X-ray binary

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Röntgendoppelstern mit Akkretionsscheibe und Jet

Ein Röntgendoppelstern ist ein Doppelsternsystem, das Röntgenstrahlung aussendet. Ursache ist Materie, die von dem größeren der beiden Sterne zu seinem kompakteren Partner strömt und auf dessen Oberfläche stürzt. Bei diesem Partner kann es sich um einen Weißen Zwerg, einen Neutronenstern oder ein Schwarzes Loch handeln. Röntgendoppelsterne zählen zu den spektakulärsten Objekten der Astronomie.

Inhaltsverzeichnis

Der Materialfluss

Der Materiefluss kann zwei verschiedene Ursachen haben:

  • Sternwind, der in den Anziehungsbereich des kompakten Sterns gerät. Solche Sternenwinde sind besonders bei Hauptreihensternen mit einer Masse von mehr als 2 Sonnenmassen ausgeprägt. Der Massentransfer ist vergleichsweise gering.
  • Sterne, die sich in der Übergangsphase der Expansion zum Roten Riesen befinden und dabei die Roche-Grenze überschreiten, so dass Materie über den Lagrange-Punkt, bei dem sich die Anziehungskräfte beider Sterne die Waage halten, zum kompakten Partner fließt. Ein solcher Materialfluss kann viele Millionen Jahre anhalten.

Aufgrund der Drehimpulserhaltung stürzt das Material nicht direkt auf den kompakten Partner sondern rotiert zunächst als Akkretionsscheibe mit einem Durchmesser von ein bis zwei Millionen Kilometer um ihn herum. Bereits innerhalb dieser Scheibe kann sie sich dermaßen aufheizen, dass Röntgenstrahlung ausgesandt wird. Die dazu erforderliche Energie wird durch die Gravitation aufgebracht, wobei sich das Material auf einer spiralförmigen Bahn dem Partner nähert und schließlich auf seine Oberfläche stürzt. Die dabei stattfindenden Prozesse hängen von der Natur dieses Partners ab.

Weißer Zwerg als Partner

Handelt es sich um einen Weißen Zwerg, so wird relativ wenig und eher niederenergetische Röntgenstrahlung ausgesandt. Ursache ist der mit typischerweise 10.000 km deutlich größere Durchmesser des Weißen Zwerges im Vergleich zu dem eines Neutronensterns oder schwarzen Lochs, so dass weniger Gravitationsenergie zur Verfügung steht. Der Materieeinfall auf die Oberfläche erfolgt oft unregelmäßig und in Schüben. Man bezeichnet solche Systeme als kataklysmische Veränderliche.

Überschreitet die Masse des Weißen Zwerges durch den Materialfluss die Chandrasekhar-Grenze von 1,44 Sonnenmassen, so wird er instabil und explodiert im Rahmen einer Supernova vom Typ Ia. Da der Vorläuferstern eine ganz bestimmte Masse hat, verlaufen alle Supernovaexplosionen dieses Typs hinsichtlich absoluter Helligkeit und Abklingzeit völlig identisch. Über die Messung der scheinbaren Helligkeit ist daher eine genaue Bestimmung des Abstandes zur Erde möglich. Diese Supernovae sind ein wichtiges Hilfsmittel zur Bestimmung des Abstands der Galaxie, in der sie sich ereignen.

Neutronenstern als Partner

Ist der Partner ein Neutronenstern, ein Magnetar oder ein (hypothetischer) Quarkstern, so werden beim Sturz auf die Oberfläche immense Energien freigesetzt. Da das Material der Akkretionsscheibe in Sternnähe als Plasma vorliegt, unterliegt es den Kräften des ungeheuer starken Magnetfeldes des Neutronensterns, das zwischen 108 bis 1011 Tesla (1012 und 1015 Gauß) beträgt. Der Energie dieser Magnetfelder lässt sich übrigens über die Äquivalenz mit der Masse nach E=mc2 eine Dichte von einigen Dutzend g/cm3 bis kg/mm3 zuordnen. Das ionisierte Material muss den Magnetfeldlinien folgen, so dass es nur an den magnetischen Polen auf die Sternoberfläche stürzen kann. Aufgrund des enormen Gravitationsfeldes prallt das Material mit typischerweise 100.000 km/s, etwa 30% der Lichtgeschwindigkeit, auf die Oberfläche. Typische Werte für den Materialfluss liegen bei 100 Milliarden Tonnen, etwa die Masse des Bodensees, pro Sekunde. Sie stürzen auf eine Fläche von wenigen Kilometern Durchmesser und erzeugen dort Temperaturen von 100 Millionen Kelvin. Die umgesetzte Leistung pro Fläche ist so groß, dass ein einziger Quadratmikrometer (1 μm²) genügen würde, um den Energiebedarf der Bundesrepublik Deutschland zu decken. Der größte Teil der Energie wird als Röntgenstrahlung ausgesandt. Die zugehörige Leistung beträgt typischerweise das 10.000fache derjenigen, die die Sonne im gesamten Spektralbereich ausstrahlt. Da die Strahlung in Form von Jets in Richtung der Magnetfeldachse erfolgt, ist sie nur für Beobachter sichtbar, auf die diese Achse während einer Umdrehung des Neutronensterns zeigt. Solche Systeme heißen daher Röntgen-Pulsare.

Einer der bekanntesten Röntgen-Pulsare dieser Art ist Hercules X-1 in einem Abstand von 15.000 Lichtjahren. Er wurde 1971 von dem Satelliten Uhuru entdeckt. Inzwischen sind über 100 solcher Systeme in der Milchstraße bekannt. Ein weiterer bekannter Röntgenpulsar ist Centaurus X-3; er war der erste entdeckte Röntgenpulsar.

Das herabstürzende Material, überwiegend Wasserstoff und Helium, sammelt sich auf der Oberfläche des Neutronensterns an. Bei einer Dicke von mehreren Metern zündet eine explosionsartige Kernfusion, die einen gewaltigen einzelnen Strahlungsausbruch zur Folge hat.

Steigt die Masse des Neutronensterns durch den Materialfluss über einen kritischen Wert von ca. 3 Sonnenmassen, so wird er zu einem schwarzen Loch.

Schwarzes Loch als Partner

Künstlerische Darstellung von Cygnus X-1

Die Vorgänge sind vergleichbar mit denen im Fall eines Neutronensterns. Ein Schwarzes Loch hat jedoch kein Magnetfeld, so dass das Material nicht an zwei gegenüberliegenden Stellen den Ereignishorizont überschreitet sondern eher an der durch die Akkretionsscheibe vorgegebenen Kreislinie. Die Temperatur steigt zu ihrem inneren Rand der Scheibe hin an und hat dort Werte, die ebenfalls zu starker Röntgenstrahlung führen. Durch die Abwesenheit eines rotierenden Magnetfeldes erscheint sie jedoch nicht periodisch, sondern zeigt nichtperiodische Variationen im Sekunden- und Millisekundenbereich. Diese Strahlungscharakteristik ist im Rahmen einer astronomischen Beobachtung das wichtigste Indiz für das Vorliegen eines Schwarzen Loches.

Der erste entdeckte und dringende Kandidat für ein solches System ist die Röntgenquelle Cygnus X-1 in einem Abstand von 14.000 Lichtjahren.

Siehe auch

Das Spektrum des größeren Sternes

Die Röntgenstrahlung trifft auch den größeren Stern. Ist sie intensiv genug, so führt sie in der Sternatmosphäre auf der dem kompakten Partner zugewandte Seite zu Prozessen, die das Spektrum dort deutlich beeinflussen und insbesondere den Anteil an blauem Licht und UV-Strahlung erhöhen können. Solche Veränderungen sind astronomisch gut zu erkennen, wenn sich die Erde ungefähr in der Ebene befindet, in der sich die beiden Sterne umkreisen. In diesem Fall wird eine entsprechende periodische Variation des Sternspektrums im Rhythmus der Umlaufzeit beobachtet.

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