Thrakien

Thrakien

Thrakien (lateinisch Тhracia, griechisch Θράκη/Thráki, bulgarisch Тракия/Тrakija, türkisch Trakya), auch Thrazien, ist eine Landschaft auf der östlichen Balkanhalbinsel, die heute zu den Staaten Bulgarien, Griechenland und Türkei gehört. Das östliche Thrakien stellt den europäischen Teil der Türkischen Republik dar.

Südosteuropa zu Zeiten der Römer

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Die ungefähren Grenzen Thrakiens heute

Heute liegen ca. 57 % (42.161 km²) thrakischen Landes in Bulgarien, ca. 31 % (23.384 km²) in der Türkei (der gesamte europäische Teil der Türkei) und ca. 12 % (8.586 km²) in Griechenland.

Thrakien ist in verschiedene Landschaften gegliedert und von drei Meeren (Schwarzes Meer, Thrakisches Meer der nördlichen Ägäis und Marmarameer/Dardanellen) umgeben. Im Westen liegen das Rhodopengebirge und im Osten das Strandscha-, und Sakargebirge. Der Fluss Mariza durchfließt fast die gesamte Landschaft und trennt mit seinem Unterlauf das griechische Westthrakien vom türkischen Ostthrakien. Er bildet dort großenteils die natürliche Grenze zwischen der Türkei und Griechenland.

Die Grenze Thrakiens beginnt am Kap Emine an der bulgarischen Schwarzmeerküste und führt nach Westen weiter entlang der Linie Golubec, Ichtimanska Sredna Gora und Schumnatica bis zum Berg Musala im Rilagebirge. Vom Musala führt sie nach Osten über die Rhodopen (Videnica) zur bulgarisch-griechischen Grenze bei Kaintschal. Von hier verläuft sie nach Süden nach Nestos in Griechenland und weiter zur Ägäis.

Die Oberthrakische Tiefebene (bulgar. Горнотракийска низина) befindet sich in Bulgarien und ist dort die größte Tiefebene des Landes. Sie wird im Norden durch das Gebirge Sredna Gora (Средна Гора) begrenzt (einem niedrigen Vorgebirge des Balkangebirges) und im Süden durch die Rhodopen (Родопите). Die Tiefebene ist 180 Kilometer lang, 50 Kilometer breit und im Mittel 168 Meter hoch und umfasst ein Gebiet von 6.000 km². Durch sie fließt der Fluss Mariza (Evros). Insgesamt ist das Relief flach mit Ausnahme von kleinen Hügeln in der Nähe von Plowdiw und Tschirpan.

Damit gehören zu Thrakien:

Zu Thrakien gehören auch die Ägäis-Inseln Samothraki als Teil der griechischen Präfektur Evros sowie Imbros, die Teil des türkischen Canakkale ist. Auch die bulgarischen Schwarzmeerinseln (Sweti Iwan, Sweta Anastasia und weitere) werden zu Thrakien gezählt.

An der Schwarzmeerküste, an der Marmarameerküste und an den Dardanellen findet man sehr unterschiedliche Landschaften und Klimazonen, hügelige Landschaften mit Sonnenblumen und Weizenfeldern. An der türkischen Schwarzmeerküste gibt es nur einige kleine Siedlungen, während die Marmarameerküste von Istanbul bis Tekirdağ stark bebaut ist.

Die Saros-Bucht zwischen Griechenland und der Türkei zählt zu den saubersten Tauchplätzen im Mittelmeer, weil es dort keine Industrie und Städte gibt.

Geschichte

Odrysischer Staat im 4. Jahrhundert v. Chr.

Unter Thrakien verstand man in der Antike das Gebiet, das nördlich von Griechenland bis zu den Skythen lag, östlich von Makedonien und der Region Epirus bis ans Schwarze Meer reichte und vom Volk der Thraker besiedelt war, jedoch Dakien nicht miteinschloss. Der Sage nach war Thrakien Heimat des Orpheus, Dionysos und des Apollon.

Das Volk der Thraker bildete um 450 v. Chr. ein gemeinsames Reich. Die südlichen Teile davon standen im Spannungsfeld der griechisch-persische Kriege unter persischer Herrschaft. In dieser Zeit zerfielen die Thraker in viele Völkerstämme. Unter ihnen spielten die Odrysen die führende Rolle, die oft mit Athen verbündet waren. Im Jahr 341 v. Chr. mussten die Thraker die makedonische Vorherrschaft durch König Philipp II., Vater von Alexander der Große, anerkennen. Nach dem Tode Alexanders fiel das Gebiet an Lysimachos, der 306/5 v. Chr. zum König von Thrakien gekrönt wurde. Im 3. Jh. v. Chr. kam es zum Einfall keltischer Stämme (Galater), die jedoch besiegt werden konnten.

Die römischen Provinzen unter Trajan (117 n. Chr.)

Im Jahr 44 n. Chr. wurde die römische Provinz Thracia eingerichtet. In römischer Zeit wurde die Bezeichnung für das Gebiet zwischen Makedonien, Illyrien, Donau und Kleinasien verwendet.

Mit der Reichsteilung von 395 wurde Thrakien als Umland der Hauptstadt Konstantinopel das Zentrum des Oströmischen oder Byzantinischen Reiches. Westlich Konstantinopels wurde zur Abwehr der Protobulgaren das Thema Thrakien eingerichtet (erstmals 687 erwähnt).[1] Vor der Eroberung der Stadt im Jahre 1453 ließ Sultan Mehmet der Eroberer dort seine schlagkräftigsten Kriegsmaschinen herstellen.

1878 wurde nach dem Berliner Kongress aus Nordthrakien die autonome Provinz Ostrumelien innerhalb des Osmanischen Reiches konzipiert, die einen großen Teil Thrakiens einnahm. Diese konnte sich nach einem Staatsstreich 1885 mit dem Fürstentum Bulgarien vereinen. In den Balkankriegen 1912–1913 eroberte Bulgarien auch Westthrakien. 1914 ordnete die türkische Regierung die Ausweisung der Griechen aus Ostthrakien an, begleitet wurde die Umsetzung von Plünderungen. Im April 1917 wurden schließlich auch die letzten verbliebenen Griechen in die asiatische Türkei deportiert.[2] Im Vertrag von Sèvres 1920 musste Bulgarien Westthrakien endgültig an Griechenland abtreten.

Thrakische Kultur

Hauptartikel: Thrakische Kultur

Thrakien ist als „das goldene Reich des Orpheus“ (Homer) eine der ältesten Kulturlandschaften Europas und bekannt durch seine Philosophen. Überall in Thrakien, vor allem in der Oberthrakischen Tiefebene, kann man auf die Reste der alten Kulturen und historischen Plätze stoßen. Viele davon sind kaum erforscht und wenig bekannt. In der Landschaft sieht man thrakische Dolmen und Tumuli (thrakische Königsgräber).

Sehenswürdigkeiten

Die thrakischen Gebiete Bulgariens, Griechenlands und der Türkei warten mit einer Vielzahl an Grabhügeln, Ausgrabungsstätten und Museen zur Thrakischen Kultur auf. Ein wichtiger Ort ist der Thrakische Tempel Perperikon in den Ostrhodopen. Das Heiligtum befindet sich auf einem Felsengipfel (470 m) und 15 km von der Stadt Kardjali entfernt. Daneben fließt der goldhaltige Perperikischka Fluss. Der Tempel war vermutlich auch Heiligtum des Dionysos (Thrakischer Gott der Erde). Im Jahre 2002 sind hier Holzteilchen vom heiligen Jesus-Kreuz entdeckt worden, welche im Museum der Stadt Kardjali zu sehen sind. Das Museum hat ca. 27.000 Exponate, darunter viele aus thrakischer Zeit.

Weitere international bekannte Fundorte sind die Gräber von Aleksandrowo (Mitte des 4. Jahrhundert v. Chr.), Panagjurischte (4.–3. Jahrhundert v. Chr.), Blagoewgrad (erste Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr.), das „Tal der thrakischen Könige“ mit zahlreichen Fürstengräbern.

Aus Römischer Zeit sind die Städte Adrianopel, Karasura, Trimontium, Ulpia Augusta Trajana, Augusta, Diospolys, Ulräbernpianon Anchialeon, Deultum Schauplätze der Reste Antiker Bauwerke.

Bevölkerung

Nordthrakien (Bulgarien)

Die Bevölkerungsstruktur des bulgarischen Teils Thrakiens setzt sich aus mehrheitlich Bulgaren, sowie Türken und Pomaken zusammen. Auch Nachfahren der vertriebenen ethnischen Bulgaren aus dem benachbarten griechischen und türkischen Teilen Thrakiens (s. Thrakische Bulgaren), leben vornehmlich in dieser Region.

Die größten Städte im bulgarischen Teil Thrakiens[3]:

  • Plowdiw /Plovdiv (Пловдив) 377.909 Einwohner, zweitgrößte Stadt Bulgariens
  • Burgas (Бургас) 229.742 Einwohner, bedeutende Hafenstadt, derzeit Sitz des Schwarzmeerkriegshafens Bulgariens
  • Stara Sagora (Стара Загора) 181.508 Einwohner
  • Metropolregion Pasardschik (Пазарджик) 132.585 Einwohner
  • Sliwen (Сливен) 147.157 Einwohner
  • Haskowo (Хасково) 116.717 Einwohner
  • Jambol (Ямбол) 85.966 Einwohner
  • Stadt Pasardschik (Пазарджик) 76.161 Einwohner
  • Dimitrowgrad (Димитровград) 41.840 Einwohner

Westthrakien (Griechenland)

Die griechische Region Thrakien hat heute eine Bevölkerung von 366.139 Einwohnern (Stand 2001) und eine Fläche von 8.578 km².

Im griechischen Thrakien leben mehrheitlich Griechen, ein Teil der heutigen griechischen Bevölkerung wurde einst aus dem Pontos, Anatolien oder dem benachbarten Ostthrakien (europäische Türkei) vertrieben. In den 1990er Jahren wurden Russland-Griechen angesiedelt, diese sind jedoch mangels Arbeitsplätzen in der Region zumeist in die Ballungsgebiete gezogen. Den Rest der Bevölkerung Westthrakiens stellen eine zahlenmäßig bedeutende türkische Minderheit (Eigenbezeichnung: Westthrakien-Türken) und Pomaken dar, die in den Statistiken zusammen mit den muslimischen Roma lediglich als muslimische Einwohner Westthrakiens erfasst werden. Griechenland stützt sich bei dieser unpräzisen Art der Datenerfassung auf den Vertrag von Lausanne. Nach Angaben einer Studie der Athener Akademie sind es 105.000 Moslems in Westthrakien (Jahr 1995). Die Griechische Botschaft Berlin gibt eine Zahl von 120.000 Moslems in Westthrakien an.

Die wichtigsten Städte in Westthrakien sind (Angaben aus dem Jahr 2001):

Ostthrakien (Türkei)

Bis zu den Balkankriegen war der Anteil der türkischen bzw. moslemischen an der gesamten Bevölkerung gering. Während des zweiten Balkankriegs wurde die bulgarische Bevölkerung (→ thrakische Bulgaren) vertrieben, in den Jahren danach (1913-1923) die griechische, so dass heute Ostthrakien überwiegend von Balkan-Türken sowie ethnischen Albanern und Bosniern bewohnt ist. Bei den Türken handelt es sich mehrheitlich um Personen, die gemäß dem Vertrag von Lausanne (1923) unter den Bevölkerungsaustausch fielen (1923) und zuvor Minderheiten in der griechischen Region Makedonien oder auf Kreta darstellten. Diese siedelten sich in der Gegend um Gelibolu an. Türken aus Bulgarien findet man vornehmlich in Edirne sowie der Provinz Kirklareli. Die Stadt Babaeski ist das Zentrum dieser Bevölkerungsgruppe. Daneben sind auch Pomaken (Muslime aus Bulgarien) ansässig. An der Schwarzmeerküste um Kumköy besiedeln Krim-Tataren sowie Tscherkessen(Cerkesköy) die Gegend.

Die Türkische Erste Armee ist in Ostthrakien stationiert.

Die wichtigsten Städte im türkischen Teil Thrakiens (Angaben aus dem Jahr 2008):

Städte und Orte Thrakiens

Hauptartikel: Liste thrakischer Städte und Inseln

Einzelnachweise

  1. Haldon, Byzantium in the seventh century, S. 214.
  2. Tessa Hofmann: Verfolgung, Vertreibung und Vernichtung der Christen im Osmanischen Reich. S.136.
  3. Stand: 14. März 2008, NSI (Nationales Statistisches Institut)

Siehe auch

Literatur

Weblinks

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