Belichtungsmessung

Belichtungsmessung

Belichtungsmessung ist in der Fotografie die zusammenfassende Bezeichnung für verschiedene Methoden zur Bestimmung der passenden Kombination aus Verschlusszeit und Blende, mit der ein korrekt belichtetes Bild erzeugt werden kann.

Die Belichtung H ist das Produkt der Beleuchtungsstärke E (in lx) und der Belichtungszeit t (in s) ⇒ H = E \cdot t.

Inhaltsverzeichnis

Ziel

Alle fotografischen Aufnahme- und Wiedergabeverfahren, gleichgültig ob Negativfilm, Diafilm, Fotopapier oder auch Digitalkameras, weisen zwei charakteristische Eigenschaften auf: Die Filmempfindlichkeit (die Empfindlichkeitseinstellung bei Digitalkameras) und den maximal darstellbaren Kontrastumfang. Ziel der Belichtungsmessung ist es, einen optimalen Kompromiss zwischen den Möglichkeiten des verwendeten Materials einerseits, den Beleuchtungsverhältnissen und den Reflexions- bzw. Kontrasteigenschaften des Motivs andererseits, zu finden.

Messverfahren

Grundsätzlich werden zwei Formen der Belichtungsmessung unterschieden:

  • Objektmessung (auch: Leuchtdichtemessung) – gemessen wird hier das vom Objekt reflektierte oder ausgestrahlte Licht. Die Objektmessung ist die am weitesten verbreitete Messmethode, die sich auch in den meisten Kameras findet. Varianten: Integralmessung, Spotmessung, Mehrfeldmessung bzw. Matrixmessung, Detailmessung, Zwei- und Mehrpunktmessung.
  • Lichtmessung – hier wird das auf das Objekt einfallende Licht gemessen. Sie setzt in der Regel speziell ausgerüstete Handbelichtungsmesser mit Kalotte voraus, ist aber mit geeignetem Zubehör auch mit einigen Kameras möglich. Mit Hilfe einer Graukarte ist auch mit Kameras oder einfacheren Handbelichtungsmessern ohne Messkalotte eine so genannte Ersatzmessung möglich.

Funktionsweise

Klassische automatische Belichtungsmessungen gehen von einfachen Durchschnittswerten aus: Es wird ein Landschaftsmotiv bei klarem, blauen Himmel vorausgesetzt, das weitgehend frontal (bei 35 bis 55° Sonnenstand) beleuchtet wird und 18 % des einfallenden Lichts in Richtung der Kamera reflektiert.

Moderne computergestützte Belichtungsmessmethoden (Mehrfeld- oder Matrixmessung) versuchen dagegen, anhand einer Motivdatenbank bzw. des Motivkontrastes eine gegebene, auch von der Norm abweichende, Lichtsituation zu erkennen – und können damit oft erstaunlich gute Ergebnisse liefern.

Varianten

Ein Belichtungsmesser. Vorn die vorschiebbare Diffusor-Kalotte für Lichtmessungen.

Zur Lichtmessung wird vom Objekt/Motiv in Richtung Kamera das auf das Objekt fallende Licht gemessen. Dazu muss das Messgerät, der Belichtungsmesser, speziell ausgerüstet sein und über Kalotte oder Diffusor verfügen, die als weiße Halbkugel oder Jalousie über die Messzelle geschoben werden. Von dem auf das Motiv fallenden Licht lässt sich auf die Lichtreflexion in Richtung Kamera schließen. Dieses Messverfahren ist unabhängig vom Motiv und dessen Kontrast.

Bei der Objektmessung wird von der Kamera oder einem Belichtungsmesser aus zum Objekt/Motiv hin dessen Lichtabstrahlung (Remission) ermittelt. Hilfreich kann hier ein Spotmesser mit 1–5° Messwinkel sein: Damit lässt sich aus mehreren Messungen unterschiedlicher Motivhelligkeiten ein Mittelwert gewinnen (Multispotmessung). Dieses Verfahren ist primär von der Remission des Motivs und vom Motivkontrast abhängig. Letzterer muss zusätzlich analysiert und bewertet werden.

Neutralgrau und Graukarte

Als Einheit bei der Belichtungsmessung gilt der Lichtwert – gleichwertig mit einer Blendenstufe des Objektives, einer Zeitenstufe des Kameraverschlusses, oder einer Empfindlichkeitsstufe des Films (des Sensors, bei Digitalkameras).

Ein Belichtungsmesser gibt Auskunft über eine vorhandene Lichtmenge, die er über den Lichtwert und die eingestellte Film-(Sensor-)Empfindlichkeit zu einer Zeit-Blenden-Kombination in Beziehung setzt, welche nötig ist, um ein Motiv(teil) einem mittleren Grauwert entsprechend zu belichten.

Der mittlere Grauwert ist definiert als eine Fläche mit einer Lichtabstrahlung von 18 % – dem mittleren Remissonswert (oder auch „Zone V“), zwischen zeichnungslosem Weiß und tiefem Schwarz; bezogen auf einen wiedergebbaren Kontrastumfang von fünf Belichtungsstufen.

Als ein Hilfsmittel zur korrekten Belichtungsmessung dient die Graukarte, die ersatzweise angemessen werden kann, wenn das Motiv selbst überdurchschnittlich kontrastreich ist; also aus einer Vielzahl unterschiedlicher Grauflächen besteht. Sie ist als neutral-grau (ohne Farbstich) und einer exakten Remission von 18 % definiert, strahlt also 18 % des einfallenden Lichts zurück. Das gleiche macht sinngemäß die Kalotte oder der Diffusor bei Handbelichtungsmessern, die als weiße Halbkugel (oder Jalousie) über die Messzellen der Geräte geschoben werden: Auch hier werden exakt 18 % des Lichtes messtechnisch erfasst. Womit eine sogenannte Lichtmessung – eine Direktmessung vom Motiv hin zur Lichtquelle – realisiert werden kann.

Praxis

Bei der Objektmessung wird von der Kamera zum Objekt (Motiv) hin ein Belichtungswert ermittelt, der jener Einstellungen an der Kamera entspricht, die nötig wäre, um dieses Motiv in einer mittleren Helligkeit, einem mittleren Grauwert, auf den Film zu bannen. Bei Motiven, deren Remission davon abweicht, also sich vorwiegend Weiß (z. B. Schneelandschaften) oder Schwarz (z. B. Kohlenhalde) darstellt, entspricht der ermittelte Belichtungswert nicht der korrekten Einstellung. Nur bei einem durchschnittlich beleuchteten und kontrastierenden Motiv (z. B. eine Landschaft bei Sonne im Rücken) kann der Mittelwert aller hellen und dunklen Bereiche als weitgehend gültiger Maßstab zur Belichtungsmessung herangezogen werden. Ansonsten muss ein ermitteltere Wert korrigiert werden.

Bei der Lichtmessung dagegen ist der ermittelte Wert geeignet, ein Motiv unabhängig vom Kontrast(umfang), also auch Weiß als Weiß und Schwarz als Schwarz, abzulichten. Hier ist nur Vorsicht geboten, wenn der Belichtungsumfang des Motivs größer ist als der des Films.

Belichtungskorrektur

Eine notwendige Belichtungskorrektur hängt vom benutzten Film und der Licht-/Kontrast-Situation ab. Der natürliche Kontrastumfang in der Natur kann bis zu 20 Lichtwerte umfassen, von denen das Auge zehn Stufen auf einmal (ohne Adaption) wahrzunehmen vermag. Hier lehnt sich das Zonensystem von Ansel Adams an: elf Helligkeitsstufen, vom zeichnungslosen Schwarz (Zone 0) bis zum zeichnungslosen Weiß (Zone X) – entsprechend halben Belichtungsstufen, wenn Zone V einer Remission von 18 % entspricht. Unter Zeichnung versteht man, wenn die Strukturen eines Motivs gerade noch erkennbar sind (z. B. bei einer Hauswand die Struktur des Wandputzes, bei einem Kohlenhaufen die einzelnen Stücke).

Heutige Filmmaterialien verarbeiten einen Belichtungsumfang von fünf bis sieben Stufen bei Diafilmen, von zehn bis zwölf Stufen bei Negativfilmen. Digitalkameras können einen Kontrastumfang von bis zu zwölf Lichtwerten erfassen. Auf Papier ausbelichtet oder im Druck bleiben davon etwa fünf Stufen.

Um einen Kontrastumfang vom reinen Weiß bis zum tiefen Schwarz noch mit Zeichnung auf dem Film zu zeigen, können Korrekturwerte von bis zu ± 2,5 Belichtungsstufen nötig sein. Für mehr Zeichnung in den Lichtern wird gegenüber dem Messwert die Belichtung verkürzt, für mehr Zeichnung in den Schatten verlängert. Dadurch werden die Tonwerte relativ zum Neutralgrau verschoben. Übersteigt der Kontrastumfang des Motivs den reproduzierbaren Bereich, muss in der Regel auf Zeichnung in den Lichtern und/oder Schatten verzichtet werden (Ausnahme: siehe unter HDI- bzw. HDR-Technik).

Hennings-photo.de-zone.jpg

Die Skizze zeigt neun Grau-Zonen. Unter unterschiedlichen Lichtverhältnissen zeigt der Belichtungsmesser stets an, mit welcher Belichtung auf dem Film ein Neutralgrau, das der Zone V(5) entspricht, erreicht wird. Mal ist es heller, mal dunkler, so dass sich ganz unterschiedliche Belichtungswerte für die einzelnen Zonen ergeben können (wie das unter der Skizze an zwei Blendenreihen gezeigt ist). Ist der Belichtungsumfang von Motiv und Film gleich groß (hier fünf Zonen), kann dennoch eine Korrektur nötig sein, wenn der Mittelwert für das Motiv nicht der Zone V entspricht; die Gesamthelligkeit des Motivs entweder heller oder dunkler, als einem „durchschnittlichen Grau“ entsprechend, ausfällt.

ACHTUNG: Beim Arbeiten mit dem Zonensystem wird eine Belichtungkorrektur ergänzt durch geänderte Verarbeitungszeiten der Filme im Labor. Belichtungskorrekturen allein haben nur Auswirkungen auf die Gesamthelligkeit des Motivs, nicht aber auf dessen Kontrastumfang in der Wiedergabe.

Ergänzend soll noch erwähnt sein, dass auch auszugsverlängerndes Zubehör, wie Zwischenringe oder ein Balgengerät, eine Belichtungskorrektur bedingt, die der Länge des jeweiligen Auszugs bei gegebener Objektivbrennweite anzupassen ist.

Korrekturfaktor

der Korrekturfaktor ist gleich = (Auszug/Brennweite)² (Korrekturfaktor = Auszug durch Brennweite in Klammern zum Quadrat) Neue Belichtungszeit ist gleich = Alte Bel.-Zeit mal Korrekturfaktor. Beispiel: Objektiv mit einer Brennweite f = 50 mm und einem Auszug von 100 mm, ergibt einen Korrekturfaktor von (100/50)² = 4. (K.-Faktor 4 entspricht 2 Blenden, weil jede Blenden-/Zeit-stufe die Belichtung verdoppelt bzw. halbiert; 1 Blenden-/Zeit-stufe entspricht also dem Faktor 2). Anstatt mit einer Belichtung von z. B. 1/60 s müsste also mit 1/15 s (= plus 2 Stufen) belichtet werden (bei Dauerlicht); oder die Blende um 2 Stufen geöffnet werden. (Oder Zeit plus eine Stufe UND Blende plus eine Stufe) Bei Blitzanlagen könnte der Ausgleich auch durch sogenanntes „Mehrfachblitzen“ erfolgen.

Ausstattung von Kameras

Moderne Kameras verfügen häufig über mehrere Varianten der Objektmessung, zwischen denen der Fotograf je nach Situation oder Vorlieben wählen kann.

Die flexibelste Belichtungsmessung ist die Spotmessung, insbesondere wenn sie einen möglichst kleinen Bildwinkel ausmisst; ein höheres Maß an Kontrolle erhält der Fotograf nur mit einem externen Spotbelichtungsmesser. Bei Schnappschüssen führt die Spotmessung gelegentlich zu unbefriedigenden Ergebnissen, wenn zufällig ein besonders heller oder ein besonders dunkler Teil des Motivs angemessen wird.

Die modernste Variante ist die Mehrfeldmessung bzw. Matrixmessung, die mehrere Felder im Bildausschnitt misst und nach einem Satz komplexer Algorithmen gewichtet, die sich teilweise an das Zonensystem Ansel Adams anlehnen. Die Ergebnisse fallen meist gut aus, können aber auch gelegentlich zu völlig unerwarteten Belichtungseinstellungen führen. Da das Verhalten des Messsystems vom Fotografen nur schwer berechenbar ist, ist es empfehlenswert, bei schwierigen Beleuchtungssituationen auf die Spotmessung zurückzugreifen.

Eine weit verbreitete Variante ist die Integralmessung, die meist mittenbetont arbeitet. Sie liefert bei komplizierten Lichtsituationen wie Seiten- oder Gegenlicht berechenbar schlechte, aber eben kalkulierbare Ergebnisse, die der Fotograf durch eine manuelle Belichtungskorrektur kompensieren kann, bei durchschnittlichen Aufnahmesituationen jedoch überwiegend gute bis sehr gute Belichtungsergebnisse.

Viele ältere Kameras und Fachkameras verfügen über keine integrierte Belichtungsmessung; hier ist der Fotograf auf einen externen Belichtungsmesser, Erfahrungswerte oder Schätzungen angewiesen. Bei den Schätzungen können Symbole, Belichtungstabellen oder Belichtungsscheiben helfen.

Nur zur Hasselblad-V-Serie gibt es Wechselsucher mit integrierter Lichtmesskalotte. Allerdings gibt es für einige Kamerasysteme Messkalotten, die anstelle eines Objektivs angesetzt werden können und so eine echte Lichtmessung ermöglichen. Wegen der umständlichen Handhabung und die gegenüber einem separaten Handbelichtungsmesser eingeschränkten Möglichkeiten sind solche Systeme wenig verbreitet.

Siehe auch

Literatur

  • Adrian Bircher. Belichtungsmessung. Korrekt messen, richtig belichten. 96 Seiten. Gilching: Verlag Photographie 2002. ISBN 3-933131-59-6
  • Martin C. Sigrist und Matthias Stolt: Gestalten mit Licht in der Fotografie. 95 Seiten. Knaur 2002. ISBN 3-8043-5145-X
  • Ansel Adams: Das Negativ, München 2000 (Christian)

Weblinks


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