Weinbau in der Türkei

Weinbau in der Türkei
Weinregionen der Türkei

Der Weinbau in der Türkei spielt heute eher eine untergeordnete Rolle. Obwohl laut einer Erhebung von 1996 567.000 Hektar Rebfläche bestockt waren, dies entspricht dem vierfachen der Fläche des Weinbaugebiets Bordeaux, werden lediglich kleine Kontingente meist einfacher Weine hergestellt. Im Jahr 2002 wurden 481.000 hl Wein erzeugt, im Jahr 2003 gehen die Schätzungen von 570.000 hl aus. Damit werden nur zwei Prozent der geernteten Weintrauben für den Weinbau verwendet. Der Rest wird als Tafeltraube vermarktet. Aufgrund der Erfolge der letzten zehn Jahre, der auch durch den wachsenden Tourismus zustande kommt, werden neue Weingüter und Anbauflächen angelegt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte des Weinbaus in der Türkei

Gemäß der biblischen Überlieferung strandete Noach mit seiner Arche nach dem Rückgang des Wasserpegels am Berg Ararat in der Türkei. Dort erlernte er nach einer Legende den Beruf des Weinbauern.

Archäologisch belegt sind Darstellungen zur Weinherstellung aus dem fünften Jahrtausend v. Chr. Entsprechende Funde machte man im Gebiet Ostanatoliens. Belegt ist ebenfalls, dass die Hethiter nahe der Grenze zum heutigen Irak 2000 v. Chr. Wein aus der Rebsorte 'Kalecik Karasi' herstellten.

In der Antike galt anatolischer Wein als qualitativ hochwertig und wurde zu hohen Preisen gehandelt. Auch die Byzantiner waren bekannt für ihre guten Weine, die ein begehrtes Handelsgut im Austausch mit benachbarten Völkern waren.

Mit der allmählichen Eroberung der byzantinischen bzw. vormals byzantinischen Territorien durch insbesondere türkische Invasoren kam der Weinbau immer mehr zum Erliegen. Mit der Eroberung Konstantinopels 1453 durch die Türken kam der letzte Rest des Weinbaus für fast 400 Jahre nahezu zum Stillstand. Danach wurden die Trauben fast ausschließlich zu Sultaninen verarbeitet. Allein den nichtmuslimischen Minderheiten, insbesondere Armeniern und Griechen sowie Juden war die Erzeugung und der Konsum von Wein erlaubt. Im Jahr 1637 sollen allein in Istanbul annähernd 160 Tavernen und 6000 kleine Geschäfte den Wein verkauft haben.

Erst mit der Errichtung eines laizistischen Staates durch Atatürk wurde der Weinbau wieder in größerem Stil möglich. Atatürk selbst galt als Weinliebhaber und förderte die Gründung privater Weingüter.

Zwischen 1960 und 1980 erlitt der Weinbau einen herben Rückschlag. Die Rebkrankheit Phylloxera sowie die Landflucht und eine Auswanderungswelle sind die Ursache dafür, dass viele Flächen nicht mehr bewirtschaftet wurden.

Seit 1980 nimmt die Menge und die Qualität von türkischem Wein ständig zu. Dabei ist das Kunden-Potential im eigenen Land riesig groß. Der Pro-Kopf-Verbrauch von Wein liegt in der Türkei bei 0,8 Litern pro Jahr (in Europa liegt dieser Verbrauch bei 50 bis 60 l/Jahr). Populärstes alkoholisches Getränk bei Türken ist der Rakı (70 % der verkauften Alkoholika) gefolgt von Bier (12 %) und Wein (8 %). Die religiös konservativen Teile der Türkei versinnbildlichen zum Teil den Konflikt zwischen Orient und Okzident: dort werden die Trauben von Bauern angebaut, die den Genuss von Alkohol ablehnen, jedoch einen Teil ihres Lebensunterhalts mit diesem Geschäft erwirtschaften.

Weinbaugebiete

Die wichtigsten Weinbaugebiete liegen in der Ägäisregion an der Ägäisküste. In diesen Gebieten, die mehr Feuchtigkeit aufweisen als das trockene Landesinnere, werden knapp zwei Drittel der Weine produziert. 34 Rebsorten sind für den Weinbau im Einsatz, 22 lokale sowie 12 internationale.

Am Schwarzen Meer, das als Urheimat der Weinreben gilt, liegen kleinere Anbaugebiete in der Nähe von Çorum, Tokat, Kastamonu und Samsun. Hier werden vorwiegend die autochthonen Rebsorten Dimrit, Sergikarası (rot) und Narine (weiß) eingesetzt.

In Zentralanatolien herrscht ein kontinentales Klima mit harten Wintern und heißen Sommern vor. Hier baut man die Rebsorten Kalecik Karası, Papazkarası, Dimrit, Bogazkere und Öküzgözü (alles rote Sorten) sowie die weißen Sorten Emir, Narince und Hasandede an. Die Gebiete liegen bei Ankara, Kırıkkale, Kırşehir und Niğde.

In Ostanatolien wird Weinbau rund um Elazığ sowie in den südostanatolischen Provinzen Gaziantep, Mardin, Şanlıurfa und Diyarbakır betrieben. Hauptsächlich werden die Rebsorten Öküzgözü, Bogazkere, Horozkarası (alles rot) sowie Narince, Dokulgen und Kabarcık eingesetzt.

Struktur des Weinbaus in der Türkei

Die Weinbauszene wird von einigen wenigen Großkellereien bestimmt. Der Qualitätssprung der letzten Jahre wurde gerade dort initiiert. Durch den Erfolg dieser Güter entstehen zurzeit kleine Weingüter nach dem Vorbild der französischen Betriebe (Châteaux). Die meisten der ca. 100 türkischen Weinbaubetriebe sind sehr klein und exportieren nicht. Da die Weinberge verstreut über das ganze Land liegen und die Großkellereien einen enormen Bedarf an Traubenmaterial haben, muss das Traubengut oftmals einige hundert Kilometer in Kühltransporten vom Weinberg zu den Kellereien gefahren werden.

Die größten Weinbaubetriebe sind:

  • Kavaklıdere: Kellerei in Ankara, Produktion ca. 17 Millionen Flaschen/Jahr. Der Exportanteil beträgt 20 %. Der Rest verbleibt im Land, zur Deckung vor allem des Tourismus-Bedarfs. Kavaklıdere heißt übersetzt Pappelbach.
  • Doluca: Die Jahresproduktion beläuft sich auf 13 Millionen Flaschen (2004)
  • Pamukkale: Sowohl die Sinterterrasse Pamukkale als auch das Weingut aus Güney haben als Namensgeber die Baumwolle (heißt auf türkisch Pamuk; Pamukkale heißt übersetzt Baumwollburg). Die Jahresproduktion beläuft sich auf 2,5 Millionen Flaschen
  • Sevilen
  • Melen

Bekannte türkische Weine sind:

Rotweine

  • Buzbağ,
  • Villa Neva und
  • Yakut
  • Zeybek
  • Agora

Weißweine

  • Çankaya,
  • Trakya und
  • Villa Doluca
  • Agora

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