Walter Jagusch

Walter Jagusch

Walter Jagusch (* 3. September 1912 in Berlin; † 2007) war ein deutscher SS-Hauptsturmführer und Jurist im Reichssicherheitshauptamt (RSHA).

Leben

Der Sohn eines Hoteliers gab an, 1932 von den Pfadfindern zur Hitlerjugend gewechselt zu haben. Anfang 1933 trat er in die NSDAP ein. Er studierte in Berlin Rechtswissenschaften und legte 1935 sein Referendarprüfung und 1936 seine Assessorprüfung ab. Bis 1939 tat Jagusch Dienst bei der Staatsanwaltschaft des Landgerichtes Berlin Moabit. Im Februar 1939 wechselte Jagusch zum Geheimen Staatspolizeiamt. Dort war er im „Referat II B3 Emigranten“ für die Überwachung von Menschen zuständig, welche aus dem nationalsozialistischen Deutschen Reich ausgewandert waren.

Mit der Gründung des RSHA wurde ihm die Leitung des „Referates IV A5 Emigranten“ übertragen; im Februar 1940 zusätzlich die sogenannten Judenangelegenheiten. Ende 1940 wurde Jagusch Leiter der Gestapo in Straßburg beim Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD (BdS).

Im August 1942 wurde er Leiter der Gestapo in Riga unter dem neu ernannten BdS Humbert Achamer-Pifrader. In den Archiven erscheint Jagusch im Zusammenhang mit einem Streit zwischen Ostminister Alfred Rosenberg und dem Reichsführer-SS, Heinrich Himmler, über Eigentum, welches Juden geraubt wurde. Der Reichskommissar für das Ostland, Hinrich Lohse, wollte die Konfiszierungen der Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD unterbinden. Diese raubten die „für die notdürftige persönliche Lebensführung“ nicht unbedingt erforderlichen Gegenstände der Juden. Am 8. September 1941 war im Büro des Gebietskommissars von Schaulen in Litauen ein Hauptmann Stasys Senulis aufgetreten und hatte im Namen von Standartenführer Karl Jäger vom Einsatzkommando 3 verlangt, dass die örtliche Bürgermeister das gesamte aus jüdischem Besitz stammende Gold und Silber abliefern sollten. Lohse sprach beim Höheren SS- und Polizeiführer, Hans-Adolf Prützmann, vor und erklärte, dass die Beschlagnahmung in das Ressort von Rosenberg fallen würde. Das Dokumentierte einer vierstündige Unterredung zwischen Rosenberg und Himmler tituliert das Thema mit „Kleinlichkeit des Reichsführers Lohse“ und „lächerliche Beschwerden“ eines Generalkommissars Wilhelm Kube über die „Sicherstellung des notwendigen Bedarfs für SS und Polizei“. Jagusch gestand als Vertreter Himmlers am 13. Oktober 1941 den Zivilbehörden (gemeint ist Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg) die Verfügungsgewalt über das jüdische Eigentum zu, insistierte aber, es gäbe einen Führererlass (welchen auch Kube nie zu Gesicht bekam), nach dem der SS in allen jüdischen Angelegenheiten eine „gesetzgeberische Federführung“ vorbehalten bliebe.[1]

Jagusch leitete in Riga die Gestapo, als am 28. Oktober 1942 eine Gruppe „Untergrundkämpfer“ bei der Flucht aus dem Ghetto von Riga entdeckt und die meisten Menschen aus dieser Gruppe unverzüglich erschossen wurden. Anschließend veranlasste die Sicherheitspolizei Strafaktionen gegen Menschen in diesem Judenghetto. Noch am 28. Oktober 1942 wurden zahlreiche Gefangene des Ghettos als Geiseln genommen und drei Tage später 108 von ihnen ermordet. Zur Partisanenbekämpfung hatte Jagusch im Frühjahr 1943 das Kommando über eine Einsatzgruppe in Bataillonstärke aus Menschen aus dem vormaligen Machtbereich der UdSSR und Lettland. Im Mai 1943 wurde Jagusch als SS-Untersuchungsführer beim SS- und Polizeigericht zum BdS nach Lothringen befohlen, wo er bis zum 8. Mai 1945 tätig gewesen ist.

Nach Kriegsende tauchte er zunächst in Thüringen unter und arbeitete nach 1946 in Detmold als Assessor. 1952 erhielt Jagusch eine Zulassung als Anwalt und ließ sich in Bielefeld als Rechtsanwalt nieder. Mehrere Ermittlungsverfahren gegen ihn verliefen ergebnislos.[2]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Raul Hilberg: Die Vernichtung der europäischen Juden. Band 2. Fischer Frankfurt a.M. 1990, S. 381.
  2. Michael Wildt: Generation des Unbedingten. Das Führungskorps des Reichssicherheitshauptamtes. Hannover 2001, S. 936.

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