Öffnungsautomat

Öffnungsautomat
Öffnungsautomat (hier: Airtec Cypres 2)
(1) = Haupteinheit mit Batterie, Mikroprozessor
         und Drucksensor
(2) = Bedienteil
(3) = Cutter

Ein Öffnungsautomat (auch automatic activation device (AAD), automatic opening device (AOD) oder Cypres) misst die Fallgeschwindigkeit eines Fallschirmspringers und leitet die Öffnung des Reservefallschirms selbständig ein, falls der Springer unter einer bestimmten Höhe eine bestimmte Fallgeschwindigkeit überschreitet.

Inhaltsverzeichnis

Hintergründe und Geschichte

Nötig wurden Öffnungsautomaten aufgrund zahlreicher Unfälle. So wurden Springer im Freifall durch Kollisionen in der Luft ohnmächtig oder so schwer verletzt, dass sie selbständig nicht mehr den Fallschirm aktivieren konnten. Auch bei Störungen des Fallschirms reagierten die Springer falsch oder vergaßen, während der Behebung des Problems an dem Hauptschirm die Höhe zu kontrollieren. Schlichtweg versäumten Springer in ihrem Freifallprogramm, den Hauptschirm zu aktivieren. Viele Springer, Anfänger und Erfahrene, starben beim Aufprall auf die Erde, obwohl sie eine voll funktionstüchtige Reserve gehabt hätten.[1] Die ersten daraufhin entwickelten Öffnungsautomaten waren mechanische Geräte mit Druckdose. So das FXC 1200[2] und KAP–3[3]. Diese waren jedoch oft unzuverlässig und lösten nicht selten falsch oder überhaupt nicht aus. Trotzdem gab es für die damals üblichen am Bauch montierten Reserveschirme frühzeitig elektronische Öffnungsautomaten. So zum Beispiel das weit verbreitete SSE Sentinel.[4][5] Es zog mit einer pyrotechnischen Ladung den Verschlusspin aus der Reserve. 1991 revolutionierte die Firma Airtec mit einem elektronischen Öffnungsautomaten den Markt, der unabhängig vom normalen Auslösesystem funktioniert.[6] Von 1991 bis 2003 wurden allein durch den Cypres-Öffnungsautomaten über 1000 Springer vor meist tödlichen Unfällen bewahrt.[7] Diese hohe Anzahl ist nicht zuletzt auf die mit der Markteinführung steigende Akzeptanz bei Fallschirmspringern zurückzuführen. Während vor dem Cypres nur wenige Fallschirmspringer ein solches System besaßen, ist es heute die Ausnahme geworden, dass ohne ein solches System gesprungen wird. Die modernen elektronischen Öffnungsautomaten haben mittlerweile daher die rein mechanischen Systeme am Markt verdrängt. Diese Entwicklung liegt nicht zuletzt an der weitaus höheren Zuverlässigkeit. So ist beispielsweise bis heute kein Fall bekannt, bei dem ein richtig bedientes System vom Typ Cypres im Notfall nicht ausgelöst hätte.[7]

In Deutschland ist der Einsatz eines Öffnungsautomaten für Sprungschüler, Tandemspringer, AFF–Instruktoren, Freeflyer und Diabetiker[8] verpflichtend.[6] Auch ist auf vielen Sprungplätzen heute ein Öffnungsautomat generell Pflicht.

Cypres ist zwar ein Markenname, hat sich jedoch als Gattungsname für Öffnungsautomaten durchgesetzt.

Technik

Reservefallschirm mit am Boden montiertem Cutter
Schematische Darstellung eines Cutters: Nachdem durch das Kabel (1) der elektrische Impuls zur Zündung der Treibladung (2) erfolgt ist, zerschneidet der nach links schnellende Metallbolzen (3) die unter Spannung stehende Verschlussschlaufe (4) des Reservecontainers.

Behandelt wird hier der technische Ablauf eines modernen elektronischen Geräts. Bei anderen und meist älteren Geräten kann dies durch die Entwicklung und den technischen Fortschritt stark abweichen.

Die zentrale Schaltzentrale ist zumeist eine Haupteinheit, die unsichtbar im Reservecontainer verbaut ist. Das Bedienteil hat außer zur Bedienung und Statusmeldung für den eigentlichen Ablauf der Vorgänge keine Bedeutung. In der Haupteinheit befindet sich der Drucksensor. Diese Einheit misst beim Springen kontinuierlich die Höhe. Durch die zeitliche Veränderung der Höhe kann die Geschwindigkeit des Springers berechnet werden. Meldet das System eine zu hohe Geschwindigkeit unter einer definierten Auslösehöhe, so geht es von einem Notfall aus. Je nach Hersteller müssen noch weitere Bedingungen erfüllt sein. Danach sendet die Haupteinheit einen elektrischen Impuls an den Cutter, der mit einer pyrotechnischen Zündkapsel betätigt wird. Dieser leitet daraufhin die Öffnungsmechanik des Reservefallschirms ein. Der Cutter durchschneidet dafür die Verschlussschlaufe, mit der der Container des Reservefallschirms verschlossen ist. Somit wird eine zweite Öffnungsmechanik zur Verfügung gestellt, die völlig unabhängig vom normalen manuellen Reserveöffnungssystem arbeiten kann. Dies bietet den Vorteil, dass der Reservecontainer auch bei verklemmten und verbogenen Kabeln oder Pins geöffnet werden kann. Der Hilfsschirm für den Reserveschirm wird danach, da er unter Druck einer gespannten Feder steht, nach außen geschleudert und kann sich entfalten.

Airtec Cypres

Cypres ist eine Abkürzung aus den Anfangsbuchstaben von Cybernetic Parachute Release System (deutsch: kybernetisches Fallschirmöffnungssystem). Es war 1991 der erste elektronische Öffnungsautomat seiner Art für Reservefallschirme und wurde von der deutschen Firma Airtec in Bad Wünnenberg entwickelt. Airtec ist mit diesem Gerät Marktführer. Mittlerweile gibt es das Gerät in der zweiten Generation.

Es existieren verschiedene Varianten des Cypres. Darunter die vier Standardversionen[9]:

  • Cypres „Expert“: Öffnet den Reserveschirm, wenn der Springer sich niedriger als etwa 225 m über Grund befindet und mit mehr als 35 m/s (126 km/h) fällt.
  • Cypres „Student“: Öffnet den Reserveschirm, wenn der Sprungschüler sich niedriger als etwa 225 m über Grund befindet und mit mehr als 35 m/s (126 km/h) fällt. Zusätzlich, wenn der Sprungschüler sich niedriger als etwa 300 m über Grund befindet und zwischen 13 m/s (47 km/h) und 35 m/s fällt. Ohne Schirmöffnung also bei 225 m über Grund, bei teil- oder fehlgeöffnetem teilweise tragendem Schirm bei 300 m über Grund.
  • Cypres „Speed“: Öffnet den Reserveschirm, wenn der Springer sich zwischen etwa 225 m und 100 m über Grund mit mehr als 43 m/s (155 km/h) fällt. Diese Variante wird von Springern benutzt, die unterhalb von 100 m Höhe über Grund gewollt kurzzeitig Geschwindigkeiten über 43 m/s erreichen.
  • Cypres „Tandem“: Öffnet den Reserveschirm, wenn das Tandem–Paar sich niedriger als etwa 580 m über Grund befindet und mit mehr als 35 m/s (126 km/h) fällt.

Die Gesamtkosten für 12 Jahre Betriebszeit eines Cypres 2 liegen inklusive Anschaffung und zwei Wartungen nach jeweils 4 Jahren bei etwa 1400 Euro (Stand 2006).[10]

Darüber hinaus gibt es verschiedene Spezialanfertigungen, beispielsweise Öffnungssysteme für das Militär und für Satelliten.

Hersteller und Geräte

Hersteller Typ Art der Messung Art der Auslösung
Advanced Aerospace Designs Vigil elektronisch pyrotechnisch
Airtec Cypres, Cypres 2 elektronisch pyrotechnisch
Allan Hewitt Guardian  ?  ?
FXC Corp Astra elektronisch pyrotechnisch
FXC Corp FXC 1200, FXC 2100 mechanisch mechanisch
GQ SAVER  ?  ?
Hi Tek Model 8000[11] mechanisch mechanisch
Irvin Hitefinder FF2  ?  ?
KAP–3  ? mechanisch mechanisch
Karl Goortz Argus elektronisch pyrotechnisch
Karl Goortz EPOS  ?  ?
LG Engineering AR 2, Model: 451-600, Model: 474-001, Model: 474-003  ?  ?
Mars v.s M PAAD elektronisch pyrotechnisch
Osman Iftokear Iftikar  ?  ?
POIGNON  ?  ?  ?
Pretel Score 2000  ?  ?
Scott Smith Aerotechnics  ?  ?
SSE Mars FF3  ?  ?
SSE Sentinel Mk2000, Sentinel Mk2100 elektronisch pyrotechnisch[12]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Liste der Auslösungen mit Hergängen von Airtec Cypres Öffnungsautomaten
  2. pia.com – FXC CORPORATION / GUARDIAN PARACHUTE (englisch)
  3. Der Öffnungsautomat KAP3 – deutschefallschirmjaeger.de
  4. Das Sentinel (englisch)
  5. Benutzerhandbuch SSE Sentinel
  6. a b pink.at – 10 Jahre CYPRES. Ein Interview mit Helmut Cloth
  7. a b Firmenpräsentation, Geschichte des Cypres und technische Innovationen von Airtec
  8. sky–dive.de – Tauglichkeitsuntersuchung für Fallschirmspringer: Untersuchungs– und Beurteilungskriterien
  9. Benutzerhandbuch Cypres Standardvarianten
  10. Kostenberechnung Fallschirmsportclub Paderborn
  11. Das Hi Tek Model 8000 (englisch)
  12. Zerschneidet jedoch die Verschlussschlaufe nicht, sondern zieht den Verschlusspin heraus.

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