- Vorau (Stift)
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Das Augustiner-Chorherrenstift Vorau liegt in der nordöstlichen Steiermark (Österreich), in der Gemeinde Vorau.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Das Kloster geht auf eine Gründung von Markgraf Ottokar III. von Traungau im Jahr 1163 zurück. Die ersten Augustiner-Chorherren kamen aus Salzburg und Seckau. Nach der Zerstörung des Stifts im Jahr 1237 erfolgte der schnelle Wiederaufbau. König Rudolf I. von Habsburg stellte 1277 dem Stift einen Schutzbrief aus. Ein erneuter Brand verheerte die Klostergebäude im Jahr 1384. Die Misswirtschaft ihres Propstes Zink beendeten die Chorherren, indem sie ihn absetzten und einsperrten. 1452 gestattete Papst Nikolaus V. den Pröpsten von Vorau, bei feierlichen liturgischen Handlungen die Pontifikalien zu tragen. Der römisch-deutsche Kaiser Friedrich III. verlieh 1453 dem Stift sein heutiges Wappen und erteilte die Erlaubnis, eine Rüstkammer einzurichten. Wegen der anhaltenden Türkengefahr veranlasste Propst Leonhard von Horn den Umbau des Stifts zu einer Klosterburg mit Wassergraben, Wehrmauer und Zugbrücke.
Der von 1503 bis 1505 wütenden Pest fielen in der Vorauer Pfarre 800 Menschen zum Opfer. Durch Kaiser Maximilian I. wurde dem Stift das Landgericht mit Stock und Galgen verliehen. Nach dem Tod Propst Geyers im Jahr 1542 drohte das Stift während der Reformation zu erlöschen, denn es war nur noch ein Chorherr übrig. Die Existenzkrise wurde erst 1544 mit der Ernennung eines neuen Propstes beendet. Eine erneute Pestepidemie forderte 1598 in Vorau 611 Tote. Bis 1635 wurden umfangreiche Neubauten errichtet. Für die Bevölkerung richtete Propst Matthias Singer 1651 eine Apotheke ein. Von 1660 bis 1662 erfolgte der Neubau der Stiftskirche, die alte Kirche wurde 1727 abgerissen. Im Jahr 1736 erreichte das Chorherrenstift mit 46 Chorherren den höchsten Mitgliederstand seiner Geschichte. Das Stift richtete 1778 eine Hauptschule ein. Von 1812 bis 1817 wurde ein Gymnasium und von 1839 bis 1843 ein Privatgymnasium mit Sängerknabeninstitut geführt. Die Festungsmauern wurden 1844 abgetragen und der Wassergraben teilweise zugeschüttet, das Stift verlor dadurch seinen Burg-Charakter.
Das Stift wird seit 1920 mit Elektrizität versorgt. Wegen einer finanziellen Notlage im Zuge der Weltwirtschaftskrise mussten 1924 zahlreiche Kunstschätze verkauft werden. Am 19. April 1940 wurde das Stift Vorau von den Nationalsozialisten aufgehoben und enteignet, die Chorherren mussten die Steiermark verlassen. Aus dem Kloster wurde eine Parteischule der NSDAP (NAPOLA), die "Burg Vorau" genannt wurde. Im April und Mai 1945 brannte das Stift in Folge der Kampfhandlungen zwischen deutschen Truppen und der Roten Armee zur Hälfte nieder, der Rest wurde schwer beschädigt. Aus der Bibliothek wurden 5000 Bände gestohlen, alle anderen Sammlungen erheblich beschädigt.
Am 27. Mai 1945 kehrten die Chorherren in das zerstörte Stift zurück und begannen mit dem Wiederaufbau, der erst Ende der sechziger Jahre abgeschlossen war. Von 1981 bis 1987 wurden alle Stiftsgebäude saniert, von 1995 bis 1997 erfolgte ein Erweiterungsbau für das Verwaltungsgebäude.
Bibliothek
Besonders bedeutend ist die Bibliothek des Stiftes. Der 1731 fertiggestellte Bibliothekssaal beherbergt etwa 17.500 Bände. Insgesamt besitzt das Stift Vorau aber über 40.000 Bände, darunter 415 Handschriften und 206 Inkunabeln. Von den Handschriften seien vor allem das Vorauer Evangeliar aus dem 12. Jh. sowie das vierbändige Riesenantiphonar erwähnt. Berühmt ist auch die Vorauer Handschrift 276, die umfangreichste und wichtigste der alten Sammelhandschriften mit geistlichen frühmittelhochdeutschen Dichtungen, von denen viele nirgends sonst überliefert sind. Die im Jahre 1467 geschriebene Vorauer Volksbibel ist mit ihren über 550 Miniaturen die mit Abstand am reichhaltigsten illustrierte Handschrift. Nicht zu vergessen die weltberühmte Kaiserchronik – eine poetische Kaisergeschichte von Julius Caesar bis zum zweiten Kreuzzug. Die Vorauer Stiftsbibliothek, deren Inhalt sich beinahe über ein ganzes Jahrtausend Buchgeschichte erstreckt ist eine Fundgrube kulturgeschichtlichen Anschauungsmaterials. Die Bibliothek ist Forschern und wissenschaftlich Tätigen zugänglich. Der Bibliothekssaal des Stiftes zählt zu den schönsten in Europa.
Sakristei
Die Sakristei gilt als die künstlerische Perle des Stiftes, die ihre in den Jahren 1715 - 1716 erhaltene malerische Dekoration dem genialen Stiftsmaler Johann Cyriak Hackhofer verdankt und als sein Meisterwerk gelten darf. Auf den Wänden erscheinen in einfachen illusionistischen Rahmungen Szenen aus dem Leiden Christi (Fußwaschung, Letztes Abendmahl, Blutschwitzung, Geißelung, Dornenkrönung, Kreuztragung und Kreuzigung).
Höllensturz von J. C. Hackhofer (1716). Es zeigt, umgeben von Flammen, teuflischen Gestalten und anderen höllischen Ungeheuern, den Sturz personifizierter menschlicher Laster wie Geiz, Unzucht, Hochmut, Trunksucht, Verleumdung usw.
In der Mitte des östlichen, stark belichteten Deckenteils thront Christus auf dem Regenbogen. Um ihn scharen sich die Heiligen des Alten und des Neuen Bundes sowie anbetende Engel.
Bildungshaus
Im Stift ist ein Bildungshaus integriert, in dem mehrtägige Seminare veranstaltet werden. Zur Verfügung stehen mehrere Seminarräume mit Platz für bis zu 200 Personen. Das Bildungshaus wird von Markus Riegler geleitet.
Pröpste
- Bernhard II. –1237
- Konrad II. 1282–1300
- Dietrich 1300–1305
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- Heinrich von Wildungsmauer 1350–1381
- Konrad III. von Neunkirchen 1381–1398
- Johann von Schwaben 1398–1419
- Johann Straußberger 1419–1430
- Leonhard von Horn 1453–1493
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- Augustin Geyer 1534–1542
- Sedisvakanz 1542–1544
- Benedikt von Perfall 1593–1615
- Matthias Singer 1649–1662
- Philipp Leisl 1691–1717
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- Franz Freiherr von Taufferer 1769–1810
- Gottlieb Kerschbaumer 1838–1862
- Prosper Berger 1920–1953
- Gilbert Prenner 1953–1970
- Rupert Kroisleitner 1970–2000
- 55. Gerhard Rechberger seit 2000
Weblinks
47.415.888888888889Koordinaten: 47° 24′ 0″ N, 15° 53′ 20″ O
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