdings wieder Farbverschiebungen auftreten.

Eine weitere Möglichkeit bei Digitalkameras ist, die Fotos im RAW-Format abzuspeichern und den Weißabgleich später mit Hilfe geeigneter Software durchzuführen. Auf diese Weise kann man – solange die Helligkeit generell zum Fotografieren ausreicht – auf künstliche Beleuchtung verzichten.

Objektiv und Brennweite

Für Anfänger in der Unterwasserfotografie wird meist zu einem mittleren Weitwinkelobjektiv (etwa 35 mm Brennweite bei Kleinbild) geraten, da dies über eine relativ hohe Schärfentiefe bei gleichzeitig noch geringer Verzerrung verfügt. Die Aufnahmeentfernungen zum Motiv sollten zwischen 0,5 und 2 Metern liegen.

Verzeichnungen und vor allem Verzerrungen können jedoch beim Schnorcheln oder Tauchen mit ungewohnten Perspektiven meist vernachlässigt werden. Zu beachten ist aber, dass aufgrund der höheren Dichte Objekte unter Wasser näher erscheinen. Auch deshalb sind kurze Brennweiten mit hoher Lichtstärke empfehlenswert.

Umgang mit Lichtverhältnissen und Kondenswasser

Als günstigste Tageszeit für die Unterwasserfotografie ohne künstliche Lichtquelle gilt – ganz im Gegensatz zur normalen „Oberflächenfotografie“ – die Mittagszeit zwischen etwa 11:00 und 14:00 Uhr, da hier das Licht nahezu senkrecht in das Wasser einfällt.

Durch Temperaturunterschiede zwischen Luft und Wasser kann sich im Unterwassergehäuse Kondenswasser bilden, das sich auf der Objektivlinse niederschlagen oder die Kameraelektronik beschädigen kann. Das Trockenmittel Silicagel (Kieselgel) bindet diese Feuchtigkeit, was an der Verfärbung der Kristalle von blau nach rosa erkennbar ist. Silicagel selbst ist farblos, in der Regel wird jedoch ein entsprechendes Indikatormittel beigesetzt. Silicagel kann durch (behutsame) Trocknung, beispielsweise im Backofen bei etwa 120 bis 150 °C, mehrfach verwendet werden.

Beispielaufnahmen

Literatur

Unterwasserfotografie-Bildbände

  • Herbert Frei: Wunderwelt unter Wasser. Heimische Fische vor der Kamera. Jahr Top Spezial Verlag, 1996, ISBN 978-3-86132-170-5.
  • Helmut Corneli, Barbara Corneli: Die schönsten Tauchreviere. Mittelmeer. Delius Klasing Verlag, Bielefeld 1996, ISBN 978-3-7688-0969-6.

Unterwasser-Fototechnik

  • Gerhard Alscher, Axel Grambow u.a.: Unterwasserfotografie. Fotokinoverlag, Leipzig 1986.
  • Heinz-Gert de Couet, Andrew Green: Handbuch der Unterwasser-Fotografie. Jahr Top Spezial Verlag, Hamburg 1994, ISBN 978-3-86132-121-7.
  • Jim Church, Günter Richter: Nikonos Unterwasser-Fotografie. Laterna Magica, München 1997, ISBN 978-3-87467-675-5.
  • Kamillo Weiß: Unterwasser- Fotografie. Technik, Optik, Geräte, Praxis. Busse-Seewald Verlag, 1979, ISBN 978-3-87120-751-8.
  • Hans-Ulrich Richter: Unterwasser-Fotografie und -Fernsehen. Fotokinoverlag, 1960.

Einzelnachweise

  1. VDST.de: Kamera Louis Boutan.
  2. National Geographic Society: First Underwater Color Photos.
  3. Unterwasserwelt.de: Ersatzlos gestrichen: Die legendäre Nikonos.
  4. Herbert Frei: Digitale Unterwasserfotografie von A–Z. 1 Auflage. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-440-1128-4, S. 50. 

Weblinks

 Commons: Unterwasserfotografie – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien


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